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Christkatholisch_2023-15

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<strong>Christkatholisch</strong> <strong>15</strong>/<strong>2023</strong> Hintergrund<br />

7<br />

Ich fand es damals super, dass du<br />

auf Bio umgestellt hast. Das Thema<br />

beschäftigt mich oft. Wenn es um<br />

Nachhaltigkeit geht, denke ich<br />

manchmal: Die Kirche sollte nicht<br />

das Schlusslicht sein, sondern vorangehen.<br />

Bist du auch dieser Meinung?<br />

Grundsätzlich ja. Alle müssen umdenken.<br />

Das heisst aber auch: Jeder sollte<br />

selbst entscheiden. Die Kirche kann da<br />

also auch nichts vorschreiben.<br />

vier Betriebe zusammen einen Mähdrescher<br />

haben, können nicht alle ihn<br />

gleichzeitig benutzen.<br />

Als ich letzte Woche durch Deutschland<br />

fuhr, fiel mir auf, dass die<br />

Bauernbetriebe viel grösser sind. Da<br />

dachte ich: Wie kommt das?<br />

In der Schweiz sind die Strukturen kleiner.<br />

Das gilt für die Landschaft, aber<br />

auch für die Eigentümer. In der Schweiz<br />

sind 95% von den Höfen Familienbetriebe.<br />

Randbemerkung<br />

Bischof Harald Rein<br />

Foto: Zvg<br />

Für die Kirche ist Wein ein Symbol<br />

der Gemeinschaft und des guten<br />

Lebens, im sozialen aber auch im<br />

religiösen Sinn. In Magden feiern<br />

wir die Eucharistie mit dem lokalen<br />

Wein. Das macht uns bewusst, dass<br />

wir ohne Winzer keine Eucharistie<br />

feiern können. Spürst du auch<br />

etwas von dieser Bedeutung bei<br />

deiner Kundschaft?<br />

Es stimmt schon, dass für die Leute ein<br />

Glas Wein eine andere Bedeutung hat als<br />

ein Glas Bier oder Most. Aber auch ein<br />

Apéro als Ganzes muss gut sein. Es entsteht<br />

dann eine andere Atmosphäre, in<br />

der Menschen sich wohl fühlen und gute<br />

Gespräche führen. Wein kann dazu etwas<br />

beitragen. Manchmal bekomme ich<br />

Rückmeldungen, die in diese Richtung<br />

gehen.<br />

Einmal im Jahr feiert die Kirchgemeinde<br />

Magden-Olsberg Erntedank,<br />

in der Regel auf einem Buurehof.<br />

Da kommen Kirche und Bauernbetrieb<br />

zusammen. Auch wird<br />

auf den Landgemeinden immer<br />

noch der Wettersegen erteilt.<br />

Inwiefern hat das heute noch eine<br />

Bedeutung?<br />

Es kommt auf die Prägung der Familien<br />

an, die die Betriebe führen. Für viele hat<br />

das keine Bedeutung, bei anderen, wie<br />

bei uns, bedeutet es schon etwas. Vielleicht<br />

nicht so viel wie Weihnachten und<br />

Ostern, aber wir schätzen solche Traditionen<br />

schon. Wir sind hier im Fricktal<br />

nicht so religiös wie zum Beispiel im<br />

Emmental. Jedenfalls ist die kirchliche<br />

Zugehörigkeit in den letzten Generationen<br />

abgeflacht. Was in der Gesellschaft<br />

heute mehr geschätzt wird, ist das sogenannte<br />

«alte Wissen». Zum Beispiel, dass<br />

es bei bestimmten Mondständen bessere<br />

Ernten gibt. Aber in der Pragmatik unserer<br />

Betriebe gibt es für solche alten Regeln<br />

wenig oder keinen Spielraum. Wenn<br />

Auch hier in Olsberg und Magden<br />

spielen von alters her die Familienbetriebe<br />

eine grosse Rolle. Inwieweit<br />

prägen diese heute noch das<br />

Dorfleben?<br />

Das ist nach wie vor so. Wenn es ein Fest<br />

gibt, sind die Bauern meistens dabei und<br />

helfen mit. Weil der Abstand zum Betrieb<br />

kurz ist, weiss man voneinander<br />

