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Julius-Maximilians-Universität Würzburg<br />

Fakultät für Physik und Astronomie<br />

Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik<br />

Experimentierstationen<br />

in der Grundschule<br />

Schriftliche Hausarbeit für die erste Staatsprüfung für ein<br />

Lehramt an Grundschulen im Frühjahr 2009<br />

eingereicht von<br />

Saskia Wüst<br />

im September 2008<br />

Betreuer: AR <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong>


Danksagung<br />

Ich bedanke mich herzlich bei allen, die durch ihre Unterstützung zum Gelingen dieser Arbeit<br />

beigetragen haben.<br />

Zunächst vielen Dank an die Grundschule Reichenberg, Frau Ludwig und die vielen Schüler,<br />

die die Stationen mit so großer Begeisterung ausprobiert haben. Die Experimente in einer so<br />

freundlichen und offenen Schule aufbauen zu dürfen war eine große Hilfe.<br />

Ich danke auch Herrn <strong>Dr</strong>. Schuller, der durch seine tatkräftige Unterstützung und praktischen<br />

Ideen vieles erleichtert, und durch seine Zusage, die Stationen zu pflegen, den Bau erst ermöglicht<br />

hat. Zudem wäre diese Arbeit ohne seine Anregung nie zustande gekommen.<br />

Besonders erwähnt werden müssen auch die Mitarbeiter der Wissenschaftlichen Werkstatt für<br />

Forschung und Lehre, Abteilung Mechanik der Fakultät für Physik und Astronomie, allen<br />

voran Herr Eggermann: Herzlichen Dank für den sorgfältigen Bau der Stationen und die vielen<br />

guten Ideen zur Umsetzung.<br />

Mein Dank gilt auch meinen Eltern und StR Uwe Hoffmann. Sie waren eine große Hilfe,<br />

nicht nur beim Lackieren, Zusammenbauen und Lösen kniffliger Konstruktionsprobleme.<br />

Dem Gymnasium Dinkelsbühl sei für die Dauerleihgabe des begehbaren Kaleidoskops gedankt,<br />

durch die einige Mühe gespart werden konnte.<br />

Danke ebenfalls an den Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik und <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> Trefzger,<br />

ohne deren finanzielle Unterstützung und den zur Verfügung gestellten schönen Arbeitsplatz<br />

der Bau der Experimentierstationen und das Schreiben der Arbeit nicht so einfach möglich<br />

gewesen wären.<br />

Besonders herzlichen Dank an AR <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong>, den Betreuer meiner Arbeit. Danke<br />

für eine weit über das übliche Maß hinausgehende Unterstützung, sowohl durch Ideen,<br />

Ratschlägen <strong>als</strong> auch tatkräftige Mithilfe.<br />

Vielen Dank!


Inhalt<br />

1. Einleitung ..............................................................................................................................4<br />

2. Motivation .............................................................................................................................6<br />

2.1.1. Entwicklungspsychologische Grundlagen...............................................................6<br />

2.1.2. Experimente im Sachunterricht ...............................................................................9<br />

2.1.3. Vorteile von Experimentierstationen.....................................................................11<br />

2.2. Warum Experimentierstationen in der Schule? ............................................................12<br />

2.2.1. Befunde verschiedener Untersuchungen ...............................................................13<br />

2.2.2. Einsatzmöglichkeiten in der Schule ......................................................................18<br />

2.2.3. Die Kinderwerkstatt an der Grundschule Reichenberg .........................................20<br />

3. Die Stationen .......................................................................................................................21<br />

3.1. Ziele..............................................................................................................................21<br />

3.2. Planung und Bau...........................................................................................................21<br />

3.2.1. Auswahl der Stationen...........................................................................................21<br />

3.2.2. Bau der Stationen ..................................................................................................25<br />

3.2.3. Texte an den Stationen ..........................................................................................26<br />

3.2.4. Lehrerinformationen..............................................................................................31<br />

3.2.5. Vorschläge für Schülerarbeitsblätter .....................................................................32<br />

3.2.6. Eröffnungsveranstaltung........................................................................................33<br />

3.3. Beschreibung der einzelnen Stationen..........................................................................34<br />

3.3.1. Stationen zu optischen Phänomenen .....................................................................35<br />

3.3.2. Stationen zu akustischen Phänomenen..................................................................43<br />

4. Kurzevaluation ....................................................................................................................47<br />

4.1. Fragestellung und Vorgehen.........................................................................................47<br />

4.1.1. Schülerbeobachtung ..............................................................................................48<br />

4.1.2. Lehrerbefragung ....................................................................................................51<br />

4.2. Ergebnisse.....................................................................................................................54<br />

4.2.1. Schülerbeobachtung ..............................................................................................54<br />

4.2.2. Lehrerfragebogen...................................................................................................69<br />

5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik.........................................................................73<br />

6. Zusammenfassung ...............................................................................................................78<br />

7. Literaturverzeichnis.............................................................................................................80<br />

8. Erklärung nach §30 Abs. 6 LPO I .......................................................................................85<br />

9. Anhang ................................................................................................................................86<br />

9.1. Informationen für Lehrkräfte........................................................................................87<br />

9.2. Schülerarbeitsblätter ...................................................................................................117<br />

9.3. Texte an den Stationen ...............................................................................................135<br />

9.4. Baupläne für die Stationen .........................................................................................162<br />

9.5. Fragebogen .................................................................................................................206<br />

9.6. Beobachtungsbogen....................................................................................................207<br />

9.7. Einzelergebnisse der Besucherbeobachtung beim Tag der Physik ............................208<br />

3


1. Einleitung<br />

1. Einleitung<br />

„Physik ist überall“ (Miericke 2004, S. 28) – nur nicht im Sachunterricht der Grundschule.<br />

Zumindest nicht explizit, und schon gar nicht mit Experimenten begreifbar gemacht. So traurig<br />

dies auch klingen mag, ist es doch Realität in den meisten Klassenzimmern.<br />

Dass Kinder im Grundschulalter äußerst gerne physikalische Experimente durchführen und<br />

sehr an physikalischen Phänomenen interessiert sind, ist jedem klar, der sie einmal dabei beobachtet<br />

hat, wie sie begeistert ein solches Phänomen erforschen. Dennoch sind physikalische<br />

Versuche im Unterricht der Grundschule äußerst selten.<br />

Um dem entgegenzuwirken wurden dreizehn Experimentierstationen entwickelt, an denen<br />

Schüler selbstständig experimentieren können. Sie wurden im Rahmen dieser Arbeit angefertigt<br />

und in der Grundschule Reichenberg aufgestellt, um sie dort zu erproben.<br />

Die Vermittlung physikalischer Inhalte und Methoden in der Grundschule ist in der Physikdidaktik<br />

ein hoch aktuelles und sehr interessantes Thema. Dieses wird durch die Experimentierstationen<br />

einmal auf eine andere Art angegangen, die versucht, die Vorteile von außerschulischen<br />

Lernorten, wie z.B. Schülerlaboren, mit den Vorteilen von Unterricht im Klassenzimmer<br />

zu vereinen.<br />

Sowohl in der Physikdidaktik, der Sachunterrichtsdidaktik, der Entwicklungspsychologie <strong>als</strong><br />

auch der Neurobiologie wurde und wird untersucht, ob, warum und wie Physik bei jungen<br />

Kindern bereits sinnvoll ist. Auf einige dabei gewonnene Erkenntnisse geht das Kapitel „2.<br />

Motivation“ ein. Dort wird zunächst geklärt, warum in der Grundschule überhaupt experimentiert<br />

werden sollte, indem entwicklungspsychologische Grundlagen beleuchtet und sachunterrichtsdidaktische<br />

Überlegungen dargestellt werden. Dann werden Studien zu außerschulischen<br />

Lernorten beschrieben, anhand derer deutlich wird, dass besonders die feste Installation von<br />

Experimentierstationen in der Schule Erfolg versprechend ist, da sie die meisten langfristigen<br />

Effekte bei den Schülern bewirkt. Auch die vielfältigen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten<br />

der Stationen werden aufgezeigt.<br />

In Kapitel 3 werden <strong>als</strong> Schlussfolgerung aus den zuvor vorgestellten Studien die mit den<br />

Stationen verfolgten Ziele erläutert. Außerdem werden bedeutsame Schritte und leitende I-<br />

deen der Planung und des Baus beschrieben. Sehr wichtig sind dabei ein Bezug zum Lehrplan<br />

und die Entwicklung von Arbeitsblättern und einem Lehrerhandbuch, damit der Einsatz im<br />

Unterricht möglichst reibungslos erfolgen kann. Anschließend werden die einzelnen Stationen<br />

kurz beschrieben.<br />

4


1. Einleitung<br />

Das vierte Kapitel befasst sich mit der in der Grundschule Reichenberg durchgeführten Kurzevaluation<br />

der Stationen und soll klären, ob die geforderten Ziele erreicht werden. Dazu werden<br />

die durchgeführte Schülerbeobachtung und die Lehrerbefragung vorgestellt und ihre Ergebnisse<br />

diskutiert. Ebenfalls wird ein Vergleich mit einer Studie an ähnlichen Experimentierstationen<br />

durchgeführt.<br />

Zuletzt wird der Einsatz der Stationen beim „Tag der Physik“ der Fakultät für Physik und<br />

Astronomie beschrieben. Die hier gemachten Besucherbeobachtungen werden denen aus der<br />

Grundschule Reichenberg gegenübergestellt.<br />

Im Anhang der Arbeit finden sich das Lehrerhandbuch, die Schülerarbeitsblätter, die an den<br />

Stationen angebrachten Texte und natürlich die Baupläne für die Experimentierstationen. Außerdem<br />

wurden die verwendeten Beobachtungs- und Fragebögen angehängt. Die beiliegende<br />

CD enthält die Inhalte des Anhangs in digitaler Form, die mit dem Programm Autodesk Inventor<br />

2008 erstellten Modelle der Stationen, sowie zwei Zeitungsartikel und einen Radiobericht<br />

über die Experimentierstationen.<br />

Im Folgenden werden Begriffe wie Schüler, Lehrer, etc. geschlechtsneutral verwendet, mit<br />

dem jeweiligen Begriff sind <strong>als</strong>o Schüler und Schülerinnen, Lehrer und Lehrerinnen, usw.<br />

gemeint.<br />

5


2. Motivation<br />

2. Motivation<br />

2.1. Warum in der Grundschule experimentieren?<br />

Im Zusammenhang mit naturwissenschaftlichen Experimenten in der Grundschule wird häufig<br />

in Frage gestellt, ob Kinder in dem Alter überhaupt schon in der Lage seien, Versuche<br />

durchzuführen, Beobachtungen zu erklären und zu verstehen. Ist es sinnvoll, mit so jungen<br />

Kindern bereits zu experimentieren? Antworten auf diese Fragen findet man beispielsweise in<br />

der Lern- und Entwicklungspsychologie.<br />

Auch die Didaktik des Sachunterrichts beschäftigt sich seit mehreren Jahrzehnten mit ähnlichen<br />

Problemen. Hier interessiert besonders die Frage, ob Grundschüler bereits in der Lage<br />

sind, erste Schritte in Richtung exakten naturwissenschaftlichen Denkens und Handelns zu<br />

gehen.<br />

Auch zur Planung und Legitimierung von Science Centern sind Überlegungen zu Wirkung<br />

und Sinn von Experimenten nötig. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Aspekt des freien<br />

Experimentierens an interaktiven Exponaten, man sucht nach den Vorteilen, die solche Ausstellungsstücke<br />

bieten.<br />

Alle drei Blickrichtungen auf den Sinn von Experimenten sollen im Folgenden kurz umrissen<br />

werden.<br />

2.1.1. Entwicklungspsychologische Grundlagen<br />

Kinder im Grundschulalter und darunter haben ein natürliches Interesse an Phänomenen aus<br />

Natur und Technik. Ebenfalls sind sie daran interessiert, diese Phänomene zu untersuchen und<br />

zu erklären.<br />

Dieses Interesse dürfte für jeden offensichtlich sein, der einmal die Gelegenheit hatte, sie bei<br />

der Erkundung eines Phänomens zu beobachten. „Beim Experimentieren sind sie mit Freude<br />

und Ausdauer bei der Sache“ (Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung Dillingen<br />

2005, S. 17).<br />

In einer Untersuchung über das Denken von Grundschülern über Phänomene aus Natur und<br />

Technik konnte durch die „Analyse audiovisuell aufgezeichneter Befragungen und unterrichtsähnlicher<br />

Situationen in Kleingruppen“ (Möller 1990, S. 311) die Bereitschaft und das<br />

Interesse, den Phänomenen nachzugehen, ebenfalls festgestellt werden (vgl. ebd., S. 245).<br />

Auch Lück stellte bei einer Untersuchung „mit der Methode der freiwilligen Teilnahme bei<br />

6


2. Motivation<br />

konkurrierenden Angeboten“ (Lück 2000, S. 219) fest, dass das Interesse an Experimenten<br />

bereits im Kindergartenalter sehr groß ist: An allen Tagen nahmen über 60% der Kinder freiwillig<br />

an den Versuchen teil, an manchen Tagen sogar über 80% (vgl. ebd.).<br />

Interesse allein reicht jedoch nicht aus, um festzustellen, ob naturwissenschaftliche Experimente<br />

in der Grundschule bereits sinnvoll sind. Neben Bereitschaft und Interesse sind auch<br />

die kognitiven Fähigkeiten wichtig.<br />

Ob Kinder im Grundschulalter bereits in der Lage sind, naturwissenschaftliche Sachverhalte<br />

zu verstehen und zu erklären, wurde von der Entwicklungspsychologie in vielen Untersuchungen<br />

überprüft. Besonderes Augenmerk lag dabei auf dem Erkennen von kausalen Zusammenhängen.<br />

Die Ergebnisse, zu denen diese Untersuchungen kamen, unterscheiden sich teilweise voneinander.<br />

Die älteren Konzepte, beispielsweise von Piaget, werden heute heftig kritisiert, vor<br />

allem die enge Festlegung von Phasen und Altersangaben, die Reifungstheorie und das methodische<br />

Vorgehen.<br />

Dennoch bieten sie viel empirisches Material und stimmen in einigen Punkten überein (vgl.<br />

ebd., S. 75):<br />

Sowohl Piaget, <strong>als</strong> auch Wagenschein, Zietz, Hansen u.a. verweisen auf eine frühe Phase einer<br />

magisch-animistischen, finalistischen und artifiziellen Kausalitätsauffassung (vgl. ebd.).<br />

Bei magisch-animistischem Denken werden leblosen Dingen Absichten und Bewusstsein zugeschrieben,<br />

beispielsweise könnte ein Sturm damit erklärt werden, dass der Wind so heftig<br />

bläst, weil er sich über etwas ärgert.<br />

Eine finalistische Erklärung beleuchtet den Zweck und Sinn von Sachverhalten. Dieses Denken<br />

fragt „nach dem Zweck eines Zusammenhanges, nicht nach der Wirkursache“ (ebd., S.<br />

57). Beispielsweise leuchtet eine Lampe, damit es hell ist, der Ventilator dreht sich, damit die<br />

Luft sich bewegt.<br />

Artifizialistisches Denken bezeichnet die Tendenz, „die Dinge <strong>als</strong> das Ergebnis einer menschlichen<br />

Tätigkeit aufzufassen“ (Piaget 1926/1980, S. 205, zit. nach Möller 1990, S. 59). Z.B.<br />

ist ein Schmetterling schön bunt, weil er so gemacht wurde.<br />

Diese von Piaget <strong>als</strong> „Präkausalität“ (Möller 1990, S. 75) bezeichnete Phase wird bei den o.g.<br />

Autoren übereinstimmend ca. ab dem siebten oder achten Lebensjahr von einer zunehmend<br />

sachlicheren Haltung abgelöst (vgl. ebd.).<br />

7


2. Motivation<br />

Sie bezeichnen diese <strong>als</strong> „Übergang zum realistischen Kausaldenken“ (Zietz, zit. nach Möller<br />

1990, S. 75). Kinder erfassen in dieser Phase nur Wenn-dann-Zusammenhänge, die äußerlich<br />

wahrnehmbar sind. Ob sie sich für das „Wie“ des Geschehens, <strong>als</strong>o auch für nicht sichtbare<br />

Zwischenglieder einer Kausalkette, interessieren, ist unter den Autoren umstritten (vgl. Möller<br />

1990, S. 75.): Wagenschein beobachtet zumindest das Bemühen, Zwischenglieder einzufügen,<br />

Zietz hingegen beobachtet beispielsweise, dass die Kinder bei der Beschreibung eines Autos<br />

nur das „Wenn“ der Vorgänge beachten, nicht das „Wie“.<br />

Gegen Ende der Grundschulzeit, etwa ab dem zehnten oder elften Lebensjahr, wird die Haltung<br />

der Kinder zunehmend kritischer (vgl. ebd., S. 76). Sie stellen eigene Theorien auf und<br />

überprüfen diese, sind dabei allerdings noch auf die konkrete Anschauung angewiesen.<br />

Neuere Untersuchungen von Möller ergaben, dass die Überlegungen von neun- bis elfjährigen<br />

Schülern zu Naturphänomenen sowohl präkausale, <strong>als</strong> auch situative Wenn-Dann-Aussagen<br />

umfassen (vgl. ebd. S. 312). Sind die Phänomene real vorhanden und erfahrbar, beginnen einige<br />

Schüler im intensiven Gespräch bereits Ursache-Wirkungs-Beziehungen „in allgemeiner<br />

Form“ (ebd.) zu erfassen. Sie können „ihre Lösungsvermutungen sachlich und differenziert<br />

äußern, kritisch behandeln“ (ebd., S. 313) und sind in der Lage Grund-Folge-Beziehungen<br />

gedanklich zu strukturieren.<br />

Insgesamt lassen die Untersuchungen den Schluss zu, dass auch junge Kinder etwa ab dem<br />

siebten Lebensjahr für das Verständnis von naturwissenschaftlichen Sachverhalten nötige<br />

Kausalbeziehungen aufstellen und verstehen können - zunächst nur <strong>als</strong> Wenn-Dann Beziehungen,<br />

später <strong>als</strong> zunehmend komplexere Strukturen. Dies ist eine Voraussetzung für den<br />

Einsatz von Experimenten im Unterricht der Grundschule.<br />

Damit die Kinder die Sachverhalte einsichtig verstehen können, ist „die Möglichkeit, das<br />

Denken an der Sache selber, im Untersuchen, Herstellen oder Experimentieren überprüfen zu<br />

können“ (ebd., S. 316) entscheidend.<br />

Die enge Bindung des ersten naturwisschenschaftlichen Unterrichts an Phänomene und Experimente<br />

greift auch Wagenschein auf, laut ihm „kann im anfänglichen Physikunterricht das<br />

Naturphänomen nicht vertreten werden durch noch so exakte quantitative Labor-Effekte und<br />

schon gar nicht durch Modellvorstellungen“ (Wagenschein 1976, zit. nach Fiesser 2000, S.<br />

264). Er behauptet, der „unmittelbare Umgang mit den Phänomenen“ (ebd., S. 253) sei „der<br />

Zugang zur Physik“ (ebd.).<br />

8


2. Motivation<br />

Warum Experimente für den Lernprozess wichtig sein können, zeigt auch Piagets Lerntheorie<br />

(vgl. Haller 2003, S. 147): Er sieht Lernen <strong>als</strong> Abgleich von wahrgenommener Information<br />

und bereits vorhandenen Erfahrungen. Ist es möglich, die neue Information „widerspruchsfrei<br />

in die vorhandenen kognitiven Strukturen einzubauen“ (ebd.), spricht Piaget von Assimilation.<br />

