HANSA 12-2023

SCHIFFFAHRT | SHIPPING
Chinesische Klasse will mehr deutsche Schiffe
Die chinesische Klassifikationsgesellschaft CCS (China Classification Society) hat mit Zhu
Qi am Standort Hamburg einen neuen Geschäftsführer für die Region Europa. Im HANSA-
Interview spricht er über die Arbeit mit hiesigen Reedern, Werften und Zulieferern
Wie würden Sie die hiesige Schifffahrtsindustrie beschreiben, da
Sie nun schon eine Zeit lang für CCS in Deutschland verantwortlich
sind?
Zhu Qi: Deutschland ist ein globales maritimes Kraftzentrum
und ein bedeutender Schifffahrtsknotenpunkt, der renommierte
Unternehmen wie Hapag-Lloyd beherbergt. Im Schiffbau ist
Deutschland berühmt für die Meyer Werft und beherbergt weltweit
führende Hersteller und Zulieferer von Schiffsausrüstungen
wie MAN, MTU, Siemens und andere. Insgesamt sind deutsche
Schifffahrtsunternehmen nicht nur wichtige Akteure in der globalen
Schifffahrtsindustrie, sondern sie zeichnen sich auch durch
ihr professionelles Management, ihre engagierte Arbeit und ihre
Anpassungsfähigkeit an globale Schifffahrtstrends durch kontinuierliche
Selbstverbesserung aus.
Was sind Ihre Pläne für die Hamburger Niederlassung?
Zhu Qi: Als Hamburger Niederlassung in Europa bieten wir
rund um die Uhr technische Inspektionen für Schiffe, die von
CCS in Nordwesteuropa klassifiziert wurden, sowie die Inspektion
von Equipment in dieser Region an. Wir halten uns an
unser Dienstleistungsprinzip, Sicherheit und Umweltverantwortung
in den Vordergrund zu stellen und gleichzeitig Werte
für Kunden und Gesellschaft zu schaffen. Diese Verpflichtung
treibt uns an, unsere Dienstleistungen zu verbessern und engere
Partnerschaften mit lokalen Reedern, Schiffsmanagementunternehmen
und Herstellern von Schiffsausrüstung zu pflegen.
Darüber hinaus werden wir die neuesten Vorschriften der chinesischen
Schifffahrtsbehörde zusammen mit den neuen CCS-
Spezifikationen und technischen Standards in der lokalen
Schifffahrtsindustrie einführen. Diese Initiative zielt darauf ab,
die Vertrautheit der lokalen Schifffahrtsunternehmen mit China
zu verbessern, den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen zu
fördern und mehr Schifffahrtsunternehmen und Schiffe zu
motivieren, sich für eine CCS-Klassifizierung zu entscheiden,
was zu einem Anstieg der Zahl der klassifizierten Schiffe führen
wird.
Wie viele deutsche Reedereien haben Sie, deren Schiffe von CCS
klassifiziert wurden?
Zhu Qi: Obwohl wir bei der Klassifizierung von Schiffen für
deutsche Reedereien Fortschritte gemacht haben, insbesondere
bei Containern, Massengutfrachtern und Mehrzweckschiffen,
werden derzeit weniger als 1 % der Schiffe von CCS klassifiziert.
Diese geringe Akzeptanz ist wahrscheinlich auf ein begrenztes
gegenseitiges Verständnis und eine begrenzte Interaktion sowie
auf die Notwendigkeit einer größeren Anerkennung der technischen
Serviceleistungen von CCS innerhalb der lokalen Schifffahrtsindustrie
zurückzuführen. Diese Anerkennung aufzubauen,
ist für uns ein Hauptanliegen für die Zukunft. Wir sind
bestrebt, den Wert von CCS für die deutschen Schifffahrtsunternehmen
darzustellen und verpflichten uns, diese Erwartungen
zu erfüllen.
Hat von seinem Büro die deutsche Schifffahrt im Blick:
Zhu Qi, neuer General Manager der China Classification Society in Hamburg
Wie wollen Sie hier wachsen?
Zhu Qi: Erstens werden wir die Kommunikation mit lokalen
Reedern und Managementgesellschaften verbessern und durch
den Austausch von Informationen über Chinas Schiffbauspezialitäten
das gegenseitige Vertrauen und Verständnis fördern.
Zweitens konzentrieren wir uns darauf, auf die Bedürfnisse
unserer Kunden schnell und professionell einzugehen,
um ihr Vertrauen, ihren Respekt und ihre Unterstützung durch
konsequente Inspektionen und technische Dienstleistungen
während der Schiffsklassifizierung und -überprüfung zu gewinnen.
Drittens werden wir unseren Service verbessern, indem
wir lokale Experten einbeziehen, um die Entwicklungs-
Über CCS
Die von CCS klassifizierte Flotte umfasst 34.700 Schiffe
mit einer Vermessung von insgesamt 192 Mio. GT. CCS
führt Klassifikationsprüfungen für eine Vielzahl von
Schiffen durch, darunter LNG-Tanker, ultragroße Containerschiffe
und große Luxuskreuzfahrtschiffe. Unter den
im globalen Klassenverband IACS versammelten Klassifikationen
belegt CCS nach eigenen Angaben den ersten
Platz für große Erzfrachter, den zweiten Platz für Massengutfrachter
im Allgemeinen und den vierten Platz für
große Containerschiffe und große Rohöltanker. CCS ist
von 61 Flaggenstaaten zugelassen, darunter auch von der
deutschen Seefahrtsbehörde. Weltweit gibt es 130 Servicestellen,
die in 140 Ländern und Regionen auf allen sechs
Kontinenten tätig sind.
© CCS
32 HANSA – International Maritime Journal 12 | 2023