Die Burgergemeinde Bern - Burgerbibliothek Bern
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<strong>Die</strong> Gesellschaft zu Schuhmachern<br />
<strong>Die</strong> Schuhmacher erscheinen erstmals als berufliche<br />
Korporation in der grossen Handwerksordnung<br />
der Stadt <strong>Bern</strong> vom 1. April 1373. 1465 wird ihnen<br />
eine eigene Schuhmacherordnung gegeben, in welcher<br />
vor allem die Bedingungen, Rechte und Pflichten<br />
der Meisterschaft geregelt sind. Eine weitere<br />
Ordnung von 1511 wendet sich gegen die unorganisierten<br />
«Stör-Schuster», ordnet das Lehrlingswesen<br />
und überträgt insbesondere der Gesellschaft die<br />
Aufsicht über die Land-Schuster (Lehrordnung, Meisterstück,<br />
Verkaufsvorschriften]. Auffallend ist, dass<br />
den <strong>Bern</strong>er Schuhmachern von der Obrigkeit nur<br />
wenig handwerkliche Vorschriften gemacht wurden;<br />
so gaben sie sich ihren eigenen Preis-Tarif und<br />
Hessen sich in der Gestaltung der Stiefel, Bund-,<br />
Schnür-, Frauen- und Kinderschuhe auch durch modefeindliche<br />
Mandate nicht viel dreinreden.<br />
Ein verdienstvoller Gesellschaftsangehöriger war<br />
Pfarrer Johann Rudolf Gruner (1680-1761], der eine<br />
ungemein vielfältige kulturelle Wirksamkeit entfaltete:<br />
So ist er der Initiant der Burgdorfer «Solennität»,<br />
der Autor der «Deliciae Urbis <strong>Bern</strong>ae» von 1732,<br />
die noch heute als Handbuch der bernischen Geschichte<br />
und Institutionen hoch geschätzt sind, und<br />
nicht zuletzt der Verfasser von 386 Handschriftenbänden<br />
historisch-genealogisch-topographischen Inhalts,<br />
die zum Grundstock der Bestände der <strong>Burgerbibliothek</strong><br />
gehören. - Umgekehrt machte sich<br />
«Schuhmachern» verdient um die künstlerische<br />
Ausbildung ihres Angehörigen Sigmund Freudenberger,<br />
der dann als einer der besten «<strong>Bern</strong>er Kleinmeister»<br />
berühmt wurde (1745-1801], Dem Mathematiker<br />
Johann Friedrich Trechsel (1776-1849) verdanken<br />
wir die erste trigonometrische Vermessung<br />
des Kantons <strong>Bern</strong>. Carl Brunner (1796-1867) war so-<br />
wohl Professor der Chemie wie auch ein guter<br />
Landschaftsmaler und ein eifriger Kunstmäzen.<br />
Das Gesellschaftsbaus wurde 1424-27 am gegenwärtigen<br />
Standort (Marktgasse 13/ Amthausgasse 8)<br />
errichtet. Nach mehreren Umbauten im 18. und<br />
19. Jahrhundert erhielt es 1971-73 seine heutige<br />
Form als modernes Geschäftshaus. Selbst der<br />
grosse Saal ist neuzeitlich gestaltet und mit Wandteppichen<br />
von Alfred Flofkunst geschmückt; die<br />
Vorgesetztenstube freilich hat noch ihr Täfer und<br />
Mobiliar aus dem 17./18. Jahrhundert bewahrt, und<br />
auch das kunstvoll holzgeschnitzte Wappen aus der<br />
Werkstatt der Gebrüder Funk an der Marktgassfassade<br />
erinnert an die alte Zeit. Dagegen sind leider<br />
die meisten, aus archivalischen Aufzeichnungen bekannten<br />
Kostbarkeiten nicht mehr vorhanden: Sie<br />
mussten versilbert werden, um die Armenlasten<br />
oder etwa auch die Kriegsfolgen von 1798 zu tragen.<br />
Erwähnt sei immerhin der Vermeil-Becher aus dem<br />
Atelier Rehfuss von 1827, und dann vor allem die älteste<br />
Gesellschaftsfahne von 1540, die mit ihrem<br />
Bundschuh-Emblem und der rätselhaften hebräischen<br />
Umschrift den Historikern schon viel Kopfzerbrechen<br />
bereitet hat.<br />
Mit etwa 475 Angehörigen zählt Schuhmachern<br />
zu den kleineren Gesellschaften und hat deshalb<br />
auch nur zwei bis drei Fürsorgefälle zu betreuen.<br />
Das Vorgesetztenbott zählt neun Mitglieder. Aus einem<br />
besonderen «Reserve- und Hülfsfonds» werden<br />
gegen 20 karitative Organisationen regelmässig unterstützt.<br />
Ferner wird jährlich dem Schuhmacherlehrling<br />
mit dem besten Lehrabschluss der «Schuhmachernpreis»<br />
ausgerichtet.<br />
Neben den üblichen Gesellschaftsanlässen ist der<br />
«Zunftmarsch» auf die St. Petersinsel eine besondere<br />
Schuhmachern-Tradition.