Gesund & Leben in Wien - 07_08/23
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DARMGESUNDHEIT<br />
wichtigsten Aufgaben. „Damit ist der<br />
Darm für den Körper gleichbedeutend<br />
wie Herz und Lunge.“<br />
EIN KILO BAKTERIEN IM MIKROBIOM<br />
Se<strong>in</strong> Mikrobiom (=Darmflora) hat <strong>in</strong><br />
den vergangenen Jahren Schlagzeilen<br />
gemacht: durch se<strong>in</strong>e stattliche Sammlung<br />
an Bakterien, Viren und Pilzen.<br />
Bis zu e<strong>in</strong>em Kilogramm schleppt jeder<br />
Mensch mit sich herum. Laut Schöfl e<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>zigartiges Milieu: „Die Zusammensetzung<br />
ist <strong>in</strong>dividuell – jeder Mensch<br />
sucht sich aus 30.000 Bakterien 1.000<br />
aus. Außerdem ist das Mikrobiom von<br />
verschiedenen Faktoren abhängig:<br />
Genetik, Ernährung, negativen Faktoren<br />
wie Rauchen, Alkohol und Stress<br />
sowie dem Geburtsweg.“ Bei der vag<strong>in</strong>alen<br />
Entb<strong>in</strong>dung geht die Darmflora der<br />
Scheide der Mutter auf das Baby über –<br />
der Start des persönlichen Mikrobioms.<br />
Auch die Ernährung hat großen E<strong>in</strong>fluss auf die Darmflora.<br />
E<strong>in</strong>e Studie zeigt: Menschen aus Burk<strong>in</strong>a Faso, die viel Hirse<br />
und Mais essen, haben e<strong>in</strong>e völlig andere als e<strong>in</strong> Mitteleuropäer<br />
mit Fleischkonsum und Genuss süßer Köstlichkeiten.<br />
Medikamente und Antibiotika bee<strong>in</strong>flussen die Darmflora<br />
genauso wie Erkrankungen wie zum Beispiel Covid-19.<br />
Die vielbeworbenen Labortests auf das persönliche Mikrobiom<br />
s<strong>in</strong>d laut Schöfl jedoch zum Fenster h<strong>in</strong>ausgeworfenes<br />
Geld: „Die s<strong>in</strong>nvollen Untersuchungen auf Krankheitserreger<br />
bezahlt die Krankenkasse. Sie werden im Spital, beim Hausarzt<br />
oder der Ärzt<strong>in</strong> des Vertrauens durchgeführt. Und die anderen<br />
Parameter s<strong>in</strong>d derzeit noch ke<strong>in</strong>e Basis für e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle<br />
Behandlung.“ Je mehr gute Darmbakterien, desto besser? E<strong>in</strong><br />
Trugschluss: „Ältere Menschen haben oft zu viel Mikrobiom.<br />
Das äußerst sich beispielsweise <strong>in</strong> Durchfall.“<br />
ZÖLIAKIE, MORBUS CROHN UND REIZDARM<br />
E<strong>in</strong>e aus dem Gleichgewicht geratene Darmflora macht sich<br />
schnell bemerkbar – beispielsweise <strong>in</strong> weit verbreiteten Nahrungsmittelunverträglichkeiten:<br />
Jede beziehungsweise jeder<br />
zweite leidet <strong>in</strong> Österreich darunter. Häufig <strong>in</strong> punkto Fructose,<br />
Milchzucker, Sorbit, Histam<strong>in</strong>e, Sulfite (E-Nummern<br />
auf <strong>Leben</strong>smitteln) und Glutamate. Laut Schöfl ist das jedoch<br />
„ke<strong>in</strong>e Krankheit, sondern e<strong>in</strong>e Spielart der menschlichen<br />
Natur“. Wird das Unverträgliche weggelassen, kl<strong>in</strong>gen die<br />
Beschwerden schnell wieder ab.<br />
Zöliakie h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong>e Erkrankung. Hier führt das Klebereiweiß<br />
aus Getreide (Gluten) zu e<strong>in</strong>er Entzündung oder<br />
Schädigung der Dünndarmschleimhaut. E<strong>in</strong>e oder e<strong>in</strong>er von<br />
100 leidet <strong>in</strong> Österreich daran: „Die Symptome s<strong>in</strong>d zu Beg<strong>in</strong>n<br />
wie bei e<strong>in</strong>er Nahrungsmittelunverträglichkeit. Es kann zu<br />
Bauchschmerzen oder Durchfall kommen. Später zu e<strong>in</strong>em<br />
Eisenmangel, der Abnahme der Knochendichte oder dem<br />
Ausbleiben der Periode bei Frauen. Und nach Jahrzehnten<br />
ohne Diagnose sogar zum Dünndarm-T-Zell-Lymphom. E<strong>in</strong>e<br />
oder e<strong>in</strong>er von 20 Zöliakie-Patient<strong>in</strong>nen beziehungsweise<br />
