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Sensibilisierung der Gesellschaft durch Mr. & Mrs. Blindlife:<br />
Eine inspirierende Reise zur Inklusion und Akzeptanz<br />
Die faszinierende Geschichte von Mr. & Mrs. Blindlife ist weit mehr als nur eine Liebesgeschichte.<br />
Sie repräsentiert eine kraftvolle Botschaft der Sensibilisierung und Inklusion für die Gesellschaft.<br />
Mr. & Mrs. Blindlife sind nicht nur individuelle Personen, sondern auch Symbolfiguren.<br />
Text Alexandra Lassas<br />
Lieber Erdin, liebe Jasmin, stellt euch <strong>bitte</strong> vor!<br />
Erdin: Hallo, ich bin Erdin Ciplak, auch bekannt<br />
als Mr. Blindlife, und als Content-Creator/Influencer<br />
habe ich eine beträchtliche Online-Präsenz mit<br />
vielen Followern. Ich bin 37 Jahre alt, studierter Sozialarbeiter<br />
und seit meiner Geburt gesetzlich blind (zwei<br />
Prozent). Aufgrund verschiedener Augenerkrankungen,<br />
darunter Glaukom, Grüner Star, Netzhautablösungen<br />
und Hornhauttransplantationen, habe ich bereits über<br />
50 Augenoperationen hinter mir.<br />
Jasmin: Und ich bin Jasmin, 23 Jahre alt, und stehe<br />
kurz vor meinem 1. Staatsexamen in Jura. Mein Sehrest<br />
beträgt derzeit vier Prozent, verursacht durch<br />
eine Zapfen-Stäbchen-Dystrophie. Bereits im Alter von<br />
neun Jahren bemerkte ich erste Verschlechterungen,<br />
trotz Brille. Nach zahlreichen Augenarztbesuchen erhielt<br />
ich zwei Jahre später die Diagnose.<br />
Erdin, während deines Studiums hast du dein Projekt<br />
Mr. BlindLife gestartet. Was steckt dahinter<br />
und was ist deine Intention?<br />
Erdin: 2014 begann das Projekt und seit 2021 darf ich es<br />
meinen Job nennen. Anfangs, während meiner Schulund<br />
Studienzeit, hatte ich eine unzureichende Hilfsmittelausstattung<br />
und wollte auf diese Herausforderungen<br />
aufmerksam machen. Ich entschied mich, den Menschen<br />
Einblicke in mein Leben zu geben und zu zeigen, wie<br />
der Alltag mit Hilfsmitteln aussieht. Zudem war es mir<br />
wichtig, zu verdeutlichen, dass wir alle Menschen sind<br />
und meine Videos auch Menschen sensibilisieren können,<br />
die bisher keinen Kontakt zu Sehbehinderten hatten.<br />
„Blind ist nicht gleich blind“ - für Nichtbetroffene<br />
ist dieser Satz vielleicht nicht leicht zu verstehen.<br />
Was ist damit gemeint?<br />
Erdin: Wie bei Farben gibt es unterschiedliche Töne und<br />
das ist mit dem Blindsein genauso. Es gibt kaum Menschen,<br />
die vollblind sind, sondern ganz verschiedene<br />
Varianten des Sehens bei Blindheit. Mit einer Sehbeeinträchtigungen<br />
sind die Varianten noch unterschiedlicher<br />
und es gibt verschiedene Abstufungen.<br />
Auf deinen Social-Media-Plattformen ist erkennbar,<br />
dass du mit viel Humor deine Situation<br />
aufarbeitest. Gibt es Situationen, in denen dir<br />
nicht zum Lachen zumute ist?<br />
Erdin: Trotz meines Erfolgs im Internet bekomme<br />
ich leider auch immer wieder Hassnachrichten. Böse<br />
Kommentare wie "Ich hoffe, dass du die restlichen zwei<br />
Prozent auch noch verlierst" sind keine Seltenheit.<br />
Anfangs haben mich die Nachrichten im Internet getroffen.<br />
Inzwischen bin ich mir über solche Nachrichten<br />
bewusst und habe mir eine Strategie entwickelt, um damit<br />
den richtigen Umgang zu finden. Menschen die solche<br />
Nachrichten verfassen, sind aus meiner Sicht eventuell<br />
selbst aktuell frustriert mit ihrem eigenen Leben.<br />
Ihr habt euch auf einer Veranstaltung für Blinde<br />
und Sehbehinderte (der Sightcity) kennengelernt.<br />
Wollt ihr uns davon erzählen?<br />
Jasmin: Während meiner Recherche zum Thema Sehbehinderung<br />
entdeckte ich Erdins YouTube-Kanal und<br />
beschloss, ihn bezüglich meines Freiwilligendienstes<br />
und seiner Erfahrungen mit dem Blindenstock anzuschreiben.<br />
Dadurch entstanden viele weitere Chats, und<br />
wir vereinbarten locker ein Treffen auf der Sightcity,<br />
ohne jegliche Absichten. Doch nach der Messe blieben<br />
wir in Kontakt und trafen uns erneut in Hamburg, bevor<br />
ich nach Togo ging. Dort erkannten wir, dass wir mehr als<br />
nur freundschaftliche Gefühle füreinander hatten.<br />
Jasmin, dein Buch „Mit dem Blindenstock nach<br />
Togo“ erscheint am 02.Oktober. Darin erzählst<br />
du von deinem Freiwilligendienst in Togo. Warum<br />
war es dir so wichtig, deine Erlebnisse als Buch zu<br />
veröffentlichen?<br />
