w | Titelstory FARINA 1709 – MEHR TRADITION GEHT NICHT Ein <strong>Köln</strong>er Familienunternehmen mit mehr als 300 Jahren Geschichte Foto: Alex Weis 6 www.diewirtschaft-koeln.de
Titelstory | w Eugen Weis, Herausgeber von w, zusammen mit Johann Maria Farina Johann Maria Farina betreibt das Familienunternehmen in 8. Generation, seine Tochter Louise steht bereits in den Startlöchern, ebenfalls tiefer in das Business einzusteigen. Es gibt kaum ein Unternehmen, das auf eine derart lange Tradition zurückblicken kann. Im Kammerbezirk <strong>Köln</strong> der IHK ist Farina das älteste Unternehmen. Und auch im <strong>Köln</strong>er Karneval, der aus der Geschichte der Stadt nicht wegzudenken ist, gehört die Familie zu den Gründungsvätern. Ob juristische Prozesse, Coronapandemie, Rohstoffkrise oder Nachhaltigkeitsdebatten: Farina trotzt seit jeher Herausforderungen jedweder Art und meistert sie mit Bravour. Im Gespräch mit w erzählt Geschäftsführer Johann Maria Farina unter anderem darüber, wie sich eine Marke durchsetzt, bevor es Markenrechte gab und wie eng das Unternehmen mit <strong>Köln</strong> verwurzelt ist. w: War für Sie immer klar, dass Sie das Familienunternehmen übernehmen wollen würden? Johann Maria Farina: Für mich war es schon im Jugendalter das Ziel Eau de Cologne und Parfüms herzustellen. Dass ich mal der geschäftsführende Gesellschafter des ältesten Parfüm Hauses werden würde, war ein langer Weg. w: Wie gehen Sie mit der Verantwortung um, ein weltweit erfolgreiches und bekanntes Unternehmen in 8. Generation zu leiten? Johann Maria Farina: Es ist Ansporn und Last zugleich. <strong>Die</strong> Tradition und die Leistung der vorhergehenden Generationen treiben einen an, es mindestens gleich gut zu machen. w: Viele Familienbetriebe sterben aus, da sich die nächste Generation oft ganz bewusst von der älteren Generation abgrenzen will. Bei Farina findet sich seit mehr als 300 Jahren immer jemand, der das Unternehmen leiten möchte. Auch Ihre Tochter Louise bereitet sich bereits darauf vor, mehr Verantwortung bei Farina zu übernehmen. Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass sich immer jemand aus der Familie findet, der das Unternehmen übernehmen möchte? Johann Maria Farina: Es ist die große Parfüm Geschichte, die es wert ist, weiter geführt zu werden. Alle Familienmitglieder waren über Generationen stolz ein Teil davon zu sein. In diesem Bewusstsein aufgewachsen, fanden sich immer wieder passionierte Abkömmlinge des Gründers, die ihr Leben ganz der Sache der Eau de Cologne widmen wollten. w: Nach der Gründung im Jahre 1709 gab es zunächst keinen abgesicherten Schutz der Marke Farina, was ab der 3. Generation seinerzeit zu vielen Führungen Foto: Alex Weis Tagtäglich finden im Duftmuseum in der <strong>Köln</strong>er Innenstadt knapp einstündige Führungen in 8 verschiedenen Sprachen statt. Bei den informativen Führungen lernen die Besucher alles über die Entstehungsgeschichte des Traditionsunternehmens sowie die Gewinnung von Essenzen. Der Museumsrundgang führt unter anderem in das Originalkellergewölbe Nachahmern – nicht zuletzt 4711 – führte. Dennoch hat sich Farina durchsetzen und über mehrere Jahrhunderte etablieren können. Was glauben Sie, ist der Grund dafür? Wodurch unterscheidet es sich von etwaigen Wettbewerbern, ggf. weltweit? Johann Maria Farina: Anfang des 18. Jahrhunderts gab es noch keinen Markenbegriff. Nur Produktfälschungen, die den Verbraucher schädigten wurden verfolgt. Als Johann Maria Farina (1685-1766) seinen Duft EAU DE COLOGNE nannte, schuf er damit eine Marke zur Unterscheidung von anderen Duftwässern. Der Erfolg brachte es aber mit sich, dass auch andere an dem Erfolg partizipieren wollten und den bekannten Namen nutzten. So wurde Eau de Cologne, bevor überhaupt eine Markengesetzgebung entstand, zum Gattungsbegriff einer ganzen Duftklasse. Damit dies nicht auch mit unserem Firmenname FARINA passierte, hat sich bereits die 3. Generation im Unternehmen aktiv an der Etablierung von Rechtsnormen des geistigen Eigentums eingesetzt. Beginnend mit dem Fabriksiegelschutz 1811 nach Code Civil noch unter Napoleon und später mit den nationalen Markenhinterlegungen in allen Europäischen Ländern, besitzt Farina heute mit über die ältesten Markenrechte überhaupt. <strong>Die</strong> Seniorität unterscheidet uns von anderen. <strong>Die</strong> Rolle des Parfümeurs bei einem unveränderten Duft w: Was macht für Sie einen guten, zeitlosen Duft aus? Johann Maria Farina: Erst wenn ein Duft über Jahrzehnte – oder wie in unserem Fall Jahrhunderte überdauert hat – ist er wohl zeitlos. Es ist wie mit der Mode oder dem Essen. Der Duft muss anwendbar sein. Nicht zu aggressiv, Harmoniebedürfnis deckend und er soll spätestens nach ein paar Stunden verflogen sein. hinab, wo das Eau de Cologne vor 300 Jahren produziert wurde. Besonders unterhaltsam sind die historischen Führungen am Wochenende, bei denen ein kostümierter Schauspieler in die Rolle des Gründers Johann Maria Farina schlüpft. Zur Erinnerung gibt es – bei beiden Führungen – eine Duftprobe des berühmten <strong>Köln</strong>isch Wassers. Preis: unter der Woche: 8,00 €, am Wochenende 12,00 €. www.diewirtschaft-koeln.de 7