Fortbildungen / Formations continues 2012 - IUMSP
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Trends und Entwicklungen<br />
in der Thoraxchirurgie<br />
André Dutly, Thoraxchirurgie, Ospedale Regionale di<br />
Bellinzona e Valli, Bellinzona<br />
In den folgenden Zeilen werde ich auf neue Tendenzen in der<br />
Thoraxchirurgie eingehen. Diese betreffen sowohl die onkologische<br />
Thoraxchirurgie als auch die nicht onkologische.<br />
Minimal Invasive Thoraxchirurgie<br />
Wie in allen chirurgischen Disziplinen besteht auch in der<br />
Thoraxchirurgie ein Trend in Richtung minimal-invasive<br />
Techniken: Minithorakotomie, klassische Thorakoskopie und<br />
roboter-unterstützte Thorakoskopie. Der Hauptvorteil dieser<br />
weniger invasiven Operationstechniken sind reduzierte<br />
postoperative Schmerzen. Dies wiederum führt zu weniger<br />
schmerzbedingten Komplikationen: weniger Pneumonien<br />
und wegen der besseren Mobilisation weniger thromboembolische<br />
Ereignisse. Konsequenz der zuvor aufgeführten<br />
Punkte sind verkürzte Hospitalisationszeiten mit den entsprechenden<br />
ökonomischen Vorteilen. Die immer wieder<br />
erwähnten ästhetischen Vorteile scheinen mir beim onkologischen<br />
Patienten insofern eher zweitrangig, als dass hier die<br />
onkologisch beste Operation favorisiert werden sollte. Anders<br />
als zum Beispiel bei der Colonchirurgie, wo laparoskopische<br />
Techniken nicht nur chirurgisch-technische sondern auch onkologische<br />
Vorteile haben, sind diese in der Thoraxchirurgie<br />
kaum dokumentiert. Im Weiteren ist weder die intraoperative<br />
Übersicht noch die Interventionsmöglichkeit (zum Beispiel<br />
bei Blutungskomplikationen) bei den Operationstechniken<br />
vergleichbar.<br />
Dies sind sicher einige wichtige Gründe, warum im Gegensatz<br />
zur Viszeralchirurgie die Entwicklung zu minimalinvasiven<br />
Techniken nur sehr langsam voran schreitet. Ein<br />
anderer wichtiger Grund ist die Lernkurve, welche aufgrund<br />
der Komplexität der Eingriffe lang ist. Im Weiteren gibt es<br />
nach wie vor nur sehr wenig speziell für die Thoraxchirurgie<br />
entwickelte Instrumente: zum Beispiel sind die von uns<br />
verwendeten Klammergeräte für die Viszeralchirurgie entwickelt<br />
und im Thorax nur mässig geeignet.<br />
Ein weiterer hemmender Punkt sind die enormen Kosten,<br />
welche die Implementierung gewisser Systeme mit sich<br />
bringt. Anschaffungen in Millionenhöhe sind kaum mit den<br />
Sparmassnahmen im Gesundheitswesen zu vereinbaren (1,2).<br />
Staging des Mediastinums<br />
Während vielen Jahren war die Mediastinoskopie der Goldstandard<br />
in der Diagnostik des mittleren Mediastinums. Mit<br />
dem Aufkommen des Endo-bronchialen- und Endo-oesophagealen<br />
Ultraschall bzw. Biopsie steht nun eine Technik<br />
zur Verfügung, welche nicht nur weniger invasiv ist, sondern<br />
mit der auch Lymphknoten biopsiert werden können, welche<br />
mediastinoskopisch nicht erreichbar sind. Als Konsequenz<br />
LUNGENKREBS<br />
davon sind die Mediastinoskopiezahlen schon seit längerem<br />
rückläu�g und werden wohl noch weiter zurückgehen (3,4).<br />
Metastasenchirurgie<br />
Die Stereotaktische Radiotherapie (auch Radiochirurgie oder<br />
Cyber knive) wurde anfänglich bei Tumoren im Gehirn angewandt.<br />
Nach ersten ausserordentlich erfolgreichen Studien<br />
bei nicht operablen Lungenrundherden muss man sich die<br />
Frage stellen, wie lange wir noch chirurgische Metastasenentfernungen<br />
in der Lunge durchführen werden (5,6).<br />
Ambulante Thoraxchirurgie<br />
Es gibt wenige Eingriffe in der Thoraxchirurgie, welche sich<br />
ambulant durchführen lassen. Im Wesentlichen sind dies<br />
die Mediastinoskopie und die thorakoskopischen Eingriffe<br />
(Pleura, Lymphknoten, kleinere Wedge-Resektionen der<br />
Lunge, Sympathektomie) (7,8).<br />
Thoraxchirurgie – Quo vadis?<br />
Ich glaube, es haben in den letzen Jahren ganz wichtige Entwicklungen<br />
stattgefunden – nicht operationstechnischer,<br />
sondern vielmehr politischer Natur. Ein wichtiger erster<br />
Schritt war die Gründung der Schweizerischen Gesellschaft<br />
für Thoraxchirurgie im Jahre 1994. Bis anhin wurden die<br />
thoraxchirurgischen Eingriffe von Allgemeinchirurgen<br />
durchgeführt – übrigens eine in ganz Europa gängige Praxis.<br />
Im Gegensatz zu den USA, wo die American Association<br />
for Thoracic Surgery (AATS) bereits 1917 gegründet wurde.<br />
Der nächste Schritt war die Formulierung eines thoraxchirurgischen<br />
Curriculums mit einem Schwerpunkttitel für Thoraxchirurgie<br />
innerhalb der Chirurgie.<br />
Nur so kann erreicht werden, dass junge Kollegen sich für<br />
diese Spezialisierung entscheiden und somit diese hochspezialisierte<br />
Chirurgie auch weiter entwickeln. Parallel dazu<br />
wird in der schweizerischen Spitallandschaft die Zentralisierung<br />
der hochspezialisierten Fächer vorangetrieben. Aus<br />
thoraxchirurgischer Sicht ist diese Entwicklung sehr begrüssenswert.<br />
Nur so können in unserem kleinen Land Kompetenzzentren<br />
geschaffen werden, in denen gut ausgebildete<br />
Spezialisten die thoraxchirurgische Versorgung sichern.<br />
Literatur<br />
1. Park BJ. Cancer J. 2011 Jan-Feb;17(1):18-22.<br />
2. Cerfolio RJ, Bryant AS.Thorac Surg Clin. 2008 Aug;18(3):301-4.<br />
3. Khoo KL, Ho KY. Respir Med. 2011 Apr;105(4):515-8.<br />
4. Darwiche K, Pneumologie. 2011 Sep;65(9):537-48.<br />
5. Timmerman R, Radiat Ther Oncol. 2011;43:395-411.<br />
6. Finkelstein SE, Clin Dev Immunol. 2011;2011:439752.<br />
7. Elia S, Eur J Cardiothorac Surg. 2005 Aug;28(2):312-7; discussion 317.<br />
8. Chang AC, Ann Thorac Surg. 2002 Dec;74(6):1942-6; discussion 1946-7.<br />
Korrespondenz:<br />
PD Dr. med. André Dutly<br />
Chefarzt Thoraxchirurgie<br />
Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli<br />
CH-6500 Bellinzona<br />
andre.dutly@eoc.ch<br />
Schweizer Krebsbulletin � Nr. 2/<strong>2012</strong> 117