Jasmin: Mein Anliegen war es, Vorurteile gegenüber<br />
Ländern des afrikanischen Kontinents abzubauen und<br />
den Lesern zu zeigen, dass wir uns gar nicht so sehr voneinander<br />
unterscheiden. Ich wollte Berührungsängste<br />
nehmen und zeigen, dass trotz Sehbehinderung vieles<br />
möglich ist, auch wenn es anfangs vielleicht komplizierte<br />
Hürden gibt, wie die Beschaffung von Hilfsmitteln oder<br />
Inklusion bedeutet, dass wir<br />
voneinander lernen und den<br />
Dialog miteinander suchen.<br />
Erdin & Jasmin, Mr. & Mrs. Blindlife<br />
@mr.blindlife & @mrs.blindlife<br />
die Suche nach Arbeitgebern. Gleichzeitig wollte ich<br />
zeigen, wie viel durch Improvisation erreicht werden<br />
kann, wenn man sich einfach traut, was zu unternehmen,<br />
und dadurch wundervolle Momente erlebt. Dabei<br />
denke ich beispielsweise an eine unvergessliche<br />
Nacht auf einer Tata, einer historischen Lehmburg, die<br />
UNESCO-Weltkulturerbe ist, unter dem Sternenhimmel –<br />
ein friedlicher Moment und eine ganz besondere<br />
Atmosphäre, die mich nachhaltig beeindruckt hat.<br />
Stichwort Inklusion – wo stehen wir und wo muss<br />
noch mehr getan werden?<br />
Erdin: Inklusion bedeutet für mich, dass wir voneinander<br />
lernen und den Dialog miteinander suchen.<br />
Es ist mein Wunsch, dass Menschen offen sind und<br />
Fragen stellen, wenn ihnen etwas nicht klar ist. Dadurch<br />
entsteht ein wunderbares Miteinander und gegenseitige<br />
Sensibilisierung und Rücksichtnahme für dieses<br />
wichtige Thema, das uns alle betrifft. Lasst uns gemeinsam<br />
eine Welt schaffen, in der Vielfalt und Zusammenhalt<br />
selbstverständlich sind.<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Wie kann man sehbehinderten Angehörigen den Alltag erleichtern?<br />
Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV), der Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten in<br />
Studium und Beruf (DVBS) und PRO RETINA Deutschland haben die folgenden Tipps zusammengestellt.<br />
Text Volker Lenk<br />
Ordnung<br />
• Gegenstände sollten einen festen Platz haben,<br />
denn Suchen fällt den Betroffenen schwer.<br />
• Beim Sortieren helfen Körbe, bei denen Materialien<br />
und Formen möglichst unterschiedlich sind.<br />
• Ein Tablett mit erhöhtem Rand kann auf dem Tisch<br />
als „sicherer Ort“ für beispielsweise Kaffeetasse und<br />
Kanne genutzt werden. Dann wird auch ein Verschütten<br />
nicht zur Katastrophe.<br />
• Tisch- und Ablageflächen sollten übersichtlich,<br />
Arbeitsflächen sollten freigehalten werden.<br />
• Türen nicht halboffen stehen lassen und auch<br />
Schranktüren sowie Schubladen immer schließen –<br />
Verletzungsgefahr.<br />
• Keine Taschen, Pakete oder andere Hindernisse<br />
in den Weg stellen, auch nicht für kurze Zeit – speziell<br />
auf Treppen!<br />
Kontraste Starke Kontraste machen es sehbehinderten<br />
Menschen einfacher, etwas zu erkennen. Beispiele:<br />
• Helles Geschirr auf dunklem Tischset (oder umgekehrt).<br />
• Kaffeebecher oder -tassen, die innen hell sind,<br />
so dass man den Kaffee besser sieht.<br />
• Dunkle Armaturen im weißen Bad.<br />
Weitere Tipps und Kniffe<br />
• Notizen, Telefonnummern und Termine mit<br />
dickem, schwarzem Filzstift so groß schreiben,<br />
dass Betroffene sie lesen können (ausprobieren!)<br />
• Achten Sie auf eine gute Versorgung mit Sehhilfen<br />
durch spezialisierte Optiker.<br />
• Investieren Sie in helle, indirekte und gut anpassbare<br />
Beleuchtung (hierzu können Reha-<br />
Lehrer beraten).<br />
• Viele sehbehinderte Menschen sind blendempfindlich,<br />
Jalousien können helfen.<br />
Goldene Regeln (Grundsätzliches)<br />
• Angehörige sollten alle Maßnahmen vorher mit der<br />
sehbehinderten Person besprechen und abstimmen.<br />
• Unterstützen Sie selbständige Aktivitäten, auch<br />
wenn manches länger dauert oder mühsam erscheint.<br />
• Stellen Sie nach Möglichkeit Kontakt zu anderen Betroffenen<br />
her, beispielsweise zu Selbsthilfegruppen.<br />
Der Kontakt mit anderen sehbehinderten Menschen<br />
kann sehr hilfreich sein, um die psychischen Folgen<br />
einer Augenkrankheit zu verarbeiten.<br />
• Lassen Sie sich helfen! Bei den Beratungsstellen der<br />
Selbsthilfe bekommen Sie wertvolle Hinweise zu<br />
Hilfsmitteln, deren Finanzierung und weiteren Ansprüchen.<br />
Die Liste ist gekürzt wiedergegeben.<br />
Hier finden Sie die vollständigen Tipps:<br />
www.woche-des-sehens.de/angehoerige