Stehen bereits vorhandene und neue Informationen im Widerspruch zueinander, kann die<br />

Beobachtung nicht mit den alten Vorstellungen erklärt werden. Es müssen neue Konzepte zur<br />

Erklärung entwickelt werden, Piaget spricht von einem Akkomodationsprozess.<br />

In der Schule werden den Schülern laut Fiesser keine den Vorstellungen widersprechenden<br />

Informationen geboten, sondern nur Worte und Symbole, die für die Schüler inhaltsleer bleiben<br />

und den zur Akkomodation nötigen kognitiven Konflikt nicht hervorrufen können (vgl.<br />

Fiesser 200, S. 58 f.). Viel besser geeignet sind hier selbst durchgeführte Experimente, da sie<br />

sehr intensiv und „wirklich“ sind, sodass den Experimentatoren das geistige „Ausweichen<br />

schwer fällt“ (ebd.).<br />

Aus Sicht neuerer, integrativer Lerntheorien ist Lernen ebenfalls ein aktiver Prozess. „Passives<br />

Übernehmen von Lernstoff nach einem bestimmten Schema kann nicht gelingen“ (Haller<br />

2003, S. 145). Das liegt – sehr grob gefasst – daran, dass das Gehirn aktiv an der Wahrnehmung<br />

beteiligt ist und auf Grund von früheren Erfahrungen den eingehenden neuronalen Aktivitätsmustern<br />

Bedeutungen zuweist (vgl. Haller 2003, S. 145) und die Wahrnehmung durch<br />

Aufmerksamkeitsprozesse beeinflusst.<br />

2.1.2. Experimente im Sachunterricht<br />

In der Diskussion um den Sachunterricht der Grundschule sind seit Ende der siebziger Jahre<br />

„Methoden und im Unterricht anzuwendende bzw. zu vermittelnde Verfahren“ (Möller 1990,<br />

S. 45) unumstritten. Gefordert werden Anschaulichkeit, Handlungsorientierung und die Ausbildung<br />

instrumenteller Fähigkeiten wie Sammeln, Ordnen und Beobachten.<br />

Unklar und strittig war lange Zeit, ob Kinder bereits in der Lage sind, erste Schritte auf dem<br />

Weg zur exakten Naturwissenschaft zu beschreiten, oder ob sich der Sachunterricht einzig <strong>als</strong><br />

Hilfe bei der Bewältigung der „Lebenswelt“ (ebd., S. 44) verstehen sollte. Diese Streitigkeit<br />

und enge Sicht auf zwei einander widersprechende Pole wurde Ende der Siebziger durch eine<br />

vermittelndere Position abgelöst. Die beiden Pole werden <strong>als</strong> einander ergänzend, nicht mehr<br />

<strong>als</strong> Gegensätze deutet.<br />

9


2. Motivation<br />

Auch die Gesellschaft für Didaktik des Sachunterricht (GDSU) nennt in ihrem 2002 herausgegebenen<br />

Perspektivrahmen des Sachunterrichts die Formulierung von Spannungsfeldern<br />

zwischen Erfahrungen der Kinder und fachlich gesichertem Wissen <strong>als</strong> grundlegend für die<br />

didaktische Konzeption (vgl. GDSU 2002).<br />

Hier wurde <strong>als</strong>o ebenfalls eine vermittelnde Sichtweise angestrebt.<br />

Eine der fünf von der GDSU gewählten Perspektiven für die Themen des Sachunterrichts ist<br />

die naturwissenschaftliche. Es geht hier um das Spannungsfeld zwischen „dem Erleben und<br />

Deuten von Naturphänomenen durch die Kinder“ (ebd., S. 7) und „den inhaltlichen und methodischen<br />

Angeboten der Naturwissenschaften“ (ebd.).<br />

Die Schüler sollen u.a. „Naturphänomene im Hinblick auf physikalische Regelhaftigkeiten<br />

untersuchen“ (ebd., S. 8) und „Naturwissenschaftliche Verfahren erarbeiten“ (ebd.).<br />

Dabei sollen die Schüler gezielt wahrnehmen, beobachten, beschreiben, und Fragehaltungen<br />

aufbauen. Experimentieren gehört hier <strong>als</strong>o unbedingt zum Sachunterricht.<br />

Der Lehrplan für die bayerische Grundschule aus dem Jahr 2000 schreibt vor, dass der Heimat-<br />

und Sachunterricht an die Erfahrungen der Schüler anknüpfen, das aktive Lernen fördern<br />

und am Lernbegriff des eigenständigen Konstruierens des Wissens orientiert sein soll (vgl.<br />

Bayerisches Staatsministerium für Kultus und Bildung 2000, S. 35).<br />

Eine „selbsttätige Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit sowie ein verweilendes und anschauliches<br />

Lernen mit vielen Sinnen“ (ebd.) sollen Grundlage des Lernens sein.<br />

Forschendes Lernen wird <strong>als</strong> für die Selbstständigkeit besonders förderliche Lernform genannt,<br />

ebenso wie handelndes Lernen.<br />

Das Lernen des Lernens unterstützen laut Lehrplan u.a. „fachlich ausgerichtete Arbeitsweisen<br />

und -techniken (z. B. Betrachten, Beobachten, Halten und Pflegen, Experimentieren, Diskutieren,<br />

Rollenspiele, Befragen, Arbeiten mit Quellen, Umgehen mit Skizzen und Plänen)“<br />

(ebd.).<br />

Auch im Lehrplan wird demnach das Experimentieren <strong>als</strong> fester Bestandteil des Sachunterrichts<br />

vorgeschrieben.<br />

10


2. Motivation<br />

2.1.3. Vorteile von Experimentierstationen<br />

Welche Vorteile Experimentierstationen haben können, zeigen vor allem Schriften zur Museumspädagogik<br />

interaktiver Science Center auf.<br />

In der modernen Welt sind Erfahrungen in Form von sinnlicher Begegnung mit der Realität<br />

seltener geworden. Sie wurden ersetzt durch Erfahrungen „aus zweiter und dritter Hand“<br />

(Fauser/Irmert-Müller 1996, zit. nach Fiesser 2000, S. 148), wie sie beispielsweise durch das<br />

Fernsehen vermittelt werden. „Ursprüngliches Lernen“ (ebd.) jedoch kann laut Fauser und<br />

Irmert-Müller nur Lernen durch Erfahrung sein, da die sinnliche Begegnung mit der Realität<br />

für den Aufbau einer inneren Wirklichkeit notwendig ist.<br />

Auch in der Schule werden häufig nur Worte und Bilder statt der realen Objekte benutzt, kognitive<br />

Lernformen werden bevorzugt (vgl. Vester 1979 in Fiesser 2000, S. 207). Dadurch<br />

kann es leicht dazu kommen, dass die vielen Vernetzungen, die zwischen den verwendeten<br />

Begriffen und der Realität bestehen, und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Begriffen<br />

verloren gehen. Es bleibt eine „Kreuzworträtsel-Intelligenz“ (ebd.), die mit der Realität<br />

nur noch wenig zu tun hat.<br />

Der „Erfahrungsverlust“ (Fauser/Irmert-Müller 1996, zit. nach Fiesser 2000, S. 148) und damit<br />

Mangel an ursprünglichem, vernetzendem Lernen kann nur ausgeglichen werden, wenn<br />

man den Kindern eine Vielfalt „praktischer Tätigkeiten und Erfahrungsfelder“ (ebd.) bietet.<br />

Experimentierstationen können hier ein erster Beitrag sein.<br />

Der empirisch gewonnenen Erkenntnis, dass Lernen besser funktioniert, je mehr Sinne angesprochen<br />

werden, wird ebenfalls Rechnung getragen (vgl. Haller 2003, S. 150.): Ein dichtes<br />

Erfahrungsnetz entsteht vor allem, wenn wissenschaftliche Phänomene „über Handeln erfahrbar<br />

gemacht werden“ (ebd.).<br />

An den Experimentierstationen können die Schüler fast alles anfassen, anschauen, anhören –<br />

und, wenn sie unbedingt wollen, sogar schmecken und riechen. Ihnen wird eine weit umfassendere<br />

„Welt der Sinneserfahrung“ (Möller 1990, S. 316) geboten <strong>als</strong> es im „normalen“ Unterricht<br />

meist der Fall ist.<br />

Ein weiterer Vorteil ist, dass an Experimentierstationen die Möglichkeit besteht, so viel Zeit<br />

mit dem Versuch zu verbringen, wie man möchte: Man kann innehalten, etwas wiederholen,<br />

sich Zeit damit lassen – oder einfach schnell weiter gehen (vgl. Haller 2003, S. 145).<br />

11


2. Motivation<br />

Damit kommen die Experimentierstationen ganz automatisch der vielfach genannten Forderung<br />

nach Differenzierung durch individuelle Lernzeit nach.<br />

Ein für den Lernprozess wichtiger Faktor ist die Motivation. Diese wird im Wesentlichen beeinflusst<br />

durch „Selbstbestimmtheit, das Erleben von Kompetenz und die soziale Eingebundenheit“<br />

(ebd., S. 151).<br />

Wie oben bereits erwähnt, ist ein Schüler beim in Betrieb nehmen einer Experimentierstation<br />

sehr frei in seiner Zeiteinteilung. Auch wie der Versuch durchgeführt wird, ist in den meisten<br />

Fällen selbst wähl- oder beeinflussbar, da die Stationen nach Belieben manipuliert werden<br />

dürfen.<br />

Indem sie selbst handeln können, wird den Schülern das Erleben von Kompetenz vermittelt:<br />

Sie können erkennen, was getan werden muss, führen den Versuch eigenständig durch und<br />

machen dabei Beobachtungen.<br />

Soziale Eingebundenheit ist einerseits dadurch gegeben, dass einige Stationen nur zu zweit<br />

genutzt werden können, andererseits dadurch, dass Experimentieren mit anderen zusammen<br />

mehr Spaß macht und das gegenseitige Präsentieren von Phänomenen zur Kommunikation<br />

anregt (vgl. ebd., S. 152).<br />

Sind neben den Experimenten kurze erklärende Texte angebracht, ermöglicht dies den Besuchern<br />

„ihr konstruiertes Wissen mit ihren Erfahrungen, aber auch mit den wissenschaftlich<br />

‚richtigen’ Erklärungen abzugleichen“ (ebd., S. 146).<br />

Ein weiterer, für die Schule sehr wichtiger Vorteil kommt bei den Stationen natürlich hinzu:<br />

Die Stationen sind fertig aufgebaut – dadurch bleibt der Lehrkraft einiges an Vorbereitung<br />

erspart.<br />

2.2. Warum Experimentierstationen in der Schule?<br />

Nachdem nun geklärt ist, warum Experimentieren und interaktive Exponate auch bei jungen<br />

Kindern sinnvoll sind, stellt sich die Frage, warum in einer Schule Experimentierstationen<br />

gebaut werden sollten – man könnte die Schüler schließlich auch in ein Science Center oder<br />

Schülerlabor schicken.<br />

Verschiedene Untersuchungen bieten Hinweise, welche Kriterien für einen bei den Schülern<br />

nachhaltige Effekte auslösenden Besuch in einem Schülerlabor gelten müssen. Diese werden<br />

12


2. Motivation<br />

im Folgenden dargestellt und es wird gezeigt, dass die meisten dieser Kriterien in der Schule<br />

besonders gut erreichbar sind.<br />

Des Weiteren werden Einsatzmöglichkeiten der Stationen in der Schule aufgezeigt, die in<br />

Science Centern oder Schülerlaboren größtenteils nicht möglich wären.<br />

2.2.1. Befunde verschiedener Untersuchungen<br />

Die Wirksamkeit von Schülerlaboren, <strong>als</strong>o Einrichtungen, die, grob gesagt, Schülern „naturwissenschaftliche<br />

Praxisfelder“ (Guderian/Priemer 2008, S. 251) bieten, wurde in vier größeren<br />

Studien untersucht.<br />

Sie sind hier interessant, weil auch in Schülerlaboren das Experimentieren eine wesentliche<br />

Rolle spielt. Daher ist davon auszugehen, dass sich die Ergebnisse zumindest teilweise auf die<br />

Experimentierstationen übertragen lassen.<br />

Engeln stellte in ihrer Untersuchung im Jahr 2004 fest, dass das Interesse der Schüler vier<br />

Monate nach dem Besuch des Schülerlabors signifikant abgefallen war. Eine Vor- oder Nachbereitung<br />

der Besuche im Unterricht fand laut ihren Ergebnissen kaum statt (vgl. ebd., S.<br />

252).<br />

Brandt machte 2005 ähnliche Beobachtungen. Er untersuchte die Wirkung auf verschiedene<br />

Interessenssubkonstrukte und die intrinsische Motivation und fand bis auf eine „kurzfristige<br />

Steigerungen der intrinsischen Motivation und des Selbstkonzeptes“ (ebd.) keine Änderungen<br />

nach dem Besuch.<br />

Neben dem Interesse betrachtete Scharfenberg 2005 auch kognitive Aspekte, genauer den<br />

Wissenserwerb. Auch er stelle fest, dass es außer kurzfristigen Änderungen der Akzeptanz<br />

und des Wissenserwerbs keine Interessenänderungen gibt (vgl. ebd.).<br />

Untersuchung zur Wirksamkeit einer Einbindung in den Unterricht<br />

Die Untersuchung von Guderian 2007 ist für die Experimentierstationen am interessantesten.<br />

Er untersuchte die Interessenentwicklung bei dreimaligem Besuch eines Schülerlabors und die<br />

Auswirkungen einer Einbindung in den Unterricht (vgl. Guderian/Priemer/Schön 2007, S.<br />

215).<br />

Als Interessenkonstrukt wird das nach Krapp verwandt. Er unterscheidet drei verschiedene<br />

Komponenten des Interesses (vgl. ebd., S. 45):<br />

1) Die wertbezogene Komponente ist nötig, da Interessenhandlungen persönlich <strong>als</strong> besonders<br />

relevant eingestuft werden und die damit einhergehenden Ziele mit den im<br />

Selbstkonzept enthaltenen Einstellungen und Werten kompatibel sein müssen.<br />

13


2. Motivation<br />

2) Die kognitive oder epistemische Komponente ist ebenfalls bei jeder Interessenhandlung<br />

vorhanden, da ein Beweggrund für die Beschäftigung mit einem Gegenstand immer<br />

auch das Verlangen nach Erweiterung von Wissen bzw. Verbesserung von Fähigkeiten<br />

ist.<br />

3) Die emotionale Komponente sorgt z.B. für eine positive Gefühlslage vor, während und<br />

nach der Interessenhandlung.<br />

Das aktuelle Interesse wird bei Guderian besonders berücksichtigt. Dieses kann nach Mitchell<br />

über drei Stufen in „eine feste Handlungsbereitschaft“ (ebd.) überführt werden. Auf Stufe eins<br />

stehen Neugier erzeugende „Catch-Komponenten“, die nur einen kurzfristigen Effekt erzeugen.<br />

Stabiler sind hingegen Effekte auf Stufe zwei, für die jedoch bestimmte Bedingungen, so<br />

genannte „Hold-Komponenten“ nötig sind. Beispielsweise könnte das Erkennen einer Sinnhaftigkeit<br />

der durchgeführten Handlungen eine solche „Hold-Komponente“ darstellen.<br />

Erst auf der darauf folgenden dritten Stufe kann das aktuelle Interesse in ein individuelles<br />

Interesse und eine feste Handlungsbereitschaft überführt werden (vgl. ebd.).<br />

Guderian fand, dass Schülerlabore nicht zur langfristigen Entwicklung des Interesses beitragen<br />

können (vgl. Guderian/ Primer 2008, S. 252). Reine Schülerlabore haben nur „Catch-<br />

Charakter“, können <strong>als</strong>o nur Neugierde und einen kurzfristigen Interesseneffekt bewirken<br />

(vgl. Guderian 2006, S.164). Die Neugierde wird nicht in eine stabilisierte Handlungsbereitschaft<br />

überführt.<br />

Gründe für die nur mäßige Wirkung von außerschulischen Lernorten zu finden versuchten<br />

bereits 1978 Falk et al., sie beschränkten sich dabei jedoch nicht auf Schülerlabore, sondern<br />

versuchten ein Modell für alle außerschulischen Lernorte aufzustellen.<br />

Gemein haben alle außerschulischen Lernorte, dass sie den Besuchern neuartige und vorher<br />

meist unbekannte Umgebungen bieten (vgl. ebd., S. 17). Dies kann einen „cognitive overload“<br />

zur Folge haben. Laut der Cognitive-load-Theorie von Sweller wird das Arbeitsgedächtnis<br />

auf drei Arten belastet (vgl. Sweller 1998, S. 259), nämlich durch die Inhalte der dargebotenen<br />

Materialien, <strong>als</strong>o den so genannten „intrinsic cognitive load“ (ebd.), durch die Art der<br />

Darbietung der Materialien, den „extraneous cognitive load“ (ebd.) und durch die zum Lernen<br />

nötigen Aktivitäten, auch „germane cognitive load“ (ebd.) genannt. Da das Arbeitsgedächtnis<br />

nur eine gewisse Kapazität hat (vgl. ebd., S. 252), kann es bei zu starker Belastung zu einem<br />

cognitive overload kommen, einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses. In außerschulischen<br />

Lernorten ist die Darbietung und Präsentation der zu lernenden Inhalte für die meisten Schüler<br />

14


2. Motivation<br />

neu, ebenso die Umgebung. Dadurch kann es zu einem oft zu großen „extraneous cognitive<br />

load“ kommen, sodass die Besucher „desorientiert sind und unbehagliche Gefühle entwickeln“<br />

(Guderian 2006, S. 17). Bei Schülern führt dies dazu, dass sie „schlechtere Leistungen<br />

erbringen“ (ebd.).<br />

Untersuchungen von Falk et al. zeigten, dass eine neue Umgebung negative Auswirkungen<br />

auf die kognitive Leistungsfähigkeit hat.<br />

Beispielsweise fielen die Ergebnisse in einem Wissenstest zu den während eines Ausflugs<br />

erlernbaren Inhalten im Vergleich zum Vortest bei Schülern ab, die einen Ausflug in eine völlig<br />

neue Umgebung machten. Bei den Schülern, denen die Umgebung bekannt war, wurde ein<br />

Wissenszuwachs festgestellt.<br />

Diesen Zusammenhang tauften sie „Novel Field-Trip Phenomenon“ (ebd., S. 17).<br />

Allerdings ist eine zu vertraute Umgebung ebenfalls mit negativen Auswirkungen auf die<br />

Leistungsfähigkeit verbunden (vgl. ebd., S. 19). In einer Studie beschäftigten sich Fünftklässler<br />

viel intensiver mit den ihnen gestellten Aufgaben, wenn sie diese nicht in Schulumgebung,<br />

sondern in einem Naturzentrum bearbeiten sollten. Bei <strong>Dr</strong>ittklässlern war es gerade anders<br />

herum, sie arbeiteten in der ihnen vertrauten Schulumgebung besser <strong>als</strong> im Naturzentrum.<br />

Dank der Entdeckung des „Novel Field-Trip Phenomenon“ wurde eine genauere Untersuchung<br />

der Vorteile einer Vor- und Nachbereitung von Ausflügen in außerschulische Lernorte<br />

angestoßen (vgl. ebd., S. 20).<br />

Auch Guderian befasste sich in seiner Untersuchung mit der Frage, welche Effekte eine Einbindung<br />

in den Unterricht haben kann.<br />

Dazu verglich er die zu fünf Messzeitpunkten erfassten Daten über das Interesse der Schüler.<br />

