Brot und Spiele - Münchner Feuilleton
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»Ich bin fest<br />
verwurzelt in der<br />
deutschen Kultur«<br />
Daniel Grossmann leitet seit sechs Jahren das Orchester<br />
Jakobsplatz, um von München bis Usbekistan jüdische<br />
Musik <strong>und</strong> Kultur zu pfl egen. 2012 will er sich auch<br />
Richard Wagner nähern.<br />
GABRIELE LUSTER<br />
»Wir wollen keine Erinnerungskultur betreiben,<br />
aber wir möchten jüdische Musik <strong>und</strong><br />
Kultur pfl egen, die mit uns hier <strong>und</strong> heute<br />
etwas zu tun haben.« Nach diesem Credo leitet<br />
Daniel Grossmann seit sechs Jahren das<br />
Orchester Jakobsplatz München. Es hat sich<br />
in der <strong>Münchner</strong> Musikszene längst etabliert<br />
<strong>und</strong> geht als Kulturbotschafter auch gern auf<br />
Reisen – besonders in Länder, die die großen<br />
Orchester nie besuchen, etwa Moldawien oder<br />
Usbekistan, wo das Orchester Jakobsplatz<br />
Ende 2011 gastierte. Ob in Samarkand,<br />
Buchara, Karschi oder Taschkent – die Usbeken<br />
feierten die Konzerte des Orchesters als<br />
epochales Ereignis <strong>und</strong> überhäuften Musiker<br />
<strong>und</strong> Dirigenten bei jedem Konzert mit Beifall<br />
<strong>und</strong> Blumen.<br />
Angeregt durch die Eröffnung des Jüdischen<br />
Zentrums am <strong>Münchner</strong> Jakobsplatz<br />
gründete der 1978 in München geborene<br />
Daniel Grossmann 2005 das Orchester. »Dieses<br />
Zentrum am Jakobsplatz braucht Inhalte<br />
<strong>und</strong> die bieten wir mit unseren Konzerten, für<br />
jedermann.« Dazu gehören auch die anschließenden<br />
Treffen im Restaurant Einstein, wo<br />
Musiker <strong>und</strong> Dirigent gern den Kontakt mit<br />
ihrem Publikum suchen <strong>und</strong> diskutieren.<br />
Grossmann, Sohn ungarischer Eltern, der<br />
sein Musikstudium in München, New York<br />
<strong>und</strong> Budapest absolvierte, betont: »Ich bin in<br />
der deutschen Kultur groß geworden <strong>und</strong> fest<br />
verwurzelt. Als Jude in Deutschland möchte<br />
ich zwar keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit<br />
ziehen, aber mich insofern davon<br />
befreien, dass ich einen neuen Anfang mitgestalten<br />
<strong>und</strong> in einen fruchtbaren Dialog eintreten<br />
kann.« Dafür greift er immer wieder auf<br />
Werke vergessener jüdischer Komponisten<br />
zurück, die er, wie Klassisches oder Romantisches,<br />
gern mit Zeitgenössischem konfrontiert.<br />
Wenn Daniel Grossmann <strong>und</strong> seine Musiker<br />
ein Werk des in einem KZ ermordeten<br />
jüdischen Komponisten Erwin Schulhoff aufführen,<br />
»dann geht es für mich nicht darum,<br />
Schulhoffs als Opfer zu gedenken oder an sein<br />
Schicksal zu erinnern, sondern um die Qualität<br />
seiner Musik. Sie ist es wert, aufgeführt zu werden.<br />
Das ist für mich entscheidend.«<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Feuilleton</strong> UG (haftungs-beschränkt) Breisacher<br />
Straße 4 l 81667 München<br />
Telefon: 089 48920971 l info@muenchner-feuilleton.de<br />
www.muenchner-feuilleton.de<br />
Redaktion<br />
Thomas Betz, Gisela Fichtl, Matthias Leitner,<br />
Gabriella Lorenz, David Steinitz<br />
Daniel Grossmann | Foto: Christine Schneider<br />
30 Profi musiker aus 20 Nationen schart der<br />
33-Jährige für seine unterschiedlichen Projekte<br />
um sich. Da sitzt ein Konzertmeister aus<br />
Regensburg am ersten Geigenpult, daneben<br />
