PROMAGAZIN Januar 2024
Unsere Themen in der Januar-Ausgabe: Gipfeltreffen der Weltmarktführer, Schaufenster Heilbronn-Franken, Seniorenresidenzen
Unsere Themen in der Januar-Ausgabe: Gipfeltreffen der Weltmarktführer, Schaufenster Heilbronn-Franken, Seniorenresidenzen
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WIRTSCHAFT | Gipfeltreffen der Weltmarktführer<br />
Gipfeltreffen der Weltmarktführer | WIRTSCHAFT<br />
„Europa<br />
muss endlich<br />
erwachsen<br />
werden“<br />
aber wir müssen uns dessen bewusst<br />
sein. Und wir müssen in Deutschland<br />
die Instrumente unserer Außen-, Wirtschafts-,<br />
Entwicklungs- und Sicherheitspolitik<br />
bündeln, um Ländern des<br />
Globalen Südens umfassende Angebote<br />
machen zu können und um damit –<br />
vor allem im Wettbewerb mit China –<br />
konkurrenzfähig zu sein.<br />
Muss sich Deutschland in der internationalen<br />
Gemeinschaft noch stärker<br />
profilieren und positionieren?<br />
Heusgen: Ja, Deutschland ist die viertstärkste<br />
Wirtschaftsnation, Deutschland<br />
ist zweitgrößter Geber von Entwicklungs-<br />
und humanitärer Hilfe. Wir<br />
sind der zweitgrößte Unterstützer der<br />
UN-Familie. Daraus erwachsen Einflussmöglichkeiten<br />
und Verantwortung.<br />
Deshalb müssen und können wir<br />
bei der Lösung von Konflikten Führung<br />
übernehmen und dürfen uns<br />
nicht hinter anderen verstecken. Aufgrund<br />
des guten Rufes, den sich<br />
Deutschland über die Jahre hinweg erarbeitet<br />
hat, würde ein solcher Führungsanspruch<br />
– natürlich einhergehend<br />
mit dem erforderlichen<br />
Sachverstand und Einfühlungsvermögen<br />
– auf Wohlwollen stoßen. Mit Appellen<br />
und Einzelaktionen erreicht<br />
man außer kurzer Medienpräsenz<br />
nichts. Zur Übernahme von Führung<br />
gehören Durchhaltevermögen und das<br />
Bohren dicker Bretter.<br />
Angenommen, der nächste US-Präsident<br />
würde wieder Donald Trump<br />
heißen: Wie kann und muss sich<br />
Deutschland auf diese Möglichkeit vorbereiten?<br />
Und könnte eine solche Entwicklung<br />
für Deutschland und dessen<br />
Wirtschaft nicht nur Risiken, sondern<br />
auch Chancen bieten?<br />
Heusgen: Unabhängig von der Frage,<br />
wer in Zukunft US-Präsident wird, ist<br />
eines klar: Die USA werden sich in Zukunft<br />
nicht mehr in gleichem Ausmaß<br />
um Europas Sicherheit kümmern wollen<br />
und können, wie in der Vergangenheit.<br />
Sie haben genügend Herausforderungen<br />
zu Hause zu bewältigen und<br />
werden sich außenpolitisch vor allem<br />
auf den Südpazifik und China konzentrieren.<br />
Wir müssen als Europa endlich<br />
erwachsen werden, uns um unsere eigene<br />
Sicherheit kümmern, uns in der<br />
Außen-, Sicherheits- und Wirtschaftspolitik<br />
auf eigene Füße stellen. Wie bei<br />
jedem Erwachsenwerden entstehen<br />
damit auch neue Chancen. Europa<br />
kann – wenn es seine nicht zu unterschätzenden<br />
hausgemachten Probleme<br />
löst, Stichwort Ungarn und Rechtsstaatlichkeit<br />
– zu einem wirklichen<br />
globalen Akteur werden.<br />
<br />
Interview: Teresa Zwirner<br />
Zur Person<br />
Christoph Heusgen war Ständiger Vertreter<br />
Deutschlands bei den Vereinten<br />
Nationen und Berater von Angela Merkel.<br />
Seit 2022 ist er Vorsitzender der<br />
Münchner Sicherheitskonferenz.<br />
Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, plädiert dafür, weitere Freihandelsabkommen abzuschließen.<br />
Foto: MSC/Kuhlmann<br />
Um die globale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, muss Deutschland<br />
seine Hausaufgaben erledigen. Denn die Zukunftsmärkte auf der<br />
Welt warten nicht. Christoph Heusgen, Leiter der Münchner<br />
Sicherheitskonferenz, erklärt, welche Schritte hierfür nötig sind.<br />
Wie muss die Außen- und Sicherheitspolitik<br />
Deutschlands angesichts der<br />
veränderten Weltlage aussehen, damit<br />
Deutschlands Rolle als Wirtschaftsmacht<br />
nicht gefährdet wird?<br />
Christoph Heusgen: Deutschlands<br />
Wohlstand beruht zu einem großen<br />
Teil auf der globalen Wettbewerbsfähigkeit<br />
unserer Wirtschaft. Um diese<br />
zu erhalten, müssen wir zunächst in<br />
unserem eigenen Land die Hausaufgaben<br />
erledigen. Dann müssen wir auf<br />
europäischer Ebene gemeinsam vorgehen<br />
und beispielsweise so schnell<br />
wie möglich weitere Freihandelsabkommen<br />
schließen, insbesondere mit<br />
der lateinamerikanischen Wirtschaftsorganisation<br />
Mercosur. Bei den<br />
Schlussverhandlungen dürfen wir hier<br />
nicht, wie in der Vergangenheit, darauf<br />
bestehen, dass alle unsere Maximalforderungen<br />
im Hinblick auf Menschenrechts-<br />
und Umweltstandards<br />
erfüllt werden. Wir müssen – leider –<br />
zur Kenntnis nehmen, dass die Länder<br />
des Globalen Südens, und das sind die<br />
wachsenden Zukunftsmärkte auf der<br />
Welt, nicht auf uns warten und uns<br />
nachlaufen. Andere Länder liegen auf<br />
der Lauer, um in von uns geöffnete Lücken<br />
zu stoßen. Sie erheben keinerlei<br />
vergleichbare Forderungen. Das ist<br />
richtigerweise nicht unser Modell,<br />
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<strong>Januar</strong> <strong>2024</strong><br />
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