SPORTaktiv August 2023
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SERVICE Fahrwerks-Setup<br />
An Federgabeln finden sich meist<br />
am Fahrergewicht angelehnte Empfehlungen<br />
für den passenden Luftdruck,<br />
für den Hinterbau geben<br />
Hersteller (oft versteckt in Manuals)<br />
Empfehlungen für den idealen<br />
Sag-Wert (meist irgendwo zwischen<br />
20 und 40 %). Teils finden<br />
sich dazu Tabellen, Hersteller wie<br />
beispielsweise Specialized bieten<br />
aber auch komplette Fahrwerks-Guides,<br />
in denen man sein<br />
Fahrradmodell plus das fahrfertige<br />
Gewicht eingibt und so Luftdruckwerte<br />
zur Basiseinstellung erhält.<br />
Wie auch immer: Kennt man<br />
den gewünschten Sag, stellt man<br />
sich in voller Fahrmontour (inklusive<br />
Rucksack, voller Trinkblase oder<br />
Wasserflasche am Rahmen) parallel<br />
zu einer stabilen Mauer. Aufsteigen,<br />
Gabel und Dämpfer einmal<br />
durchfedern, den kleinen Gummiring<br />
ganz zur Gummidichtung<br />
schieben und vorsichtig (ohne zu<br />
Bremsen) mit dem Ellenbogen an<br />
der Wand abstützen und Fahrposition<br />
einnehmen. Nun Bremsen ziehen<br />
und vorsichtig, ohne die Federelemente<br />
zu belasten, absteigen.<br />
Bei RockShox-Federgabeln und<br />
Dämpfern lässt sich durch eine<br />
Skalierung der Sag direkt in Prozent<br />
ablesen, andere Fabrikate verlangen<br />
ein Nachmessen per Maßband.<br />
Sowohl an Gabel als auch<br />
-Dämpfer gilt dabei nicht der angegebene<br />
Federweg, sondern der<br />
selbst gemessene Hub, also der tatsächliche<br />
Weg, den sich der Dämpfer<br />
oder die Gabel (bei zuvor entleerter<br />
Luftkammer) bewegt. Ein<br />
140-mm-Hinterbau erhält schließlich<br />
seinen Federweg über die Umlenkung,<br />
tatsächlich misst der Hub<br />
nur beispielsweise 55 mm. An der<br />
Gabel kann man sich im Grunde an<br />
den offiziellen Angaben orientieren,<br />
hier sind die Abweichungen meist<br />
nur im Millimeterbereich anzusiedeln.Diesen<br />
Vorgang wiederholt<br />
man für Gabel und Dämpfer getrennt<br />
so lange, bis der gewünschte<br />
Wert erreicht ist.<br />
Die Dämpfung<br />
Gegenstück zum Sag und seiner bestimmenden<br />
Luftfederhärte ist die<br />
ölbasierte Dämpfung. Ohne sie<br />
würde das Bike im Gelände wie ein<br />
Pogo-Stick springen. Die Dämpfung<br />
„steuert“ somit einerseits die Geschwindigkeit,<br />
mit der das Fahrwerk<br />
komprimiert wird und andererseits<br />
wieder aus besagter Kompression<br />
ausfedert. Hierbei wird<br />
zwischen Druckstufen- (Compression<br />
oder Kompressions-Dämpfung)<br />
sowie Zugstufen-Dämpfung (Rebound)<br />
unterschieden. Fährt man<br />
über ein Hindernis, reguliert die<br />
Druckstufe die Geschwindigkeit,<br />
mit der das Federelement komprimiert<br />
wird. Die sogenannte Highund<br />
Low-Speed-Druckstufe reguliert<br />
das jeweilige Kompressionsverhalten<br />
bei schneller (etwa über<br />
grobe Kanten) und langsamer (etwa<br />
auf Schotter) Kompressionsgeschwindigkeit.<br />
Vielfach verfügen Federelemente<br />
nur über eine Low-Speed-<br />
Einstellbarkeit oder eine Mischung<br />
aus Low- und High-Speed. Bei hochwertigen<br />
Modellen mit getrennten<br />
Einstellmöglichkeiten arbeiten hingegen<br />
auch die jeweiligen Kreisläufe<br />
getrennt voneinander. Derlei<br />
ZUR PERSON<br />
Christoph Joch<br />
Der leidenschaftliche Mountainbiker<br />
bewegt sich bereits seit 2016 auch<br />
beruflich in der Bike-Branche und verantwortet<br />
seit diesem Jahr als Category<br />
Lead Mountain (D.A.LUX) die Geschicke<br />
des Themas Mountainbike beim<br />
US-Branchenprimus Specialized.<br />
www.specialized.com<br />
FOTOS: Specialized<br />
High-End-Fahrwerke, räumt auch<br />
Christoph Joch ein, lassen aber vorrangig<br />
Rider mit Rennerfahrung<br />
und tiefgehenden Kenntnissen profitieren:<br />
„Diese können so ihr Fahrwerk<br />
exakt auf die jeweilige Strecke<br />
und die Verhältnisse abstimmen<br />
und bringen auch die nötige<br />
Grundgeschwindigkeit mit.“ Übrigens:<br />
Plattform-Hebel an Dämpfer<br />
und Gabel für härtere Federelemente<br />
im Uphill manipulieren in<br />
der Regel ebenfalls die Low-Speed-<br />
Druckstufe.<br />
Andererseits reguliert die Zugstufen-Dämpfung<br />
oder der Rebound<br />
die Ausfedergeschwindigkeit.<br />
Diese hängt eng mit dem Luftdruck<br />
(der „Federrate“) zusammen.<br />
Wer also hohen Druck im Federelement<br />
fährt, muss auch eine entsprechend<br />
langsame Zugstufe fahren,<br />
um ein „Springen“ zu unterbinden.<br />
Auch hier gibt es getrennte Low-<br />
Speed- und High-Speed-Einstellungen,<br />
allerdings ist dies eher selten<br />
der Fall. In der Regel kommen Federelemente<br />
mit einer einzelnen<br />
Zugstufen-Regulierung aus. Nur<br />
der Vollständigkeit halber: Bei starker<br />
Kompression, also sehr großen<br />
Schlägen wirkt die High-Speed-Zugstufe,<br />
im oberen Bereich des Federwegs,<br />
also dann, wenn die Rückstellkräfte<br />
nicht mehr so hoch sind,<br />
wirkt die Low-Speed-Zugstufe.<br />
Fehler beheben<br />
Häufig scheitert es laut Joch an besagter<br />
Zugstufe: „Fühlt sich das<br />
Bike wie ein bockiges Pferd an, deutet<br />
dies auf eine zu schnelle Zugstufe<br />
hin. Ist sie zu langsam, verhärtet<br />
das Fahrwerk bei schnell aufeinanderfolgenden<br />
Schlägen und fühlt<br />
sich sehr harsch an.“ Um ein Gefühl<br />
zu entwickeln, rät Christoph Joch<br />
hier nach dem Finden des passenden<br />
Sags die gleiche Teststrecke einmal<br />
mit komplett offener und einmal mit<br />
komplett geschlossener Zugstufe zu<br />
fahren, um die Unterschiede herauszuspüren<br />
– und sich dann von dort<br />
ans Setup anzunähern.<br />
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