und werden auch Probleme angesprochen.<br />

Zum Beispiel, wenn jemand sich<br />

ärgert, wenn wir in der Nacht noch über<br />

die Felder fahren. Dann müssen wir erklären,<br />

mit was für Sachzwängen wir es<br />

zu tun haben.<br />

Sind diese schlimmer als früher?<br />

In vielen Beziehungen schon. Den Jungen<br />

kommen die ganzen Vorschriften<br />

wie ein Korsett vor. Junge Rebbauern<br />

spüren einen Druck auf ihren Betrieb,<br />

weil der Alkoholkonsum zurückgeht<br />

und weil es im Ausland ein grosses Billig-Angebot<br />

gibt.<br />

Das untere Fricktal ist in der<br />

Schweiz die einzige Region, wo in<br />

einer ländlichen Umgebung mehrere<br />

christkatholische Kirchgemeinden<br />

bestehen. In Olsberg wurde<br />

sogar der erste christkatholische<br />

Pfarrer gewählt. Gibt es etwas in<br />

der Volksart, was die Einwohnerschaft<br />

eher aufmüpfig gegen die<br />

neuen römisch-katholischen Papstlehren<br />

gemacht hat?<br />

Sagen wir es mal so: Die ursprünglichen<br />

Familien haben sich nicht «uf d Chappe<br />

schisse loo». Aber eigentlich ist es schwer,<br />

allgemein etwas über die Mentalität hier<br />

im Dorf zu sagen. Jede Generation ist<br />

wieder anders und es geschieht auch immer<br />

wieder eine Durchmischung durch<br />

Neuzuzügler. Ausserdem ist die Stellung<br />

der Religion heute eine andere als im 18.<br />

Jahrhundert.<br />

Interview: Peter Feenstra<br />

Wie halten Sie es<br />

mit dem Bettag?<br />

Am dritten Sonntag im September<br />

begehen wir als staatlichen und<br />

kirchlichen Feiertag den Eidgenössischen<br />

Dank-, Buss- und Bettag.<br />

Bettage hat es in der Geschichte der<br />

Menschheit immer gegeben. Menschen<br />

danken aus besonderem Anlass<br />

Gott oder bitten ihn um Hilfe.<br />

Historisch gab es den ersten überregionalen<br />

Bettag in der Schweiz <strong>15</strong>72.<br />

Der Kanton Genf rief alle reformierten<br />

Stände auf, betend und real mitzuhelfen,<br />

Glaubensgeschwister aus<br />

Frankreich aufzunehmen, die nach<br />

dem blutigen Massaker der Bartholomäusnacht<br />

aus Glaubensgründen<br />

fliehen mussten.<br />

Danken und Beten hat aber auch mit<br />

Busse bzw. Besinnung zu tun. Erst<br />

später ergibt sich ein Eidg. Bettag,<br />

«um über den sittlichen Zustand der<br />

Nation nachzudenken». Die Politiker/innen<br />

waren damals aus einem<br />

christlichen Weltverständnis heraus<br />

der Auffassung, dass ein Staat nur<br />

auf Dauer existieren kann, wenn er<br />

auf einer gemeinsamen ethischen<br />

Weltanschauung beruht.<br />

Viele Mitbürger/innen haben heute<br />

mit dem Sinn des Eidg. Bettages ihre<br />

Probleme und halten ihn wegen seines<br />

religiösen Hintergrundes im Hinblick<br />

auf eine wünschenswerte neutrale<br />

Weltanschauung des Staates für<br />

überholt. Es gibt aber de facto keine<br />

Trennung von Staat und Religion.<br />

Auch ein weltanschaulich neutraler<br />

Staat beruht auf übergeordneten<br />

ethischen Werten, die letztlich einen<br />

religiösen Ursprung haben. Unabhängig<br />

davon, ob dies jeder so sieht<br />

oder empfindet oder ihm bewusst<br />

ist. Deshalb müsste mehr darüber<br />

nachgedacht werden, wie der Eidg.<br />

Dank-, Buss- und Bettag heute wieder<br />

mehr Resonanz findet und breiter<br />

abgestützt werden kann.

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