Gesund & Leben in Wien - 07_08/23
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MODERNE AUGENHEILKUNDE<br />
WOHNORTNAH UND<br />
OHNE LANGE<br />
WARTEZEITEN<br />
<strong>Wien</strong>s Augenärzt<strong>in</strong>nen und -ärzte könnten zahlreiche Leistungen <strong>in</strong><br />
der Niederlassung anbieten und damit zur Entlastung der Spitäler und<br />
punktgenauen Versorgung der Patient<strong>in</strong>nen und Patienten beitragen.<br />
E<strong>in</strong> Blick über die Grenze zeigt, wie es<br />
funktionieren kann: Etliche Leistungen<br />
aus dem Bereich der Augenheilkunde<br />
und Optometrie, wie die <strong>in</strong>travitreale<br />
operative Medikamentenapplikation<br />
(IVOM) oder Kataraktoperationen, werden <strong>in</strong><br />
Deutschland längst im niedergelassenen Bereich<br />
angeboten – und das großflächig und mit Erfolg.<br />
Für Dr. Gabriela Seher, selbst Augenärzt<strong>in</strong> und<br />
Fachgruppenobfrau Augenheilkunde und Optometrie<br />
<strong>in</strong> der Ärztekammer für <strong>Wien</strong>, ist das ke<strong>in</strong>eswegs<br />
überraschend: „Die Patient<strong>in</strong>nen und<br />
Patienten würden diese E<strong>in</strong>griffe auch bei uns<br />
gerne <strong>in</strong> der gewohnten Umgebung der Ord<strong>in</strong>ation,<br />
möglichst wohnortnah und bei kurzer Wartezeit,<br />
absolvieren. Die Leute fragen immer wieder<br />
nach, warum das nicht möglich ist.“ Dr. Bonni<br />
Syeda, Sektionsobfrau der niedergelassenen<br />
Fachärzte <strong>in</strong> der Ärztekammer für <strong>Wien</strong>, ergänzt:<br />
„Die Spitäler s<strong>in</strong>d bekanntlich am Limit. Wie<br />
<strong>in</strong> vielen anderen Fächern wäre es auch <strong>in</strong> der<br />
Augenheilkunde und Optometrie höchst an der<br />
Zeit, den Leistungskatalog der Krankenkassen zu<br />
modernisieren – im S<strong>in</strong>ne aller Beteiligten.“<br />
MODERNE MEDIZIN FÜR ALLE<br />
„Bei der IVOM ist unser Konzept samt Tarifen fix<br />
und fertig. Wir könnten schon morgen mit der<br />
Sozialversicherung verhandeln“, sagt Seher. Bei<br />
dieser Behandlung, die bei feuchter altersbed<strong>in</strong>gter<br />
Makuladegeneration (AMD) zum E<strong>in</strong>satz<br />
kommt, werden Medikamente <strong>in</strong> den Glaskörper<br />
des Auges <strong>in</strong>jiziert. Dadurch soll das Fortschreiten<br />
Dr. Gabriela Seher,<br />
selbst Augenärzt<strong>in</strong> und<br />
Fachgruppenobfrau<br />
Augenheilkunde und<br />
Optometrie <strong>in</strong> der<br />
Ärztekammer für <strong>Wien</strong><br />
Dr. Bonni Syeda,<br />
Sektionsobfrau der<br />
niedergelassenen<br />
Fachärzte <strong>in</strong> der<br />
Ärztekammer für <strong>Wien</strong><br />
dieser chronischen Erkrankung gestoppt werden.<br />
Patient<strong>in</strong>nen und Patienten, die an e<strong>in</strong>er feuchten<br />
AMD erkranken, leiden unter e<strong>in</strong>er abnormalen<br />
Entwicklung von Blutgefäßen im Auge. Diese<br />
wachsen unkontrolliert <strong>in</strong> die Netzhaut und verursachen<br />
e<strong>in</strong>e irreversible Verschlechterung<br />
des Sehvermögens. Betroffene benötigen <strong>in</strong><br />
der Regel mehrfache Injektionen. Seher: „Derzeit<br />
müssen die Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
zur Behandlung alle zwei bis drei Monate <strong>in</strong>s<br />
Spital. Gerade für ältere Menschen ist das sehr<br />
belastend. Die Augenärzt<strong>in</strong>nen und -ärzte des<br />
Vertrauens könnten die Behandlung problemlos<br />
<strong>in</strong> der Niederlassung anbieten.“ Aktuell ist dies<br />
aber ausschließlich <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Privatleistung<br />
möglich. Jedes Jahr werden <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> <strong>in</strong> etwa 50.000<br />
IVOM vorgenommen. Für Syeda zeigt dieses<br />