Bei der Versuchsgruppe wurde die „jeweilige Thematik bereits durch den Unterricht eingeführt<br />

und später fortgesetzt“ (ebd., S. 94), die Kontrollgruppe bearbeitete das gleiche Themenfeld,<br />

jedoch ohne Einbindung in den Unterricht.<br />

Das Interesse wurde mittels Fragebögen erfasst. In einer fünfstufigen Skala wurden durch die<br />

Schüler Aussagen wie beispielsweise „Dass wir im UniLab Experimente durchgeführt haben,<br />

ist mir persönlich wichtig.“ (ebd., S. 187) bewertet.<br />

Er fand Hinweise, dass sich durch eine Vor- und Nachbereitung im Unterricht die für eine<br />

längerfristige Interessenänderung notwendige „Hold-Komponente“ ergeben kann (vgl. ebd. S.<br />

153). Besonders bei der epistemischen Komponente des Interesses, <strong>als</strong>o dem Wunsch, mehr<br />

15


2. Motivation<br />

über das Thema zu erfahren, zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen (siehe<br />

folgende Abbildung):<br />

Abb. 1: Auftragung der Messdaten Guderians zur<br />

epistemischen Komponente des aktuellen Interesses<br />

Die Schüler der Gruppe mit Einbindung „hatten ein gleich bleibend konstantes Verlangen,<br />

mehr über die Inhalte zu erfahren“ (Guderian 2006, S. 141), während bei der anderen Gruppe<br />

starke Schwankungen zu erkennen sind (in der Grafik mit * gekennzeichnet sind signifikante<br />

Änderungen zwischen den Messzeitpunkten): Das epistemische Interesse stieg nach den Besuchen<br />

sprunghaft an, um danach wieder stark abzusinken.<br />

Den Schülern war es durch die Einbindung möglich, „den inhaltlichen und methodischen Bezug<br />

des Besuchs im Schülerlabor zum Unterricht“ (ebd.) herzustellen. Sie erkannten, „dass<br />

die Besuche in einem Gesamtzusammenhang stattfanden und nicht losgelöst waren von curricularen<br />

Zusammenhängen“ (ebd.).<br />

Sie ordneten den Besuchen dadurch eine größere Sinnhaftigkeit zu, was laut Mitchell zu einer<br />

Stabilisierung des Interesses beiträgt. Insgesamt schätzten die Schüler „den Wert des außerschulischen<br />

Lernortes nicht schlechter ein“ (ebd.), wenn eine Verbindung zum Unterricht bestand.<br />

Die wertbezogene Komponente des Interesses war bei beiden Gruppen <strong>als</strong>o ähnlich,<br />

ebenso die emotionale.<br />

16


2. Motivation<br />

Reale Situation bezüglich der Einbindung in den Unterricht<br />

Bereits mehrere Forschungsarbeiten haben darauf hingewiesen, dass das Einbinden von Besuchen<br />

außerschulischer Lernorte in den Unterricht sinnvoll ist, auch weil so die Ausbildung<br />

von Fehlvorstellungen vermieden werden kann (vgl. ebd. S. 37).<br />

Diese Einbindung findet in der Realität aber leider kaum statt, wie verschiedene Untersuchungen<br />

zeigen: Griffin et al. fanden, dass „tatsächlich nur sehr wenige Schulklassen auf einen<br />

Besuch in einem Museum vorbereitet werden“ (Guderian 2006, S. 37), ebenso fand eine<br />

Nachbereitung trotz guter Absichten nur selten statt.<br />

Nach Kisiel halten nur 23% der von ihm untersuchten Lehrkräfte es für nötig, dass auch die<br />

Schüler einen Zusammenhang zwischen Unterricht und Besuch im außerschulischen Lernort<br />

erkennen können (vgl. ebd.).<br />

Gründe, warum eine Einbindung so selten stattfindet gibt es viele.<br />

Zum Einen ist sicherlich die geringe fachliche Kompetenz der Lehrkräfte Schuld. Dies liegt<br />

daran, dass die Lehrer z.B. der Grundschule „für naturwissenschaftliche Inhalte schlichtweg<br />

nicht ausgebildet wurden“ (ebd., S. 38), sie <strong>als</strong>o fachfremd unterrichten müssen.<br />

Von der Pädagogischen Hochschule Freiburg wurde eine Fragebogenuntersuchung an Grundschulen<br />

im Regierungspräsidium Freiburg durchgeführt (vgl. Bröll/Friedrich/Oetken 2008, S.<br />

260 f.). In Physik und Chemie schätzten nur 21,4% bzw. 17,4% ihre Kenntnisse <strong>als</strong> gut/sehr<br />

gut ein, obwohl beispielsweise 40,9% angeben, Physik studiert zu haben.<br />

Die Situation dürfte in anderen Bundesländern noch dramatischer sein, beispielsweise studiert<br />

in Würzburg aktuell im Sommersemester 2008 nur eine Studentin des Lehramts an Grundschulen<br />

mit Hauptfach Physik und es gibt im Bereich Sachunterrichtsdidaktik nur ein einziges<br />

Seminar mit physikalischem Schwerpunkt.<br />

Die Lehrer sind häufig einfach „nicht dazu imstande, Besuche ohne Hilfe adäquat vor- und<br />

nachzubereiten“ (Guderian 2006, S. 38).<br />

Auch sind die Lehrkräfte oft „mit dem zu besuchenden außerschulischen Lernort nicht bekannt“<br />

(ebd.) und nicht gewillt, ihn in ihrer Freizeit vorher zu besuchen. Dies erschwert vor<br />

allem die Vorbereitung des Ausflugs. Auch stellen viele außerschulische Lernorte den Lehrern<br />

„keine Materialien und Handreichungen zur Vor- bzw. Nachbereitung zur Verfügung“<br />

(ebd., S. 39).<br />

Zum Anderen erschweren organisatorische Gegebenheiten sowohl den Besuch <strong>als</strong> auch die<br />

Einbindung.<br />

Hinderlich für die Exkursion selbst sind beispielsweise „die zeitliche Belastung“ (Klaes 2008,<br />

S. 263) und „finanzielle Probleme“ (ebd.). Selbst ohne Einbindung in den Unterricht muss die<br />

17


2. Motivation<br />

Lehrkraft die Anreise zum außerschulischen Lernort organisieren, bei der Schulleitung eine<br />

Genehmigung einholen, den Eltern Bescheid geben, bei den Schülern Geld einsammeln und<br />

eventuell den Förderverein der Schule um Unterstützung fragen.<br />

Die Lehrkräfte können meistens nicht genau bestimmen, wann der Besuch stattfinden soll.<br />

Wenn beispielsweise das entsprechende Thema am Anfang des Schuljahres durchgenommen<br />

werden soll, der Ausflug wegen Auflagen der Schulleitung aber erst am Ende des Schuljahres<br />

stattfinden kann, ist eine Einbindung schwierig. Auch gibt es bei vielen außerschulischen<br />

Lernorten lange Wartelisten, was genaue Abstimmungen unmöglich macht (vgl. Guderian<br />

2006, S. 39).<br />

2.2.2. Einsatzmöglichkeiten in der Schule<br />

All diese organisatorischen Probleme fallen weg, wenn die Experimentierstationen in der<br />

Schule stehen. Da sie immer da sind, können sie jederzeit in den Unterricht eingebaut werden,<br />

ohne vorher lange einen Ausflug planen zu müssen.<br />

Außerdem sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältiger:<br />

• Die Stationen können von den Schülern auch außerhalb des Unterrichts genutzt werden.<br />

Dies ermöglicht ihnen, so viel Zeit mit den Experimenten zu verbringen, wie sie<br />

möchten. Sie können die Versuche ohne Leistungsdruck mit selbst mitgebrachten Gegenständen<br />

verändern, mit Freunden gemeinsam ausprobieren, anderen demonstrieren,<br />

etc.<br />

• Lehrkräfte können ihren Schülern <strong>als</strong> „Hausaufgabe“ auftragen, sich mit einem bestimmten<br />

Versuch auseinander zu setzen, eventuell mit der Aufgabe schriftlich ihre<br />

Beobachtungen und Überlegungen zu notieren, oder sogar mit einem Arbeitsblatt.<br />

Das Experimentieren könnte so außerhalb des Unterrichts stattfinden, nur die gemachten<br />

Beobachtungen werden gemeinsam besprochen. Dadurch bleibt im Unterricht<br />

mehr Zeit für die Besprechung, und die Schüler können sich beim Experimentieren so<br />

viel Zeit nehmen, wie sie möchten oder brauchen.<br />

Diese beiden Möglichkeiten bestehen natürlich auch z.B. im Science Center, allerdings mit<br />

dem Unterschied, dass man meist nur einen Tag dort verbringt und daher doch nur begrenzt<br />

Zeit für jeden Versuch hat, wenn man alle Versuche ausprobieren möchte.<br />

In außerschulischen Lernorten schwieriger umzusetzen sind folgende Möglichkeiten der Einbindung:<br />

18


2. Motivation<br />

• Die Stationen können, wie der Name bereits andeutet, für ein Stationentraining (auch<br />

Lernzirkel genannt) genutzt werden. Ihre Anzahl sollte so abgestimmt werden, dass es<br />

mit einer nicht zu großen Klasse, <strong>als</strong>o maximal ca. 25 Schülern, möglich ist, die Experimentierstationen<br />

<strong>als</strong> einzige Stationen des Lernzirkels zu nutzen. Die Schüler müssen<br />

dabei jeweils zu zweit oder zu dritt zusammenarbeiten. Inhaltlich sinnvoller und für<br />

die Schüler abwechslungsreicher ist es jedoch, nur einzelne Stationen herauszugreifen<br />

und in einen Lernzirkel einzubauen, der aus weiteren thematisch abgestimmten Stationen<br />

besteht. Ideal wäre es, wenn die anderen Stationen andere Methoden <strong>als</strong> das Experimentieren<br />

bieten würden, wie beispielsweise das Lesen von Texten und Beantworten<br />

von Fragen.<br />

• Auch in die Wochenplan- oder Freiarbeit lassen sich die Experimentierstationen gut<br />

einbinden. Gibt man den Schülern ein Arbeitsblatt zu den Stationen vor, ist es auch<br />

möglich, die Ergebnisse, zu denen die Schüler gekommen sind, zu kontrollieren. Führt<br />

man eine Besprechung der Wochenplan- oder Freiarbeit durch, können die schriftlich<br />

festgehaltenen Beobachtungen einen Gesprächsanlass bieten.<br />

• Einige der Stationen sind handlich genug, um sie für eine Unterrichtsstunde mit ins<br />

Klassenzimmer zu nehmen. So kann die Lehrkraft den Versuch demonstrieren und mit<br />

den Schülern besprechen – damit kann weitgehend gewährleistet werden, dass alle<br />

Schüler die gleichen Beobachtungen machen bzw. abweichende Beobachtungen können<br />

diskutiert werden. Steht die Station dann später wieder auf dem Gang, können die<br />

Schüler das Gesehene selbst noch einmal ausprobieren.<br />

Da die Experimentierstationen direkt in der Schule stehen, lässt sich die für das Erzielen von<br />

längerfristigen Interessenänderungen nötige Einbindung in den Unterricht <strong>als</strong>o um einiges<br />

leichter und vielfältiger realisieren.<br />

Durch das Angebot eines Lehrerhandbuchs und Vorschlägen für Schülerarbeitsblätter zu den<br />

Stationen soll das Problem der geringen physikalischen Fachkompetenz umgangen werden.<br />

19


2. Motivation<br />

2.2.3. Die Kinderwerkstatt an der Grundschule Reichenberg<br />

Interessant für die Experimentierstationen ist auch die so genannte Kinderwerkstatt in Reichenberg.<br />

Diese wurde von Herrn <strong>Dr</strong>. Schuller, einem pensionierten Physiker, gegründet und<br />

besteht aus etwa 20 Senioren. Sie bieten den Schülern in Abstimmung mit den Klassenlehrern<br />

regelmäßig eine individuelle Leseförderung an. Außerdem gibt es weitere Aktivitäten, wie in<br />

der ersten Hälfte des Jahres 2008 z.B. Experimente mit Licht, Schachspielen, einen Computerkurs<br />

zur Rechtschreibung und Bildbearbeitung, eine Frühjahrswanderung, Backen, eine<br />

Kompass- oder Heilkräuterwanderung, Nistkastenbau und Kurse zum Philosophieren (vgl.<br />

Schuller 2008, S. 1). In diesem Halbjahr nahmen etwa 2/3 der Schüler der Grundschule an<br />

mindestens einem Programmpunkt der Kinderwerkstatt teil (vgl. ebd.), woran man die große<br />

Akzeptanz der Angebote erkennen kann. Von der Kinderwerktstatt profitieren sowohl die<br />

Senioren <strong>als</strong> auch die Kinder, denn die Senioren haben eine neue, sinnvolle Aufgabe und die<br />

Kinder können zusätzliche, fachkundig dargebotene Angebote nutzen.<br />

Für die Experimentierstationen ergeben sich daraus drei große Vorteile. Erstens bietet die<br />

Kinderwerkstatt eine weitere Einsatzmöglichkeit für die Experimentierstationen: Für den<br />

Herbst 2008 ist bereits ein Kurs in Planung, in dem intensiv mit den Kindern an den Stationen<br />

experimentiert werden soll. Dabei werden die Kinder fachkundig betreut, sodass sie die Gelegenheit<br />

erhalten, alle auftretenden Fragen zu stellen und zu diskutieren.<br />

Zweitens konnten der Zusammenbau und das Aufstellen der Stationen in der Grundschule mit<br />

Herrn <strong>Dr</strong>. Schuller gemeinsam stattfinden, was eine große Hilfe war.<br />

<strong>Dr</strong>ittens hat der Initiator der Kinderwerkstatt sich bereit erklärt, die Stationen in Zukunft zu<br />

pflegen und gegebenenfalls zu reparieren. Ohne diese Zusage wäre eine dauerhafte Ausstellung<br />

der Stationen kaum möglich, da bei häufiger Benutzung auch die solideste Station irgendwann<br />

verschleißt. Würde sich niemand um die Reparatur bemühen, wären die Stationen<br />

aufgrund von Fehlfunktionen bald nicht mehr attraktiv und würden nicht mehr genutzt.<br />

20


3. Die Stationen<br />

3. Die Stationen<br />

Im folgenden Kapitel werden die Ziele, die mit den Experimentierstationen erreicht werden<br />

sollen, Kriterien für die Auswahl der Stationen und der Bau der Stationen beschrieben. Außerdem<br />

wird erläutert, wie die Texte, die an den Stationen angebracht werden, aufgebaut sein<br />

müssen und welche Überlegungen bei der Erstellung der Lehrerinformationen und Schülerarbeitsblätter<br />

bestimmend waren.<br />

Schließlich werden kurz Überlegungen zu den einzelnen Stationen dargestellt.<br />

3.1. Ziele<br />

Wie oben gezeigt wurde, können und sollen mit den Experimentierstationen vielfältige Ziele<br />

erreicht werden: Das Experimentieren kann das Selbstkonzept verbessern und die Kommunikation<br />

über physikalische Sachverhalte anregen. Das Interesse der Schüler an naturwissenschaftlichen<br />

Versuchen und Phänomenen soll stabilisiert werden, dazu sollen die Stationen<br />

auch im Unterricht genutzt und so thematisch eingebunden werden. Die Stationen sollen auch<br />

eine Hilfe für die Lehrkräfte sein, denen ein aufwändiges Aufbauen und Vorbereiten der Versuche<br />

erspart bleibt – dadurch kann der Lehrplanforderung nach fachlich ausgerichteten Arbeitsweisen<br />

und -techniken nachgekommen werden. Im Gegensatz zu einem „normalen“<br />

Schülerlabor ist das Einbinden der Stationen im Unterricht jederzeit und ohne großen organisatorischen<br />

Aufwand möglich.<br />

3.2. Planung und Bau<br />

3.2.1. Auswahl der Stationen<br />

Um zu ermöglichen, dass die Experimentierstationen in den Unterricht eingebunden werden<br />

und das Experimentieren für die Schüler attraktiv ist, sind verschiedene Bedingungen zu beachten.<br />

Die Stationen müssen zum Lehrplan passen, einfach handhabbar sein, für die Schüler<br />

ungefährlich sein, usw.<br />

3.2.1.1. Lehrplanbezug<br />

Eine reibungslose Einbindung der Versuche in den Heimat- und Sachunterricht ist nur möglich,<br />

wenn diese zum Lehrplan passen. Daher ist ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl der<br />

Stationen der Bezug zum Lehrplan für die bayerische Grundschule.<br />

21


3. Die Stationen<br />

Außerdem müssen die Stationen thematisch zueinander passen, denn im Sachunterricht wird<br />

meist auch nur ein Thema zur gleichen Zeit behandelt. Wenn es möglich sein soll, die Versuche<br />

z.B. <strong>als</strong> Lernzirkel einzusetzen, dürfen sie höchstens Themen umfassen, die im gleichen<br />

Schuljahr im Lehrplan vorgeschrieben werden. Ferner muss eine ausreichende Anzahl an Stationen<br />

vorhanden sein, sodass eine ganze Klasse in Zweier- oder <strong>Dr</strong>eiergruppen verteilt werden<br />

kann. Entsprechend viele Stationen zu entwickeln ist nur möglich, wenn ein Thema entsprechend<br />

ausführlich behandelt wird und es genug passende Versuche gibt.<br />

Besonders viele physikalische Themen werden in der dritten Klasse behandelt (vgl. Bayerisches<br />

Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 192 ff.): Inhalte sind hier „Optische<br />

oder akustische Phänomene“ (ebd., S. 192), „Maschinen helfen bei der Arbeit“ (ebd.)<br />

und „Magnetismus und Elektrizität“ (ebd.).<br />

Von diesen Themen werden die optischen, akustischen und elektrischen Phänomene ausführlicher<br />

behandelt <strong>als</strong> die anderen. Da die Versuche zur Elektrizität auch <strong>als</strong> Freihandversuche<br />

sehr einfach durchführbar sind, erscheint es sinnvoller, die Experimentierstationen im Bereich<br />

der optischen und akustischen Phänomene anzusiedeln.<br />

Hier ist zwar nur einer der beiden Inhaltsbereiche verbindlich vorgegeben (vgl. ebd., S. 194),<br />

es kann aber durchaus sinnvoll sein, beide aufzugreifen. Dadurch ist es möglich, wichtige<br />

Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszustellen: Zur Schallausbreitung ist ein Medium<br />

notwendig, bei Licht nicht. Auch die Ausbreitungsgeschwindigkeiten sind sehr unterschiedlich.<br />

Aber sowohl Schall <strong>als</strong> auch Licht können wir mit unseren Sinnen wahrnehmen – in beiden<br />

Fällen jedoch nur, wenn unsere Sinnesorgane erreicht werden. Der Wellencharakter des<br />

Lichts kann natürlich noch nicht thematisiert werden. Um diesen später aufzugreifen, kann es<br />

aber positiv sein, bereits einmal Schall und Licht verglichen zu haben.<br />

Des Weiteren soll den Lehrkräften die Wahl bleiben, ob sie akustische oder optische Phänomene<br />

durchnehmen möchten. Sie sollen nicht durch die Auswahl der Stationen beeinflusst<br />

werden. Schließlich können und sollen die Schüler die Stationen zum jeweils anderen Thema<br />

auch selbstständig erkunden.<br />

Den Inhaltsbereich der optischen Phänomene gliedert der Lehrplan in zwei Einzelinhalte:<br />

