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GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT ERHÖHUNG DER GEBRAUCHSTAUGLICHKEIT VON WAREN UND DIENSTLEISTUNGEN DURCH MULTISENSUELLES DESIGN Peter Luckner* ABSTRACT Rise of the use suitability from goods and services by multisensual design. The diminution of design on appearances and handiness is past. If the things and processes multisensual are formed, qualities then arise, which ones signal the function of the objects, which ones support the function, which ones to guarantee the function help, which ones are fo<strong>und</strong> comfort, which ones are identity causing. Numerous examples cover this thesis. A curriculum to the education of multisensual designers was worked out at Halle's academy of arts. Numerous companies have taken up this special outline performance. This is covered by examples provided that the publication rights are given. Der Mensch nimmt seine Umwelt zweifelsfrei multisensorisch wahr. Was liegt also näher, als die Umwelt multisensuell zu gestalten. Was ich meine ist: Wenn schon Gestaltung, dann multisensuelle Gestaltung. Diese Überzeugung ist inzwischen zum Allgemeingut der designtheoretischen Reflexion geworden. Michael Erlhoff spricht zum Beispiel vom Potenzial materialorientierter Kompetenz, die geeignet sei, „die Gegenstände <strong>und</strong> deren Eigenschaften sowie deren Oberflächen <strong>und</strong> Herstellung beträchtlich zu verbessern <strong>und</strong> zu erweitern. […] Immerhin werden diese Dimensionen neuer Materialien derzeit im Design vehement um- <strong>und</strong> eingesetzt <strong>und</strong> führt dies zusätzlich zur Reflexion der ja allemal mitgestalteten Ebene anderer Sinne als bloß der Anschauung <strong>und</strong> der Haptik. Nun nämlich können auch ganz neue Formen von Geruch, von Geschmack <strong>und</strong> von Akustik gestaltet <strong>und</strong> kann damit endlich – was längst überfällig ist – die Reduktion von Gestaltung <strong>und</strong> Aussehen <strong>und</strong> Handlichkeit überw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> sensationell erweitert werden.“ (Danner-Preis 2008. München/Berlin 2008, S. 35) Ich will im Folgenden eine kurze Typologie des Multisensuellen Designs aufstellen. Ich gehe dabei vom Wesen Erster Ordnung aus, welches darin besteht, dass das Produkt (also das Gestaltungsobjekt) das Material ist <strong>und</strong> kommentiere die Wirkung als Geräusch <strong>und</strong> als Geruch. Produkt als Material empfindet der auditive Sinn im weitesten Sinne als Musik. Ich muss mich hier der phänomenologischen, kultursoziologischen <strong>und</strong> kunsttheoretischen Frage entziehen, wann ein akustisches Signal als Lärm oder als musikalische Botschaft empf<strong>und</strong>en wird. Gleiches gilt für den olfaktorischen Sinn. Wann wird der Geruch zum Duft, wann der Gestank zum Parfüm? Wenn die Typologie ihren Ausgangspunkt auch im Synonym von Produkt <strong>und</strong> Material hat, so liegt dieser Bezug außerhalb des Systems „Industriedesign“. Der Geruchsdesigner ist nun mal der Parfümeur <strong>und</strong> der Klangdesigner der Komponist. Aber ist das wirklich so? Ja, denn man sollte das nicht mit dem Geräuschdesigner, dem Akustikdesigner oder dem Psychoakustiker verwechseln. Es bleibt festzustellen, dass die auditive Wirkungsmacht eine arbeitsteilige Differenzierung geschaffen hat. Das ist ein Spezialisierungsprozess, der sich gegen eine Integration stemmt. Gerade im Berufsbild des Multisensuellen Designers ist die Integration des visuellen, des akustischen, olfaktorischen, haptischen Materials als Arbeitsgegenstand Programm. Als Wesen Zweiter Ordnung der Typologie begreife ich das Produkt – also das spezifisches Ergebnis eines Designprozesses – als ein Funktion signalisierendes Merkmal eines Systems. Auf der auditiven Seite sind es typische Geräusche, wie das eines Automotors oder auch einer Lokomotive, wie das Schließen einer Autotür, eines Staubsaugers, Toasters oder Rasierers. Auf der olfaktorischen Seite sind das Gerüche des Autoinnenraums, der Geruch einer Kläranlage, die Gerüche von Möbeln oder auch der Geruch eines Menschen. Gerüche von Menschen? Wir erinnern Patrick Süskinds Reflexionen über den geruchlosen Menschen als Unmenschlichkeit. Ein weites Feld. Paracelsus erkannte Krankheiten am Geruch. Wir erkennen Maskierungsgerüche als Merkmal, dass da etwas verborgen werden soll oder dass eine Funktion annonciert wird. Funktionierende Klärgruben miefen wenig – das ist ein Beleg dafür, dass ihr Mikroklima (Bakterien) in Ordnung ist. Für den Kenner lassen Autogeräusche ganz eindeutig Wertungen zu. Qualität des Materials, Qualität der Fertigung. Dass die Hersteller die Wirkung dieser Indikatoren kennen <strong>und</strong> möglicherweise Empfindungen ohne Qualitätsentsprechung manipulieren, ist eine andere Sache. Ein objektiver <strong>und</strong> positiv zu bewertender Anlass zur Maskierung ergibt sich aus dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt, der unter anderem zu leiserer Technik führt. Eine heute legendäre Geschichte rankt sich um die IBM-Drucker, die vor 30 Jahren so leise wurden, dass es zur Irritation <strong>und</strong> der Frage kam, ob sie denn überhaupt in Betrieb seien. Aktuell gilt das für Automotoren. Bestimmte Typen müssen elektroakustisch beeinflusst werden, um das Feedback zum Fahrer sicherzustellen. Bei Rasenmähern wäre das kontraproduktiv. Zum einen sind sie an sich immer noch unverschämt laut. Zum anderen ist das utilitäre Funktionsmerkmal direkt <strong>und</strong> simpel als Quote des gemähten Rasens ablesbar. Beim Staubsaugen ist das eine andere Sache. Der Staubsauger ist wohl das FORUM WARE 36 (2008) NR. 1 - 4 1