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Benedikt Hensel | Christian Wetz (Hrsg.): Migration und Theologie (Leseprobe)

Im Kontext wissenschaftlich reflektierter Theologie sind Migration sowie die zugehörigen Themenfelder Flucht und Vertreibung im gesamten Fächerkanon zu einem breit diskutierten und hochaktuellen Gegenstand wissenschaftlicher Forschung geworden. Ein Desiderat ist allerdings die konsequente Reflexion des Themas in der Theologie des Alten wie auch des Neuen Testaments. Die unterschiedlichen theologischen Prägungen der Bücher und Sammlungen der Bibel lassen das Thema Migration in je anderen, aber zentralen Akzentuierungen zum Vorschein kommen. Der innovative Band schließt diese Lücke, indem die Einzelbeiträge thematisch breit aufgestellt die Geltungsansprüche alt- und neutestamentlicher Migrationsthematik im Okular ihres komplexen Verhältnisses von Historie, Theologie und literarischer Genese der Traditionskomplexe betrachten und hermeneutisch reflektieren.

Im Kontext wissenschaftlich reflektierter Theologie sind Migration sowie die zugehörigen Themenfelder Flucht und Vertreibung im gesamten Fächerkanon zu einem breit diskutierten und hochaktuellen Gegenstand wissenschaftlicher Forschung geworden. Ein Desiderat ist allerdings die konsequente Reflexion des Themas in der Theologie des Alten wie auch des Neuen Testaments. Die unterschiedlichen theologischen Prägungen der Bücher und Sammlungen der Bibel lassen das Thema Migration in je anderen, aber zentralen Akzentuierungen zum Vorschein kommen. Der innovative Band schließt diese Lücke, indem die Einzelbeiträge thematisch breit aufgestellt die Geltungsansprüche alt- und neutestamentlicher Migrationsthematik im Okular ihres komplexen Verhältnisses von Historie, Theologie und literarischer Genese der Traditionskomplexe betrachten und hermeneutisch reflektieren.

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Wo liegt das »Feld Moabs«? 119<br />

Norden verläuft. 24<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> des bisherigen Bef<strong>und</strong>es ist es nicht<br />

weiter verw<strong>und</strong>erlich, dass die Zuweisungen <strong>und</strong> Ansprüche variabel sind.<br />

Außer den Moabitern sind hier auch Aramäer <strong>und</strong> Ammoniter präsent. Dem<br />

Deuteronomium zufolge teilen sich Ruben, Gad <strong>und</strong> Manasse Gilead, wobei sich<br />

die Angaben teilweise widersprechen. 25<br />

1 Chr 7,14---19 affiliiert Gilead mit<br />

Manasse, 1 Chr 2 via Hezron mit Juda. 26<br />

Ob śedēh mōʼāb daher von Juda/Israel aus gesehen, wirklich Ausland ist,<br />

steht daher in Frage. 27<br />

2.3 Beanspruchter <strong>und</strong> beherrschter Raum: Schlussfolgerungen <strong>und</strong><br />

historische Verortung<br />

Es ist signifikant, dass das Rutbuch von śedēh mōʼāb spricht <strong>und</strong> nicht vom<br />

»Land Moab« oder einfach von »Moab«. Zum einen gibt es textpragmatische<br />

Gründe: Für seinen Plot braucht das Buch die heilsgeschichtliche Konnotation,<br />

die der Begriff aufruft. 28 Dazu gibt es eine Korrelation zwischen dem »Feld Moabs«<br />

<strong>und</strong> dem »Feld«, auf dem Rut <strong>und</strong> Boas sich begegnen 29 . Zum zweiten aber<br />

braucht es das Rutbuch für seine Konstellation, in dem die Begegnung zwischen<br />

Judäern <strong>und</strong> Moabitern plausibel ist, der aber nicht durch politische Grenzen<br />

bestimmt wird. Die Geschichte muss zumindest noch an der Peripherie Judas<br />

spielen, aber gleichzeitig auch Heimat der Moabiterinnen sein können. Die<br />

nächsten Parallelen für diese Idee finden sich in Hos 12,13; 1 Chr 8,8.<br />

Zweifellos bildet śedēh mōʼāb ab dem 9. Jh. einen Teil des Königreiches<br />

Moab, wie die Mescha-Stele hinreichend belegt. 30 Nach anfänglichen Konflikten<br />

haben Israel <strong>und</strong> Juda diese Herrschaft offenbar anerkannt. Auch die assyri-<br />

24<br />

Vgl. Koenen, Gilead. 3.<br />

25<br />

Vgl. a.a.O., 2.<br />

26<br />

S. dazu unten.<br />

27<br />

Als neuzeitliche Analogie in Deutschland mag die Lüneburger Heide dienen. Diese Region<br />

wird nach einer Landschaftsform benannt (Heide), obwohl sie nicht nur Heidelandschaften<br />

umfasst. Das Naturschutzgebiet Lüneburger Heide ist nur ein kleiner Teil des<br />

größeren Natur- <strong>und</strong> Kulturraums. Dieser ist nach dem Fürstentum Lüneburg benannt<br />

(<strong>und</strong> mit dessen Territorium etwa deckungsgleich), dessen Residenzort indes nicht Lüneburg<br />

ist, sondern Celle. Nach Eingliederung in Hannover war das Fürstentum Lüneburg<br />

von 1814 bis 1837 ein Teil des britischen Herrschaftsgebiets. Die Ortsnamen »Wendisch-<br />

Evern« <strong>und</strong> »Deutsch-Evern« weisen anscheinend auf verschiedene ethnische Gruppen in<br />

der Region hin, deren Anwesenheit aber bis vor das 8. Jh. zurückgeht. Indes bezeichnet<br />

»Wenden« sowohl allgemein die Slawen im deutschsprachigen Raum als auch spezieller<br />

Slawen im Elbraum. Überdies kann »wendisch« in Ortsnamen von Mecklenburg-<br />

Vorpommern bis Baden-Württemberg auch einfach »östlich« bedeuten.<br />

28<br />

S. oben.<br />

29<br />

Ausführlich: Fischer, Rut, 170---172.<br />

30<br />

Neueste Publikation: Niehr/Römer, Nouvelles Recherches.

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