Rozmowa - Zbliżenia Interkulturowe
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<strong>Zbliżenia</strong> literackie<br />
ten Adel geschickt mit Preußens ruhmreicher<br />
Geschichte verquickte, gelang es<br />
ihm, den Kampfgeist der bereits angeschlagenen<br />
Wehrmacht durch beiseite gesprochene<br />
Nachdenklichkeiten zu schwächen,<br />
jedenfalls im Besatzungsgebiet<br />
Lyon.“ (WF, 428)<br />
Ich fasse zusammen: Fonty, dem<br />
„Hobbygärtner“ (vgl. WF, 238) auf literarischem<br />
Feld gelingt, was den Mitarbeitern<br />
des Fontane-Archivs, eben weil sie<br />
ihr „Konzept allzu wissenschaftlich eng<br />
schnüren mußten“ (WF, 547), wie es am<br />
Ende des Romans heißt, schon von ihrem<br />
Berufsverständnis her versagt ist. Wo<br />
sie sich sammelnd, sichtend und ordnend<br />
überwiegend mit Sekundärem beschäftigen,<br />
schöpft der passionierte Fontane-Leser<br />
aus dem Vollen, will sagen:<br />
den Primärtexten selbst. Und im Gegensatz<br />
zu seinen Schöpfern, die sich ja im<br />
Dienste der Wissenschaft auf Objektivität<br />
und Neutralität verpflichtet haben,<br />
muß er sich dabei an keine feststehenden<br />
Regeln und Gebräuche halten. Dabei<br />
profitiert Fontys freier Umgang mit Leben<br />
und Werk Fontanes im Wesentlichen<br />
von zwei ausgesprochen ‚unwissenschaftlichen‘<br />
Methoden: Er fühlt sich ein, oder<br />
wie seine Gattin Emilie es an einer Stelle<br />
kommentiert: „Er personifiziert sich<br />
schon wieder.“ (WF, 204) Und er „lebt<br />
fort“ (WF, 48), d.h. er bedient sich seines<br />
Vorbilds Fontane, um seine eigene<br />
Gegenwart zu kommentieren. Insbesondere<br />
aber mit diesem „die Zeit verkürzenden<br />
Verständnis von Politik und Literatur“<br />
(WF, 27) 16 vermag Fonty, was den Ar-<br />
16 Daß Fonty mit seinem Zeit- und Raum<br />
entgrenzenden Literatur- und Geschichtsverständnis<br />
übrigens eine deutliche Affinität<br />
nicht nur zu Fontane, sondern auch zu Grass<br />
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chiv-Mitarbeitern im Rahmen ihrer zu<br />
eng gesteckten beruflichen Grenzen so<br />
recht nicht gelingen will. Er stellt Zusammenhänge<br />
her: zwischen Literatur und<br />
Leben, Literaturgeschichte und Alltagsgeschichte,<br />
Vergangenheit und Gegenwart,<br />
Autor und Leser. Etwa, wenn er im<br />
freien Spiel mit Fontaneschen Texten als<br />
Ko-produzent des Autors auftritt und sie<br />
auf die eigene Gegenwart hin fortschreibt<br />
oder ihre literarische Wirkungsgeschichte<br />
am Beispiel von Beckett konkretisiert<br />
(vgl. WF, 238).<br />
So läßt sich das Grundmuster des<br />
Grass’schen Erzählens, die sogenannte<br />
„Vergegenkunft“, selbst noch auf Fontys<br />
literarische Deutungsarbeit übertragen.<br />
Von den üblichen forschungspragmatischen<br />
Einteilungen nach Genres, Epochen<br />
und Nationen weit entfernt, denkt<br />
Fonty auch hier in ganz anderen Zusammenhängen.<br />
Frei nach dem Vorbild des<br />
Fontaneschen Literaturverständnisses ist<br />
dafür allein schon die chaotische Bücherordnung<br />
in seiner Studierstube bezeich-<br />
aufweist, darauf spielt u.a. folgende Textstelle an.<br />
Die Ausgangssituation: Fonty hat gerade sein<br />
„gedoppeltes“ (WF, 227) Erzählprojekt »Kinderjahre«<br />
in Angriff genommen. Seiner Schulzeit erinnert<br />
er sich nur lückenhaft und kommt am<br />
Ende zu dem Befund: „»Von allen Lehrkräften<br />
am Neuruppiner Gymnasium ist mir einzig Dr.<br />
Elssner deutlich geblieben, weil dieser es verstand,<br />
beim Deutschunterricht mit geschichtlichem<br />
Zitat und beim Geschichtsunterricht mit<br />
literarischen Belegen die unsinnige Trennung<br />
dieser Fächer aufzuheben. Elssner, den wir, ob<br />
seiner pädagogischen Methode, als ,Zeitraffer’<br />
verspotteten, konnte weit Entlegenes (…) so nah<br />
zueinanderrücken, daß ich seitdem jenes zeitraffende<br />
Verständnis von Literatur und Geschichte<br />
habe, das mir Vergangenes in zukunftstrunkener<br />
Präsenz, das heißt die Unsterblichkeit<br />
gewiß macht“. (WF, 248-49)