1) „Ausbreitung des Lichts untersuchen“ (ebd.) und<br />

2) „Spiegelphänomene erkunden und anwenden“ (ebd.)<br />

Zu ersterem wird <strong>als</strong> Hinweis zum Unterricht genauer ausgeführt, dass einfache Versuche zur<br />

geradlinigen Ausbreitung, Streuung und Bündelung von Licht durchgeführt werden sollen<br />

(vgl. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 194). „Licht in die<br />

22


3. Die Stationen<br />

Spektralfarben (Regenbogenfarben) auflösen“ (ebd.) und „Licht bündeln, z. B. mit der Lupe“<br />

(ebd.) sollen auch thematisiert werden. Im Bereich der Sicherheitserziehung sollen die Entzündungsgefahr<br />

und Gefahren durch Laser behandelt werden (vgl. ebd.).<br />

Ein weiteres optisches Phänomen, nämlich die Schattenbildung, wurde bereits in der ersten<br />

Klasse durchgenommen: Die Schüler sollen mit „Licht und Schatten Erfahrungen sammeln“<br />

(ebd., S. 107) und die „Raum-Lage-Beziehungen zwischen Lichtquelle, Gegenstand und<br />

Schatten bestimmen“ (ebd.). Eine Wiederholung z.B. zu Beginn des Themenkomplexes optische<br />

Phänomene in der dritten Klasse erscheint thematisch passend, daher greift eine der Experimentierstationen<br />

den Bereich der Schattenbildung auf.<br />

Die akustischen Phänomene werden im Lehrplan in drei Einzelinhalte aufgeteilt:<br />

1) „Töne, Klänge, Geräusche durch schwingende Körper und Gegenstände erzeugen und<br />

ihnen zuordnen“ (ebd., S. 194)<br />

2) „Ausbreitung von Schall in Luft, festen Körpern und Wasser“ (ebd.) und<br />

3) „Verstärken oder Bündeln des Schalls“ (ebd.)<br />

Der erste Punkt soll laut den Hinweisen zum Unterricht die Unterscheidungen hohe – tiefe<br />

und laute - leise Geräusche umfassen, erfahrbar gemacht „z. B. durch gespanntes Gummiband<br />

mit verschiedenen Längen“ (ebd.). Auch „Hörrätsel, einfache Flöten“ (ebd.) und das Monochord<br />

werden hier vorgeschlagen.<br />

Die Schallausbreitung in Luft soll sichtbar gemacht werden, z. B. durch Reiskörner auf Tamburin<br />

(vgl. ebd.). Die Ausbreitung von Schall in festen Körpern soll mit Schallträgern, wie<br />

einer Tischplatte, einem Baumstamm, Resonanzkörpern oder einem Schnurtelefon untersucht<br />

werden.<br />

Für die Ausbreitung in Wasser werden <strong>als</strong> Unterrichtshinweise das Anschlagen einer Stimmgabel<br />

sowie das Zusammenschlagen zweier Steine im Wasser genannt. Leistungsstärkere<br />

Schüler können zusätzlich das Echolot, die Orientierung der Fledermäuse oder die Kommunikation<br />

der Wale kennen lernen (vgl. ebd.).<br />

Das Verstärken oder Bündeln des Schalls soll mit Trichtern, Hörrohren und Lautsprechern<br />

erfolgen. Auch Maßnahmen zum Schutz vor Verkehrs-, Industrie- und Nachbarschaftslärm<br />

können durchgenommen werden (vgl. ebd.).<br />

Damit bieten die Inhaltsbereiche optische und akustische Phänomene viele Gelegenheiten zu<br />

experimentieren. Da sie außerdem recht ausführlich behandelt werden, ist es möglich, eine zur<br />

„Versorgung“ einer Klasse von ca. 25 Schülern ausreichende Anzahl an Experimentierstationen<br />

zu finden.<br />

23


3. Die Stationen<br />

3.2.1.2. Weitere Kriterien<br />

Neben dem Bezug zum bayerischen Lehrplan ist die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, das<br />

wichtigste Kriterium bei der Auswahl der Stationen. Jede Station soll Eigenaktivitäten der<br />

Schüler ermöglichen und sogar erfordern. Die Schüler sollen aus den unter „2.1 Warum experimentieren?“<br />

bereits genannten Gründen experimentieren und sich nicht nur ein Exponat anschauen:<br />

Die Selbstbestimmtheit und freie Zeiteinteilung wirkt motivierend, die Selbstständigkeit<br />

der Schüler wird gefördert, ebenso wie das Lernen des Lernens. Die Schüler können<br />

eigene Erfahrungen sammeln, und zwar mit allen Sinnen. Außerdem kann Lernen nur durch<br />

eigene Aktivität stattfinden.<br />

Eine weitere Anforderung an die Stationen ist die einleuchtende Handhabung. Sie sollten<br />

möglichst so gestaltet sein, dass auf den ersten Blick klar ist, was mit ihnen gemacht werden<br />

bzw. welcher Teil manipuliert werden kann. Dadurch wird wahrscheinlicher, dass sie genutzt<br />

werden: Wenn erst ein langer Instruktionstext gelesen werden muss, bevor man selber etwas<br />

machen kann, schreckt das ab. Zusätzlich wird durch eine einfache Handhabung gewährleistet,<br />

dass die Versuche in den meisten Fällen gelingen, wodurch Frustration verhindert werden<br />

kann.<br />

Auch ist die Hemmschwelle, von der Anleitung abweichende Versuche auszuprobieren, vermutlich<br />

geringer, wenn die Station nicht so kompliziert wirkt. Das selbstständige Variieren<br />

des Versuchs wird begünstigt. Positiv hierfür ist es auch, wenn von vornherein ersichtlich ist,<br />

dass die Station auf vielfältige Weisen genutzt werden kann.<br />

Neben der Handhabung sollten auch die zu machenden Erfahrungen einleuchtend sein: Die<br />

Phänomene sollten leicht und eindeutig zu beobachten sein, sodass der Versuch in den meisten<br />

Fällen <strong>als</strong> geglückt empfunden wird. Dieses Kompetenzempfinden wirkt, wie unter „2.1.3<br />

Vorteile von Experimentierstationen“ erläutert, motivationsfördernd. Die Erfahrungen sollten<br />

außerdem interessant sein, <strong>als</strong>o für die Schüler zunächst möglichst unbekannt und neu. Dadurch<br />

werden die Stationen und besonders eine Kommunikation über die gemachten Erfahrungen<br />

attraktiver.<br />

Ein mehr praktischer Gesichtspunkt ist die Haltbarkeit und Wartung der Experimentierstationen.<br />

Da sie dauerhaft im Schulhaus ausgestellt und von den Schülern genutzt werden sollen,<br />

müssen sie sehr stabil gebaut sein. Auch eine „unsachgemäße Bedienung“ darf nicht sofort<br />

zur Zerstörung der Stationen führen – schließlich ist das selbstständige Variieren der Versu-<br />

24


3. Die Stationen<br />

che ausdrücklich erwünscht. Zur Verbesserung der Haltbarkeit werden die Stationen lackiert –<br />

dann lassen sie sich bei Verschmutzung leichter reinigen.<br />

Verbrauchsmaterial, das eine häufige Betreuung und Wartung der Stationen nötig macht, darf<br />

nicht für die Versuche nötig sein. Es würde zu ständigen Betriebskosten führen, zu Ärger und<br />

Enttäuschung, wenn das notwendige Material mal wieder nicht aufgefüllt wurde und der Versuch<br />

nicht durchgeführt werden kann, und dazu, dass ständig jemand die Stationen auf Vollständigkeit<br />

überprüfen muss.<br />

Äußerst wichtig ist auch der Sicherheitsaspekt: Eine Verletzungsgefahr für die Schüler muss<br />

unbedingt vermieden werden. Das heißt, dass Gegenstände aus Glas gut gesichert oder weggelassen<br />

werden sollten, keine scharfen Kanten und Ecken an den Stationen sein dürfen, auch<br />

keine herausstehenden Schrauben oder ähnliches (vgl. Holst 2005, S. 71).<br />

Der zum Schutz der Stationen verwendete Lack muss der DIN EN 71-3 entsprechen, <strong>als</strong>o<br />

schweiß- und speichelecht sein: Auch wenn jemand z.B. an den Stationen leckt, dürfen sich<br />

keine Schwermetalle und andere giftige Elemente lösen.<br />

Um den Nachbau der Stationen an anderen Schulen zu ermöglichen, sollte die Herstellung<br />

nicht kompliziert sein und die benötigten Materialien nicht zu teuer. Auch müssen sie leicht<br />

beschaffbar sein. Holz erfüllt alle Bedingungen: Zur Bearbeitung sind im Wesentlichen nur<br />

Säge und Bohrmaschine erforderlich, man kann es im Baumarkt kaufen und Sperrholz oder<br />

Tischlerplatten sind recht preiswert. Etwas teurer, dafür aber schöner und viel stabiler sind<br />

Multiplexplatten, wie sie für diese Arbeit verwendet wurden.<br />

Die restlichen Materialien (Schrauben, Winkel, Lager, etc.) sind ebenfalls im Baumarkt erhältlich,<br />

einige spezielle Teile wie Schalter, Transformatoren oder Prismen können problemlos<br />

im Internet bestellt werde.<br />

3.2.2. Bau der Stationen<br />

Die Baupläne für die Experimentierstationen wurden mit dem Programm Autodesk Inventor<br />

2008 erstellt. Dieses wird auch von der Wissenschaftlichen Werkstatt für Forschung und Lehre,<br />

Abteilung Mechanik der Fakultät für Physik und Astronomie verwendet. Da die Stationen<br />

zu großen Teilen von dieser Werkstatt gefertigt wurden, lag die Verwendung des gleichen<br />

Programms nahe.<br />

25


3. Die Stationen<br />

Es ermöglicht außerdem eine exakte Konstruktion und Bemaßung der Einzelteile der Stationen,<br />

außerdem können diese zu einem dreidimensionalen Modell zusammengefügt werden –<br />

die Bedienung ist denkbar einfach. Alle Pläne befinden sich im Anhang der Arbeit.<br />

3.2.3. Texte an den Stationen<br />

Vor dem Verfassen der Texte, die neben den Stationen angebracht werden sollen, muss festgelegt<br />

werden, welche Aufgaben die Texte erfüllen sollen.<br />

Im Fall der Experimentierstationen sind diese Aufgaben (vgl. Noschka-Roos 1988, S. 12)<br />

- Anleitung geben, was mit der Station gemacht werden kann,<br />

- die Aufmerksamkeit lenken<br />

- und informieren bzw. beim Verstehen der Beobachtungen helfen.<br />

Wichtig ist es, sowohl Merkmale des Textes, <strong>als</strong> auch Merkmale der Leser zu beachten (vgl.<br />

ebd., S. 13), da Lesen immer ein Wechselwirkungsprozess zwischen beiden ist.<br />

Eine Theorie zur Verständlichkeit von Texten hat beispielsweise Groeben bereits Anfang der<br />

Siebzigerjahre entwickelt (vgl. ebd., S. 45). Er zieht dabei „psycholinguistische Theorien zur<br />

Satzgestaltung und Stilistik heran, informationstheoretische Modelle zur semantischen Dichte<br />

(Redundanz), die Kognitive Lerntheorie […] sowie die motivationale Neugiertheorie“ (ebd.,<br />

S. 45).<br />

Dabei kommt er zu vier für die Textverständlichkeit wichtigen Merkm<strong>als</strong>dimensionen (vgl.<br />

Christmann/Groeben 2006, S. 151):<br />

1. Sprachliche Einfachheit<br />

2. kognitive Gliederung/Ordnung<br />

3. Kürze/Prägnanz<br />

4. motivationale Stimulanz<br />

Die Dimension der kognitiven Gliederung erwies sich <strong>als</strong> am „gewichtigsten für die Verständlichkeit<br />

und am bedeutsamsten für den Aufbau einer kognitiven Struktur“<br />

(Christmann/Groeben 2006, S. 151f.). Es geht dabei sowohl um die inhaltliche Strukturierung,<br />

<strong>als</strong> auch um die Organisation von Texten.<br />

Da die Kognitive Lerntheorie die Textverarbeitung <strong>als</strong> Eingliederungsprozess der Textinformation<br />

in eine hierarchisch aufgebaute kognitive Struktur beschreibt, sollte die Ordnung des<br />

Textes diese Eingliederung erleichtern (vgl. ebd., S. 152).<br />

Die Eingliederung fällt leichter, je klarer und stabiler die Ankerkonzepte sind, an die angeknüpft<br />

werden soll, und „je besser die neue Information von bereits etablierten Konzepten<br />

unterscheidbar ist“ (ebd.).<br />

26


3. Die Stationen<br />

Bei der ebenfalls wichtigen Dimension der Einfachheit stellte sich heraus, dass sowohl zu<br />

schwere <strong>als</strong> auch zu leichte Texte zu schlechten Behaltensleistungen führen (vgl. ebd., S.<br />

156).<br />

Bei zu schweren Texten werden die Leser überfordert, sie können das Gelesene nicht verstehen<br />

und somit auch kaum behalten.<br />

Eine „Maximierung von Verständlichkeit führt nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung<br />

von Verstehens- und Behaltensleistung“ (ebd.), da es durch geringe kognitive Anreize zu einer<br />

Unterforderung und damit einer geringeren Lesemotivation kommt.<br />

Optimal sind <strong>als</strong>o aus pädagogischer Sicht mittelschwere Texte, die gerade noch eine „gewisse<br />

Herausforderung“ (ebd.) bieten.<br />

Es existieren noch einige weitere Theorien zur Verständlichkeit, auch ist Groebens Theorie<br />

nicht unumstritten (vgl. Noschka-Roos 1988, S. 46), sie liefert aber „gute Hinweise für das<br />

Schreiben“ (ebd.) und wird z.B. in Seminaren zum Schriftspracherwerb noch immer gelehrt.<br />

Gerade aus den ersten drei Dimensionen lassen sich konkrete Hinweise für das Verfassen der<br />

Texte ableiten (vgl. ebd., S. 25).<br />

Orientiert man sich an der sprachlichen Einfachheit, sollte man (vgl. ebd., S. 25)<br />

- „einfache Sätze mit kurzen Satzteilen“ (ebd.) formulieren,<br />

- „aktive Verben“ (ebd.) verwenden und das Passiv vermeiden,<br />

- „Nominalisierungen und Schachtelsätze“ (ebd.) vermeiden,<br />

- „konkret und anschaulich“ (ebd., S. 26) schreiben<br />

- und „geläufige Wörter verwenden“ (ebd.).<br />

Die Dimension Kürze/Prägnanz legt nahe, „sich auf das Wesentliche zu beschränken, die zu<br />

vermittelnden Inhalte knapp und konzentriert darzustellen“ (ebd.).<br />

Um eine Kognitive Gliederung/Ordnung zu erreichen, sollten<br />

- die Texte „vom Bekannten zum Unbekannten“ (ebd., S. 27) fortschreiten,<br />

- wesentliche Konzepte hervorgehoben werden (vgl. ebd.)<br />

- und der Aufbau des Textes „auch in der äußeren Form deutlich werden“ (ebd.).<br />

Schwieriger zu realisieren ist die Dimension der motivationalen Stimulanz. Vorgeschlagen<br />

wird hier, Probleme mit alternativen Lösungsmöglichkeiten, Vergleiche, Bezüge zu alltäglichen<br />

Situationen und vor allem Fragen (vgl. ebd., S. 28) in den Text einzubauen.<br />

Als besonders förderlich wird die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden, dargestellt. Das kann<br />

beispielsweise durch Flips, <strong>als</strong>o Texte oder Bilder, die zumindest teilweise erst sichtbar wer-<br />

27


3. Die Stationen<br />

den, wenn man eine Abdeckung umklappt („flippt“) oder ähnliches, oder manipulierbare Exponate<br />

erreicht werden (vgl. ebd.). Glücklicherweise ist dies bei jeder Experimentierstation<br />

möglich.<br />

Auch die „Leserlichkeit und das gesamte ‚äußere’ Erscheinungsbild eines Textes“ (ebd., S.<br />

29) beeinflussen die Lesemotivation.<br />

Die Leserlichkeit hängt davon ab, welche Schriftarten und -größen verwendet werden. Empfohlen<br />

wird eine Schriftgröße von „24 oder 18 Punkt“ (ebd., S. 30).<br />

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Text gelesen wird, erhöht sich, wenn „die Information, die<br />

man sucht, im Text leicht zu finden“ (ebd., Herv. i. Original) ist. Dies kann man durch Zwischenüberschriften<br />

oder ein „Orientierungssystem“ (ebd.) erreichen: Anweisungen werden<br />

z.B. in einen Kasten gesetzt, Verallgemeinerungen unterstrichen oder Beispiele eingerückt.<br />

Auch die Positionierung der Texte ist wichtig: Sie müssen „den gemeinten Objekten eindeutig<br />

zuzuordnen, möglichst nahe bei ihnen platziert sein“ (ebd.). Natürlich sollten sie bequem lesbar<br />

sein, <strong>als</strong>o nicht auf den Boden geklebt, zu hoch gehängt oder vom Objekt verdeckt werden.<br />

Für die Länge der Texte „gibt es die verschiedensten Ratschläge“ (ebd., S. 29), sie reichen<br />

von „zwischen 21 und 30 Zeilen“ (ebd.) bis zu „höchstens 75 Worten“ (ebd.).<br />

Da die meisten Leser der Texte an den Experimentierstationen noch recht jung sind und teilweise<br />

erst am Anfang des Leselernprozesses stehen, denke ich, dass die Länge der Texte geringer<br />

sein sollte <strong>als</strong> in „normalen“ Museen.<br />

Hier wird ein wichtiger Aspekt deutlich: Da Textverstehen eine „Wechselwirkung zwischen<br />

Text und Leser“ (ebd., S. 31) ist, muss man sich vor dem Schreiben der Texte überlegen, wen<br />

man damit ansprechen möchte.<br />

Zwar sind die Schüler der Grundschule bereits eine viel homogenere Gruppe <strong>als</strong> z.B. die Besucher<br />

des Deutschen Museums, dennoch gibt es, wie oben bereits angedeutet, gravierende<br />

Unterschiede. Diese liegen zum einen in der Lesekompetenz, zum anderen aber auch in<br />

Vorwissen, Vorlieben und Interessen.<br />

Bei einem manipulierbaren Exponat, <strong>als</strong>o beispielsweise den Experimentierstationen, sind<br />

einige Besonderheiten zu beachten:<br />

Der Text, „der sagt, wie man damit umgehen kann“ (ebd., S. 22), sollte „eindeutig erkennbar<br />

vom restlichen Text abgehoben sein“ (ebd.).<br />

28


3. Die Stationen<br />

„Das Ergebnis des Versuchs, die Erklärung der aufgetretenen Phänomene, dürfen beim Lesen<br />

der Handlungsanweisung nicht im Blickfeld sein“ (ebd., S. 22f.). So können eigene Erfahrungen<br />

gemacht und eigene Erklärungen entwickelt werden. Die „Antworten“ (ebd., S. 23) können<br />

„<strong>als</strong> Flips angeboten werden“ (ebd.).<br />

Anhand dieser grundsätzlichen Überlegungen habe ich folgendes Schema für die Texte an den<br />

