Die Burgergemeinde Bern - Burgerbibliothek Bern
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Erstes Kapitel: 1831-1852<br />
<strong>Die</strong> Verfassung von 1831 und die<br />
Entstehung getrennter Einwohnerund<br />
<strong>Burgergemeinde</strong>n<br />
Am 31. Juli 1831 stimmten die bernischen Bürger<br />
über die von einem Verfassungsrat ausgearbeitete<br />
neue Staatsverfassung ab, die in unserem Kanton<br />
den demokratischen Volksstaat liberaler Prägung<br />
einführte. Während im Gesamtkanton - bei allerdings<br />
kläglicher Stimmbeteiligung - die Neuerer einen<br />
durchschlagenden Erfolg erzielten (27802 Ja gegen<br />
2153 Nein], verwarf die Stadt <strong>Bern</strong> die Vorlage<br />
mit 338 Nein zu 287 Ja und stellte sich damit in Opposition<br />
zum Kanton: eine Haltung, die - wie noch<br />
zu zeigen sein wird - der bernischen Politik für ein<br />
halbes Jahrhunderl ein besonderes Gepräge gab.<br />
Während Jahrhunderten hatte die Stadt <strong>Bern</strong> im<br />
Staate <strong>Bern</strong> eine Sonderstellung eingenommen. Es<br />
war die Stadt <strong>Bern</strong> gewesen, die den Stadtstaat <strong>Bern</strong><br />
aufgebaut hatte. Da die Staatspersönlichkeit in der<br />
Stadt zusammengezogen war, wurden Staats- und<br />
Stadtvermögen, Staats- und Stadtverwaltung im Alten<br />
<strong>Bern</strong> nicht ausgeschieden. Wohl hatten hier -<br />
nach dem Zwischenspiel der Helvetik - seit 1803 die<br />
Verhältnisse geändert, aber noch 1831 lautete die<br />
bernische Souveränitätsformel: «Wir Schultheiss,<br />
Kleine und Grosse Räthe der Stadt und Republik<br />
<strong>Bern</strong>». Auf der Antrittsproklamation des nach der<br />
Annahme der neuen Staatsverfassung neugewählten<br />
Grossen Rates aber lautete die entsprechende<br />
Formel nun: «Wir, der Landammann und Grosse<br />
Rath der Republik <strong>Bern</strong>». <strong>Die</strong> Stadt <strong>Bern</strong> hatte ihre<br />
Sonderstellung verloren; obwohl immer noch<br />
Hauptstadt des Kantons, wurde sie jetzt eine Gemeinde<br />
wie jede andere bernische Gemeinde auch,<br />
mindestens dem Buchstaben der Gesetze nach! In<br />
der Praxis des politischen Alltags zeigte sich sehr<br />
rasch, dass das Verhältnis der Stadt <strong>Bern</strong> zum<br />
Staate <strong>Bern</strong> in reichem Masse Anlass zu besonderen<br />
Konflikten bot: einerseits lag den neuen Machthabern,<br />
die nun im Namen des Volkes ihre ideologischen<br />
Vorstellungen zu verankern suchten, daran,<br />
die Stadt <strong>Bern</strong>, die Heimatgemeinde der verhassten<br />
Patrizier, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu<br />
demütigen; andererseits suchte das Patriziat wenigstens<br />
im Bereiche der Gemeinde <strong>Bern</strong> seine althergebrachte<br />
Staatsauffassung in die moderne Zeit hinüberzuretten:<br />
Der Konflikt war geradezu vorprogrammiert!<br />
In Erwartung der staatspolitischen Veränderungen<br />
hatte sich die Stadt <strong>Bern</strong> schon im Sommer 1831<br />
eine neue Gemeindeordnung gegeben. <strong>Die</strong>se «Verfassung<br />
für die Bürgergemeinde der Stadt <strong>Bern</strong>» war<br />
am 9. September 1831 auf den 13 Gesellschaften angenommen<br />
worden und erhielt am 17. September<br />
die Sanktion durch den bisherigen Grossen Rat. Als<br />
Stadtbehörden waren ein Stadtrat von 140 Mitgliedern<br />
und eine «Stadtverwaltung» von 35 Mitgliedern<br />
vorgesehen. Das aktive Wahlrecht stand allen mehrjährigen<br />
Angehörigen der Gesellschaften (Zünfte]<br />
zu, sofern sie nicht öffentliche Unterstützung genossen:<br />
es wurde also an der Vorstellung festgehalten,<br />
dass die <strong>Burgergemeinde</strong> die Stadtgemeinde ausmache;<br />
damit waren die Nichtburger ausgeschlossen.<br />
Als am 7. Januar 1832 der Stadtrat der - neuen -<br />
Regierung seine Konstituierung anzeigte, liess diese<br />
antworten, sie habe keine Kenntnis von der Stadtverfassung,<br />
dabei war diese im staatlichen Dekretenbuch<br />
eingetragen! Entgegen dem Wortlaut von<br />
Artikel 19 des Übergangsgesetzes zur neuen Staatsverfassung<br />
wurde die von der alten Regierung gebilligte<br />
stadtbernische Gemeindeordnung nicht aner-