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Brot und Spiele - Münchner Feuilleton

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Beppo Brem <strong>und</strong> Jörg Hube: Zwei<br />

Fernseh-Kriminaler, zwei Musterbayern.<br />

Zwei Ausstellungen erinnern an<br />

die doch recht verschiedenartigen<br />

<strong>Münchner</strong> Schauspieler.<br />

Der<br />

Urbayer ...<br />

Ein Bild von einem Bayern: Beppo Brem | Foto: Sammlung Felix Felzmann /<br />

Valentin-Karlstadt-Musäum<br />

BEPPO BREM IM FILM, FERNSEHEN UND PRIVAT<br />

Valentin-Karlstadt-Musäum im Isartor<br />

Tal 50 | bis 22. Februar | geöffnet Mo, Di, Do 11.01–17.29 Uhr |<br />

Fr, Sa 11.01–17.59 | So 10.01–17.59 | Eintritt 2,99, ermäßigt 1,99<br />

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birkenstraße 3<br />

82346 andechs<br />

tel (08157) 99 75 90<br />

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BARBARA REITTER-WELTER<br />

Sie galten als bayerische Urviecher: derb <strong>und</strong> deftig in der<br />

Ausdrucksweise, eigenbrötlerisch im Charakter <strong>und</strong> grobschlächtig<br />

im Auftreten. Zwei Volksschauspieler, die nur nach<br />

außen das Klischee bedienten: Beppo Brem <strong>und</strong> Jörg Hube.<br />

Ein gebürtiger <strong>Münchner</strong> der ältere Brem (1906–1990), ein<br />

»Zuagroaster« aus Neuruppin in Brandenburg Hube (1943–<br />

2009), der jedoch bereits als Einjähriger in den Süden kam.<br />

Beide prägten sich dem breiten Publikum durch Fernsehrollen<br />

ein – Brem durch 117 Folgen seiner unkonventionellen Kriminaler-Figur<br />

Franz Josef Wanninger, Hube durch die TV-Serie<br />

»Die Löwengrube«, in welcher er den Kriminalbeamten Ludwig<br />

Grandauer verkörperte. Dabei waren sie auch an großen Häusern<br />

fürs Charakterfach engagiert, beide am Bayerischen<br />

Staatsschauspiel, Brem auch an Bauernbühnen. Im Valentin<br />

Musäum wird jetzt »Beppo Brem im Film, Fernsehen, Theater<br />

<strong>und</strong> privat« präsentiert, während die Monacensia unter dem<br />

Titel »Mein Kopf ist eine Bombe« Jörg Hube eine erste Erinnerungsschau<br />

widmet.<br />

Beide Ausstellungen sind klein, überschaubar <strong>und</strong> pointiert<br />

in der Inszenierung – auch wenn der Personenkult, die<br />

Akkuratesse, mit der den Biografi en nachgespürt wird, vor<br />

allem aber der Devotionaliencharakter so mancher Exponate<br />

schon befremdlich wirkt. Natürlich machen die diversen<br />

Trachtenhüte des Beppo Brem, mal mit Federbusch, mal mit<br />

Gamsbart, optisch etwas her, besitzen sein Toupet <strong>und</strong> die verschiedenen<br />

falschen Bartmodelle einen gewissen Unterhaltungswert.<br />

Doch zur ernsthaften Aufarbeitung dieser bajuwarischen<br />

Legende tragen sie nur wenig bei. Außer Fotografi en<br />

von Haus <strong>und</strong> Familie, ein paar Karikaturen <strong>und</strong> Ehrungen wie<br />

dem Bayerischen Verdienstorden, der auf einem blauen Kissen<br />

ausgestellt wird, beschränkt man sich auf die Dokumentation<br />

seiner Rollen.<br />

EIN BAYER IN ST. PAULI<br />

Schließlich gilt B.B., so sein Kürzel, als einer der bekanntesten<br />

Protagonisten des deutschen Nachkriegskinos. Er spielte in<br />

Heimtatfi lmen <strong>und</strong> Schwänken wie »Das sündige Dorf«, in Verwechslungskomödien<br />

<strong>und</strong> Militärklamotten, ab Ende der<br />

Sechziger auch in Sexfi lmen mit unsäglichen Titeln (<strong>und</strong><br />

ebenso unsäglicher Handlung) wie »Pudelnackt in Oberbayern«.<br />

Als meistbeschäftigter deutscher Nebendarsteller trat er<br />

zusammen mit Stars wie Heinz Rühmann (»Quax der Bruchpilot«)<br />

oder Curd Jürgens (»Des Teufels General«) auf. Dass er<br />

von Regisseuren wie Kurt Hoffmann oder Helmut Käutner<br />

auch in ernsthaften Charakterrollen eingesetzt wurde <strong>und</strong><br />

neben Episoden aus Ludwig Thomas »Lausbubengeschichten«<br />

auch der berühmteste »Verkaufte Großvater« auf der Bühne<br />

war, wird meist vergessen.<br />

BOMBENSCHÄDEL MIT SPRECHKULTUR<br />

»Der Herzkasperl ist ein Anarchist, einer, der keine Bomben<br />

schmeißt, sondern dessen Kopf eine Bombe ist.« So lautet<br />

einer der vielen überlieferten Sprüche des schwierigen <strong>Münchner</strong><br />