Experimentierstationen entwickelt:<br />

Abb. 2: Texte an den Stationen - Vorderseite<br />

29


3. Die Stationen<br />

Abb. 3: Texte an den Stationen - Rückseite<br />

Die beiden Seiten werden zusammen auf ein Blatt gedruckt und <strong>als</strong> Flips bei den Stationen<br />

angebracht. Das für die Texte ausgewählte Papier ist hellgelb. Dadurch ist es leichter zu finden<br />

und das äußere Erscheinungsbild freundlicher.<br />

Die Texte sind jeweils in drei Kästen gefasst und farblich unterlegt. So ist es leicht, z.B. die<br />

Erklärung zu finden. Auch liest man nicht versehentlich bereits die Erklärung und Beschreibung,<br />

bevor man eigene Beobachtungen gemacht hat.<br />

Teilweise sind bereits die Überschriften (Namen der Stationen) <strong>als</strong> Fragen formuliert, in den<br />

meisten Fällen wird zumindest die Handlungsanweisung mit einer Frage beendet.<br />

Auf der vorderen Seite wird lediglich ein Hinweis gegeben, was mit der Station gemacht werden<br />

kann, bzw. worauf man seine Aufmerksamkeit lenken sollte. Diese Seite soll möglichst<br />

wenig von der Experimentierstation ablenken und nur eine Hilfestellung bieten, wenn nicht<br />

klar ist, was beobachtet oder getan werden soll. Sofern es nötig ist, wird die Handlungsmöglichkeit<br />

durch eine Zeichnung illustriert.<br />

Auf der Rückseite wird im oberen Kasten darauf hingewiesen, wie die gemachte Beobachtung<br />

vertieft oder wie der Versuch variiert werden kann. Im unteren Kasten folgt eine kurze Erklärung<br />

des Phänomens. Der Schwierigkeitsgrad dieser Erklärung ist schwer festzulegen, da die<br />

Schüler sich in ihrem Vorwissen und ihrer Lesekompetenz sehr stark unterscheiden.<br />

30


3. Die Stationen<br />

Ich strebe an, dass die Stationen vor allem in der dritten Klasse in den Unterricht eingebunden<br />

werden. Wenn dies der Fall wäre, wüssten die Viertklässler bereits recht gut über die Stationen<br />

Bescheid. Auch könnten im Unterricht weitere Erklärungen auf entsprechendem Niveau<br />

hinzukommen.<br />

Zielgruppe der Erklärungstexte wären dann vor allem Erst- bis <strong>Dr</strong>ittklässler. Ich habe mich<br />

daher bemüht, ein niedriges bis mittleres Niveau zu wählen, teilweise werden die Phänomene<br />

auch nur beschrieben, nicht erklärt. Eine ungefähre Orientierung, an welcher Stelle eine Erklärung<br />

angebracht ist, geben z.B. der bayerischen Lehrplan und die Experimentierbücher für<br />

die Grundschule (Kahlert/Demuth 2007).<br />

3.2.4. Lehrerinformationen<br />

Damit die Lehrkräfte der Schule über Ziele und Inhalte der Stationen informiert sind und diese<br />

möglichst reibungslos in ihren Unterricht einbauen können, wurde ein Lehrerhandbuch zu<br />

den Experimentierstationen verfasst. Nach einer allgemeinen Schilderung der Zielsetzung der<br />

Experimentierstationen werden zu jedem Themengebiet zunächst die physikalischen Grundlagen<br />

in knapper Form erläutert. Dann werden die häufigsten Schülervorstellungen beschrieben<br />

und der Bezug zum bayerischen Lehrplan aufgezeigt. Schließlich werden kurz die Stationen<br />

und die jeweils angestrebten Ziele dargestellt, teilweise werden auch die Schülerarbeitsblätter<br />

erläutert.<br />

Ähnlich wie Materialien, die Lehrkräften beim Besuch von außerschulischen Lernorten zur<br />

Verfügung gestellt werden, sollen diese auch hier „die Lehrkraft ermutigen, flexibel auf das<br />

entstandene Wissen der Schülerinnen und Schüler zu reagieren“ (Klaes 2008, S. 265) und<br />

eher auf „Kontextverständnis <strong>als</strong> auf Faktenwissen ausgerichtet sein“ (ebd.). Besonders die<br />

physikalischen Grundlagen und die Beschreibung der Schülervorstellungen scheinen hier geeignet<br />

zu sein: Anhand der Schülervorstellungen kann bereits vorhergesehen werden, mit<br />

welchen Fragen und Problemen die Schüler vermutlich zur Lehrkraft kommen. So besteht für<br />

diese die Möglichkeit, sich mit den physikalischen Grundlagen gezielt vertraut zu machen und<br />

dadurch flexibel und selbstsicher den Fragen der Schüler zu begegnen.<br />

Die Darstellung der physikalischen Grundlagen erfolgt möglichst anschaulich und mit vielen<br />

Illustrationen, auch Alltagsbezüge werden aufgezeigt. So soll ein flexibler Umgang ermöglicht<br />

werden.<br />

31


3. Die Stationen<br />

3.2.5. Vorschläge für Schülerarbeitsblätter<br />

Um das Einbinden der Experimentierstationen in den Unterricht für die Lehrer weiter zu vereinfachen<br />

und attraktiver zu gestalten, wurden zu allen Stationen ein oder mehrere Vorschläge<br />

für Schülerarbeitsblätter erstellt. Damit die vorgeschlagenen Arbeitsblätter an den jeweiligen<br />

Unterricht und die jeweils gewünschten Formatierungen angepasst werden können, werden<br />

sie der Schule nicht nur in gedruckter, sondern auch in digitaler Form <strong>als</strong> Worddokument zur<br />

Verfügung gestellt (eine CD mit allen Materialien findet sich im Anhang).<br />

Beim Erstellen der Blätter wurde darauf geachtet, dass die Bezüge zum bayerischen Lehrplan<br />

auch hier so weit wie möglich aufgenommen werden. Ebenso wie bei den Texten an den Stationen<br />

handelt es sich hier größtenteils um Instruktionstexte. Die Zielgruppe der Arbeitsblätter<br />

sind <strong>Dr</strong>ittklässler, da die Stationen besonders gut in den Heimat- und Sachunterricht dieser<br />

Jahrgangsstufe eingebaut werden können. Daher wurden auch hier einfache, klar formulierte<br />

Sätze mit aktiven Verben verwendet (vgl. 3.2.3 Texte an den Stationen).<br />

Es handelt sich bei den Aufgaben auf den Arbeitsblättern um schrittweise Handlungsanweisungen<br />

und Fragen zu den Beobachtungen. Alle Schritte und Fragen sind nummeriert. Dadurch<br />

wird das Einhalten der richtigen Reihenfolge erleichtert. Außerdem wird das Lesen für<br />

Schüler, die noch nicht gut überfliegend lesen können, vereinfacht, da sie nicht jedes Mal<br />

nach dem Ausführen einer Handlung lange im Text suchen müssen, welche Anweisung die<br />

nächste ist.<br />

Um zu verhindern, dass die passende Station lange gesucht werden muss, und um das Erinnern<br />

an die Station bei späterem Betrachten des Arbeitsblattes zu erleichtern, ist auf jedem<br />

Arbeitsblatt die passende Station abgebildet. Felder für Namen und Datum sind vorgesehen,<br />

um die Zuordnung zu erleichtern. Die Lineatur entspricht der in der dritten Klasse üblichen.<br />

Um das Bearbeiten der Blätter ansprechender und interessanter zu gestalten, wurde versucht,<br />

das Notieren der Beobachtungen zu variieren und zu eigenen kreativen Handlungen anzuregen.<br />

Beobachtungen sollen daher manchmal graphisch und nicht nur verbal festgehalten werden.<br />

Wann immer möglich, wird zu eigenen Kreationen angeregt, beispielsweise sollen bei<br />

der Station „Klappspiegel“ eigene Muster und bei der Station „Klangrohre“ ein eigenes Lied<br />

erfunden werden.<br />

32


3. Die Stationen<br />

3.2.6. Eröffnungsveranstaltung<br />

Am Dienstag, dem 08. Juli 2007, fand in der Grundschule Reichenberg eine Eröffnungsveranstaltung<br />

für die Experimentierstationen statt. Eingeladen waren u.a. das Lehrerkollegium, die<br />

Eltern aller Schüler der Schule mit den Schülern und Herr Hügelschäffer, der Bürgermeister<br />

von Reichenberg.<br />

Abb. 4: Eröffnungsveranstaltung<br />

Die Anwesenden wurden darüber informiert, wie es zum Bau der Stationen für die Grundschule<br />

kam, welche Überlegungen hinter der Auswahl stehen und was die Ziele sind, die mit<br />

den Stationen erreicht werden sollen.<br />

Danach bestand für alle die Möglichkeit, die Stationen selbst auszuprobieren und eventuell<br />

offen gebliebene Fragen zu stellen.<br />

33


3. Die Stationen<br />

Abb. 5: Ausprobieren der Stationen<br />

Durch diese Veranstaltung sollte gewährleistet werden, dass einerseits die Elternschaft der<br />

Schule über die Experimentierstationen informiert ist. Andererseits wurde die Aufmerksamkeit<br />

aller auf die Stationen gelenkt, sodass diese hoffentlich leichter einen Platz im Schulleben<br />

zugewiesen bekommen.<br />

3.3. Beschreibung der einzelnen Stationen<br />

Im Folgenden werden die einzelnen Experimentierstationen kurz vorgestellt. Dazu wird jeweils<br />

der Lehrplanbezug aufgezeigt und die mit der Station bei den Schülern zu erreichenden<br />

Ziele dargelegt. Wenn nötig und sinnvoll, werden physikalische Besonderheiten erklärt. Zu<br />

fast jeder Station werden zur Veranschaulichung Foto und Skizze abgebildet.<br />

Zusätzlich werden im Lehrerhandbuch im Anhang (siehe „9.1 Informationen für Lehrkräfte“)<br />

Schülervorstellungen zu den einzelnen Themenbereichen beschrieben und ein Überblick über<br />

die physikalische Grundlagen gegeben. Auch Lehrplanbezug und Zielsetzung der einzelnen<br />

Stationen werden dort noch einmal erläutert.<br />

Die Reihenfolge, in der die Stationen in diesem Kapitel beschrieben werden, entspricht derjenigen<br />

im Lehrerhandbuch. Zuerst werden im Teil „3.3.2. Stationen zu optischen Phänomenen“<br />

die Stationen aufgeführt, die sich mit dem Sehen im Allgemeinen befassen, dann folgen<br />

Experimente mit Farben, darauf Spiegelphänomene. Der Teil „3.3.2. Stationen zu akustischen<br />

34


3. Die Stationen<br />

Phänomenen“ beginnt mit Versuchen zur Schallerzeugung, auf die Stationen zur Schallausbreitung<br />

folgen.<br />

Ideen und Anregungen für die einzelnen Stationen wurden in verschiedenen Science Centern<br />

gewonnen, z.B. dem Universum in Bremen und dem Technorama in Winterthur, außerdem in<br />

der Wanderausstellung „Miniphänomenta“ der Universität Flensburg. Auch Lernwerkstätten,<br />

Lehrbücher und Experimentierbücher für die Grundschule wurden zu Rate gezogen (Jennings<br />

1992, Kahlert 2007, Meier 2002).<br />

3.3.1. Stationen zu optischen Phänomenen<br />

Station „Schatten“<br />

Abb. 6: Station „Schatten“<br />

Die Experimentierstation „Schatten“ greift den für den Heimat- und Sachunterricht der ersten<br />

Klasse vorgeschriebenen Themenbereich „Mit Licht und Schatten Erfahrungen sammeln“<br />

(Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 107) auf. Weiter heißt es<br />

dort, es sollen die „Raum-Lage-Beziehungen zwischen Lichtquelle, Gegenstand und Schatten“<br />

(ebd.) bestimmt werden. Als Unterrichtsvorschläge werden „Schattenlage, Schattenlänge;<br />

Schattenentstehung erklären“ (ebd.) genannt.<br />

Genau diese Erkenntnisse können an der Station „Schatten“ gewonnen werden. Die Schüler<br />

sollen hier Erfahrungen mit Schatten sammeln. Auf einem Brett stehen verschiedene Gegenstände<br />

zur Verfügung, beispielsweise Würfel, Kugeln und Zylinder, eine recht bewegliche<br />

Lampe mit Schwanenh<strong>als</strong> ist seitlich am Brett befestigt.<br />

Der neben der Station angebrachte Text fordert auf zu untersuchen, ob alle Gegenstände einen<br />

Schatten haben, und wie der größte Schatten erzeugt werden kann. Auf der Rückseite wird<br />

aufgetragen, dafür zu sorgen, dass der Schatten auf der anderen Seite des Gegenstands auf-<br />

35


3. Die Stationen<br />

taucht und zu erklären, wie ein Schatten entsteht. Diese Erklärung wird im unteren Teil des<br />

Textes umrissen.<br />

Mit den Arbeitsblättern erkunden die Schüler zunächst frei die Schatten verschiedener Körper.<br />

Dann sollen sie herausfinden, was die Form des Schattens mit der Form des Körpers zu<br />

tun hat. Auch der Zusammenhang zwischen der Lage des Schattens und der Position der<br />

Lichtquelle wird thematisiert.<br />

Ebenso wie auf dem Texte neben der Station werden die Kinder hier angewiesen, durch Ausprobieren<br />

herauszufinden, wie man große und kleine Schatten erzeugen kann.<br />

Wünschenswert wäre es, wenn die Schüler anfingen, frei zu experimentieren, <strong>als</strong>o z.B. eigene<br />

Gegenstände benutzten, auch die eigenen Hände, etc.. Durchsichtige Gegenstände könnten<br />

besonders interessant sein.<br />

Station „Kinorad“<br />

Abb. 7: Station „Kinorad“<br />

Ein nicht rein physikalisches Themengebiet schneidet die Station „Kinorad“ an, hier geht es<br />

mehr um die menschliche Wahrnehmung <strong>als</strong> um Physik. Ein Lehrplanbezug findet sich beispielsweise<br />

in der zweiten Jahrgangsstufe, dort geht es um die „Freizeitgestaltung im Wandel<br />

der Zeit“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 111). Es könnte<br />

in diesem Zusammenhang die Entwicklung der „bewegten Bilder“ vom Daumenkino, über<br />

das Praxinoskop bis hin zum Fernsehen besprochen werden, die eine große Veränderung in<br />

der Freizeitgestaltung vieler Menschen bewirkte. Auch im dritten Schuljahr existiert mit dem<br />

Thema „Seherlebnisse“ (ebd., S. 193) ein Lehrplanbezug. Hier könnten auch Sinnestäuschungen<br />

aufgenommen und ein Bezug zu den beiden unten beschriebenen Stationen mit den optischen<br />

Täuschungen hergestellt werden.<br />

Beim Kinorad blickt man durch die Schlitze in einer drehbar gelagerten Scheibe jeweils auf<br />

das gegenüberliegende, an der anderen Scheibe angebrachte Bild. Die einzelnen Bilder geben<br />

36


3. Die Stationen<br />

einen Bewegungsablauf wieder, wobei nebeneinander liegende Bilder sich immer nur leicht<br />

unterscheiden. <strong>Dr</strong>eht man die Scheibe nun an, kann das Auge ab einer gewissen Geschwindigkeit<br />

keine einzelnen Bilder mehr erkennen – sie verschmelzen zu einer Bewegung.<br />

Dabei ist es wichtig, dass man nur durch die Schlitze schaut und so die Bilder immer durch<br />

ein Stück Scheibe voneinander getrennt werden. Schaut man nicht durch die Schlitze auf die<br />

Bilder, verschmelzen diese einfach zu einem undefinierbaren Streifen.<br />

Die Schüler können an dieser Station erkunden, wie die Illusion einer Bewegung zustande<br />

kommt. Beim Vergleich der einzelnen Bilder miteinander sollen sie feststellen, dass diese sich<br />

immer nur sehr wenig voneinander unterscheiden. Dabei üben sie, genau hinzuschauen und<br />

Beobachtungen miteinander zu vergleichen. Auch können sie herausfinden, dass die Bilder<br />

erst ab einer gewissen <strong>Dr</strong>ehgeschwindigkeit miteinander verschmelzen. Daraus können Rückschlüsse<br />

auf die Funktionsweise der Bewegungsillusion beim Fernsehen gezogen werden und<br />

ein für die Schüler sehr spannender Alltagsbezug hergestellt werden.<br />

Station „Scheibe oder Tunnel?“<br />

Abb. 8: Station „Scheibe oder Tunnel“<br />

Ähnlich wie bei der Station „Kinorad“ geht es auch bei „Scheibe oder Tunnel?“ vor allem um<br />

die menschliche Wahrnehmung. Im Lehrplan wird diese in der dritten Klasse unter „Seherlebnisse“<br />

(Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 193) gefasst, im<br />

Unterricht soll man „Möglichkeiten des Sehsinns spielerisch erkunden“ (ebd.).<br />

Die Station besteht aus einer Scheibe, auf die mehrere exzentrische Kreise gemalt sind. <strong>Dr</strong>eht<br />

man die Scheibe, glaubt man in einen dreidimensionalen Tunnel oder Kegel zu schauen.<br />

Diese optische Täuschung wird „Stereokinetisches Phänomen“ genannt, wie sie genau erklärt<br />

werden kann, ist noch strittig. Eine Theorie versucht das Phänomen damit zu erklären, dass<br />

unser visuelles System versucht, die Geschwindigkeitsunterschiede (Punkte, die weiter außen<br />

auf der Scheibe liegen, bewegen sich schneller <strong>als</strong>o solche, die weiter innen liegen) zu mini-<br />

37


3. Die Stationen<br />

mieren (vgl. Beghi et al. 1991, S. 425ff.). Dies kann gelingen, wenn man „annimmt“ (nicht<br />

bewusst!), dass die sich langsamer bewegenden Punkte weiter weg sind. Denn Dinge, die weiter<br />

weg sind, sehen kleiner aus. Auch die Strecken, die sie zurücklegen, sehen kleiner aus, es<br />

wirkt, <strong>als</strong> würden sie sich langsamer bewegen.<br />

Die Schüler sollen hier erfahren, dass unsere Wahrnehmung sich leicht täuschen lässt. Dazu<br />

lernen sie eine optische Täuschung kennen. Sie können durch freies oder systematisches Variieren<br />

feststellen, dass die Täuschung unabhängig von der <strong>Dr</strong>ehrichtung funktioniert und auch<br />

die <strong>Dr</strong>ehgeschwindigkeit kaum Einfluss hat. Diese beiden Änderungen der Randbedingungen<br />

werden auch auf dem Text neben der Station und dem Arbeitsblatt vorgeschlagen.<br />

Station „Welches ist größer?“<br />

Abb. 9: Station „Welches ist größer?“<br />

Genau wie bei der zuvor beschriebenen Experimentierstation, handelt es sich bei „Welches ist<br />

größer?“ um eine optische Täuschung. Daher ist auch die Lehrplaneinordnung identisch, passend<br />

ist auch hier der Bereich „Seherlebnisse“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht<br />

und Kultus 2000, S. 193) mit der Konkretisierung „Möglichkeiten des Sehsinns spielerisch<br />

erkunden“ (ebd.).<br />

Die Station besteht aus zwei deckungsgleichen Holzstücken (siehe Abb. 9). Die äußere und<br />

die innere Kante eines Holzstücks sind jeweils Kreisbögen mit dem gleichen Radius, sodass<br />

die Hölzer aneinander passen. Die äußere Kante ist jedoch länger. Legt man die Holzstücke<br />

aneinander, scheint das hintere Holzstück kleiner zu sein. Die kurze Seite des hinteren Holzstücks<br />

wird automatisch mit der langen Seite des vorderen Stücks verglichen und logischerweise<br />

