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Unsere Netzhaut – Außenstelle des Gehirns<br />

Neurologen bezeichnen die Netzhaut<br />

(Retina) nicht ohne Grund als „Außenstelle<br />

des Gehirns“. Sie verarbeitet durch ihre<br />

komplexe Schicht das Licht in Nervenimpulse<br />

und leitet sie zum Gehirn. Für<br />

die Verarbeitung des Impulses arbeiten<br />

Millionen von Photorezeptoren auf engstem<br />

Raum zusammen. Zu den Photorezeptoren<br />

zählen die Stäbchen und die Zapfen.<br />

Text Dr. Sandra Jansen,<br />

Fachreferentin PRO RETINA Deutschland e. V.<br />

Linse<br />

vordere<br />

Augenkammer<br />

Lederhaut<br />

Retina<br />

(Netzhaut)<br />

Aderhaut<br />

Sie sehen im Dunkeln: die Stäbchen<br />

Die etwa 120 Millionen Stäbchen liegen vorwiegend<br />

in der Peripherie der Netzhaut. Sie sind für die Hell-<br />

Dunkel-Wahrnehmung zuständig und ermöglichen<br />

die Orientierung im Raum.<br />

Iris<br />

Pupille<br />

Makula<br />

(Gelber Fleck)<br />

Sie bringen Farbe ins Spiel: die Zapfen<br />

Bei Tageslicht nehmen die über sechs Millionen<br />

Zapfen, die sich im Zentrum der Netzhaut befinden, ihre<br />

Funktion auf. Sie ermöglichen es, Farben zu erkennen<br />

und scharf zu sehen.<br />

Die Makula: Herzstück der Netzhaut<br />

In der Mitte der Netzhaut befindet sich die Makula,<br />

der Punkt des schärfsten Sehens, denn hier sind<br />

ausschließlich Zapfen angesiedelt. Sie ermöglicht ein<br />

exaktes Fokussieren, beispielsweise von Straßenschildern<br />

oder Buchstaben. Ist die Makula erkrankt, verringert<br />

sich die Sehschärfe: Buchstaben verschwimmen,<br />

wir nehmen Kontraste schlechter wahr und die Blendempfindlichkeit<br />

steigt.<br />

Der Verlauf von Netzhauterkrankungen<br />

Bei den vererbten Netzhauterkrankungen werden die<br />

Photorezeptoren unterversorgt und sterben ab (Degeneration).<br />

Die Ursache der Unterversorgung liegt in einer<br />

genetischen Fehlprogrammierung (Mutation). Dieser<br />

Prozess kann am Rand oder in der Mitte der Netzhaut<br />

beginnen.<br />

Tunnelblick bei RP durch absterbende Stäbchen<br />

Retinitis pigmentosa (RP) ist eine Stäbchen-Zapfen-<br />

Dystrophie, bei der zuerst die Stäbchen und später die<br />

Zapfen absterben. Da die Stäbchen in der Peripherie der<br />

Netzhaut liegen, wird das Gesichtsfeld von außen eingeengt.<br />

Die Betroffenen sind zunächst nachtblind. Bei<br />

fortschreitender RP bleibt nur ein kleiner Sehrest im<br />

Zentrum übrig, der sogenannte Tunnelblick. Es kann<br />

also durchaus vorkommen, dass Betroffene einer RP mit<br />

Tunnelblick zwar schon den Blindenlangstock zur Orientierung<br />

nutzen müssen, dennoch aber Zeitung lesen<br />

können.<br />

Juvenile Makula-Degenerationen<br />

Zu den genetisch bedingt Netzhauterkrankungen,<br />

die in der Mitte der Netzhaut, der Makula, beginnen<br />

gehören beispielsweise Morbus Stargardt und die<br />

Zapfen-Stäbchen-Dystrophie (ZSD). Hierbei sterben zuerst<br />

die Zapfen ab, danach die Stäbchen. Betroffene<br />

können nur mit Mühe lesen oder Gesichter erkennen.<br />

Dagegen bleibt das räumliche Sehen in der Regel erhalten.<br />

Genetische Ursachen<br />

Wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass über<br />

600 Gene an einer Netzhauterkrankung beteiligt sein<br />

können, erst knapp 300 von ihnen wurden bislang<br />

identifiziert. Schätzungsweise eine von 30.000 Personen<br />

ist von einer vererbten Netzhauterkrankung betroffen.<br />

Genauen Aufschluss über die Ursache kann nur eine<br />

diagnostische genetische Untersuchung geben.<br />

Volkskrankheit erworbene Netzhauterkrankungen<br />

Neben den vererbbaren Erkrankungen gibt es erworbene<br />

Netzhauterkrankungen. Diese sind deutlich weiter<br />

verbreitet: Etwa sieben Millionen Bundesbürger<br />

sind zum Beispiel an einer frühen oder fortgeschrittenen<br />

Form der Altersabhängigen Makula-Degeneration<br />

(AMD) erkrankt.<br />

Hornhaut<br />

Glaskörper<br />

Ursachen sind genetische Voraussetzungen und das<br />

Älterwerden. Ein weiterer nachgewiesener Risikofaktor<br />

ist das Rauchen. Außerdem weisen Studien darauf hin,<br />

dass auch deutliches Übergewicht eine AMD begünstigen<br />

kann. Da sowohl die Symptome als auch die Veränderungen<br />

im Auge ähnlich sind wie bei erblich bedingten<br />