Univ.-Prof. Dr. Ra<strong>in</strong>er Schöfl, -Patienten ist betroffen.“<br />
Leiter der 4. <strong>in</strong>ternen Abteilung<br />
E<strong>in</strong>e chronisch-entzündliche<br />
Darmerkran-<br />
für Gastroenterologie<br />
und Hepatologie, Endokr<strong>in</strong>ologie,<br />
kung ist auch Morbus<br />
Ernährungsmediz<strong>in</strong> sowie<br />
Crohn: 3 von 1.000 Menschen<br />
<strong>in</strong> Österreich leben<br />
Stoffwechsel am „Ordenskl<strong>in</strong>ikum<br />
L<strong>in</strong>z Barmherzige Schwestern“<br />
mit der Diagnose, doch die<br />
Dunkelziffer ist hoch. „Morbus<br />
Crohn kann zu e<strong>in</strong>er<br />
Autoimmunreaktion führen<br />
und auch die Gelenke,<br />
Gallenwege oder Regenbogenhaut<br />
des Auges bee<strong>in</strong>flussen.<br />
Symptome beg<strong>in</strong>nen<br />
häufig zwischen 15<br />
und 30 Jahren und äußern<br />
sich <strong>in</strong> Bauchschmerzen,<br />
Gewichtsabnahme oder<br />
Blut im Stuhl.“ Die Behandlung<br />
von Morbus Crohn<br />
und Zöliakie erfolgt mit<br />
<strong>in</strong>novativen Medikamenten:<br />
„Biologika haben enorme Fortschritte gemacht. Sie s<strong>in</strong>d<br />
nebenwirkungsarm und zur Langzeitanwendung geeignet.“<br />
Daneben empfehlen sich Ernährungs- und psychologische<br />
Beratung (für Entspannung), Sport und e<strong>in</strong>e gesunde <strong>Leben</strong>sweise<br />
ohne Rauchen. Auch Kreativtherapie – zeichnen und<br />
malen – ist mittlerweile Teil von Reha-Aufenthalten. Schöfl<br />
me<strong>in</strong>t schmunzelnd: „Bei Fachkongressen kommt man sich<br />
oft wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gemäldegalerie vor.“<br />
15 Prozent der Erwachsenen leiden am Reizdarm-Syndrom<br />
– „e<strong>in</strong>er ungefährlichen Funktionsstörung, obwohl der Darm<br />
nach e<strong>in</strong>em Test auf Entzündungszeichen im Stuhl normal<br />
aussieht“. Die häufigsten Symptome s<strong>in</strong>d Durchfall oder Verstopfung,<br />
mit oder ohne Schmerzen. Und die Ursachen s<strong>in</strong>d<br />
vielfältig: e<strong>in</strong>e genetische Veranlagung, e<strong>in</strong> gestörtes Mikrobiom,<br />
Angst, Stress, depressive Verstimmungen, Traumen etc.<br />
Die Therapie ist e<strong>in</strong>e dreiwöchige Ausschluss-Diät (FODMAP<br />
= ke<strong>in</strong> Getreide, ke<strong>in</strong> Obst, ke<strong>in</strong>e Milch). Dann folgt die Wiedere<strong>in</strong>führung<br />
der gemiedenen Nahrungsbestandteile – ohne<br />
jene, die dezidiert Beschwerden verursachen. „Bei der Hälfte<br />
aller Patient<strong>in</strong>nen und Patienten ist das Problem damit gelöst.<br />
Insgesamt fühlen sich Dreiviertel der Betroffenen danach<br />
besser.“ Ihre Wirkung zeigen auch e<strong>in</strong>e Psychotherapie (kognitive<br />
Verhaltenstherapie oder Bauch-Hypnose) und symptomatische<br />
„Helferle<strong>in</strong>“-Tabletten: zum Stopp des Stuhlgangs,<br />
krampflösende Schmerz- oder Abführmittel.<br />
„Die Zusammensetzung der<br />
Darmflora (Mikrobiom) ist<br />
<strong>in</strong>dividuell – jeder Mensch sucht sich<br />
aus 30.000 Bakterien 1.000 aus.<br />
Außerdem ist das Mikrobiom von<br />
verschiedenen Faktoren abhängig:<br />
Genetik, Ernährung, negativen<br />
Faktoren wie Rauchen, Alkohol und<br />
Stress sowie dem Geburtsweg.“<br />
15 %<br />
DER ERWACHSENEN<br />
LEIDEN AM<br />
REIZDARM-SYNDROM:<br />
Die Therapie ist e<strong>in</strong>e<br />
dreiwöchige Ausschluss-Diät.<br />
Bei der Hälfte aller<br />
Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
ist das Problem damit gelöst.<br />
NEUER TEST ZUR DARMKREBS-VORSORGE<br />
(Dick-)Darmkrebs gilt heute – noch – nicht als Mikrobiom-bed<strong>in</strong>gt.<br />
„Er wird zu 50 Prozent durch<br />
Gene verursacht. Und zur anderen Hälfte<br />
durch falsche Ernährung.“ Ballaststoffe s<strong>in</strong>d<br />
gut, zu viele Kalorien und zu viel rotes Fleisch<br />
schlecht. „Doch ich möchte Letzteres nicht<br />