<strong>als</strong> länger bewertet. Daher scheint die ganze vordere Figur länger zu sein.<br />

Wieder sollen die Schüler eine optische Täuschung kennen lernen, wobei die Erklärung des<br />

Phänomens hier so reduzierbar ist, dass auch Schüler sie verstehen können.<br />

38


3. Die Stationen<br />

Station „Licht mischen“<br />

Abb. 10: Station „Licht mischen“<br />

Im Lehrplan für die dritte Jahrgangsstufe wird „Licht in die Spektralfarben (Re genbogenfarben<br />

[sic!]) auflösen“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 194)<br />

<strong>als</strong> Unterrichtshinweis gegeben. Bei der Experimentierstation „Licht mischen“ kann der entgegengesetzte<br />

Vorgang beobachtet werden: Die Schüler können ausprobieren, was passiert,<br />

wenn man mit rotem, grünem und blauem Licht die gleiche weiße Fläche beleuchtet. Dabei<br />

können die drei farbigen Lampen einzeln an- und ausgeschaltet werden.<br />

Dieses Phänomen steht zwar nicht direkt im Lehrplan, kann aber dem Themenbereich „Ausbreitung<br />

des Lichts untersuchen“ (ebd.) durchaus zugeordnet werden und ergänzt die Aufspaltung<br />

des Lichts in die Spektralfarben sinnvoll.<br />

Die Beobachtungen beim Mischen von Licht widersprechen den Erfahrungen, die die Schüler<br />

beim Mischen von z.B. Wasserfarben gemacht haben und sind daher besonders interessant.<br />

Station „Farbschlucker“<br />

Abb. 11: Station „Farbschlucker“<br />

Auch die Experimentierstation „Farbschlucker“ passt zum Lehrplaninhalt „Licht in die Spektralfarben<br />

(Re genbogenfarben [sic!]) auflösen“ (ebd.). Zusätzlich werden im Fach Kunsterziehung<br />

in der ersten Jahrgangsstufe das „Erproben und Anwenden der Primärfarben (rot-<br />

39


3. Die Stationen<br />

gelb-blau)“ (ebd., S. 41), das „Mischen und Kombinieren“ (ebd.) von Farben, sowie das<br />

„Kennen der Farbbezeichnungen“ (ebd.) vorgeschrieben, es besteht <strong>als</strong>o auch im Fach Kunst<br />

ein Bezug zur Station, zumal das Mischen von Farben eine in allen Jahrgangsstufen nutzbare<br />

Technik ist.<br />

An der Station können ein gelber, ein magentafarbener und ein cyanfarbener Filter voreinander<br />

geschoben werden. Dabei können die Schüler beobachten, welcher neue Farbeindruck<br />

entsteht, wenn man jeweils zwei Filter voreinander schiebt, und dass die Filter schwarz aussehen,<br />

wenn man alle drei voreinander schiebt. Diese Farbmischung entspricht dem Mischen<br />

von Wasserfarben, sie wird auch subtraktive Farbmischung genannt, da immer ein Teil des<br />

Lichts vom Farbstoff absorbiert, <strong>als</strong>o subtrahiert, wird. Den Bezug zur Farbmischung im<br />

Wasserkasten sollen auch die Schüler feststellen.<br />

Station „Weißes Licht - oder nicht?“<br />

Abb. 12: Station „Weißes Licht – oder nicht?“<br />

Mit der Experimentierstation „Weißes Licht – oder nicht?“ lässt sich „Licht in die Spektralfarben<br />

(Regenbogenfarben) auflösen“ (ebd). Die Station greift <strong>als</strong>o einen Unterrichtshinweis<br />

des Lehrplans direkt auf.<br />

Die Lampe leuchtet den Spalt vollständig aus. Die Linse bildet den ausgeleuchteten Spalt<br />

scharf ab. Hinter der Linse trifft das Licht auf das Kristallglasprisma. Wurde das Prisma so<br />

gedreht, dass das Lichtbündel auf einer Seite ins Prisma eintritt und auf einer benachbarten<br />

Seite wieder austritt, wird das Licht zweimal an den Grenzflächen gebrochen. Da der Brechungsindex<br />

von der Wellenlänge abhängt, werden die verschiedenen Farben unterschiedlich<br />

stark gebrochen. Diese Abhängigkeit von der Wellenlänge nennt man Dispersion (vgl. Tipler<br />

2004, S. 1014). Sie ist bei Kristallglas recht hoch, rotes Licht wird nicht so stark gebrochen<br />

wie blaues. Dadurch ist das zuvor weißt Licht nach Austritt aus dem Prisma in seine Spektralfarben<br />

zerlegt.<br />

40


3. Die Stationen<br />

Das Prisma im Versuchsaufbau ist drehbar gelagert. Die Schüler können so den Winkel, unter<br />

dem das Licht einfällt, verändern, bis auf der Wand ein Spektrum zu sehen ist. Sie sollen erfahren,<br />

dass weißes Licht aus Licht aller Farben besteht.<br />

Station „Klappspiegel“<br />

Abb. 13: Station „Klappspiegel“<br />

Die Experimentierstation „Klappspiegel“ bezieht sich auf den im Lehrplan für die dritte Jahrgangsstufe<br />

vorgeschriebenen Bereich „Spiegelphänomene erkunden und anwenden“ (Bayerisches<br />

Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 194). Als Unterrichtshinweise<br />

werden genannt „Licht mit Spiegeln umleiten; Spiegelsymmetrie: Spiele mit Spiegeln, z. B.<br />

Spiegelschrift, Kaleidoskop, Spiegellabyrinth, Periskop; Spiegelbilder auf der Wasseroberfläche,<br />

Glas, polierten Flächen o. Ä. betrachten; Lagebestimmung des Spiegelbildes: den Abstand<br />

von Bild und Spiegelbild zur Spiegeloberfläche betrachten, Bewegungsrichtung im<br />

Spiegel verfolgen“ (ebd.). Von den Hinweisen sind die meisten an dieser Station durchführbar.<br />

Aber auch im Mathematikunterricht lässt sich die Station für den in der dritten Klasse vorgesehenen<br />

Bereich „Symmetrische Figuren entdecken, erstellen, zeichnen und beschreiben“<br />

(ebd, S. 186), nutzen, „Spiegeln“ (ebd.) wird sogar explizit <strong>als</strong> Unterrichtshinweis gegeben.<br />

Die Station besteht aus zwei Spiegeln, die wie ein Buch klappbar miteinander verbunden sind.<br />

Einer ist fest auf der Tischplatte montiert, der andere lässt sich drehen. Dadurch können verschiedene<br />

Winkel zwischen den Spiegeln eingestellt werden, sodass sich ein zwischen die<br />

Spiegel gestellter Gegenstand unterschiedlich oft spiegelt. Durch geschickte Wahl der Winkel<br />

lassen sich schöne Muster erzeugen.<br />

Erstaunliches zeigt der Klappspiegel bei einem Winkel von 90°: Blickt man nun in den Spiegel,<br />

sieht man sich so, wie einen andere sehen. Der Spiegel vertauscht jetzt rechts und links.<br />

41


3. Die Stationen<br />

Beim Experimentieren an der Station sollen die Schüler Mehrfachspiegelungen erkunden und<br />

herausfinden, dass die Anzahl der Spiegelungen vom Winkel zwischen den Spiegeln abhängt.<br />

Aber auch grundlegendere Erkundungen von Spiegelphänomenen können und sollen am<br />

Klappspiegel gemacht werden, besonders wenn dieser ganz aufgeklappt wird: Die Schüler<br />

sollen mit den zur Station gehörenden Arbeitsblättern herausfinden, was der Spiegel vertauscht.<br />

Station „Kaleidoskop“<br />

Abb. 14: Station „Kaleidoskop“<br />

Das Kaleidoskop wird im bayerischen Lehrplan für die dritte Jahrgangsstufe, wie oben bereits<br />

erwähnt, ausdrücklich aufgeführt: „Spiele mit Spiegeln, z. B. Spiegelschrift, Kaleidoskop,<br />

Spiegellabyrinth, Periskop“ (ebd.)<br />

Genau wie die kleinen handelsüblichen Kaleidoskope, besteht das begehbare Kaleidoskop aus<br />

drei Spiegeln, die jeweils in einem Winkel von 60° zueinander angeordnet sind. Dadurch<br />

spiegelt man sich nicht nur einmal, sondern sieht sich unendlich oft – das Spiegelbild wird<br />

wieder und wieder gespiegelt.<br />

Die Schüler sollen sich an dieser Station darüber Gedanken machen, warum man sich nicht<br />

nur einmal sieht. Haben sie die Station „Klappspiegel“ bereits erkundet, sind ihnen Mehrfachspiegelungen<br />

bereits bekannt. Auch die Funktionsweise „normaler“ Kaleidoskope kann anhand<br />

des begehbaren Kaleidoskops entdeckt werden.<br />

42


3. Die Stationen<br />

3.3.2. Stationen zu akustischen Phänomenen<br />

Station „Klangrohre“<br />

Abb. 15: Station „Klangrohre“<br />

Der im Lehrplan für die dritte Jahrgangsstufe vorgeschriebene Inhaltsbereich „Ausbreitung<br />

des Schalls untersuchen“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S.<br />

194) wird durch den Einzelinhalt „Töne, Klänge, Geräusche durch schwingende Körper und<br />

Gegenstände erzeugen und ihnen zuordnen“ (ebd.) näher beschrieben. Besonders der hier gegebene<br />

Unterrichtshinweis „hohe - tiefe, laute - leise Geräusche“ (ebd.) lässt sich sehr gut der<br />

Station „Klangrohre“ zuordnen.<br />

Die Experimentierstation besteht aus acht verschieden langen Regenfallrohren. Ihre Längen<br />

sind so abgestimmt, dass beim Anschlagen der Rohre die Töne c’, d’, e’, f’, g’, a’, h’, c’’ erklingen.<br />

Die Längen der Rohre lassen sich aus der gewünschten Frequenz f berechnen:<br />

Schlägt man eines der Rohre an, geraten die Luftteilchen im Rohr in Bewegung, eine stehende<br />

Welle entsteht. An den offenen Enden des Rohrs befindet sich jeweils ein Schwingungsbauch,<br />

die Wellenlänge der Grundschwingung entspricht <strong>als</strong>o genau der Länge des Rohrs. Alle anderen<br />

stehenden Wellen, die sich im Rohr bilden können, sind Oberschwingungen der Grundschwingung<br />

und haben eine Wellenlänge, die ein ganzzahliges Vielfaches der Rohrlänge ist.<br />

Kennt man nun die Schallgeschwindigkeit v Schall in Luft, lässt sich aus der gewünschten Frequenz<br />

f die Wellenlänge λ und somit die Länge l des Rohrs berechnen:<br />

l<br />

= λ =<br />

Zu beachten ist, dass die Schallgeschwindigkeit in Luft temperaturabhängig ist. Für den Bau<br />

m<br />

der Station wurde der Wert v Schall<br />

= 330 verwendet. Die zu den oben genannten Tönen gehörigen<br />

Frequenzen sind Tabelle 1 zu<br />

s<br />

entnehmen.<br />

v<br />

Schall<br />

f<br />

43


3. Die Stationen<br />

Ton<br />

Frequenz/Hz<br />

c’ 264 Hz<br />

d’ 297 Hz<br />

e’ 330 Hz<br />

f’ 352 Hz<br />

g’ 396 Hz<br />

a’ 440 Hz<br />

h’ 495 Hz<br />

c’’<br />

528 Hz<br />

Tabelle 1<br />

Die Schüler sollen hier beobachten, dass die erzeugten Töne tiefer sind, je länger das Rohr ist.<br />

Auch wie laute und leise Töne hervorgerufen werden können, kann herausgefunden werden.<br />

Station „Klingende Saite“<br />

Abb. 16: Station „Klingende Saite“<br />

Das „Monochord“ (Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 194)<br />

wird im Lehrplan der dritten Klasse in den Unterrichtshinweisen zum Inhalt „Töne, Klänge,<br />

Geräusche durch schwingende Körper und Gegenstände erzeugen und ihnen zuordnen“ (ebd.)<br />

erwähnt.<br />

Es besteht – wie der Name bereits andeutet – aus nur einer Saite mit Resonanzkörper. Mit<br />

Hilfe eines Holzkeils lässt sich die Länge der angezupften Saite verändern. Je größer die Saitenlänge<br />

l ist, desto tiefer ist der Ton. Auch die Saitenspannung σ und die Massendichte ρ der<br />

Saite beeinflussen die Tonhöhe, <strong>als</strong>o die Frequenz f der erzeugten stehenden Welle (vgl.<br />

Tipler 1994, S. 440):<br />

f<br />

1<br />

=<br />

2l<br />

σ<br />

ρ<br />

Die Schüler sollen hiervon jedoch lediglich die Abhängigkeit der Tonhöhe von der Länge der<br />

angezupften Saite erkennen. Da die Bewegung der Saite nach dem Anzupfen recht deutlich<br />

44


3. Die Stationen<br />

sichtbar ist, können sie auch auf die Notwendigkeit einer sich bewegenden Schallwelle kommen.<br />

Auch der Unterschied zwischen lauten und leisen Tönen soll an der Station „Klingende<br />

Saite“ erkundet werden. Hinweise auf diese drei Beobachtungen und darauf, welche Randbedingungen<br />

variiert werden können, bekommen die Schüler sowohl von den Stationstexten <strong>als</strong><br />

auch den Arbeitsblättern.<br />

Station „Geräusche im Holz“<br />

Abb. 16: Station „Geräusche im Holz“<br />

Die Experimentierstation „Geräusche im Holz“ greift das Thema „Ausbreitung von Schall in<br />

Luft, festen Körpern und Wasser“ (ebd.) aus dem bayerischen Lehrplan für die dritte Jahrgangsstufe<br />

auf. Dort wird für den Unterricht sogar auf „Schallträger wie Tischplatte oder<br />

Baumstamm“ (ebd.) hingewiesen.<br />

Ein Baumstamm dient bei der Station <strong>als</strong> fester Körper, an dem die Schallausbreitung in Feststoffen<br />

untersucht werden kann. Hält man sein Ohr an die Schnittfläche des Stamms, kann<br />

man beispielsweise das Ticken einer an die andere Seite gehaltenen Armbanduhr deutlich<br />

hören. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Schall in Holz ist viel größer, <strong>als</strong> die in Luft, sie<br />

m<br />

m<br />

beträgt parallel zur Faser zwischen 4000 und 6000 (vgl.<br />

s s<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Holz).<br />

Ziel dieser Station ist, dass die Schüler erkennen, dass Schall auch durch Feststoffe weitergeleitet<br />

werden kann.<br />

45


3. Die Stationen<br />

Station „Richtungshören“<br />

Abb. 17: Station „Richtungshören“<br />

Die Station „Richtungshören“ passt gut zum Lehrplaninhalt „Bedeutung des Ohrs erfahren“<br />

(Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus 2000, S. 193) mit den Einzelinhalten<br />

„Hörerlebnisse“ (ebd.) und „Leistung und Aufbau des Ohrs“ (ebd., S. 194). Auch das<br />

„Verstärken oder Bündeln des Schalls“ (ebd., S. 194) mit einem „Trichter“ (ebd.) aus dem<br />

Themenbereich „Ausbreitung des Schalls untersuchen“ (ebd.) ist passend.<br />

Zum „Richtungshören“ hält man sich auf jedes Ohr einen Trichter, die Trichter sind mit einem<br />

Schlauch verbunden, dessen Mitte markiert wurde. Wenn man nur wenige Zentimeter<br />

links oder rechts von der Mitte auf den Schlauch klopft, ist der Unterschied bereits hörbar.<br />

Die Töne kommen mit einem winzigen Zeitunterschied Δt an unseren Ohren an. Schlägt man<br />

einen Zentimeter links von der Mitte an, muss der Schall zum rechten Ohr eine Strecke von<br />

zwei Zentimetern mehr zurücklegen, der Streckenunterschied beträgt <strong>als</strong>o Δl=2cm. Der Zeitunterschied<br />

Δt beträgt bei einer Schallgeschwindigkeit v Schall =330 dann<br />

m<br />

s<br />

Δl<br />

Δt<br />

=<br />

v<br />

Schall<br />

≈ 6 ⋅10<br />

−5<br />

s = 60μs<br />

. Dieser winzige Unterschied genügt für unser Gehirn bereits,<br />

um die Richtung festzustellen.<br />

An dieser Station erfahren die Schüler, wie genau unsere Ohren wahrnehmen können, aus<br />

welcher Richtung ein Geräusch kommt. Wenn sie den Versuchaufbau variieren, indem sie in<br />

einen Trichter hinein flüstern und am anderen lauschen, können sie auch die Schallbündelung<br />

mit einem Trichter oder einem Hörrohr untersuchen.<br />

46


4. Kurzevaluation<br />

4. Kurzevaluation<br />

4.1. Fragestellung und Vorgehen<br />

Aus den unter „2.2.1 Befunde verschiedener Untersuchungen“ und unter „3.1 Ziele“ erläuterten<br />

Überlegungen ergeben sich einige Fragen für die Kurzevaluation. Einerseits ist von Interesse,<br />

ob die Experimentierstationen in den Heimat- und Sachunterricht der verschiedenen<br />

Lehrkräfte eingebaut werden. Andererseits stellt sich die Frage, wie die Schüler auf die Stationen<br />

reagieren: Sind die motivationsfördernden Faktoren Selbstbestimmtheit, Erleben von<br />

Kompetenz und soziale Eingebundenheit tatsächlich gegeben? Wird eine Kommunikation<br />

über physikalische Sachverhalte angeregt und das aktuelle Interesse geweckt? Auch die Verständlichkeit<br />

und Attraktivität sowohl der Stationen <strong>als</strong> auch der Texte an den Stationen sollte<br />

in der Praxis überprüft werden.<br />

Die genannten Reaktionen der Schüler sind teilweise einfach und direkt feststellbar. Hier<br />

wurde ein von Holst (Holst 2005) entwickelter Beobachtungsbogen verwendet, wodurch ein<br />

Vergleich mit der 2005 von Holst veröffentlichten Evaluation interaktiver Experimentierstationen<br />

möglich wird.<br />

Die Frage nach der Integration der Stationen in den Unterricht ist besonders wichtig, da oben<br />

bereits aufgezeigt wurde, dass langfristige Effekte bei den Schülern nur dadurch bewirkt werden<br />

können. Leider würde es den zeitlichen Rahmen der Hausarbeit sprengen, die Einbindung<br />

zu evaluieren: Dazu müsste zumindest über ein Schuljahr hinweg beobachtet werden, ob,<br />

wann und wie die Stationen für den Unterricht genutzt werden, denn dies geschieht vermutlich<br />

erst, wenn die Themen optische und akustische Phänomene im Sachunterricht behandelt<br />

werden. Da die Stationen gegen Ende des Schuljahres eröffnet wurden und die beiden Themen<br />

im Sachunterricht schon lange vorher besprochen worden waren, ist eine direkte Einbindung<br />

in diesem Schuljahr nicht mehr möglich.<br />

Um dennoch einen Hinweis darauf zu bekommen, ob eine Nutzung der Stationen für den Unterricht<br />

stattfinden wird, wurde eine Befragung der Lehrkräfte mit einem Fragebogen durchgeführt.<br />

Dabei wurden auch die Einschätzungen der Lehrkräfte bezüglich der Nutzung der<br />

Stationen durch die Schüler und der Platzierung der Stationen im Schulgebäude abgefragt.<br />