Originals Jörg Hube, das mehr als drei Jahrzehnte in der<br />

Kulturszene als Schauspieler <strong>und</strong> Regisseur, Kabarettist <strong>und</strong><br />

Autor präsent war. Ihn machten die fünf Folgen des Kabarettprogramms<br />

»Herzkasperl« stadtbekannt, die nach dem anfänglichen<br />

Flop bald Kult wurden – <strong>und</strong> deren Witz immer haarscharf<br />

an der Grenze zur exhibitionistischen Selbstentblößung<br />

balancierte. Dass Hube jedoch auch jahrelang als »seriöser«<br />

Darsteller in großen Rollen an den Kammerspielen zu sehen<br />

war, bevor er mit Dieter Dorn ans Residenztheater ging, dass<br />

er als Direktor der Otto-Falckenberg-Schule den Schauspieler-Nachwuchs<br />

ausbildete, all das rufen in der Monacensia<br />

zahlreiche Aufnahmen ins Gedächtnis. Man hat sich jedoch<br />

zur Aufgabe gemacht, den ganzen Hube zu präsentieren – <strong>und</strong><br />

so sieht man in den Vitrinen sogar Kinderbriefe, wo es mit dem<br />

»braf«-Sein nicht so klappt, Zeugnisse, die ihn als »jähzornig«<br />

bezeichnen oder Zeichnungen des Knaben. Sie erzählen aber<br />

auch von der Not eines einsamen Kindes, denn schon mit drei<br />

war das Schauspielerkind Hube ins Kinderheim, später in<br />

Internate gegeben worden – <strong>und</strong> blieb stets unangepasst <strong>und</strong><br />

aufmüpfi g.<br />

Diese Dokumente werfen zumindest biografi sch ein<br />

Schlaglicht auf den Charakter, der ihm bleiben sollte – später<br />

sah sich Jörg Hube selbst als Revoluzzer, der sich gegen alles<br />

aufl ehnte, was ihm bürokratisch oder ungerecht erschien.<br />

Egal, ob im Bürgerleben, in der Stadt oder in der Politik, deren<br />

Exponenten FJS er w<strong>und</strong>erbar zu parodieren verstand – er<br />

blieb, so Kuratorin Eva Demmelhuber, »ein bayerischer Don<br />

Quijote in rostiger Rüstung«. Am interessantesten aber ist sein<br />

geistiger Zettelkasten, seine Manuskripte für satirische<br />

Gedichte oder zynische Pamphlete. »Die einen werden kriminell,<br />

andere werden gleich Terroristen! Und bei wem es zu all<br />

dem nicht langt, der probiert’s halt mit der Kunst!« So selbstkritisch<br />

sah er die eigene Karriere. Auch mit Beppo Brem ist<br />

ein berühmtes Zitat verknüpft: der Karl Valentin zugeschriebene<br />

Spruch »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit«. Er<br />

stammt aus der Opern-Verfi lmung »Die verkaufte Braut« aus<br />

dem Jahr 1932, in dem Regisseur Max Ophüls den 1,92 Meter<br />

großen Brem neben Liesl Karlstadt <strong>und</strong> Valentin als ungeschlachten<br />

Bauernburschen eingesetzt hatte – ein Rollentypus,<br />

der ihm zeitlebens anhaften sollte. ||<br />

MÜNCHNER KÖPFE<br />

MÜNCHNER FEUILLETON · JANUAR · SEITE 15<br />

... <strong>und</strong> der<br />

Anarchist<br />

Jörg Hube als umjubelter Puntila in Bertolt Brechts »Puntila <strong>und</strong> sein<br />

Knecht Matti« in den Kammerspielen, 1998, Regie: Franz Xaver Kroetz |<br />

Foto: Deutsches Theatermuseum München, Archiv Oda Sternberg<br />

»MEIN KOPF IST EINE BOMBE – JÖRG HUBE.<br />

EIN KÜNSTLERLEBEN«<br />

Monacensia | Maria-Theresia-Str. 23 | bis 8. Juni 2012 |<br />

Mo–Mi, Fr 10.30–18 Uhr, Do 10.30–19 Uhr | Eintritt frei<br />

WERKSTATTGESPRÄCH<br />

7. Februar, 19.00 Uhr<br />

mit der Ausstellungsmacherin <strong>und</strong> Hube-Biografin<br />

Eva Demmelhuber zum Pre-Hearing der Hörproduktion,<br />

die im BR am 11.2. <strong>und</strong> 12.2. gesendet wird.<br />

JÖRG HUBE. HERZKASPERLS BIOGRAFFL.<br />

Ein Künstlerleben. Das Buch ist parallel zur Ausstellung<br />

erschienen | Herausgegeben von Eva Demmelhuber | Mit einem<br />

Vorwort von Gerhard Polt | LangenMüller, 2011 | 352 Seiten |<br />

22,99 Euro

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