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Festspielzeit Winter 2023

Das Magazin der Bregenzer Festspiele

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legt: Wie kommt der Wald in den<br />

See? Und sind auf Sümpfe und<br />

Mangrovenwälder gekommen,<br />

auch überflutete Landstriche.<br />

Alles gefährlich-gruselige Orte,<br />

in denen tote Bäume fast wie<br />

Schlangenarme wirken. Wer sich<br />

dort hinauswagt, setzt etwas<br />

aufs Spiel.<br />

PHILIPP STÖLZL<br />

begeisterte bereits mit<br />

seiner Bühne und der<br />

Inszenierung für Giuseppe<br />

Verdis Rigoletto 2019|21<br />

das Festspielpublikum.<br />

Ursprünglich Bühnenbildner,<br />

widmete er sich später<br />

der Regie für Musikvideos<br />

und Werbefilme, schließlich<br />

für die große Kinoleinwand.<br />

2005 kehrte er in Meiningen<br />

für Der Freischütz an die<br />

Bühne zurück und ist seither<br />

erfolgreich in beiden<br />

Welten – Film und<br />

Theater – zu Hause.<br />

der Entstehungszeit des Stücks<br />

im frühen 19. Jahrhundert entspricht.<br />

Wir haben versucht, die<br />

Figuren moderner zu gestalten,<br />

so dass sie uns als heutiges Publikum<br />

etwas angehen und nicht nur<br />

»historisch« wirken. Gleichzeitig<br />

haben wir aber auch das Spektakel<br />

und die Abenteuergeschichte geschärft,<br />

die das Stück so seebühnentauglich<br />

machen.<br />

Von welchen Atmosphären lässt<br />

du dich für das Bühnenbild leiten,<br />

welche Welt wird im See entstehen?<br />

Am Beginn der Überlegungen<br />

für ein Bühnenbild steht für mich<br />

immer die Frage, wie man die<br />

Geschichte am besten befeuert.<br />

Der Freischütz spielt in einem<br />

kleinen Dorf, umzingelt von einem<br />

dunklen Wald, wo es um Mitternacht<br />

spukt. Mein Instinkt war,<br />

dieses fast kinohafte Setup in<br />

einer Art »poetischer Realismus«<br />

zu bedienen und diesmal nicht<br />

zu abstrahieren wie zuletzt bei<br />

Rigoletto. Dann haben wir über-<br />

Im Hinblick auf die Entstehungszeit<br />

von Freischütz muss man sich<br />

vor Augen halten, dass die Menschen<br />

noch bis ins 19. Jahrhundert<br />

Angst vor der wilden Natur hatten.<br />

Die Leute sind zum Beispiel kaum<br />

auf Berge gestiegen, weil sie sich<br />

sagten, da haben wir nichts verloren,<br />

wer weiß, welche Geister und<br />

Mächte dort ihr Unwesen treiben.<br />

Auch der Wald war gefährlich und<br />

wimmelte von Tieren, Gesetzlosen,<br />

das spiegelt sich in Märchen und<br />

eben auch im Freischütz. Das können<br />

wir uns heute, wo das gesamte<br />

Land von Straßen, Gewerbegebieten<br />

und Gondelbahnen durchzogen<br />

ist, nicht mehr vorstellen.<br />

Und das »umzingelte« Dorf ?<br />

Das ist eigentlich wie in einem<br />

düsteren Western: ein paar zugige<br />

Hütten, in denen ganz essenzielle<br />

Konflikte ausgetragen werden.<br />

Hier wird mit harten Bandagen<br />

um wenige Ressourcen gekämpft.<br />

Der eher zarte Schreiber Max ist<br />

ein Außenseiter, der in die Männerwelt<br />

der Jäger und Viehtreiber<br />

nicht passt. Er will trotzdem in diese<br />

Welt einheiraten, die Ehe mit Agathe<br />

macht ihn außerdem automatisch<br />

zum Erben des Oberförsters, es<br />

geht also auch um einen »Platz im<br />

Leben« für ihn. Doch dafür muss er<br />

sich als »echter Mann« beweisen<br />

und einen Meisterschuss abgeben.<br />

Ein Ritual, in dem es im übertragenen<br />

Sinn um Potenz geht. In seiner<br />

Angst vor dem Schuss – als<br />

Schreiber hat er keinerlei Können –<br />

lässt er sich mit dem Teufel ein.<br />

Der Freischütz ist eigentlich eine<br />

dunkle Faust-Geschichte, jemand<br />

verkauft seine Seele für ein irdisches<br />

Glück und bezahlt bitter dafür.<br />

DER FREISCHÜTZ<br />

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