47


4. Kurzevaluation<br />

4.1.1. Schülerbeobachtung<br />

Zur Feststellung der Schülerreaktionen wurde ein Beobachtungsbogen gewählt. Beobachtungsbögen<br />

nehmen eine Zwischenstellung zwischen freier und systematischer Beobachtung<br />

ein und schienen hier geeignet, da sie die Aufmerksamkeit auf bestimmte Verhaltensaspekte<br />

richten, ohne völlig durchstrukturiert zu sein (vgl. Lukesch 1998, S. 122). Durch die standardisierte<br />

Sprache wird eine „gewisse Vereinheitlichung“ (ebd.) und dadurch eine leichtere<br />

Auswert- und Vergleichbarkeit erreicht. Dennoch können Beobachtungsfehler durch den Einsatz<br />

von Beobachtungsbögen nicht ausgeschlossen werden (vgl. ebd.), wie unten noch weiter<br />

erläutert wird.<br />

Der verwendete Beobachtungsbogen (siehe 9.6 Beobachtungsbogen) stammt von Holst, wurde<br />

von diesem in Anlehnung an eine Untersuchung in der Phänomenta Flensburg erstellt und<br />

<strong>als</strong> eines von drei Diagnoseinstrumenten zur Evaluation von interaktiven Experimentierstationen<br />

benutzt (vgl. Holst 2005, S. 67f.). Die von ihm untersuchten 52 Experimentierstationen,<br />

auch „Miniphänomenta“ genannt, sollen der „Verbesserung der naturwissenschaftlichtechnischen<br />

Bildung in der Primarstufe und Orientierungsstufe“ (ebd., S. 70) dienen. Sie können<br />

von Schulen ausgeliehen werden, wenn zuvor Lehrkräfte der Schule an einer speziellen<br />

Fortbildungsveranstaltung teilgenommen haben.<br />

Da die Stationen denen für die Grundschule Reichenberg teilweise stark ähneln und ebenfalls<br />

für den Einsatz auf dem Schulflur konzipiert sind, wird durch das Verwenden des gleichen<br />

Beobachtungsbogens ein Vergleich der Ergebnisse ermöglicht. Holst legt für den Umgang der<br />

Schüler mit den Experimentierstationen (bei ihm kurz „ExS“ genannt) folgende Handlungsschritte<br />

fest und spezifiziert sie:<br />

• „Schüler liest (z.B. Hinweistexte bei den ExS): zögernd, zurückhaltend, zielstrebig.<br />

• Schüler versteht (entnimmt Sinn, weiß, welche Handlung an der ExS erwartet<br />

wird): unsicher, staunend, zweifelnd, überzeugt.<br />

• Schüler fragt (hat die ersten Handlungsschritte nicht verstanden und fragt Mitschüler<br />

oder Mitschülerinnen in der Umgebung): zielgerichtet, unsicher, zweifelnd.<br />

• Schüler nimmt in Betrieb (beginnt mit der tätigen Auseinandersetzung): zögernd,<br />

unsicher, zielgerichtet.<br />

• Schüler begreift (lässt erkennen, dass das Phänomen erkannt und <strong>als</strong> Information<br />

aufgenommen wurde): überrascht, begeistert, enttäuscht, zweifelnd, gelangweilt.<br />

48


4. Kurzevaluation<br />

• Schüler experimentiert (verändert Randbedingungen aus dem Verstehen heraus):<br />

überrascht, begeistert, enttäuscht, zweifelnd, gelangweilt.<br />

• Schüler funktioniert zum Spielobjekt um (zielloses Vorgehen oder spielerische<br />

Auseinandersetzung): staunend, begeistert, gelangweilt, enttäuscht.“ (ebd., S.<br />

68)<br />

Des Weiteren wird im Beobachtungsbogen festgehalten, ob der beobachtete Schüler alleine an<br />

die Station kommt, wie lange er bei der Station verweilt und wie er die Station verlässt (staunend,<br />

begeistert, gelangweilt, enttäuscht) (vgl. ebd.).<br />

Indikatoren für die Spezifikationen gibt Holst leider nicht. Eine Festlegung, woran beispielsweise<br />

ein Schüler zu erkennen ist, der ein Phänomen überrascht begreift, und woran einen, der<br />

begeistert begreift, existiert nicht. Ohne Indikatoren, die angeben, aus welchem Verhalten auf<br />

welche Stimmung des Schülers geschlossen werden kann, ist die Beobachtung nicht valide:<br />

Jeder Beobachter muss aufgrund seiner eigenen Persönlichkeitstheorie bewerten - und eine<br />

solche Theorie ist keine wissenschaftliche Begründung und somit nicht valide (vgl. Lukesch<br />

1998, S. 165f.). Auch der Auftrag, die Beobachtungen nur dann anzuführen, „wenn sicher<br />

war, dass eine bestimmt Vorgehensweise oder Äußerung zu beobachten war“ (Holst 2005, S.<br />

68) trägt ohne vorgegebene Konkretisierungen nicht zur Validität der Beobachtungen bei. Bei<br />

den Spezifikationen handelt es sich um hochinferente Ratingskalen, da sie nicht expliziert<br />

werden und „das Urteil <strong>als</strong> nicht näher konkretisierte, ganzheitliche Einfühlungsreaktion erscheint“<br />

(Lukesch 1998, S. 166).<br />

Auch bei der in der Phänomenta Flensburg durchgeführten Untersuchung, an der Holst sich<br />

bei der Erstellung seines Beobachtungsbogens orientierte, fehlen genauere Indikatoren (vgl.<br />

Fiesser 1990, S. 75ff.). Dort fand jedoch nach jeder Beobachtung ein Abschlussgespräch mit<br />

dem Beobachteten statt, durch das die Spezifikationen eventuell überprüft werden konnten<br />

(vgl. Ebd., S. 76).<br />

Problematisch an den Spezifikationen der Handlungsschritte ist auch, dass sie keiner äquidistanten<br />

Skala entsprechen (vgl. Lukesch 1998, S. 170). Beispielsweise beim Handlungsschritt<br />

„Schüler begreift“ wird spezifiziert in die verschiedenen Stimmungen „überrascht, begeistert,<br />

enttäuscht, zweifelnd, gelangweilt“. Dabei lassen sich „überrascht“, „begeistert“, „enttäuscht“<br />

und „gelangweilt“ in eine Rangfolge bringen, „zweifelnd“ passt jedoch nicht dazu: Bei einem<br />

begeisterten Begreifen ist es möglich zu zweifeln, ebenso wie beim enttäuschten Begreifen.<br />

Zusätzlich fehlt in der Rangfolge ein „neutrales“ Begreifen, der Abstand zwischen den Abstufungen<br />

„begeistert“ und „enttäuscht“ ist viel größer <strong>als</strong> der zwischen z.B. „überrascht“ und<br />

„begeistert“. Dadurch wird eine Zuordnung beim Beobachten erschwert und das Ergebnis<br />

49


4. Kurzevaluation<br />

verfälscht – Schüler, die nur ein klein wenig positiv beeindruckt, eigentlich eher neutral wirken,<br />

müssen entweder gar nicht zugeordnet, oder völlig übertrieben <strong>als</strong> „begeistert“ beschrieben<br />

werden.<br />

Die Objektivität der Beobachtungen, <strong>als</strong>o die Unabhängigkeit vom Beobachter, ist bei der<br />

Durchführung laut Holst gegeben, da „trotz unterschiedlicher Beobachter und Beobachterinnen<br />

annähernd gleiche Beobachtungen stattgefunden haben“ (Holst 2005, S. 67). Allerdings<br />

ist diese Art, die Durchführungsobjektivität festzustellen eher fraglich. <strong>Prof</strong>essionell wäre es<br />

hier gewesen, mehrere Beobachter den gleichen Schüler an der gleichen Station beobachten<br />

zu lassen, und die Ergebnisse dann miteinander zu vergleichen. Zumindest die Auswertung<br />

der Bögen erfolgt objektiv, da der Beobachter Markierungen auf dem Bogen macht, die einfach<br />

abgezählt werden können.<br />

Die Verhaltensbeobachtung soll bei Holst „Hinweise auf die Wirksamkeit zur Veränderung<br />

der Schülervorstellungen geben“ (ebd., S. 66). Außerdem meint er, durch die Beobachtungen<br />

erfassen zu können, „inwieweit sich Schüler und Schülerinnen emotional mit den Phänomenen<br />

auseinandersetzen, und daher den Zugang zu den Naturwissenschaften finden. Sie zeigen<br />

zudem, ob sich die Kinder selbstständig und aktiv den Experimenten zuwenden, <strong>als</strong>o das experimentelle<br />

Tun (Forscherdrang) gefördert wird und <strong>als</strong> Folge das problemlösende Denken<br />

fördert.“ (ebd., S. 69).<br />

Aus den Verhaltensbeobachtungen auf komplexe Vorgänge wie das Finden eines Zugangs zu<br />

den Naturwissenschaften oder die Veränderung von Schülervorstellungen zu schließen erscheint<br />

sehr gewagt. Holst benutzt jedoch noch zwei weitere Diagnosemittel, nämlich Concept<br />

Maps und die Methode des lauten Denkens (vgl. ebd., S. 58ff.). Dadurch erreicht er insgesamt<br />

angeblich eine gute Aussagekraft, trotz verwegener Schlüsse bei den Verhaltensbeobachtungen.<br />

Allerdings werden mit den beiden anderen Diagnosemitteln nicht die gleichen<br />

Hypothesen überprüft wie mit der Verhaltensbeobachtung, sondern die Hypothese, dass die<br />

Schüler durch die Nutzung der Experimentierstationen naturwissenschaftliche Vorstellungen<br />

verinnerlichen und vernetzen (vgl. Holst 2005, S. 55 und S. 198f.). Inwiefern die Bestätigung<br />

dieser Hypothese durch die Methode des lauten Denkens und die Concept Maps dazu beitragen<br />

kann, auch die Aussagekraft der durchgeführten Verhaltensbeobachtungen zu stützen,<br />

bleibt fraglich.<br />

Bei der Untersuchung in Reichenberg werden keine weiteren Diagnoseinstrumente eingesetzt,<br />

daher sollen mit dem Beobachtungsbogen leichter überprüfbare Fragen beantwortet werden,<br />

50


4. Kurzevaluation<br />

die Beantwortung soll direkt aus den Beobachtungen hervorgehen können. Wie oben bereits<br />

erwähnt, soll festgestellt werden, ob eine Kommunikation über physikalische Sachverhalte<br />

stattfindet, ob die Kinder aktuelles Interesse zeigen und ob die motivationsfördernden Faktoren<br />

Selbstbestimmtheit, Erleben von Kompetenz und soziale Eingebundenheit wie erwartet<br />

gegeben sind. Ebenso soll beobachtet werden, ob die Stationen und die Texte an den Stationen<br />

attraktiv und für die Kinder verständlich sind.<br />

Leider bleiben die Schwächen des Beobachtungsbogens bezüglich Durchführungsobjektivität<br />

und Validität dennoch bestehen. Die Durchführungsobjektivität ist hier besonders fraglich, da<br />

der Beobachter gleichzeitig der Konstrukteur der Stationen ist, und die Beobachtung daher<br />

nicht unvoreingenommen durchführen kann.<br />

Die Beobachtungen wurden fast zwei Wochen lang täglich in der ersten großen Pause durchgeführt.<br />

Da die Schüler der Grundschule Reichenberg sich in den Pausen normalerweise nicht<br />

im Schulgebäude aufhalten dürfen, bekamen jeden Tag verschiedene Schüler die besondere<br />

Erlaubnis, drinnen bleiben und an den Stationen experimentieren zu dürfen. Es wurde versucht,<br />

die Beobachtungen auf wenige Stationen zu beschränken, um zu diesen Stationen viele<br />

Beobachtungen durchführen zu können.<br />

Das Ausfüllen der Bögen erfolgte offen, die Schüler wussten <strong>als</strong>o, dass sie beobachtet werden.<br />

Da den Schülern aber nicht bekannt war, was genau beobachtet wurde und was das „erwünschte<br />

Verhalten“ war, konnte es nicht zu einem „Meerschweincheneffekt“ (Lukesch<br />

1998, S. 132) kommen, bei dem die Beobachtung dadurch verfälscht wird, dass die Versuchspersonen<br />

versuchen, das gewünschte und nicht ihr natürliches Verhalten zu zeigen.<br />

Auch konnten die Schüler während der Beobachtungen Kontakt zum Beobachter aufnehmen,<br />

Fragen zu den Stationen stellen oder ihre Erkenntnisse mitteilen. Die Beobachtung war <strong>als</strong>o<br />

zeitweise eher teilnehmend <strong>als</strong> außenstehend.<br />

4.1.2. Lehrerbefragung<br />

In Ermangelung eines für die Fragestellung passenden, bereits erprobten Fragebogens wurde<br />

ein eigener erstellt. Die ordnungsgemäße Entwicklung eines Fragebogens, in dem die inhaltlich<br />

wichtigen Fragen methodisch richtig gestellt werden, ist „eine außerordentlich komplizierte<br />

Angelegenheit“ (Porst 2008, S. 12). Daher sei vorweg gesagt, dass diese hier zwar nach<br />

besten Wissen durchgeführt wurde, der Fragebogen aufgrund mangelnder Erfahrung und zeitlicher<br />

Beschränkung jedoch wissenschaftlichen Gütekriterien nicht standhält.<br />

51


4. Kurzevaluation<br />

Bei der Formulierung der Fragen wurde darauf geachtet, einige wichtige „Gebote der Frageformulierung“<br />

(ebd., S. 95, Herv. i. Original) zu beachten. Diese sind zwar nur „sehr grobe<br />

Faustregeln“ (ebd.), helfen aber dennoch, Fehler zu vermeiden. Besonders wichtig ist es, einfache,<br />

unzweideutige Begriffe zu verwenden, die von allen Befragten gleich verstanden werden<br />

(vgl. ebd.). Für besseres Verstehen sorgen auch kurze, simpel formulierte Fragen, doppelte<br />

Verneinungen sollten vermieden werden (vgl. ebd.). Obwohl die befragte Person nicht ü-<br />

berfordert werden darf, sollen die Fragen „nicht trivial klingen“ (ebd.), da dies demotivierend<br />

wäre. Hypothetische Fragen und Unterstellungen sind ebenfalls ungünstig, wenn man realistische<br />

Antworten erhalten möchte (vgl. ebd.).<br />

Der Fragebogen besteht aus fünf Fragen, von denen drei geschlossen und zwei halboffen gestellt<br />

wurden. Die Form der geschlossenen Frage, bei der die Antwortmöglichkeiten vorgegeben<br />

sind und die entsprechende Antwort angekreuzt werden muss, hat den Vorteil, dass die<br />

Antworten standardisiert sind und leicht miteinander verglichen werden können. Außerdem<br />

lassen sie sich sehr schnell beantworten – ein wichtiger Aspekt, da die Fragebögen vermutlich<br />

in der Pause von den Lehrkräften aufgefüllt werden. Um eine Frage geschlossen stellen zu<br />

können, muss das „Universum der Antworten“ (Porst 2008, S. 63) bekannt sein und aus einer<br />

bestimmten Menge bestehen, die Anzahl der Antworten darf nicht zu groß sein (vgl. ebd.).<br />

Dies ist bei drei der für den Fragebogen ausgewählten Fragen der Fall:<br />

1. Haben Sie die Experimentierstationen bereits genutzt?<br />

Die Antwort kann hier nur „Ja.“ oder „Nein.“ lauten, nichts anderes ist möglich.<br />

2. Werden Sie die Experimentierstationen für Ihren Unterricht nutzen?<br />

Hier ist entweder schon eine klare Planung vorhanden – dann kann mit „Ja.“ oder<br />

„Nein.“ geantwortet werden. Oder die Lehrkraft hat noch keine Entscheidung getroffen,<br />

„Weiß ich noch nicht.“ wäre die passende Antwort. Schließlich ist es auch möglich,<br />

dass die Lehrkraft zur Zeit z.B. eine erste Klasse hat, die Stationen mit dieser<br />

nicht nutzen möchte, aber durchaus in Erwägung zieht, die Stationen zu nutzen, falls<br />

sie irgendwann beispielsweise eine dritte Klasse übernimmt. Für diesen Fall steht die<br />

Antwort „Vielleicht mit einer anderen Klasse.“ zur Auswahl.<br />

3. Wie werden die Experimentierstationen bisher von den Schülern genutzt?<br />

Bei dieser Frage wurde vor allem die geschlossene Form gewählt, um die Varianz der<br />

Antworten einzuschränken. Da durch die Schülerbeobachtungen keine Informationen<br />

darüber gesammelt werden konnten, wie oft die Schüler die Stationen nutzen, sollte<br />

dies hier erfragt werden. Die Antwortmöglichkeiten „Intensiv.“, „Oft.“, „Selten.“ und<br />

52


4. Kurzevaluation<br />

„Gar nicht.“ beschränken die Antworten auf die Angabe der Nutzungshäufigkeit, wobei<br />

die vierstufige Skala sehr übersichtlich ist und dennoch ausreichend differenziert.<br />

Falls eine Lehrkraft nicht einschätzen kann, wie oft die Stationen genutzt werden,<br />

steht die Antwort „Weiß ich nicht.“ zur Verfügung.<br />

Bei den beiden halboffenen Fragen konnte „das tatsächliche Universum möglicher Antworten<br />

[...] zwar gut abgeschätzt [...], aber nicht definitiv bestimmt“ (Porst 2008, S. 57) werden. Daher<br />

wurde eine Restkategorie in die Frage eingefügt. Sie dient neben der Datengewinnung<br />

dazu, die „Motivation der Befragungspersonen aufrecht zu erhalten“ (ebd.), denn so kann bei<br />

niemandem „das Gefühl entstehen, ‚da irgendwie nicht reinzupassen’“ (ebd.).<br />

Auch konnte durch die Restkategorie verhindert werden, dass sehr viele Antwortmöglichkeiten<br />

aufgeführt werden müssen. Denn bei den beiden halboffenen Fragen wäre dies sonst nötig<br />

gewesen:<br />

1. Dass die Experimentierstationen frei zugänglich im Schulgebäude stehen, ist...<br />

Bei dieser Frage stehen unzählige Antworten zur Verfügung, es wurden die am wahrscheinlichsten<br />

erscheinenden herausgegriffen, nämlich „eher lästig.“, „für die Schüler<br />

sehr interessant.“, „praktisch.“ und „mir egal.“. Um auch andere Meinungen zuzulassen<br />

wurde eine Restkategorie eingefügt, in die frei eingetragen werden konnte.<br />

2. Wie möchten Sie ggf. die Experimentierstationen in Ihrem Unterricht nutzen?<br />

Die Antwortmöglichkeiten „In Freiarbeit oder Wochenplanarbeit.“, „Als Stationentraining.“,<br />

„Ich werde einzelne Stationen in den Klassenraum mitbringen.“ und<br />

„Als ‚Hausaufgabe’.“ sollten die Einsatzmöglichkeiten im Unterricht eigentlich vollständig<br />

abdecken. Um jedoch auch weiteren kreativen Ideen Raum zu geben, wurde<br />

die Restkategorie „Sonstiges:“ mit Platz zum Eintragen eigener Einsatzmöglichkeiten<br />

eingefügt. Lehrkräfte, die die Stationen zwar nutzen möchten, sich jedoch noch nicht<br />

sicher sind, wie, können „Weiß ich noch nicht.“ auswählen. Indem <strong>als</strong> letzte Antwortmöglichkeit<br />