generell verteufeln – die Dosis macht das<br />
Gift. Rotes Fleisch ist e<strong>in</strong> wichtiger Eisenund<br />
Vitam<strong>in</strong>-B12-Lieferant. Und wir brauchen<br />
es zum Aufbau von Muskeln, Zellen, Hormonen und<br />
Enzymen.“<br />
In Österreich ist Darmkrebs die dritthäufigste Tumorerkrankung.<br />
Rund zehn Prozent aller neuen Krebsfälle<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Jahr betreffen den Verdauungstrakt. 2019 waren<br />
es alle<strong>in</strong> im Dickdarm (exklusive Magen, Leber, Pankreas<br />
und Speiseröhre) 4.444. Rund 2.000 Menschen sterben<br />
pro Jahr daran. Anders ausgedrückt: E<strong>in</strong>e oder e<strong>in</strong>er von<br />
20 erkrankt, jede beziehungsweise jeder 40. verstirbt.<br />
Männer s<strong>in</strong>d vom Dickdarmkarz<strong>in</strong>om häufiger betroffen<br />
als Frauen.<br />
VORSORGE RETTET LEBEN<br />
Die wichtigste Vorsorge <strong>in</strong> Sachen Darmgesundheit ist<br />
die Koloskopie (Darmspiegelung). Für Frauen wie Männer<br />
wird sie seit kurzem ab 45 Jahren empfohlen – mit<br />
Wiederholung alle zehn Jahre. Schöfl: „Die Methode ist<br />
sehr genau und entdeckt auch kle<strong>in</strong>e Polypen. Sie werden<br />
dabei sofort entfernt.“ Allerd<strong>in</strong>gs ist die Angst davor groß:<br />
trotz Spritze, die Schmerzfreiheit garantiert. Deshalb gibt<br />
es nun den FIT-Vorsorgetest auf Blut im Stuhl: Hier wird<br />
daheim auf der Toilette e<strong>in</strong>e Stuhlprobe entnommen und<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Eprouvette ans Labor geschickt. „Die Methode gilt<br />
als gleichwertig, wenn man sie ab 45 alle zwei Jahre durchführt.<br />
Unsere große Hoffnung ist, damit mehr Menschen<br />
von der Vorsorge überzeugen zu können.“ Für die neue<br />
Untersuchung ist ke<strong>in</strong>e Darmentleerung nötig. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
zeigt sie nur fortgeschrittenere Erkrankungen. „Wird etwas<br />
entdeckt, brauchen Menschen erst wieder e<strong>in</strong>e Koloskopie.“<br />
Patient<strong>in</strong>nen und Patienten mit chronisch-entzündlichen<br />
Darmerkrankungen oder familiärer Vorbelastung<br />
tragen e<strong>in</strong> höheres Risiko für Erkrankungen. Für sie gibt<br />
es spezielle Vorsorgeprogramme auf Basis der Koloskopie.<br />
MS DURCH GESTÖRTES MIKROBIOM?<br />
Dickdarmentzündungen mit blutigem Stuhl wie Colitis<br />
Ulcerosa oder die Durchfallerkrankung Clostridium Difficile<br />
werden mittlerweile mit der sogenannten Stuhltransplantation<br />
behandelt: der Mensch-zu-<br />
Mensch-Übertragung von gesundem<br />
Spenderstuhl – über e<strong>in</strong>e Nasensonde<br />
oder via Koloskopie. „Wir präferieren<br />
Letzteres, weil das die angenehmere<br />
Methode für Patient<strong>in</strong>nen und Patienten<br />
ist.“ E<strong>in</strong> aufwendiges, aber mit 90<br />
Prozent Heilungschance hochwirksames<br />
Verfahren.<br />
So weit s<strong>in</strong>d Wissenschaftler bei der Vorbeugung neurologischer<br />
Erkrankungen noch nicht. Neue<br />
Studien verdichten jedoch Indizien, dass<br />
e<strong>in</strong>e aus dem Gleichgewicht geratene<br />
Darmflora sogar bei der Entstehung<br />
von Multipler Sklerose (MS) und Park<strong>in</strong>son<br />
e<strong>in</strong>e Rolle spielt. „Für konkrete<br />
Rückschlüsse, Vorsorgestrategien oder<br />
Therapien s<strong>in</strong>d aber weitere Untersuchungen nötig.“ Die<br />
Forschungsreise durch das lebenswichtige Undercover-<br />
Organ Darm hat also gerade erst begonnen. KARIN LEHNER n<br />
FOTOS: ISTOCK_ALONZODESIGN; VINZENZ GRUPPKARIN SCHWARZ<br />
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38 GESUND & LEBEN <strong>07</strong> & <strong>08</strong>/<strong>23</strong><br />
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17.<strong>07</strong>. – 25.<strong>08</strong>.<strong>23</strong><br />
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