Kollegen von den <strong>Münchner</strong> Philharmonikern,<br />
den Symphonikern oder vom Staatsorchester.<br />
Obwohl das Orchester Jakobsplatz<br />
nicht nur durch seinen Namen, sondern auch<br />
durch seine Programmatik seine Verb<strong>und</strong>enheit<br />
mit dem Jüdischen Zentrum ausdrückt,<br />
ist es eine eigene, fi nanziell auf sich gestellte<br />
Institution. Entsprechend muss das Kammerorchester<br />
sich jeden Cent erkämpfen, berichtet<br />
Grossmann. Immerhin unterstützen der<br />
Freistaat Bayern <strong>und</strong> der Bezirk Oberbayern<br />
das Ensemble, während die Stadt ihren Säckel<br />
geschlossen hält. Der Löwenanteil, 60 Prozent<br />
des Etats, stammt aus den Konzerteinnahmen,<br />
von privaten Sponsoren <strong>und</strong> vom Fre<strong>und</strong>eskreis<br />
des Orchesters. Für die Auslandsgastspiele<br />
– die erste Tour 2009 führte natürlich<br />
nach Israel – greift gottlob immer wieder das<br />
Goethe-Institut in die Tasche.<br />
Regelmäßig tritt das Orchester Jakobsplatz<br />
im Hubert-Burda-Saal des Jüdischen<br />
Autoren dieser Ausgabe<br />
Christine Auerbach, Wolfgang Benz, Thomas Betz,<br />
Cornelia Fiedler, Gisela Fichtl, Ralph Glander,<br />
Lea Hampel, Florian Kinast, Markus Köbnik,<br />
Christine Knödler, Matthias Leitner, Sabine Leucht,<br />
Gabriella Lorenz, Gabriele Luster, Rolf May,<br />
Zara S. Pfeiffer, Sylvia Rein, Barbara Reitter-Welter,<br />
Bernd Rodenhausen, Katrin Schuster, Sven Siedenberg,<br />
Tim Slagman, David Steinitz, Max Theiss,<br />
Erika Wäcker-Babnik, Christiane Wechselberger<br />
Orchester Jakobsplatz | Foto: Erol Gurian<br />
Zentrums auf, musizierte aber auch im Cuvilliéstheater,<br />
in der Allerheiligenhofkirche, der<br />
Villa Stuck, dem Künstlerhaus. Ein Konzert<br />
zum jüdischen Neujahrsfest ist natürlich<br />
Ehrensache.<br />
Im Frühjahr spielt das Ensemble erstmals<br />
in der Schwabinger St. Ursula Kirche. Im Rahmen<br />
der »Langen Nacht der Musik« kooperiert<br />
das Orchester Jakobsplatz mit der Erzdiözese<br />
München <strong>und</strong> Freising <strong>und</strong> wird in St.<br />
Ursula die Vertonung eines Sabbat-Gottesdienstes<br />
von Paul Ben Haim musizieren.<br />
Auch mit der Bayerischen Staatsoper hat<br />
das Orchester Jakobsplatz mehrfach erfolgreich<br />
zusammengearbeitet: 2010 bei Victor<br />
Ullmanns Kammeroper »Der Kaiser von<br />
Atlantis« <strong>und</strong> 2011 bei den Kurzopern »Rothschilds<br />
Geige« von Benjamin Fleischmann<br />
<strong>und</strong> »Herzland« von Sarah Nemtsov. Auch bei<br />
den Opernfestspielen 2012 mischen sich<br />
Daniel Grossmann <strong>und</strong> sein Ensemble in ein<br />
spannendes Projekt ein, das aktuell vorbereitet<br />
wird: Sie werden sich musikalisch mit<br />
Richard Wagner <strong>und</strong> seinem »Ring« auseinandersetzen.<br />
||<br />
Projektleitung l V.i.S.d.P. Christiane Pfau<br />
Geschäftsführung Ulrich Rogun, Christiane Pfau<br />
Vertrieb Ulrich Rogun<br />
Gestaltung l Layout<br />
bild+text l München l www.bild<strong>und</strong>text.biz l<br />
Anja Wesner l Susanne Gumprich l Agnes Diehr l Uta Pihan<br />
Druckabwicklung<br />
ulenspiegel druck gmbh l Birkenstraße 3 l 82346 Andechs<br />
Im Gedenken an Helmut Lesch.<br />
MUSIK<br />
MÜNCHNER FEUILLETON · JANUAR · SEITE 23<br />
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des Autors wieder <strong>und</strong> müssen nicht unbedingt die<br />
Meinung der Redaktion <strong>und</strong> der Herausgeber widerspiegeln<br />
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