Erkrankungen ist eine Diagnose erst möglich,<br />

wenn man den Krankheitsverlauf beobachtet.<br />

Die Netzhaut aus der Retorte?<br />

Im Gegensatz zu vielen anderen Körperzellen können<br />

sich Photorezeptoren nicht regenerieren. Forschende<br />

versuchen bereits, spezialisierte Körperzellen zunächst<br />

in ihren ursprünglichen Zustand (Stammzelle) zurück<br />

zu versetzen. Die gewonnenen Stammzellen sollen sich<br />

zu Photorezeptorzellen entwickeln und die abgestorbenen<br />

Zellen ersetzen.<br />

Hoffnungsschimmer Therapie<br />

Während an der Stammzellentherapie noch geforscht<br />

wird, gibt es für manche Krankheitsbilder schon<br />

Therapieansätze. So ist für eine Unterform der RP<br />

zurzeit eine Gentherapie verfügbar. Patienten können<br />

sich nach der Behandlung bei schlechten Lichtverhältnissen<br />

besser orientieren. Diese neuartige Gentherapie<br />

gibt auch Menschen mit anderen erblichen Netzhauterkrankungen<br />

Hoffnung. Bei der am weitesten verbreiteten<br />

erworbenen Netzhauterkrankung, der AMD,<br />

gibt es für die trockene AMD bisher keine Therapie.<br />

Auch die feuchte AMD kann nicht geheilt werden.<br />

Jedoch kann ihr Verlauf durch die Therapie mit<br />

Wachstumshemmern deutlich beeinflusst werden.<br />

Patientenorganisationen können durch eine Vernetzung<br />

der Patienten mit Forschung und Medizin<br />

einen Beitrag dazu leisten, neue Therapien zu entwickeln,<br />

um Menschen mit erworbenen oder genetisch<br />

bedingten Netzhauterkrankungen neue Perspektiven zu<br />

geben.<br />

Zwei Fragen an Dario<br />

Madani, Vorstandsvorsitzender<br />

von<br />

PRO RETINA<br />

Deutschland e. V.<br />

Blinder Fleck<br />

Sehnerv<br />

Wie hilft PRO RETINA Menschen mit Netzhauterkrankungen?<br />

Wir möchten allen Betroffenen Mut machen, dass das<br />

Leben auch mit der Diagnose Netzhauterkrankung<br />

lebenswert ist. Unser Ziel ist es, dass jeder sehbehinderte<br />

und blinde Mensch und jeder Angehörige bei uns<br />

Rat, Hilfe und Unterstützung bekommt. Wir möchten<br />

ihnen helfen, die Krankheit zu bewältigen und ihr<br />

Leben trotz der Seheinschränkung weiterhin eigenständig<br />

zu gestalten. Dazu bieten wir ihnen fundierte<br />

Informationen, beispielweise durch unsere speziell<br />

geschulten Berater und in unseren PRO RETINA-<br />

Sprechstunden in zahlreichen Augenkliniken.<br />

Informationen und Hilfen für den Alltag erhalten Betroffene<br />

und Angehörige auch bei unseren Veranstaltungen,<br />

wie den Patientensymposien. Zugleich – und das<br />

ist enorm wichtig – legen wir besonderen Wert darauf,<br />

dass die Betroffenen sich untereinander austauschen<br />

können. Daher sind die bundesweit 60 PRO RETINA<br />

Regionalgruppen wichtige Ansprechpartner vor Ort. Sie<br />

geben den Betroffenen wertvolle emotionale Unterstützung,<br />

aber auch ganz praktische Tipps für den Alltag.<br />

Die Forschungsförderung ist eine weitere Aufgabe<br />

von PRO RETINA. Wie gelingt Ihnen das?<br />

PRO RETINA ist sehr eng vernetzt und im kontinuierlichen<br />

Austausch mit Forschung und Medizin. Wir<br />

besitzen Wissen und Erfahrung und fungieren als Berater,<br />

denn wir sind als Betroffene Experten in eigener<br />

Sache. Zusätzlich ermutigen wir mit der Verleihung von<br />

Forschungspreisen Wissenschaftler, zu Netzhauterkrankungen<br />

zu forschen. Als einzige Patientenorganisation<br />

verfügen wir zudem über ein Patientenregister<br />

für Netzhauterkrankungen. Es eröffnet den Betroffenen<br />

Zugang zu klinischen Studien und hilft auf diese Weise<br />

der Forschung, Therapien zu entwickeln.<br />

Über PRO RETINA Deutschland e. V.<br />

PRO RETINA Deutschland e. V. unterstützt Menschen<br />

mit Netzhauterkrankungen nach dem Leitsatz<br />

„Forschung fördern, Krankheit bewältigen, selbstbestimmt<br />

leben“. Die Patientenorganisation bietet<br />

fundierte Informationen und den Austausch mit anderen<br />

Betroffenen, fungiert als Bindeglied zwischen<br />

Patient und Arzt und unterstützt die Forschungsförderung,<br />

damit neue Therapien entwickelt werden.<br />

Ermöglicht wird diese Arbeit durch ehrenamtliches<br />

Engagement und durch Spenden. Weitere Informationen<br />

unter: www.pro-retina.de

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