Brot und Spiele - Münchner Feuilleton
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Der<br />
digitale<br />
Hut<br />
geht<br />
um<br />
Anzeige<br />
1<br />
MATTHIAS LEITNER<br />
Schon war die Million beisammen<br />
<strong>und</strong> der »Stromberg«-Kinofi lm mit<br />
Hilfe von Crowdf<strong>und</strong>ing fi nanziert,<br />
noch 2012 wird gedreht. Nachdem<br />
Regisseur Sergej Moya im Dezember<br />
2011 mit seinem Erotikfilm<br />
»Hotel Desire« vorgemacht hat, wie<br />
eine alternative Finanzierung<br />
abseits der altbekannten Förderwege<br />
funktionieren kann <strong>und</strong> sein<br />
Film zum Downdload-Hit geworden<br />
ist, präsentiert sich mit »Stromberg«<br />
das aktuell größte Crowdf<strong>und</strong>ing-<br />
Projekt in Deutschland. Die Macher<br />
hatten eine Woche lang allein über<br />
die Homepage geworben <strong>und</strong> die<br />
Fangemeinde der seit 2004 laufenden<br />
Fernsehserie hat dann für den<br />
Rest gesorgt: das Geld. In den Vereinigten<br />
Staaten ist es mittlerweile<br />
normal, dass große Bands wie Public<br />
Enemy oder Filmemacher wie<br />
Jennifer Fox, die 2011 mit der über<br />
Crowdf<strong>und</strong>ing fi nalisierten Langzeitbeobachtung<br />
eines Gurus, »My<br />
Reincarnation«, auf dem DOK.fest<br />
München zu Gast war, auf Internet-<br />
Plattformen ihre Projekte vorstellen,<br />
um diese dann mit Hilfe einer digitalen<br />
Community zu fi nanzieren. In<br />
Deutschland hat es natürlich wieder<br />
ein bisschen länger gedauert, doch<br />
1<br />
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seit Ende 2010 können Projekte auf<br />
Seiten wie der <strong>Münchner</strong> Plattform<br />
»mySherpas« oder bei »startnext«<br />
vorgestellt werden. Das Prinzip ist<br />
einfach: Wer genügend Spender für<br />
das selbstdefi nierte Finanzierungsziel<br />
fi ndet, bekommt das Geld <strong>und</strong><br />
kann loslegen, ansonsten erhält<br />
jeder Spender seinen Vertrauensvorschuss<br />
wieder zurück – auf diese<br />
Art wurde beispielsweise auch das<br />
<strong>Münchner</strong>-Magazin »deinblick«<br />
(mehr dazu auf Seite 7) fi nanziert.<br />
Momentan stellt sich auf der Plattform<br />
von »startnext«, neben allerlei<br />
Kurzfi lm-, Foto- <strong>und</strong> Buchprojekten<br />
beispielsweise ein Literaturwettbewerb<br />
der Literaturstiftung Bayern<br />
vor: heute.gestern.morgen. Die<br />
Macher erhoffen sich neben einem<br />
Betrag von 2000 Euro, der schließlich<br />
als Preisgeld in den Wettbewerb<br />
fl ießen soll, vor allem eine junge<br />
netzaffi ne Zielgruppe zu erreichen.<br />
Doch auch wenn der Markt kontinuierlich<br />
wächst, die wenigsten Projekte<br />
erreichen am Ende eine Finanzierung<br />
<strong>und</strong> auch spannende<br />
Vorhaben scheitern zuweilen. So ist<br />
ein Studentenfi lmprojekt, das mit<br />
Hilfe von »Gamecast TV« realisiert<br />
werden sollte, auf »startnext« durch-<br />
gefallen. Das Forschungsprojekt<br />
»Gamecast TV« der Hochschule<br />
Mittweida ist eine Mischung aus<br />
Fernsehen <strong>und</strong> Videospiel, das<br />
künftig als eine Art digitales Filmstudio<br />
für interaktive Erzählungen<br />
in Onlinewelten dienen soll <strong>und</strong><br />
auch schon auf der gamescom in<br />
Köln vorgestellt wurde. Projektleiter<br />
Thomas Schmieder fasst seine<br />
Crowdf<strong>und</strong>ing-Erfahrung folgendermaßen<br />
zusammen: »Was wir vor<br />
allem über Crowdf<strong>und</strong>ing erreicht<br />
haben, ist, dass viele Leute zwar<br />
nicht spenden, aber direkt am Projekt<br />
mitarbeiten wollten. Auf diese<br />
Weise haben wir dann viele Unterstützer<br />
<strong>und</strong> Praktikanten gef<strong>und</strong>en.«<br />
Die Finanzierung des revolutionären<br />
Projekts läuft jetzt über die altbekannten<br />
Wege <strong>und</strong> noch 2012 soll<br />
»Gamecast TV« vorgestellt werden.<br />
Wer sich auf das Abenteuer Crowdf<strong>und</strong>ing<br />
einlässt, sollte also ein<br />
dickes Fell haben, denn als alternative<br />
Finanzierungsform für freie<br />
Kunstprojekte ist Crowdf<strong>und</strong>ing noch<br />
eine Spielwiese: Vielleicht klappt es,<br />
vielleicht nicht, aber so ist es eigentlich<br />
auch immer im Leben. ||<br />
SPOT<br />
MÜNCHNER FEUILLETON · JANUAR · SEITE 03<br />
1<br />
Für die einen ist<br />
es digitales Betteln,<br />
für die meisten einfach<br />
eine moderne<br />
Finanzierungsform<br />
<strong>und</strong> vor allem in<br />
Zeiten knapper<br />
öffentlicher Gelder<br />
attraktiv:<br />
Crowdf<strong>und</strong>ing.