SMZ Liebenau Info Mär_2007
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GESUNDE<br />
GESUNDHEITSPOLITIK?<br />
STÄRKEN UND SCHWÄCHEN DER VORHABEN LAUT<br />
REGIERUNGSPROGRAMM<br />
Aussagen der Bundesregierung zufolge wurden im Regierungsprogramm wichtige Ziele<br />
in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales abgesteckt. Tatsächlich kann die/der<br />
interessierte Leser/in mit so mancher Ankündigung für Veränderungen seine Freude haben<br />
und hoffen, in absehbarer Zeit nicht auf dem Boden halbherziger Tatsachen gelandet zu<br />
sein. Die wesentlichen Inhalte der gemeinsamen Vorhaben der Koalition zwischen SPÖ<br />
und ÖVP in den Bereichen Gesundheit und Soziales sind: Armutsbekämpfung, allgemeine<br />
Verbesserung der Bildung, Auf- und Ausbau der Pflegevorsorge, Präventionspolitik und<br />
Weiterentwicklung der Strukturreformen im Gesundheitswesen.<br />
Armutsbekämpfung<br />
Von der Öffentlichkeit nicht unbemerkt hat<br />
sich die SPÖ während der Regierungsverhandlungen<br />
von einem relativ ambitionierten<br />
Konzept der Grundsicherung auf eine<br />
„bedarfsorientierte Mindestsicherung“, die<br />
in mehreren Stufen eingeführt werden soll<br />
und sich an einem Richtsatz von € 726,- pro<br />
Monat (14 x jährlich) orientiert, zurückgezogen.<br />
Das verfügbare Einkommen jener armutsgefährdeten<br />
14 % der Bevölkerung<br />
liegt um rund 20% unter dieser Schwelle<br />
– diese Einkommen im Durchschnitt um<br />
20 % zu heben wäre deshalb ein messbares<br />
Ziel der Koalitionspolitik. Leider werden<br />
Personen, Familien und Haushalte, deren<br />
Armutslage sich (auch) in anderen als ökonomischen<br />
Verhältnissen manifestiert (Deprivation,<br />
Teilhabe) - laut STAT weitere 21<br />
% der Österreicher/innen - aufgrund des<br />
Regierungsprogramms nicht erreicht werden<br />
können. Zu vage sind die Absichten<br />
zum Ausbau eines dementsprechend orientierten<br />
Sozial- und Gesundheitswesens formuliert.<br />
Verschiedene Verbände kritisieren<br />
zudem zu Recht, dass das Modell fast ausschließlich<br />
auf Sozialhilfe und den in diesem<br />
Bereich geltenden Bedingungen (Rückzahlungspflicht)<br />
basiere. Auch Zweifeln an der<br />
Umsetzung möglicher Verwaltungsvereinfachungen<br />
(„one-stop-shop Prinzip“) sind<br />
berechtigt. Hier lässt das Regierungsprogramm<br />
vieles offen und widerspricht sich<br />
sogar: So werden sowohl die Bezirksverwaltungsbehörden<br />
(im Abschnitt „Staatsund<br />
Verwaltungsreform“) als auch das AMS<br />
(im Abschnitt „Armutsbekämpfung“) als umsetzende<br />
Institution vorgeschlagen.<br />
Verbesserungen der Bevölkerungsgesundheit<br />
durch Reduktion sozialer Ungleichheit<br />
werden auf dieser Basis nicht ohne weiteres<br />
zu erreichen sein, vor allem auch da die<br />
Vermögen bessergestellter Bevölkerungsgruppen<br />
steuerlich unangetastet bleiben<br />
sollen. Die Politik der scheidenden Regierung,<br />
die eine massive verteilungspolitische<br />
Besserstellung Vermögender ermöglichte,<br />
wird zwar differenziert, aber im wesentlichen<br />
fortgeschrieben und auch fortwährend<br />
den Zuwachs an Lebenserwartung negativ<br />
beeinflussen.<br />
Prävention<br />
Prävention, Gesundheitsförderung und Public<br />
Health sollen zur 4. Säule des Gesundheitswesens<br />
ausgebaut werden. Sozialwissenschaftliche<br />
Primärprävention wird sich<br />
allenfalls auf die im Regierungsprogramm<br />
wie explizit genannten Bereiche Bewegung,<br />
Ernährung, Suchtverhalten und Unfallgefährdung<br />
(Verhaltensfaktoren) beziehen<br />
und nicht notwendigerweise auf die Stärkung<br />
der Gemeinwesen, in denen Einzelne<br />
und Gruppen an den für sie gesundheitsrelevanten<br />
Entscheidungen partizipieren (Verhältnisfaktoren).<br />
Von welcher inhaltlichen<br />
Qualität das geplante Präventionsgesetz<br />
sein wird, darf angesichts der Eingliederung<br />
des Fonds Gesundes Österreich in eine<br />
„Gesundheit Österreich GesmbH“ (mit hektischer<br />
Einfärbung am Ende der letzten Legislaturperiode)<br />
und angesichts der Tatsache,<br />
02 <strong>SMZ</strong> INFO MÄRZ <strong>2007</strong>