Das Werk - ernst wiechert im internet
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Ernst Wiechert - <strong>Das</strong> <strong>Werk</strong> Friedrich Bruns<br />
er mitten in der Vorlesung zu: "Gehorche deinem Vater, der dich gezeugt hat,<br />
und verachte deine Mutter nicht, wenn sie alt wird." Zu geeigneter Stunde<br />
hatte er dies Wort von seinem Vater gehört: nun stellt es sich wieder ein.<br />
Und doch verweigert Jons nach dem Konfirmandenunterricht die Annahme<br />
des Abendmahls. Warum? Be<strong>im</strong> Vater waren Religion und Leben eines. Er<br />
las die Bibel, um des Lebens Sinn tiefer zu erfassen, und die Deutung der<br />
Bibel erstand aus dem Leben. Im Konfirmandenunterricht herrschte Schablone,<br />
wie sie die ewige Wiederholung mit sich bringt. Statt der Bibel gab es<br />
Bibelfruchte, die Bergpredigt wurde dem Status quo schonend angepaßt,<br />
und die Schüler saßen nach Rang und Stand geordnet. Von dem Konsistorialrat,<br />
der am Sarge Agricolas sprach, hätte er das Abendmahl angenommen,<br />
sagt Jons auf die Frage Herrn von Balks. Die Religiosität Jons' ist wie die<br />
Kunst Christians. Sie stammt aus dem Leben und wirkt ins Leben zurück. An<br />
Christians Kruzifix für die Dorfkirche trägt der Gekreuzigte die Züge Agricolas.<br />
Als Christian dem Bruder das Grabmal für die Eltern zeigt, eine Pietä,<br />
sieht dieser, zutiefst ergriffen, die schmerzerfüllten Züge von Marthe und<br />
Jakob Jeromin. Kunst und Religion gebären sich in tiefem Schmerz täglich<br />
aus dem Leben.<br />
"Um Gott her ist schrecklicher Glanz", und diesem Glanz ist nicht jeder zu<br />
jeder Stunde gewachsen. In christlicher Nächstenliebe verzehrt sich Agricolas<br />
Herz. Er verkauft seine Möbel, um den kranken Kindern den Wein zu<br />
kaufen, den der Arzt verschreibt. Er ringt <strong>im</strong> Gebet mit Gott um das Leben<br />
der Kinder, und 71 Gräber aus zehn armen Dörfern sind Gottes Antwort.<br />
Nun hadert er gewaltig mit Gott. Aber <strong>im</strong> Grunde erklingt in diesem Hadern<br />
doch nur die alte Klage: "Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"<br />
Ja, warum? Seine Gemeinde hält zu ihm, in ihrer schlichten Frömmigkeit<br />
weiß sie, Gott, der für ihre Kirche gesorgt hat, wird auch für ihren Pfarrer<br />
sorgen. Die Feier der Einweihung der neuen Dorfkirche kann erst beginnen,<br />
als der Pfarrer von seiner Insel kommt: die offiziellen Würdenträger<br />
müssen warten. Und so hält auch zu ihm der wundervolle Konsistorialrat:<br />
Gott wird seinen jungen Bruder, der auf eine Weile in die Fremde gegangen,<br />
und dem er nicht helfen kann, he<strong>im</strong>rufen. Nur die Menschen richten ihn,<br />
denn sie können nicht verzeihen, daß jemand aufhört zu glauben, was sie<br />
glauben. So spricht der Konsistorialrat am Sarge Agricolas, als dieser sein<br />
Leben geopfert hat, um das Leben eines Kindes zu beschützen. "Keiner hat<br />
ERNST WIECHERT Der Mensch und sein <strong>Werk</strong><br />
Eine Anthologie<br />
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