Das Werk - ernst wiechert im internet
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Ernst Wiechert - <strong>Das</strong> <strong>Werk</strong> Friedrich Bruns<br />
Doch unverständig ist<br />
<strong>Das</strong> Wünschen vor dem Schicksal.<br />
Die Blindesten aber<br />
Sind Göttersöhne, denn es kennet der Mensch<br />
Sein Haus, und dem Tiere ward, wo<br />
Es bauen sollte, doch jenen ist<br />
Der Fehl, daß sie nicht wissen wohin?<br />
In die unerfahrene Seele gegeben.<br />
Erklingen vielleicht diese Worte, wenn man sie mit dem Novaliswort zusammenstellt,<br />
allzudunkel, delphisch zweideutig? Sagen sie nicht sogar das<br />
Gegenteil? Und doch, bei aller Blindheit, bei allem scheinbaren Irren, wohin<br />
wandern die Dichter, diese Zugmenschen? Immer nach Hause! Nehmen wir<br />
als Beispiel Goethe. Da die Stationen seines Lebensweges so klar vor uns liegen,<br />
so ist sein Beispiel besonders geeignet, unsre Einsicht zu fördern. Goethe<br />
ist schon über die Mitte seines siebten Jahrzehnts vorgerückt, als sich<br />
ihm aus besonderer Begnadung die Verse schenken:<br />
Mich verwirren will das Irren,<br />
Doch du weißt mich zu entwirren.<br />
Wenn ich handle, wenn ich dichte,<br />
Gib du meinem Weg die Richte.<br />
So kann nur der wahrhaft Fromme sprechen, in dessen Gebet die Erhörung,<br />
die Erfüllung schon enthalten ist. Doch wenden wir nun den Blick rückwärts<br />
in das Leben Goethes: es zeigt sich uns zunächst eine Flucht nach der<br />
ändern. Aber wohin floh Goethe? Immer zu sich selbst, zu seinem innersten<br />
Wesen. "Niemand kann sich umprägen und niemand seinem Schicksal entgehen",<br />
heißt es in Italien II, am 11. August 1787 mit deutlicher Vorwegnahme<br />
des späteren berühmten Urworts. Die Reisen nach Italien und in den<br />
Orient "waren heilige Fluchten, Hegiren, ausdrücklich als solche bezeichnet.<br />
Und so seltsam es klingt: Fluchten aus dem Fremden zu sich! Einfältigen,<br />
die darüber ein Geschrei erheben, sei es gesagt: ein Dichter kann gar<br />
nicht fliehen" (E. Kommerell, Gedanken über Gedichte, S. 252, Frankfurt<br />
1943). Die Flucht von Wetzlar galt der Bewahrung seiner sittlichen Persön-<br />
ERNST WIECHERT Der Mensch und sein <strong>Werk</strong><br />
Eine Anthologie<br />
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