Beispiel e<strong>in</strong>mal mehr, dass der Leistungskatalog<br />
der Krankenkassen nicht mehr State of the Art<br />
ist. Die Folge: „E<strong>in</strong>fache Ansätze, um die Spitäler<br />
zu entlasten, werden nicht genutzt. Außerdem<br />
bleibt das Kassensystem für Ärzt<strong>in</strong>nen und Ärzte<br />
unattraktiv. Gerade die jungen Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />
Kollegen wollen moderne Untersuchungs- und<br />
Therapiemöglichkeiten anbieten – kurz gesagt:<br />
e<strong>in</strong>e moderne Mediz<strong>in</strong>.“ Das sei derzeit aufgrund<br />
des veralteten Leistungskatalogs aber nur e<strong>in</strong>geschränkt<br />
möglich.<br />
CHANCEN FÜR DAS GESUNDHEITSSYSTEM<br />
WERDEN VERSPIELT<br />
Dieses Problem zeigt sich auch bei Kataraktoperationen.<br />
In den vergangenen Jahren waren<br />
FOTOS: ISTOCK_ALEXEYBLOGOODF_STOCK_COLORS; ÄRZTEKAMMER FÜR WIEN/ STEFAN SEELIG; ÖÄK_BERNHARD NOLL; BEIGESTELLT<br />
diese E<strong>in</strong>griffe die mit Abstand<br />
häufigsten operativen mediz<strong>in</strong>ischen<br />
Leistungen <strong>in</strong> Österreich, die<br />
im Spital durchgeführt wurden. Zum<br />
Vergleich: In Deutschland werden <strong>in</strong> etwa 70<br />
Prozent der Operationen des Grauen Stars bereits<br />
im niedergelassenen Bereich erbracht – auch aus<br />
Effizienzgründen, um das <strong>Gesund</strong>heitssystem zu<br />
entlasten. In Österreich h<strong>in</strong>gegen gibt es <strong>in</strong> den<br />
Tarifkatalogen der ÖGK und der SVS, den größten<br />
heimischen Krankenversicherungsträgern, derzeit<br />
ke<strong>in</strong>e Leistungsabgeltung. Seher: „Die Kolleg<strong>in</strong>nen<br />
und Kollegen, die diese E<strong>in</strong>griffe gelernt<br />
haben, werden nicht alle im Spital bleiben. Es<br />
wäre e<strong>in</strong>e vertane Chance, wenn sie und die vielen<br />
hochqualifizierten bereits niedergelassenen<br />
Fachärzt<strong>in</strong>nen und -ärzte für Augenheilkunde<br />
und Optometrie diese Leistung <strong>in</strong> Zukunft nicht<br />
<strong>in</strong> ihren Ord<strong>in</strong>ationen anbieten könnten.“<br />
E<strong>in</strong>e andere kurze und nicht schwerwiegende<br />
Operation, die derzeit an e<strong>in</strong>en Spitalsaufenthalt<br />
gekoppelt ist, ist die Blepharoplastik – die Straffung<br />
des Ober- und Unterlids. Konkret handelt<br />
es sich um Korrekturen der Schlupflider, die<br />
ansonsten zu dauerhaften B<strong>in</strong>dehautentzündungen,<br />
zur Entzündung des Lidrands<br />
oder müden und trockenen<br />
Augen führen können.<br />
Ord<strong>in</strong>ationen<br />
oder Gruppenpraxen<br />
bräuchten dafür e<strong>in</strong>en<br />
kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griffsraum –<br />
e<strong>in</strong>e Investition, die viele<br />
niedergelassene Augenärzt<strong>in</strong>nen<br />
und -ärzte tätigen<br />
würden, sobald diese<br />
Leistung mit der Krankenversicherung<br />
abgerechnet<br />
werden kann, ist Seher überzeugt.<br />
„Durch die Modernisierung<br />
des Leistungskatalogs<br />
könnte man auch Wahlärzt<strong>in</strong>nen<br />
und -ärzte motivieren, <strong>in</strong><br />
das Kassensystem zu wechseln“,<br />
so Syeda <strong>in</strong> Richtung Politik und<br />
Sozialversicherung. <br />
n<br />
„Derzeit müssen AMD-<br />
Patient<strong>in</strong>nen und -Patienten<br />
zur Behandlung alle zwei bis<br />
drei Monate <strong>in</strong>s Spital.<br />
Gerade für ältere Menschen<br />
ist das sehr belastend. Die<br />
Augenärzt<strong>in</strong>nen und -ärzte<br />
des Vertrauens könnten die<br />
Behandlung problemlos <strong>in</strong><br />
der Niederlassung anbieten.“<br />
Dr. Gabriela Seher<br />
6 GESUND & LEBEN <strong>07</strong> & <strong>08</strong>/<strong>23</strong><br />
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