Gesund & Leben in Wien - 07_08/23

GEDÄCHTNIS
nachlese
BESSER LEBEN MIT DEM
auswendig lernen oder die Zähne nicht wie sonst mit der
rechten, sondern mit der linken Hand putzen.
STILLSTAND VERMEIDEN
Gedächtnistraining, sagt Mader, ist sehr vielschichtig:
„Viele denken dabei vorrangig an Sudokus und Kreuzworträtsel.
Das ist nicht schlecht. Es werden dabei aber nur
einzelne Fertigkeiten im Gehirn trainiert. Deshalb ist ein
ganzheitlicher Ansatz wichtig, um möglichst viele Hirnregionen
zu aktivieren.“ Gerade im Alter ist es wichtig, Stillstand
zu vermeiden und das Gehirn aktiv zu halten. Angesichts
zahlreicher technischer Hilfsmittel ist das sowohl
für Ältere als auch für Jüngere eine Herausforderung. „In
unserer digitalisierten Welt wird uns
ganz viel abgenommen, wenn es ums
Merken geht“, sagt Mader. „Wir müssen
nicht mehr Kopfrechnen, lassen
uns vom Navi den Weg zeigen, speichern
uns alle Telefonnummern ein.
Damit unterfordern wir aber unser
Gehirn.“ Wer zusätzlich zum Training
etwas für eine bessere Gedächtnisleistung
tun will, kann sich übrigens auch
in der Apotheke beraten lassen. Heilpflanzen
wie der Rosenwurz oder die
indische Schlafbeere, auch bekannt
unter dem Namen Ashwagandha,
können – in Kapselform eingenommen
– eine positive Wirkung auf das
Gehirn haben.
DEMENZ VORBEUGEN
Dass sich die Leistungsfähigkeit des
Gehirns im Laufe des Lebens verändert,
ist ganz normal, sagt Priv.-Doz.
Dr. Thomas Foki, Neurologe in eigener
Praxis in St. Pölten und Oberarzt
im Universitätsklinikum Tulln. „Wenn
wir auf die Welt kommen, muss unser
Gehirn erst reifen. Und wie jedes
andere Organ auch ist es später Alterungsprozessen
ausgesetzt.“ Schon ab
dem mittleren Erwachsenenalter, mit
rund 40 Jahren, kann es zu kognitiven
Leistungsminderungen kommen. „Wobei diese in diesem
Alter noch sehr subtil und kaum wahrnehmbar sind“, räumt
Foki ein. Im fortgeschrittenen Alter zeigen sich geistige Einbußen
stärker. Typisch sind etwa Wortverwechslungen, das
Entfallen von Namen oder nicht mehr zu wissen, was man
eigentlich aus dem Raum, in den man soeben gegangen ist,
holen wollte. Auch wenn sich solche Vergesslichkeitsanzeichen
im Alltag in einem normalen Rahmen bewegen, sind
sie ein guter Anlass, sich der Fitness des eigenen Gehirns zu
widmen und Krankheiten wie Demenz vorzubeugen. Hier
gilt: je früher, desto besser.
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Gedächtnis
ÜBUNGEN
FÜR ZWISCHENDURCH
Mit Koordinationsübungen
werden neue Synapsen
zwischen den Gehirnzellen
gebildet und die Gehirnhälften
besser vernetzt.
Das Gehirn wird stärker
durchblutet und dadurch die
Lern-, Konzentrations- und
Gehirnleistung aktiviert und
verbessert.
Jetzt üben!
■ Kreisen Sie mit der rechten
Hand am Bauch und tippen
Sie gleichzeitig mit der linken
Hand auf Ihren Kopf.
■ Zeichnen Sie mit der einen
Hand einen Achter in
die Luft, mit der anderen
gleichzeitig ein Dreieck. n
RAUS AUS DER ROUTINE
Kognitives Training ist aber nur ein Aspekt für Gehirnfitness.
Genauso wesentlich ist körperliche Aktivität, sagt
Thomas Foki. Denn: „Bewegung führt zu einem Anstieg
von Botenstoffen, die die Hirnfunktionen aufrechterhalten.
Wichtig ist, dass man sich regelmäßig bewegt, pro
Woche rund zweieinhalb Stunden.“ Gesunde Ernährung
spielt ebenfalls eine große Rolle für den Erhalt geistiger
Fitness, darüber hinaus beeinflussen Gefäßrisikofaktoren
wie erhöhtes Cholesterin oder Bluthochdruck die Gehirnfunktion
und sollten umgehend behandelt werden. Soziale
Kontakte, Neugierde auf das Leben, Neues ausprobieren:
Alles, was aus allzu routinierten Bahnen führt, ist gut fürs
Gehirn. Gitarre spielen lernen in der Pension zum Beispiel,
die neue Nachbarin einladen oder einen Portugiesischkurs
besuchen. Wann kognitive Störungen
medizinisch abgeklärt werden sollten,
etwa weil sie auf eine beginnende
Demenzerkrankung hinweisen, ist
nicht so einfach zu beantworten,
sagt Thomas Foki.
„Am besten man klärt
jedes kognitive Defizit
ab, egal wie alt man ist.“ Neue
Behandlungsmöglichkeiten in
der Alzheimertherapie würden
im Frühstadium der Krankheit
sehr gute Ergebnisse zeigen.
Eine frühe Diagnose und eine
damit einhergehende Therapie
können das Fortschreiten der
Krankheit deutlich reduzieren.
KEIN MULTITASKING
Sich etwas merken zu können,
ist nur eine von mehreren
kognitiven Fähigkeiten des
Menschen. „Oft wird von fünf
großen Gedächtnisleistungen
gesprochen, den Big Five“, sagt
die Gedächtnistrainerin Tanja
Nekola. Ganz am Anfang steht
die Wahrnehmung. Wer mit
den Gedanken woanders ist,
wenn das Gegenüber seinen
Namen nennt, wird ihn nicht im
Kopf behalten. Zweitens: Es braucht Konzentration, damit
man sich – drittens – etwas merken kann. Dieses Wissen
muss man abrufen können, um es – in einem fünften
Schritt – in der Phase der Wortfindung auch aussprechen
zu können. Wie gut unser Gehirn letztendlich funktioniert,
hängt von vielen Faktoren ab. Dauerhafter Stress, zu wenig
Schlaf sowie pausenfreies Arbeiten beeinträchtigen seine
Leistung genauso wie Multitasking. Mehrere Dinge gleichzeitig
zu machen, verbraucht viel Energie und führt häufig
zu mehr Fehlern. „Wer einen Text schreibt und daneben
mit voller Aufmerksamkeit die Nachrichten hören will,
wird wahrscheinlich nichts davon wirklich gut schaffen“,
sagt Nekola. Also besser: Eins nach dem anderen machen.
So kann das Gehirn am besten arbeiten. SANDRA LOBNIG n
FOTOS: ISTOCK_ RAMCREATIV_ TAK
FOTO: STEPHANIE GOLSER
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