SPORTaktiv August 2023
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NACHHALTIGKEIT<br />
Industrie<br />
oder in Vietnam sein“, so die Ortovox<br />
CSR-Managerin.<br />
Und zum Thema „kürzere<br />
Wege“ für weniger CO 2<br />
-Ausstoß?<br />
Auch da komme es nicht ausschließlich<br />
auf den Standort, sondern<br />
auf die Art des Transports an.<br />
Per Frachtschiff etwa lasse sich<br />
der Fußabdruck im Vergleich zur<br />
Luftfracht stark verringern, erklärt<br />
Pfeiffer. David Wilhelm führt auch<br />
an, dass man sich bei Chillaz auch<br />
deshalb für die Türkei entschieden<br />
habe, weil sehr viele Rohstoffe dort<br />
vor Ort vorhanden sind.<br />
FOTO: Chillaz/David Williams<br />
Kletterhose einen kleinen Schönheitsfehler,<br />
ist mir das egal.“<br />
Ähnliches gibt es bei Ortovox:<br />
einen „2nd-Life Shop“ für B-Ware<br />
oder Retourware wie auch einen<br />
Reparaturdienst. Nicht alles kann<br />
repariert werden, aber vieles. Oft<br />
fehle es noch am Bewusstsein für<br />
Reparierbarkeit und dafür, was alles<br />
machbar ist, dass ein Wegwerfen<br />
noch gar nicht nötig wäre: „Es<br />
ist unsere Verantwortung, das noch<br />
publiker zu machen. Aber generell<br />
wächst das Bewusstsein dafür“,<br />
sagt die Ortovox-Managerin.<br />
Materialien – ist Natur besser?<br />
Das Verwenden von Naturmaterialien<br />
und recycelten Kunststoffen –<br />
zwei Dinge, auf die bewusst Konsumierende<br />
in Sachen Material achten<br />
können, so zumindest die spontane<br />
Assoziation. Ortovox hat sich<br />
als Woll-Spezialist etabliert, verwendet<br />
für viele Produkte sogenannte<br />
„Swisswool“, spezielle<br />
Schweizer Schafwolle. Gerade bei<br />
der beliebten Merinowolle komme<br />
es aber auch darauf an, dass sie<br />
ohne für die Tiere schmerzhaftes<br />
Mulesing hergestellt werde, so Lisa<br />
Pfeiffer.<br />
Bei Martini Sportswear spielt<br />
Tencel, eine Funktionsfaser auf<br />
Holzbasis, die noch dazu aus Österreich<br />
stammt, eine wichtige Rolle.<br />
Auf selbige Faser setzt auch Chillaz<br />
in vielen Textilien. Je nach Einsatzbereich<br />
sehen unsere Expert:innen<br />
beim Naturmaterial aber auch<br />
Grenzen, an gewissen Kunststoffen<br />
(oder -anteilen) komme man im<br />
Sinn der Funktion nicht vorbei.<br />
Beim Thema Recycling-Material<br />
habe man bei Martini schon vieles<br />
ausprobiert, so Moz, „etwa recyceltes<br />
Polyester aus alten Fischernetzen<br />
oder Primaloft-Füllungen<br />
aus recycelten PET-Flaschen. Wichtig<br />
ist aber auch, dass der Recycling-Prozess<br />
einfach und der Energiewaufwand<br />
dafür nicht zu hoch<br />
ist, damit sich der CO 2<br />
-Fußabdruck<br />
nicht wieder stark verschlechtert“.<br />
Textilfabrik von Chillaz, ein Familienbetrieb in<br />
Istanbul: „eine Beziehung auf Augenhöhe“.<br />
Bei Ortovox hat man sich zu einer<br />
Abkehr vom recycelten<br />
PET-Material entschieden – wie im<br />
aktuellen Nachhaltigkeitsreport des<br />
Unternehmens, dem Planetreport<br />
<strong>2023</strong>, im Detail nachzulesen ist. Die<br />
Begründung in Kurzform: „Wir wollen<br />
unseren eigenen Kreislauf fördern<br />
und in keinen Fremdkreislauf<br />
eingreifen: Ein Textil kann nie wieder<br />
eine Flasche werden“, erklärt<br />
Lisa Pfeiffer.<br />
Langlebigkeit & Reparierbarkeit<br />
Was ein Produkt sicher nachhaltiger<br />
macht, ist, wenn es möglichst<br />
lange hält und verwendet wird.<br />
Selbstverständlich könne man als<br />
Hersteller die Langlebigkeit seiner<br />
Produkte beeinflussen, so Ludwig<br />
Moz: „Da kommt es nicht nur aufs<br />
Hauptmaterial an, sondern auch auf<br />
die Fäden, mit denen genäht wird,<br />
es gibt Komponenten wie Reißverschlüsse<br />
in stark unterschiedlichen<br />
Qualitäten mit entsprechend unterschiedlichen<br />
Kosten.“<br />
Wie Martini bietet auch Chillaz<br />
einen Reparaturdienst an. Bei dem<br />
kleinen Tiroler Unternehmen setzt<br />
man auch besonders auf direkte<br />
Kommunikation mit den Kunden, so<br />
David Wilhelm. „Ware mit kleinem<br />
Defekt verkaufen wir zu reduziertem<br />
Preis. Viele sagen: Hat meine<br />
Jacke bleibt Jacke<br />
Die nahe Zukunft sollen geschlossene<br />
Kreisläufe sein: dass alte Textilien<br />
zu neuen Textilien, alte Jacken<br />
zu neuen Jacken, alte Rucksäcke zu<br />
neuen Rucksäcken werden. Eine<br />
Kreislaufwirtschaft möglichst ohne<br />
neuen Ressourceneinsatz (siehe<br />
dazu auch die Outdoor by ISPO-Story<br />
in dieser Ausgabe). Ansätze dafür<br />
gibt es schon viele, etwa einzelne<br />
voll recycelbare und damit<br />
kreislauffähige Produkte aus „Monomaterialien“.<br />
Jetzt gehe es darum,<br />
alles möglichst flächendeckend<br />
auszurollen, es wird Sammelstellen<br />
für ausgediente Produkte brauchen,<br />
um sie im Kreislauf zu halten, etwa<br />
über Händler. An allem wird im<br />
Hintergrund gearbeitet.<br />
Welches Fazit man ziehen<br />
kann? Es gibt Indikatoren für nachhaltigere<br />
Produkte, aber eine einfache<br />
Einteilung in Schwarz und Weiß<br />
ist nicht möglich. Es geht auch um<br />
Vertrauen, das Unternehmen durch<br />
vielfältige Initiativen, offene Kommunikation<br />
darüber, aber etwa auch<br />
das Benennen von Grenzen der<br />
Nachhaltigkeit schaffen können.<br />
Und es gehe, so Lisa Pfeiffer, bei<br />
jedem Einkauf um eine reflektierte<br />
Entscheidung: „Wenn wir etwas<br />
kaufen, dann sollte es unser Lieblingsprodukt<br />
werden – und nicht,<br />
weil mir die Farbe gerade gefällt.<br />
Das nachhaltigste Produkt ist das,<br />
das wir auch wirklich anziehen.“<br />
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