Deutsche Warenkunde- und Technologie-Tage - DGWT
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GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT<br />
men, denn Funktion bestimmt Form. Extravaganzen werden nur insofern akzeptiert, als es dafür plausible<br />
Gründe gibt, <strong>und</strong> die Leistung dadurch nicht beeinträchtigt wird.<br />
Betrachtet man das Sicherheitsargument, so verdrängen Stammhirndominierte gern die Möglichkeit eines<br />
Unfalls, werden durch Crashtest-, Knautschzonen- <strong>und</strong> Sicherheitskäfig-Argumente nur abgeschreckt. Vergleichsweise<br />
harmlose Details wie Kindersicherung, Lenkradpolsterung oder Kopfstützen bleiben in der Auslobung<br />
unverfänglicher.<br />
Zwischenhirndominierte sind demgegenüber risikofreudig. Passive Sicherheitselemente überzeugen sie nicht.<br />
Sie sprechen lieber von aktiver Sicherheit, reagieren auf Spurtgeschwindigkeit zum zügigen Überholen, auf<br />
Allradantrieb in Extremsituationen oder sportive Fahrwerkstechnik.<br />
Großhirndominerte sind sowohl für passive wie aktive Sicherheit zu begeistern, weil sie sachlich kühl die<br />
Gefahr eines Unfalls einkalkulieren <strong>und</strong> für diesen Fall gut geschützt sein wollen. Was sie nicht akzeptieren,<br />
sind Funktionseinschränkungen durch ein Übermaß an Sicherheit, wie große Außenabmessungen, hohes Fahrzeuggewicht,<br />
breite Stoßfänger etc. oder an Sportlichkeit, wie straffe Dämpfung, hohe Lenkkräfte, geringe<br />
Bodenfreiheit etc.<br />
Komfort wird von Stammhirndominierten eher in Richtung bequem, kommod, entlastend interpretiert, weniger<br />
in Richtung luxuriöser Details. Sie sind vergleichsweise anspruchslos, akzeptieren aber keine komfortbeeinträchtigenden<br />
Merkmale wie sportiv-harte Federung etc.<br />
Zwischenhirndominierte schätzen Sportlichkeit höher ein als Komfort, asketische Innenausstattung ist ihnen<br />
lieber als Luxus oder Plüsch, harte Federung besser als weiche, ABS wichtiger als Getriebeautomatik.<br />
Großhirndominierte sind komfortbetont nicht i. S. v. vordergründiger Gemütlichkeit (wie Stammhirntypen)<br />
oder Fahrerlebnis (wie Zwischenhirntypen), sondern i. S. v. Konzentration auf das Wesentliche, das aber bestmöglich<br />
umgesetzt. Wobei lästige Nebeneffekte leicht irritierend wirken wie Windgeräusche, Auspuffröhren,<br />
Sichtbehinderung etc., zeugen sie doch von konstruktiven Unvollkommenheiten.<br />
Stammhirndominierte brauchen viel Raum im Automobil, da das Fahrzeug für sie ihr Heim auf Rädern darstellt.<br />
Entsprechend sind die Ansprüche an großen Stauraum, bequemen Einstieg, üppige Beinfreiheit in Fond etc.<br />
Zwischenhirndominierte sind in Bezug auf das Raumangebot unkritisch, insofern auch für Raumargumente<br />
nicht zu begeistern. Bei den gewünschten großzügigen Außenabmessungen ist Platz ohnehin in Hülle <strong>und</strong><br />
Fülle vorhanden, bei markigen Sportwagen ist die Funktion wichtiger <strong>und</strong> werden Kompromisse daher gern<br />
eingegangen.<br />
Großhirndominierte sehen im Auto im Gr<strong>und</strong>e ein Fluchtmittel. Viele Personen auf engem Raum sind ihnen<br />
ein Gräuel. Also sollte man in der Werbung keine vollbesetzten Fahrzeuge zeigen oder Platz für viele Personen<br />
ausloben.<br />
Zubehör schließlich wirkt auf Stammhirndominerte attraktiv, wenn es Annehmlichkeiten mit sich bringt, wie<br />
Schiebedach, Bodenteppich, Ablagefläche etc. Technische Zusatzausrüstung wird demgegenüber gering<br />
geschätzt.<br />
Umgekehrt verhält es sich bei Zwischenhirndominierten. Hier ist pseudosportliches Zubehör gefragt, wie<br />
Spoiler, Breitreifen, Starterknopf, Extrascheinwerfer, LM-Felgen etc., alles hauptsächlich aus Imponiergehabe.<br />
Großhirndominierte halten demgegenüber eher auf Understatement. Demnach ist Zubehör nur insofern willkommen,<br />
als es sachliche Vorteile bietet, aber nicht aufdringlich wirkt, wie z. B. Navigationssystem, Sitzheizung,<br />
Klimaanlage. Das geht bis zur Wegnahme der herstellerseitigen Typenbezeichnung am Fahrzeug als<br />
unnützer Verzierung.<br />
Literatur<br />
Bauer, Hans H./Exler, S./Höhner, A.: Neuromarketing - Revolution oder Hype im Marketing, Institut für marktorientierte<br />
Unternehmensführung, Mannheim 2006<br />
Häusel, H.-G.: Brain Script, München 2004<br />
Häusel, H.-G.: Limbic Success, 2. Auflage, München 2007<br />
Häusel, H.-G. (Hrsg.): Neuromarketing, München 2007<br />
Koschnick, W. J. (Hrsg.): Focus-Jahrbuch 2007: Neuroökonomie, Neuromarketing <strong>und</strong> Neuromarketingforschung,<br />
München 2007<br />
* Prof. Werner Pepels, Peter-Lauten-Str. 29, 47803 Krefeld, e-mail: werner.pepels@t-online.de<br />
FORUM WARE 36 (2008) NR. 1 - 4<br />
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