Rozmowa - Zbliżenia Interkulturowe
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Krystyna Radziszewska: Das kulturelle Leben im Litzmannstadt-Getto<br />
päischen Musikbühnen tätig waren 6 ,<br />
spielten „symphonische und leichtere Musik mit<br />
erstklassigen Solisten“. Unter diesen Solisten<br />
war Rudolf Bandler, der 1881 in Rumburg<br />
/Böhmen/ geboren wurde, in Wien studierte<br />
und in Wien, Prag, Südamerika,<br />
Spanien und Portugal auftrat. Oskar<br />
Rosenfeld schrieb, dass der Sänger „die<br />
deutsche Sprache im Liede sehr plastisch behandelt,<br />
die dramatischen und humoristischen Elemente<br />
bewusst herausarbeitet und dadurch auch<br />
das Bedürfnis des Zuhörers nach dem Bildhaften<br />
/ nach der Vision der Bühne/ zu befriedigen versteht“.<br />
Die Konzerte wurden von bekannten<br />
Dirigenten, wie Teodor Ryder, der<br />
auch ein hervorragender Pianist war oder<br />
Dawid Bajgelman geleitet. Dieser Musiker<br />
komponierte vor dem Krieg u.a. für<br />
das berühmte Theater „Ararat“ in Warschau.<br />
Im Getto gründete er ein Sinfonieorchester<br />
und bestätigte sich im Kulturhaus<br />
als Dirigent leichter Musik, komponierte<br />
Liedertexte für Revuen, u.a. zu den<br />
Texten von Abraham Joahimowicz. Ein<br />
Theaterstück von ihm erregte das Missfallen<br />
von Rumkowski. Der Judenälteste<br />
bezog kritische Anspielungen in dem<br />
Stück auf seine eigene Person und seine<br />
Form der Machtausübung. „Die Chronik<br />
des Gettos“ vom 20.12.1941 berichtete,<br />
dass sich „der für sein Talent sehr hoch geschätzte<br />
Komponist jüdischer Musik und Dirigent des<br />
Orchesters, Bajgelmann, öffentlich beim Judenältesten<br />
für seine unehrenhafte Tat“ entschul-<br />
6 Gemäß einer Verordnung des Judenältesten<br />
sollte im Dezember 1941 vom Kulturhaus eine<br />
Liste aller Musiker und Maler, die im Herbst 1941<br />
im Getto eingetroffen sind, angefertigt werden.<br />
Eine gesonderte Liste ist leider nicht überliefert.<br />
Viele Namen der deportierten Künstler und ihre<br />
Herkunftsorte sind über Transportlisten nachgewiesen.<br />
Die Liste in:. Anm. 50. Die Chronik<br />
…op.cit., B.I., S.434.<br />
digte. Für diese Tat wurde er bereits mit<br />
Hausarrest und dem Verlust der Stelle des<br />
Musikers bestraft. Bajgelman wurde 1944<br />
in den Gaskammern von Auschwitz ermordet.<br />
Arnold Mostowicz, der Arzt im<br />
Lodzer Getto war, behauptete, dass jedes<br />
der Konzerte von Dawid Bajgelman „ein<br />
kulturelles, gesellschaftliches Ereignis [war] und<br />
– und Gott sei es geklagt – ein politisches, weil es<br />
für gewöhnlich mit einer Ansprache des Ältesten<br />
endete“. Bajgelman war ein „schon vor dem<br />
Kriege nicht nur in jüdischen Kreisen bekannter<br />
Musiker, der fast die ganze Welt bereist hat, sondern<br />
auch ein ausgezeichneter Kenner aller Arten<br />
von Musikinstrumenten“ – berichtete die<br />
„Chronik“ am 8. März 1944. Eine große<br />
Attraktion waren musikalische Veranstaltungen<br />
unter Beteiligung der neu eingesiedelten<br />
Künstler. Durch die Ansiedlung<br />
der westlichen Künstler im Herbst<br />
1941 gewann das Getto eine Reihe von<br />
talentierten Interpreten – vor allem Pianisten<br />
und Sänger. Oskar Rosenfeld bemerkte<br />
nach genauerer Betrachtung der<br />
Konzertprogramme, dass „immer wieder die<br />
gleiche Kategorie der Musik das Getto-Publikum<br />
anzieht. Es ist die Kategorie des romantischen Stils,<br />
der die tiefgreifendsten Wirkungen erzielt“. Obwohl<br />
die Zuhörer Respekt vor der klassischen<br />
Musik hatten, gehörte ihre größte<br />
Liebe den Romantikern, „unabhängig vom<br />
künstlerischen Rang“. Die Abwendung von<br />
der Musikklassik zu der Romantik war<br />
sicher eine allgemeine Zeitmode. In diesem<br />
konkreten Fall verschmolz diese Zeitmode<br />
mit einem Illusionsbedürfnis und<br />
der Sehnsucht nach dem Aufbruch aus<br />
dem Getto. Rosenfeld betonte diese Faktoren<br />
in der Darstellung des Konzerts<br />
vom 24. Juni: “Insbesondere Thomas Mignon<br />
– Phantasie wurde mit großer Ergriffenheit aufgenommen,<br />
obwohl nur wenigen Zuhörern der<br />
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