Christkatholisch_2023-15
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<strong>Christkatholisch</strong><br />
<strong>15</strong>/<strong>2023</strong><br />
Vom «Concerthaus»<br />
zur Christuskirche<br />
Wer aus dem St. Galler Stadtzentrum den Rosenberg hoch<br />
blickt, erkennt das markante Gebäude sofort. Man muss<br />
allerdings wissen, dass es sich um unsere Christuskirche<br />
handelt, denn als Gebäude ist sie durchaus untypisch.<br />
Bibelwort<br />
Dienende Macht<br />
Jesus sagte zu den Jüngern: Ihr<br />
wisst, dass die, die als Herrscher<br />
gelten, ihre Völker unterdrücken<br />
und die Mächtigen ihre Macht<br />
über die Menschen missbrauchen.<br />
Bei euch aber soll es nicht<br />
so sein, sondern wer bei euch<br />
gross sein will, der soll euer Diener<br />
sein, und wer bei euch der<br />
Erste sein will, soll der Sklave aller<br />
sein. (Mk 10,42–44)<br />
AZA<br />
2501 Biel<br />
Post CH AG<br />
Aus roten Backsteinen mit zwei Seitentürmen<br />
(leider ohne Glocken), mit<br />
grossen Bogenfenstern und Balkonen.<br />
In den 1890er Jahren trug sie ein grosses<br />
Schild mit der Aufschrift «Concerthaus»,<br />
heute ist dort ein Kreuz angebracht.<br />
Der damalige Konzertsaal<br />
im 1. Stock des Hauses wurde 1895<br />
von der <strong>Christkatholisch</strong>en Gemeinde<br />
in eine Kirche umgebaut. 1977/1978<br />
wurde diese renoviert. Kirche im<br />
Wandel, schon damals. Heute noch<br />
weit mehr, auch wenn kaum mehr<br />
neue Kirchen gebaut werden.<br />
Umgekehrt: Von den Balkonen der<br />
Kirche aus ist die Aussicht auf das St.<br />
Galler Stadtzentrum unvergleichlich;<br />
man geniesst den weiten Blick bis<br />
zum Säntis. Am Bahnhof hat die<br />
Stadt vor einigen Jahren ihr neues<br />
Verwaltungsgebäude hochgezogen,<br />
ein riesiger, moderner schwarz glänzender<br />
Block, der die Sicht dominiert.<br />
Schön wäre anders gewesen. Weiter<br />
im Osten der Stadt, die Sicht ist verdeckt<br />
durch Blattwerk, entstehen die<br />
neuen Olma-Gebäude. Auch die Gesellschaft<br />
ist im Wandel.<br />
Die Christuskirche auf dem Rosenberg<br />
in St. Gallen bietet unerwartete<br />
Ein- und Ausblicke.<br />
Foto: Patrick Blickenstorfer<br />
Ich wünschte mir einen Aussichtsort<br />
mit solch einem unverstellten, klaren<br />
Blick auf die Trends, welche die Zukunft<br />
von Kirche und Gesellschaft<br />
prägen. Denn der Wandel, in dem<br />
diese stehen, den müssen wir ja gestalten!<br />
Ich bin deshalb froh, dass die<br />
Wanderausstellung «unterwegs» nicht<br />
nur den Blick zurück in die Vergangenheit,<br />
sondern auch nach vorn in die<br />
Zukunft wagt.<br />
Peter Grüter, Pfr.<br />
Ein Blick in die Welt zeigt, wie<br />
sehr die Worte Jesu bis heute<br />
Gültigkeit haben. In Politik, Wirtschaft,<br />
Gesellschaft und persönlichen<br />
Beziehungen wird Macht<br />
missbraucht, werden Menschen<br />
unterdrückt. Leider wird auch<br />
die Aufforderung Jesu «bei euch<br />
soll es nicht so sein» nicht immer<br />
befolgt – auch die Kirche<br />
ist nicht frei von missbrauchter<br />
Macht und Unterdrückung.<br />
Es ist leicht, mit dem Finger auf<br />
die machtbesessenen Eliten zu<br />
zeigen. Jesus spricht aber nicht<br />
nur die wirklich Mächtigen an.<br />
Wir alle üben in einem gewissen<br />
Masse Macht aus. Eltern müssen<br />
ihren Kindern manchmal ein<br />
Machtwort sprechen. Entscheide<br />
müssen getroffen werden<br />
– in Beruf, Politik und Kirchgemeinden.<br />
Jesus fordert uns<br />
nicht zu falscher Bescheidenheit,<br />
Duckmäusertum oder Entscheidungsunlust<br />
auf, sondern<br />
zum Dienst am Nächsten und<br />
zur Empathie. Der dienende<br />
Mächtige ist fähig, die Bedürfnisse<br />
anderer Menschen wahrzunehmen.<br />
Bei seinen Entscheiden<br />
steht das Wohl des anderen<br />
Menschen im Zentrum. Wer<br />
Macht so ausübt, sieht im anderen<br />
Menschen nicht ein Mittel<br />
zum Zweck, keine Spielfigur im<br />
Monopoly und Macht-Schach<br />
dieser Welt, sondern ein Gegenüber<br />
mit einer unantastbaren<br />
Würde. Unserer Welt würde<br />
es wahrlich guttun, wenn mehr<br />
Menschen ihre Macht im Geiste<br />
Jesu als Dienst verstünden.<br />
Thomas Zellmeyer<br />
<strong>Christkatholisch</strong>