f+h fördern und heben 4/2024
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PERSPEKTIVEN<br />
WAS EIN SCHOKOAUFSTRICH ÜBER<br />
KUNDENGEWOHNHEITEN ERZÄHLT<br />
Dass die Produktoptimierung in Richtung Nachhaltigkeit<br />
jedoch nicht nur ein Ziel, sondern auch eine komplexe<br />
Herausforderung ist, zeigt das Beispiel eines bekannten<br />
Frühstücksaufstrichs. Als der Hersteller vor<br />
einigen Jahren seine Rezeptur veränderte <strong>und</strong> gegenüber<br />
der Öffentlichkeit von „Feinjustierungen“<br />
sprach, rechnete das Unternehmen nicht mit dem folgenden<br />
Shitstorm. Verbraucher bestanden damals auf<br />
die Rückkehr zur ursprünglichen Formulierung, die einen<br />
Prozentpunkt mehr Kakao <strong>und</strong> dafür 0,4 Prozentpunkte<br />
weniger Zucker enthielt, <strong>und</strong> drohten mit Boykott.<br />
Das zeigt, wie sensibel Änderungen an etablierten Produkten<br />
sind <strong>und</strong> dass diese gut durchdacht <strong>und</strong> offen kommuniziert<br />
werden müssen.<br />
Wenn Tsubaki Kabelschlepp auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit<br />
seine Materialrezepturen anpasst, ist das Pflichtenheft entsprechend<br />
umfangreich. Ein Beispiel: Um Ressourcen zu schonen,<br />
setzt der Hersteller mechanisch recyceltes PA6 in seinen<br />
Produkten ein. Aktuell liegt dieser Anteil bei 35 Prozent, Tendenz<br />
steigend. Die Voraussetzung: Die nachhaltig produzierte Energieführungskette<br />
muss in puncto Qualität, mechanischer Belastbarkeit,<br />
Aussehen, Recyclingfähigkeit <strong>und</strong> Verarbeitbarkeit einer<br />
Kette aus Neu-Material entsprechen. „Um dies sicherzustellen,<br />
folgen auf jegliche Änderung der Materialzusammensetzung umfangreiche<br />
Testprozeduren“, erklärt Peter Sebastian Pütz, Vice<br />
President Marketing & Innovation bei Tsubaki Kabelschlepp.<br />
„Der Aufwand dafür entspricht dem bei der Neuproduktentwicklung,<br />
denn bei Verfahrwegen von mehr als 700 Metern können<br />
wir uns kein Risiko erlauben.“<br />
Neben der Erprobung neuer Materialien verbessert der Hersteller<br />
die Nachhaltigkeit der Energieführungsketten auch mithilfe<br />
von konstruktiven Maßnahmen. Hier erweist sich der Einsatz<br />
von Rollen als gute Idee, da diese im Vergleich zum Gleitprozess<br />
der Kette die notwendige Antriebsenergie um bis zu 75 Prozent<br />
reduzieren können. Ebenfalls verringern sich Abrieb (Mikroplastik)<br />
<strong>und</strong> Verschleiß, was wiederum der Lebensdauer der Produkte<br />
zugutekommt. Pütz: „Dieses Prinzip wollen wir auf künftige<br />
Serien übertragen. Wir entwickeln dafür aktuell eine eigene Rolle<br />
sowie eine integrierte Rollendämpfung. Es zeichnet sich aber bereits<br />
ab, dass die Anlagenbetreiber mithilfe dieser Entwicklung<br />
nicht nur Energie sparen werden, sondern auch die Geräuschemissionen<br />
um r<strong>und</strong> die Hälfte reduzieren können.“<br />
PETER SEBASTIAN PÜTZ,<br />
VICE PRESIDENT MARKETING<br />
& INNOVATION, TSUBAKI<br />
KABELSCHLEPP<br />
Das nachhaltigste Produkt ist das,<br />
was am längsten hält<br />
KEINE (EINFACHE) ALTERNATIVE MÖGLICH<br />
Wie schwierig es ist, für Kunststoffprodukte einen nachhaltigen<br />
Ersatz zu finden, lässt sich am Beispiel des Lego-Steins verdeutlichen.<br />
Im September 2023 berichtete der Hersteller in der Financial<br />
Times über seine Bemühungen, den Kunststoff ABS zu ersetzen.<br />
Das Versprechen, bis zum Jahr 2030 „grüne“ Bausteine zu<br />
produzieren hat das Unternehmen 2020 abgegeben <strong>und</strong> seitdem<br />
eine dreistellige Millionensumme in Forschung investiert.<br />
„Was sich für den Außenstehenden einfach anhört, ist für den<br />
Hersteller vielfach schwieriger als gedacht“, erklärt Pütz. „Auch<br />
wir forschen seit längerer Zeit zum Thema umweltfre<strong>und</strong>liche<br />
Materialien <strong>und</strong> sind dabei mit Hindernissen konfrontiert worden.“<br />
Die Komplexität des Prozesses verdeutliche die Liste notwendiger<br />
Eigenschaften einer Energieführungskette. Auf der anderen<br />
Seite seien die Materialmengen gering, sodass die Zulieferprodukte<br />
entweder nicht vorhanden oder unerschwinglich seien.<br />
Biobasierte Kunststoffe auf Zuckerrohr- oder Rizinus-Basis<br />
scheiterten in den Versuchslaboren von Tsubaki Kabelschlepp<br />
am hohen Verschleiß <strong>und</strong> mangelnder Festigkeit. Darüber hinaus<br />
schätzt man den Flächenbedarf für die Produktion <strong>und</strong> den Preis<br />
kritisch ein. Auch das Ocean-Plastik schied aufgr<strong>und</strong> ungenügender<br />
mechanischer Eigenschaften, hoher Kosten <strong>und</strong> intransparenter<br />
Herkunft aus. Als eine weitere Rohstoffquelle sondiert<br />
der Hersteller die Verwendung chemisch recycelter Polymere aus<br />
der Kreislaufwirtschaft. Jedoch ist die Verfügbarkeit derzeit noch<br />
eingeschränkt oder gar nicht gegeben.<br />
„Bislang haben wir noch keine optimale Lösung für einen neuen<br />
nachhaltigen Werkstoff gef<strong>und</strong>en, aber wir haben die Suche<br />
noch lange nicht aufgegeben“, zieht Pütz Bilanz. „Parallel sondieren<br />
wir alternative Herangehensweisen, wie die zuvor genannte<br />
Nutzung von mechanischen Rezyklaten oder die Optimierung<br />
der Produktlebensdauer flankiert von einem Instandhaltungs-,<br />
Reparatur- <strong>und</strong> Servicekonzept.“<br />
Fotos: Tsubaki Kabelschlepp<br />
03 Auf jegliche Änderungen in der Materialzusammensetzung der<br />
Energieketten folgen umfangreiche Testprozeduren<br />
www.tsubaki-kabelschlepp.com<br />
8 <strong>f+h</strong> <strong>2024</strong>/04 www.foerdern-<strong>und</strong>-<strong>heben</strong>.de