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FineTobacco[+] 04|23

FREUDE AM LEBEN. SPASS AM GENUSS

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LORIOT ZUM<br />

100.<br />

Vor 100 Jahren wurde Bernhard-Viktor Christoph-Carl von Bülow<br />

geboren. Diese Information wäre kaum eine Randnotiz wert, wenn<br />

es sich nicht um Loriot, einen der größten Humoristen des Landes,<br />

handeln würde. Anlässlich des Jubiläums gibt es unzählige Ausstellungen,<br />

Briefmarken, Festkonzerte, Sondersendungen, Bücher und<br />

Gedenkmünzen. Er selbst hätte wohl abgewunken: „Kinders, das ist ja<br />

ganz nett, aber auch etwas übertrieben.“<br />

Text: Elmar Schalk Fotos: Nina Bauer<br />

M<br />

it Denkmälern<br />

ist das so eine<br />

Sache. Sie werden eingeweiht, ge feiert,<br />

verziert oder vom Sockel gestoßen.<br />

Nachdem 2013 zu Ehren Loriots eine<br />

drei Meter hohe Kalksteinsäule in Stuttgart<br />

errichtet wurde, blieb das nicht<br />

ohne Folgen. Denn kurz darauf thronte<br />

– völlig unerwartet – ein goldener Steinmops<br />

on top. Woher er kam, wusste niemand.<br />

Als dieser jedoch genauso plötzlich<br />

wieder verschwand, war die Trauer<br />

unter den Bürgern groß. Mit einer Spendenaktion<br />

wurden Gelder gesammelt,<br />

und ein halbes Jahr später konnte der<br />

Oberbürgermeister feierlich einen diebstahlssicheren<br />

Vierbeiner aus Bronze<br />

enthüllen. Dem Humoristen hätte die<br />

Episode gefallen. Weniger witzig sind<br />

die neuesten Schlagzeilen um den Stuttgarter<br />

Mops. Die Tierschutzorganisation<br />

Peta fordert, dass eine Informationstafel<br />

mit "rassetypischen Krankheitsbildern"<br />

neben dem Denkmal angebracht wird.<br />

„Aah-ja.“ hätte einer der Loriotschen<br />

Charaktere darauf erwidert. Die Welt hat<br />

sich eben in vielen Bereichen verändert,<br />

seit Vicco von Bülow im November 1923<br />

das Licht der Welt erblickte.<br />

Zeitreise ins 19. Jahrhundert<br />

Als seine Mutter starb, kamen der<br />

Sechsjährige und sein jüngerer Bruder<br />

Albrecht zu Großmutter und Urgroßmutter<br />

nach Berlin. Für vier prägende<br />

Jahre: Während sich draußen die Goldenen<br />

Zwanziger dem Ende zuneigten,<br />

stand in Großmutters Wohnung die Zeit<br />

still, friedvoll konserviert im 19. Jahrhundert.<br />

1933 gings zurück zum Vater,<br />

der wieder geheiratet hatte; fünf Jahre<br />

später zog die Familie nach Stuttgart.<br />

Der junge von Bülow blickte auf eine<br />

lange Ahnenreihe preußischer Offiziere<br />

zurück, so schien für den damals<br />

17-jährigen der Weg 1941 vorgezeichnet.<br />

Ungeachtet mangelnder Alternativen<br />

– es war sicher nicht seine beste<br />

Idee. Drei Jahre Ostfront hatten eigene<br />

Spuren hinterlassen, zudem war wenige<br />

Wochen vor Kriegsende sein Bruder<br />

Albrecht gefallen. Loriot gehörte nie zu<br />

denen, die ihre Umwelt mit ihrem Gefühlsleben<br />

„belästigen“, das verbot ihm<br />

allein schon die Erziehung. Doch auf die<br />

Frage, ob er ein guter Soldat gewesen<br />

sei, antwortete er in seinem vorletzten<br />

Interview 2011: „Nicht gut genug,<br />

sonst hätte ich am 20. Juli 1944 zum<br />

Widerstand gehört. Aber für den schauerlichen<br />

deutschen Beitrag zur Weltgeschichte<br />

werde ich mich schämen bis<br />

an mein Lebensende.“<br />

<strong>FineTobacco</strong>[+] 04·2023 59

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