Die Burgergemeinde Bern - Burgerbibliothek Bern
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<strong>Die</strong> Leiter der Versammlung, Burgerratsschreiber<br />
Alexander von Tavel, <strong>Bern</strong>, und Grossrat Johann<br />
Schär, Inkwil, Hessen eine Note an den Verfassungsrat<br />
verabschieden, in der «gegen die Aufhebung<br />
der Burgergüter als gegen eine gewalttätige<br />
Verletzung titelfesten, verbrieften Eigentums» protestiert<br />
wurde. Obwohl im Verlaufe des Jahres 1884<br />
noch weitere Protestschreiben von über 320 <strong>Burgergemeinde</strong>n<br />
gesammelt wurden, hielt die radikale<br />
Mehrheit des Verfassungsrates an ihrer Tendenz<br />
fest.<br />
Artikel 39 des Revisionstextes hatte den Wortlaut:<br />
«<strong>Die</strong> Gemeinde ist der Verband aller in ihrem<br />
Bezirk wohnhaften Personen. In einem und demselben<br />
Gemeindebezirk besteht nur eine Gemeinde».<br />
Damit war die Frage der Existenz der <strong>Burgergemeinde</strong>n<br />
zur Schicksalsfrage des Verfassungsentwurfes<br />
geworden, vor der alle übrigen Neuerungen<br />
an Gewicht verloren. Der Verfassungsrat war sich<br />
dieser Tatsache bewusst und führte denn auch in<br />
seiner Botschaft ans <strong>Bern</strong>ervolk aus:<br />
«Es liess sich erwarten, dass dieser Beschluss des<br />
Verfassungsrathes auf Widerstand stossen werde,<br />
und derselbe ist denn auch nicht ausgeblieben. Den<br />
intensivsten Widerstand erhoben diejenigen <strong>Burgergemeinde</strong>n,<br />
welche bei der Ausscheidung des<br />
Gemeindevermögens das grosse Los erhalten hatten;<br />
wir verüblen ihnen dies nicht, allein wir hoffen,<br />
dass das <strong>Bern</strong>ervolk in seiner Gesamtheit diese<br />
Frage mit etwas kühlerem Blute betrachten wird, als<br />
die zunächst Betheiligten.»<br />
Aber der Verfassungsrat wurde in seiner Hoffnung<br />
enttäuscht. Am l.März 1885 verwarf das <strong>Bern</strong>ervolk<br />
nach einer heftigen Abstimmungskampagne<br />
bei einer Stimmbeteiligung von 80,2% mit<br />
56443 Nein zu 31460 Ja die Revisionsvorlage sehr<br />
deutlich. Nur die Amtsbezirke <strong>Bern</strong>, Biel, Laupen,<br />
Saanen, Signau und Obersimmental nahmen an. Im<br />
Oberaargau war dagegen die Opposition besonders<br />
rege: der Amtsbezirk Aarwangen verwarf mit 4046<br />
Nein zu bloss 667 Ja. In der Gemeinde <strong>Bern</strong> lautete<br />
das Resultat: 4113 Ja zu 2193 Nein.<br />
Bei der Ausarbeitung der noch heute gültigen<br />
bernischen Staatsverfassung von 1893 wurde die<br />
Existenz der <strong>Burgergemeinde</strong>n nicht mehr in Frage<br />
gestellt. Der Volksentscheid vom l.März 1885 hat<br />
demnach jetzt bereits für ein Jahrhundert die gedeihliche<br />
Entwicklung der <strong>Burgergemeinde</strong>n gesichert.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Burgergemeinde</strong> <strong>Bern</strong> war sich aber 1885 bewusst,<br />
dass ein lebendiges Gemeinwesen nicht in<br />
althergebrachten Formen erstarren darf. Schon am<br />
9. März 1885 beschloss der Burgerrat, eine Reorganisationskommission<br />
einzusetzen, die sich mit den<br />
Themen: Burgeraufnahme und Burgernutzen zu beschäftigen<br />
habe. Angesichts der nicht geringen Meinungsverschiedenheiten<br />
in bezug auf diese umstrittenen<br />
Themen zogen sich die Arbeiten in die Länge,<br />
so dass im Januar 1887 eine neue Reorganisations-<br />
Kommission von 25 Mitgliedern eingesetzt wurde,<br />
nachdem am 10. November 1886 die <strong>Burgergemeinde</strong>-Versammlung<br />
Rückweisung einer ersten<br />
Reform-Vorlage beschlossen hatte. Am 23. April<br />
1888 fand dann die entscheidende <strong>Burgergemeinde</strong>-<br />
Versammlung mit 336 anwesenden Stimmberechtigten<br />
statt, die unter drei Reform-Vorlagen zu wählen<br />
hatte und sich mit 277 Stimmen für die folgenden,<br />
vor allem von Regierungsrat Edmund von Steiger<br />
ausgearbeiteten Grundsätze entschied: <strong>Die</strong> Aufnahme<br />
ins Bürgerrecht soll wie bisher eine freiwillige<br />
sein (mit geheimer Abstimmung!, aber die Aufnahme<br />
ins Bürgerrecht bedingt nicht mehr den Eintritt<br />
in eine der bürgerlichen Gesellschaften. Nutzungsberechtigt<br />
ist während noch 25 Jahren nur,<br />
wer vor dem 1. Januar 1889 geboren und ins Burgerrecht<br />
aufgenommen ist und im Kanton <strong>Bern</strong> wohnt,<br />
wobei Rentenverträge zwischen der <strong>Burgergemeinde</strong><br />
und den Gesellschaften den Zahlungsmodus<br />
regeln. Gestützt auf diesen <strong>Burgergemeinde</strong>beschluss<br />
wurde das Organisationsreglement angepasst<br />
(in Kraft auf 1. Januar 1889). Dann erfolgte die<br />
Vereinigung der Feld- und Forstverwaltung mit<br />
einem Feld- und Forstkassier und einem Domänenverwalter<br />
(November 1888). Zur Besorgung der Armen-<br />
und Vormundschaftspflege derjenigen Bürger,<br />
die keiner Gesellschaft angehören, wurde am 25. Februar<br />
1889 die Burgerkommission (mit einem Kom-