Ärzt*in für Wien 2023/9
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NEWS INTERN<br />
Hofmann: Man lebt das Leben vorwärts,<br />
aber man versteht es oft erst rückwärts<br />
– dieser Spruch fällt mir in diesem<br />
Zusammenhang ein. Es ist momentan<br />
ein breit diskutiertes Phänomen, das<br />
auch weit über die Medizin hinausgeht.<br />
Die Lebenseinstellung und die Wertigkeit<br />
der Arbeit als Beitrag <strong>für</strong> ein gelungenes<br />
Leben haben sich in den letzten<br />
Jahren sehr stark verändert. Früher wurden<br />
ausschließlich 25-Stunden-Dienste<br />
geleistet, und mancher Marathondienst<br />
hat von Samstagfrüh bis Montagnachmittag<br />
gedauert. Die jüngere Generation<br />
ist heute in manchen Fächern mit<br />
12,5-Stunden-Diensten hochzufrieden.<br />
Ich würde mir bei dieser Diskussion einen<br />
wertschätzenden und respektvollen<br />
Umgang von beiden Seiten wünschen.<br />
Also auch die Jungen sollen sehen, dass<br />
die älteren Medizinerinnen und Mediziner<br />
hier ihre eigenen Defizite beklagen<br />
und sie – auch aufgrund fehlender gesetzlicher<br />
Schutzmaßnahmen – ein ganz<br />
anderes Arbeitsumfeld hatten. Früher<br />
musste man teilweise Jahre warten, um<br />
überhaupt einen Turnusplatz zu bekommen,<br />
heute gibt es viele Fächer, in denen<br />
Sie sich einen Ausbildungsplatz aussuchen<br />
können – das sind einfach völlig<br />
verschiedene Voraussetzungen, und hier<br />
braucht es gegenseitigen Respekt und<br />
Wertschätzung.<br />
<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Wie sieht es eigentlich<br />
bei der Zuverdienstgrenze bei pensionierten<br />
Ärztinnen und Ärzten aus? Gibt<br />
es eine solche?<br />
Hofmann: Es gibt eine steuerrechtliche<br />
Seite, die es zu bedenken gilt.<br />
Wenn die Ordination an die Nachfolge<br />
übergeben wird und die Investitionen<br />
abgelöst werden, ist das steuerlich begünstigt,<br />
wenn man <strong>für</strong> eine bestimmte<br />
Zeit kein ärztliches Einkommen hat.<br />
Darüber hinaus gibt es keine Zuverdienstgrenze.<br />
Wir hatten aber ein ganz<br />
anderes Thema beim Wohlfahrtsfonds,<br />
das demnächst im der Erweiterten<br />
Vollversammlung gelöst werden soll.<br />
Es soll ein neues Modell der „Ruhensbestimmungen“<br />
umgesetzt werden.<br />
Damit wird mit dem Pensionsbezug ab<br />
Erreichen des 65. Lebensjahres künftig<br />
auch ein Weiterarbeiten im Dienstverhältnis<br />
beziehungsweise mit allen<br />
Kassenverträgen möglich sein – bisher<br />
unterband eine Anstellung sowie ein<br />
Kassenvertrag einen Bezug der Wohlfahrtsfondspension.<br />
<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Wenn Sie das Thema<br />
Wohlfahrtsfonds ansprechen, wie<br />
sieht es denn da mit der Thematik Pensionsanpassung<br />
aus? Was sind hier die<br />
Forderungen des Referats?<br />
Hofmann: In diesem Jahr betrug die<br />
Pensionserhöhung drei Prozent, das<br />
war zwar der zweitbeste Abschluss aller<br />
Wohlfahrtsfonds der neun Landesärztekammern.<br />
Mit der Inflationsrate<br />
von fast neun Prozent im Jahr 2022<br />
haben wir jedoch klar einen Verlust<br />
eingefahren. Daher haben wir mit<br />
dem Verwaltungsausschussvorsitzenden<br />
(Michael Lazansky, Anm.) <strong>für</strong> das<br />
Jahr 2024 eine andere Vorgangsweise<br />
angedacht, da gibt es auch schon gute<br />
Vorgespräche. Der Weg ist sehr konsensuell,<br />
und ich hoffe, wir schaffen<br />
