Hochgeschwindigkeitskameras im Physikunterricht
Hochgeschwindigkeitskameras im Physikunterricht
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3.4 Das Maxwell-Rad – das Yoyo der Physiker<br />
3.4. Das Maxwell-Rad – das Yoyo der Physiker<br />
In einigen Lehrplänen wird das Maxwell-Rad als das Demonstrationsexper<strong>im</strong>ent für reversible<br />
Energieumwandlung vorgeschlagen und in fast allen physikalischen Einführungsvorlesungen<br />
dafür genutzt. Aus Zeitgründen verzichten in der Praxis viele Lehrer auf das<br />
Exper<strong>im</strong>ent, war es doch bisher nicht nur unspektakulär, sondern hatte neben der umkehrbaren<br />
Energieverwandlung von potentieller in Bewegungsenergie kaum eine auswertbare<br />
Aussage geliefert. Um die Rotationsgeschwindigkeit des Rades zu messen, bedarf es bisher<br />
einer Lichtschranke. Als Ergebnis konnte man beispielsweise die Rotationsgeschwindigkeit<br />
<strong>im</strong> tiefsten Punkt best<strong>im</strong>men. Selbst bisherige Videoanalysen scheiterten an der hohen<br />
Drehgeschwindigkeit des Rades, sodass oft nicht mehr feststellbar war, ob sich eine angebrachte<br />
Markierung um beispielsweise α =120 ◦ oder um α = −240 ◦ gedreht hat, also<br />
ob sich die Rotationsrichtung umgekehrt hat. Ist der Winkelunterschied zwischen zwei<br />
Messframes Δα = 120 ◦ , kann man nicht mehr über Δx und Δy Tempo und Beschleunigung<br />
best<strong>im</strong>men. Die <strong>Hochgeschwindigkeitskameras</strong> ermöglichen hier neue, tiefergehende<br />
Betrachtungen. Es sind nicht nur die verschiedenen Energien des Energieumwandlungsprozesses,<br />
sondern auch kinetische Größen, wie die Radial- und Winkelgeschwindigkeit zu<br />
jeder Zeit des Exper<strong>im</strong>entes beobachtbar.<br />
Das in diesem Abschnitt verwendete Maxwell-Rad stammt von der Firma PHYWE. Laut<br />
Produktionsangaben hat es einen Durchmesser von d =0,130 cm, ein Trägheitsmoment<br />
von J =10·10 −4 kg·m 2 und eine Masse von m =0,470 kg. Da die Fadenlänge l =0,80 m<br />
beträgt, empfiehlt es sich, ein Hochformatvideo 3 zu machen. Da das Video zunächst als<br />
Querformatvideo ausgegeben wird, muss anschließend das Video mit „MPEG-Streamclip“<br />
oder einem ähnlichen Videobearbeitungsprogramm wieder um 90 ◦ gedreht werden. Durch<br />
das Aufrichten des Bildes kann sich die Videodatei vergrößern und die Videoanalyse mehr<br />
Zeit in Anspruch nehmen.<br />
Für die Analyse sind Punkte auf dem Rand des Schwungrades und auf der Rotationsachse<br />
angebracht worden. Um diese Markierungen gut verfolgen zu können, empfiehlt sich<br />
ein Aufbau wie in Abbildung 2.1 (Seite 18). Der nachfolgende, theoretische Teil baut <strong>im</strong><br />
Wesentlichen auf [Dem05, Seite 146] und [PHY] auf.<br />
3.4.1. Das Maxwellrad – die Theorie<br />
Das Maxwellrad besitzt am Anfang potentielle Energie. Auf das Rad wirkt die Gewichtskraft<br />
� Fg und die Kraft durch den Faden � FFaden. Das Rad besitzt durch den Schwerpunkt<br />
eine Achse mit einem kleinen, jedoch für die Rotation des Rades nicht vernachlässigbaren<br />
Radius rA = |�rA| (vgl. Abbildung 3.10). Der augenblickliche Drehpunkt befindet sich an<br />
der Achsenoberfläche <strong>im</strong>mer genau an der Stelle, an der sich der Faden von der Achse<br />
löst. Die Gesamtbewegung kann man sich aus einer Translationsbewegung des Schwerpunktes<br />
und einer Rotationsbewegung um den Schwerpunkt zusammengesetzt denken.<br />
Der Drehpunkt der Gesamtbewegung liegt auf der Achsenoberfläche (vgl. Bild 3.10), das<br />
Drehmoment wird hierbei durch die Gewichtskraft erzeugt. Für die Rotation des Rades<br />
um den Schwerpunkt ist der Drehpunkt die Achsenmitte. Das Drehmoment wird durch<br />
die Fadenkraft erzeugt. Es wird angenommen, dass die Fadenkraft (und damit auch der<br />
Faden) senkrecht verläuft. Diese Annahme ist gerechtfertigt, denn die Fadenlänge ist viel<br />
3 Hochformat bedeutet, dass die Kamera um 90 ◦ gedreht wurde.<br />
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