Fortbildungen / Formations continues 2012 - IUMSP
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SCHWERPUNKTTHEMA<br />
Radon – das unterschätzte<br />
Lungenkrebsrisiko<br />
Kurt Bodenmüller, Krebsliga Schweiz<br />
Tabakkonsum ist die Hauptursache für Lungenkrebs –<br />
eine Tatsache, die mittlerweile allen bekannt sein<br />
dürfte. Etwa 90% aller Fälle von Lungenkrebs werden<br />
durch Rauchen ausgelöst, und jährlich sterben<br />
in der Schweiz mehr als 9 000 Menschen an den Folgen<br />
des Rauchens. Ein zweiter bedeutender Risikofaktor<br />
für das Bronchuskarzinom wurde lange Zeit<br />
unterschätzt: Radon. Das Edelgas ist europaweit für<br />
nahezu 10% der Lungenkrebs- und schweizweit für<br />
200 bis 300 Todesfälle verantwortlich. Grund genug,<br />
die öffentliche Wahrnehmung über den unauffälligen<br />
Krebserreger im Wohnraum zu schärfen.<br />
Radon ist ein radioaktives Edelgas, das als Zerfallsprodukt<br />
aus Uran entsteht und natürlicherweise im Boden<br />
vorkommt. Es ist unsichtbar, geruch- und geschmacklos.<br />
Je durchlässiger der Untergrund ist, desto eher kann Radongas<br />
an die Erdober�äche aufsteigen. In der freien Umgebungsluft<br />
ist Radon unbedenklich. Anders in Wohnräumen:<br />
Tritt radonhaltige Bodenluft über undichte<br />
Stellen in Bodenplatten und Kellerwänden aus dem Gebäudeuntergrund<br />
ins Hausinnere ein, kann es sich dort<br />
anreichern und zum Gesundheitsrisiko werden. Da Radon<br />
schwerer ist als Luft, sind besonders die untersten Stockwerke<br />
betroffen. Wird Radon eingeatmet, setzen sich seine<br />
radioaktiven Zerfallsprodukte im Lungengewebe fest<br />
und führen aufgrund der geringen Reichweite der Alphastrahler<br />
zu einer lokalen Strahlenbelastung. Das Lungenkrebsrisiko<br />
der Betroffenen steigt umso stärker, je höher<br />
die Radonkonzentration in der Atemluft ist und je länger<br />
diese Luft eingeatmet wird. Allerdings zeigt sich der Effekt<br />
erst langfristig, da von der lokalen Gewebebestrahlung<br />
bis zum Auftreten eines Lungenkarzinoms Jahre bis<br />
Jahrzehnte vergehen können.<br />
Vom Berufs- zum Bevölkerungsrisiko<br />
Seit über 100 Jahren ist bekannt, dass Lungenkrebs bei<br />
Bergarbeitern in den Uranminen des Erzgebirges gehäuft<br />
auftrat. Anfangs des 20. Jahrhunderts konnte in epidemiologischen<br />
Studien Radon als Ursache für diese Berufskrankheit<br />
identi�ziert werden. Doch die Übertragbarkeit<br />
der Resultate aus diesen arbeitsmedizinischen Kohortenstudien<br />
auf den Bereich der Umweltmedizin – sprich die<br />
Risikoabschätzung für die Bevölkerung – war nur begrenzt<br />
möglich. In den ersten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) zur Radonexposition in<br />
Wohnräumen wurde 1993 eine Konzentration von über<br />
1 000 Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m 3 ) als inakzeptabel<br />
beurteilt. Diese Maximalkonzentration wurde ein<br />
Jahr später in der Schweiz als verbindlich einzuhaltender<br />
Grenzwert für Wohn- und Aufenthaltsräume in der Strahlenschutzverordnung<br />
übernommen. Als anzustrebender<br />
Richtwert, dessen Überschreitung keine rechtlichen Konsequenzen<br />
hat, wurde 400 Bq/m 3 festgelegt.<br />
In den letzten 15 Jahren führten neue epidemiologische<br />
Untersuchungen zur Erkenntnis, dass das Lungenkrebsrisiko<br />
im Zusammenhang mit einer langfristigen<br />
Radonexposition in Wohnräumen höher ist als mittels<br />
Extrapolation der Studienergebnisse mit Bergarbeitern<br />
angenommen wurde. Licht ins Dunkel brachte insbesondere<br />
eine Metanalyse im Jahr 2005, in der 13 europäische<br />
Studien mit rund 7 150 Lungenkrebspatienten und<br />
14 200 Kontrollpersonen ausgewertet wurden [1]. Diese<br />
zeigte eine statistisch signi�kante Erhöhung des individuellen<br />
Lungenkrebsrisikos um 16% bei einer Zunahme der<br />
Radonkonzentration um 100 Bq/m 3 [2]. Selbst unter Berücksichtigung<br />
des Rauchverhaltens konnte ein eindeutiger<br />
Zusammenhang nachgewiesen werden. Und sogar bei<br />
niedrigen Dosen (