unser Vorhaben, zumindest die Inflation<br />
künftig in vollem Umfang abgegolten<br />
zu bekommen. Wichtig ist<br />
in diesem Zusammenhang auch der<br />
Generationenvertrag. Als der Wohlfahrtsfonds<br />
vor 35 Jahren fast pleite<br />
war, haben nicht nur die damaligen<br />
Pensionistinnen und Pensionisten<br />
durch das Einfrieren der Pension über<br />
Jahrzehnte, sondern auch genau jene<br />
Generation von Kolleginnen und<br />
Kollegen, die aktuell ihren Ruhestand<br />
antreten, durch die Leistung der sogenannten<br />
„Altlast“ das System nachhaltig<br />
saniert. Bis 2014 wurden insgesamt<br />
195 Millionen Euro an Altlast geleistet<br />
Aufgaben und Ziele des Referats<br />
<strong>für</strong> ärztliche Seniorinnen und<br />
Senioren<br />
• Vertretung der Interessen der ärztlichen Generation<br />
60plus in allen Belangen, die im Zusammenhang mit<br />
Pensionsleistungen aus dem Wohlfahrtsfonds bestehen.<br />
Hier vor allem enge Zusammenarbeit mit dem<br />
Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds.<br />
• Vorhalteleistung des Referats als Informationsdrehscheibe<br />
bei allen Anfragen aus der Zielgruppe.<br />
• Umsetzung politischer Anliegen <strong>für</strong> die Zielgruppe, wie<br />
beispielsweise die Möglichkeit, bei individuellem Interesse<br />
in den Bereichen MedUni <strong>Wien</strong> und WIGEV über<br />
das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaus ärztlich<br />
tätig sein zu können.<br />
• Organisation von Veranstaltungen <strong>für</strong> die Zielgruppe<br />
• Mitglieder: Andreas Brezina, Sylvia Perl-Convalexius,<br />
Klaus Frohner, Christoph Gisinger, Anna C. Hauser,<br />
Peter Harmuth, Karl Jungbauer<br />
Kontakt: baldecchi@aekwien.at<br />
„Die Lebenseinstellung<br />
und die<br />
Wertigkeit<br />
der Arbeit<br />
als Beitrag<br />
<strong>für</strong> ein<br />
gelungenes<br />
Leben haben<br />
sich in<br />
den letzten<br />
Jahren sehr<br />
stark verändert.“<br />
– ich persönlich habe beispielsweise<br />
35.000 Euro dazu beigetragen. Es ist<br />
daher essenziell, dass das Vertrauen<br />
in nachhaltige künftige Pensionserhöhungen<br />
nicht enttäuscht wird.<br />
<strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>: Hier eine Ausgewogenheit<br />
zu finden, ist sicherlich mit vielen<br />
Gesprächen verbunden und einem notwendigen<br />
gegenseitigen Verständnis?<br />
Hofmann: Das ist mit vielen Gesprächen<br />
verbunden – ganz generell im<br />
Wohlfahrtsfonds. Je jünger die Kolleginnen<br />
und Kollegen sind, desto weniger<br />
erkennen sie die Sinnhaftigkeit<br />
eines solchen Versorgungswerks. Je<br />
näher sie sich der Pension annähern,<br />
desto eher schauen sie schon, wie<br />
viel kriege ich denn da wirklich raus?<br />
Wenn Ärztinnen und Ärzte dann in<br />
Pension gehen, sind sie natürlich interessiert,<br />
diese auch gesichert und<br />
wertgesichert weiter zu erhalten. Aus<br />
Sicht des Vertreters der Seniorinnen<br />
und Senioren wäre es also sinnvoll,<br />
wenn auch pensionierte Kolleginnen<br />
und Kollegen Mitglieder der Kammer<br />
bleiben und dadurch mitbestimmen<br />
können. Eine der Aufgaben des Wohlfahrtsfonds<br />
und natürlich auch unseres<br />
Referats ist, darauf hinzuweisen,<br />
dass die Pension alle angeht, auch die<br />
heute erst dreißigjährigen Kolleginnen<br />
und Kollegen. <br />
09_<strong>2023</strong> <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 15