„Ich werde sie nicht nutzen.“ eingebaut wurde, dient diese Frage <strong>als</strong><br />

Kontrollfrage zu „Werden Sie die Stationen für Ihren Unterricht nutzen?“. Dies ist<br />

sinnvoll, da die beiden Fragen die bei der Lehrerbefragung wichtigste Information liefern<br />

sollen. Wird bei einer der Fragen angegeben, dass die Stationen nicht genutzt<br />

werden, muss das bei der anderen Frage auch geschehen. Ist dies nicht der Fall, sollte<br />

der Fragebogen aussortiert werden, da er entweder nicht sorgfältig oder nicht wahrheitsgemäß<br />

ausgefüllt wurde.<br />

53


4. Kurzevaluation<br />

Damit der Fragebogen möglichst wenig abschreckend wirkt und die Rücklaufquote hoch ist,<br />

wurde er so formatiert, dass er nur eine DinA4 Seite groß ist und dadurch bereits so aussieht,<br />

<strong>als</strong> wäre er schnell ausgefüllt. Dennoch wurde den Fragen ein kurzer Informationstext zur<br />

Intention der Befragung vorangestellt, damit die Lehrkräfte wissen, warum sie den Bogen<br />

ausfüllen sollen.<br />

Hinweise zum Ausfüllen des Fragebogens werden nur sehr knapp gegeben: „Bitte kreuzen Sie<br />

die zutreffenden Antworten an (Mehrfachnennungen möglich).“ Da keine komplizierten Skalen,<br />

etc. verwendet werden, sind weitere Hinweise nicht nötig.<br />

4.2. Ergebnisse<br />

4.2.1. Schülerbeobachtung<br />

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Schülerbeobachtung dargestellt. Dazu werden<br />

zunächst die Ergebnisse der Beobachtungen an den einzelnen Stationen beschrieben. Dann<br />

werden unter 4.2.1.2 Deutung und Vergleich die Ergebnisse aller Stationen zusammengefasst<br />

und ihre Bedeutung im Bezug auf die eingangs gestellten Fragen geklärt. Außerdem werden<br />

die in Reichenberg gemachten Beobachtungen mit denen von Holst verglichen.<br />

4.2.1.1. Einzelne Stationen<br />

Von den dreizehn Experimentierstationen wurden für die Evaluation nur zehn ausgewählt,<br />

davon wiederum nur sieben ausgewertet. Für die Stationen „Klappspiegel“, „Monochord“ und<br />

„Tunnel oder Scheibe?“ konnten jeweils nur zwei bis drei Beobachtungen angefertigt werden.<br />

Dies ist für eine aussagekräftige Auswertung viel zu wenig. Je mehr Beobachtungen durchgeführt<br />

werden, desto aussagekräftiger und repräsentativer wird die Evaluation. Denn je mehr<br />

einzelne Kinder an den Stationen beobachtet werden, desto eher ist es möglich, von den einzelnen<br />

Verhaltensweisen auf ein typisches Verhalten zu schließen.<br />

Insgesamt wurden 63 Beobachtungen ausgewertet, eine recht geringe Anzahl, da die Beobachtung<br />

alleine durchgeführt wurde und täglich nur etwa 15 Minuten Beobachtungszeit zur<br />

Verfügung standen.<br />

Die Auswertung erfolgt, indem ausgezählt und notiert wird, welche Beobachtung auf den Beobachtungsbögen<br />

zu der jeweiligen Stationen wie oft markiert wurde. Dabei werden bei der<br />

Beobachtung des Verhaltens wegen der besseren Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit (vgl.<br />

Holst 2005, S. 116) Prozentangaben gemacht, nicht die absoluten Zahlen genannt. Die Ge-<br />

54


4. Kurzevaluation<br />

samtzahl der vorliegenden Beobachtungsbögen wird zusätzlich notiert. Die Spezifikation des<br />

Verhaltens wird <strong>als</strong> Anzahl aufgeführt, da häufig nicht jeder Handlung ein Adjektiv zugeordnet<br />

werden konnte und f<strong>als</strong>che Rückschlüsse von Prozentangaben auf die Anzahl verhindert<br />

werden sollen.<br />

Station "Welches ist größer?"<br />

Anzahl: 11 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 9,1 90,9<br />

Schüler kommt in Gruppe 90,9 9,1<br />

Schüler liest 36,4 63,6 zögernd (1), zurückhaltend, zielstrebig (3)<br />

unsicher (3), staunend, zweifelnd, überzeugt<br />

Schüler versteht 88,9 11,1<br />

(4)<br />

Schüler fragt 54,5 45,5 zielsicher (5), unsicher (1), zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 100 0 zögernd (1), unsicher, zielgerichtet (9)<br />

überrascht (3), begeistert (5), enttäuscht,<br />

Schüler begreift 90,9 9,1 zweifelnd (1), gelangweilt (1)<br />

Schüler experimentiert 36,4 63,6<br />

überrascht (2), begeistert (2), enttäuscht,<br />

zweifelnd, gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 27,3 72,7 abwesend (1)<br />

begeistert (1), aufmerksam, beteiligt (1),<br />

staunend (4), begeistert (2), gelangweilt (2),<br />

Schüler geht<br />

enttäuscht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 9 2 0 0<br />

Tabelle 2: Beobachtungen zur Experimentierstation „Welches ist größer?“<br />

Für die Experimentierstation „Welches ist größer?“ (siehe Tabelle 2) wurden 11 Beobachtungsbögen<br />

ausgefüllt. Über ⅓ der beobachteten Kinder las zunächst den an der Station angebrachten<br />

Text, mehr <strong>als</strong> die Hälfte der Kinder stellte den anderen Fragen. Dies war fast immer<br />

möglich, da weniger <strong>als</strong> 10% der Beobachteten alleine an die Station kamen. In Betrieb genommen<br />

wurde diese Stationen von allen Schülern.<br />

55


4. Kurzevaluation<br />

Station "Licht mischen"<br />

Anzahl: 14 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 6,3 93,8<br />

Schüler kommt in Gruppe 93,8 6,3<br />

Schüler liest 25,0 75,0 zögernd (1), zurückhaltend, zielstrebig (3)<br />

unsicher (1), staunend (1), zweifelnd, überzeugt<br />

Schüler versteht 66,7 33,3 (5)<br />

Schüler fragt 56,3 43,8 zielsicher (7), unsicher (2), zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 93,8 6,3 zögernd (3), unsicher, zielgerichtet (11)<br />

überrascht (3), begeistert (7), enttäuscht, zweifelnd<br />

Schüler begreift 86,7 13,3<br />

(1), gelangweilt (1)<br />

Schüler experimentiert 68,8 31,3<br />

überrascht (2), begeistert (8), enttäuscht, zweifelnd<br />

(1), gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 43,8 56,3<br />

Schüler geht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 12 4 0 0<br />

Tabelle 3: Beobachtungen zur Experimentierstation „Licht mischen“<br />

begeistert (6), aufmerksam, beteiligt (1), abwesend<br />

staunend (4), begeistert (6), gelangweilt (2),<br />

enttäuscht (2)<br />

Der Umgang mit der Station „Licht mischen“ (siehe Tabelle 3) wurde 14 mal beobachtet.<br />

Auch hier kamen über 90% der Kinder in einer Gruppe. Nur ¼ der Kinder lasen die Anweisung,<br />

was zu tun ist, verstanden, was zu tun ist, haben jedoch ⅔ der Kinder. Ebenfalls ⅔ der<br />

Schüler experimentierten überwiegend begeistert an der Station. Besonders beliebt waren die<br />

bunten Schatten, die entstanden, wenn die eigene Hand zwischen Lichtquelle und Wand<br />

gehalten wurde. So funktionierten auch 43,8% der Kinder die Station zum Spielobjekt um und<br />

machten bunte Schattenspiele.<br />

56


4. Kurzevaluation<br />

Station "Weißes Licht – oder<br />

nicht?"<br />

Anzahl: 9 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 0,0 100,0<br />

Schüler kommt in Gruppe 100,0 0,0<br />

Schüler liest 55,6 44,4 zögernd (1), zurückhaltend, zielstrebig (3)<br />

unsicher (1), staunend (1), zweifelnd, überzeugt<br />

Schüler versteht 75,0 25,0<br />

(2)<br />

Schüler fragt 77,8 22,2 zielsicher (6), unsicher (1), zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 100,0 0,0 zögernd (2), unsicher (1), zielgerichtet (6)<br />

überrascht (4), begeistert (4), enttäuscht (1),<br />

Schüler begreift 100,0 0,0 zweifelnd, gelangweilt<br />

Schüler experimentiert 33,3 66,7<br />

überrascht (2), begeistert (1), enttäuscht,<br />

zweifelnd, gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 22,2 77,8 send<br />

begeistert (2), aufmerksam, beteiligt, abwe-<br />

staunend (4), begeistert (3), gelangweilt (2),<br />

Schüler geht<br />

enttäuscht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 8 0 1 0<br />

Tabelle 4: Beobachtungen zur Experimentierstation „Weißes Licht - oder nicht?“<br />

Zur Station „Weißes Licht - oder nicht?“ (siehe Tabelle 4) kamen alle beobachteten Schüler<br />

in Gruppen. Mehr <strong>als</strong> die Hälfte las den Stationstext, ¾ verstanden, was zu tun ist. 77% der<br />

Kinder stellten Fragen. ⅓ der Beobachteten experimentierten an dieser Station.<br />

Besonders erwähnenswert ist das Experiment eines noch sehr kleinen Jungen, vermutlich eines<br />

Erstklässlers. Er hatte es geschafft, ein Spektrum auf der Wand sichtbar zu machen, hielt<br />

seine Hand ins Licht und betrachtete das Spektrum auf der Handfläche. Dann schloss er vorsichtig<br />

die Hand, trat einen Schritt zurück und spähte zwischen seinen Fingern hindurch auf<br />

die Handfläche – um enttäuscht festzustellen, dass das Spektrum nicht mehr da war. Diesen<br />

Versuch wiederholte er noch einmal. Danach hatte er anscheinend festgestellt, dass sich das<br />

bunte Licht nicht einfangen und festhalten ließ, eine erstaunliche Erkenntnis, wenn man bedenkt,<br />

dass er lediglich drei Minuten lang experimentierte.<br />

57


4. Kurzevaluation<br />

Station "Schatten"<br />

Anzahl: 14 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 14,3 85,7<br />

Schüler kommt in Gruppe 85,7 14,3<br />

Schüler liest 42,9 57,1 zögernd, zurückhaltend (1), zielstrebig (4)<br />

unsicher (2), staunend (1), zweifelnd, überzeugt<br />

Schüler versteht 76,9 23,1 (5)<br />

Schüler fragt 42,9 57,1 zielsicher (5), unsicher (1), zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 92,9 7,1 zögernd (3), unsicher, zielgerichtet (11)<br />

überrascht (2), begeistert (7), enttäuscht, zweifelnd,<br />

Schüler begreift 92,9 7,1<br />

gelangweilt (1)<br />

Schüler experimentiert 64,3 35,7<br />

überrascht, begeistert (7), enttäuscht, zweifelnd,<br />

gelangweilt (1)<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 35,7 64,3<br />

Schüler geht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 9 2 3 0<br />

Tabelle 5: Beobachtungen zur Experimentierstation „Schatten“<br />

begeistert (3), aufmerksam (1), beteiligt (1),<br />

abwesend<br />

staunend (1), begeistert (9), gelangweilt (1),<br />

enttäuscht<br />

Auch an der Station „Schatten“ (siehe Tabelle 5) konnten 14 Beobachtungen gemacht werden.<br />

Hier kamen recht viele, nämlich 14,3% der Schüler, alleine. <strong>Dr</strong>ei Schüler waren bei der Inbetriebnahme<br />

zögerlich, über 60% experimentierten jedoch dann begeistert. Die Verweildauer<br />

betrug bei zwei Schülern bis zu 2 Minuten, bei drei Schülern sogar bis zu 3 Minuten.<br />

58


4. Kurzevaluation<br />

Station "Richtungshören"<br />

Anzahl: 5 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 0,0 100,0<br />

Schüler kommt in Gruppe 100,0 0,0<br />

Schüler liest 40,0 60,0 zögernd, zurückhaltend, zielstrebig (1)<br />

Schüler versteht 80,0 20,0 unsicher, staunend, zweifelnd, überzeugt (3)<br />

Schüler fragt 40,0 60,0 zielsicher (1), unsicher, zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 100,0 0,0 zögernd (1), unsicher (1), zielgerichtet (3)<br />

überrascht (1), begeistert (3), enttäuscht, zweifelnd,<br />

Schüler begreift 80,0 20,0<br />

gelangweilt<br />

Schüler experimentiert 0,0 100,0<br />

überrascht, begeistert, enttäuscht, zweifelnd,<br />

gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 40,0 60,0<br />

Schüler geht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 2 3 0 0<br />

Tabelle 6: Beobachtungen zur Experimentierstation „Richtungshören“<br />

begeistert (1), aufmerksam, beteiligt (1), abwesend<br />

staunend, begeistert (3), gelangweilt, enttäuscht<br />

Die Experimentierstation „Richtungshören“ (siehe Tabelle 6) wurde während der Beobachtung<br />

nur von Gruppen aufgesucht. Alle nahmen sie in Betrieb, wobei ein Schüler dabei zögernd,<br />

ein anderer unsicher erschien. Niemand experimentierte über die Anleitung hinaus, die<br />

Station wurde jedoch von 40% der Kinder zum Spielobjekt umgewandelt. Beim Verlassen<br />

waren die Schüler überwiegend begeistert, drei bleiben bis zu zwei Minuten an der Station.<br />

59


4. Kurzevaluation<br />

Station "Kaleidoskop"<br />

Anzahl: 4 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 25,0 75,0<br />

Schüler kommt in Gruppe 75,0 25,0<br />

Schüler liest 75,0 25,0 zögernd, zurückhaltend, zielstrebig (2)<br />

Schüler versteht 100,0 0,0 unsicher (1), staunend, zweifelnd, überzeugt (2)<br />

Schüler fragt 25,0 75,0 zielsicher (1), unsicher, zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 100,0 0,0 zögernd, unsicher, zielgerichtet (4)<br />

überrascht, begeistert (4), enttäuscht, zweifelnd,<br />

Schüler begreift 100,0 0,0<br />

gelangweilt<br />

Schüler experimentiert 75,0 25,0<br />

überrascht, begeistert (3), enttäuscht, zweifelnd,<br />

gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 75,0 25,0<br />

Schüler geht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 3 0 1 0<br />

Tabelle 7: Beobachtungen zur Experimentierstation „Kaleidoskop“<br />

begeistert (1), aufmerksam (1), beteiligt (1),<br />

abwesend<br />

staunend (1), begeistert (3), gelangweilt, enttäuscht<br />

Zur Station „Kaleidoskop“ (siehe Tabelle 7) wurden nur vier Beobachtungsbögen ausgefüllt.<br />

¾ der beobachteten Schüler lasen den an der Station angebrachten Text, alle verstanden, was<br />

an der Station gemacht werden muss. Ebenfalls ¾ der Kinder experimentierten begeistert und<br />

funktionierten die Experimentierstation zum Spielobjekt um. Eine Gruppe verblieb bis zu drei<br />

Minuten an der Station, die anderen verließen sie nach bis zu einer Minute.<br />

60


4. Kurzevaluation<br />

Station "Geräusche im Holz"<br />

Anzahl: 4 ja in % nein in %<br />

Schüler kommt allein 0,0 100,0<br />

Schüler kommt in Gruppe 100,0 0,0<br />

Schüler liest 75,0 25,0 zögernd, zurückhaltend, zielstrebig (3)<br />

Schüler versteht 100,0 0,0 unsicher (1), staunend, zweifelnd, überzeugt (2)<br />

Schüler fragt 50,0 50,0 zielsicher (1), unsicher (1), zweifelnd<br />

Schüler nimmt in Betrieb 100,0 0,0 zögernd, unsicher, zielgerichtet (4)<br />

überrascht (2), begeistert (1), enttäuscht, zweifelnd,<br />

Schüler begreift 100,0 0,0<br />

gelangweilt<br />

Schüler experimentiert 0,0 100,0<br />

überrascht, begeistert, enttäuscht, zweifelnd,<br />

gelangweilt<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt<br />

um 25,0 75,0 begeistert, aufmerksam, beteiligt (1), abwesend<br />

Schüler geht<br />

staunend (1), begeistert (1), gelangweilt, enttäuscht<br />

Verweildauer / min. 0-1 bis 2 bis 3 über 3<br />

Anzahl 4 0 0 0<br />

Tabelle 8: Beobachtungen zur Experimentierstation „Geräusche im Holz“<br />

Auch zur Station „Geräusche im Holz“ (siehe Tabelle 8) liegen nur vier Beobachtungen vor.<br />

Alle Schüler kamen in Gruppen, verstanden, welche Handlung durchgeführt werden muss und<br />

nahmen die Station in Betrieb. Keiner experimentierte, eines von vier Kindern funktionierte<br />

die Station aber zum Spielobjekt um. Interessant war die Äußerung eines Mädchens, die die<br />

im Lehrerhandbuch beschriebene Schülervorstellung zur Schallausbreitung sehr schön demonstriert:<br />

„Aber da ist ja gar kein Loch drin! Wie kann man das denn trotzdem hören?“<br />

Das Kind ist hier offensichtlich der Auffassung, dass Schall nicht durch Holz weitergeleitet<br />

werden kann. Es wundert sich, dass es etwas hören kann, obwohl kein Loch im Stamm ist,<br />

durch das der Schall hindurch kommen könnte.<br />

61


4. Kurzevaluation<br />

4.2.1.2. Deutung und Vergleich<br />

Zur Beantwortung der eingangs gestellten Fragen werden die Ergebnisse aller einzelnen Stationen<br />

zusammengefasst und die Mittelwerte der Ergebnisse zu den einzelnen Beobachtungspunkten<br />

berechnet. Diese Gesamtergebnisse werden jeweils mit den Resultaten verglichen, zu<br />

denen Holst bei der Untersuchung seiner 52 Experimentierstationen der Miniphänomenta<br />

kommt.<br />

Schüler kommt in Gruppe<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

92,2<br />

ja<br />

7,8<br />

nein<br />

Abb. 18: Schüler kommt in Gruppe<br />

Beinahe alle, genauer 92,2% der Schüler, kommen in Gruppen an die Stationen (siehe Abb.<br />

18). Bei Holst war dies nur bei 62,2% der Kinder der Fall (vgl. Holst 2005, S. 169). Dieser<br />

Unterschied könnte dadurch zustande kommen, dass in Reichenberg jeweils die Kinder aus<br />

einer Klasse die Erlaubnis bekamen, im Schulgebäude zu bleiben. So kannten sich alle und<br />

schlossen sich vielleicht leichter zu Gruppen zusammen.<br />

Dass die Kinder gemeinsam an die Experimentierstationen kommen, ist äußerst positiv. Einerseits<br />

ist dadurch der oben erwähnte Motivationsfaktor der sozialen Eingebundenheit gegeben,<br />

das gemeinsame Experimentieren wird zu einem sozialen Erlebnis. Andererseits ist eine<br />

Kommunikation über physikalische Sachverhalte natürlich nur möglich, wenn Gesprächspartner<br />

anwesend sind.<br />

62


4. Kurzevaluation<br />

Schüler liest<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

50,0 50,0<br />

ja<br />

nein<br />

Abb. 19: Schüler liest<br />

Bezüglich des Lesens der neben den Stationen angebrachten Texten (siehe Abb. 19) sind die<br />

Ergebnisse aus Reichenberg und die von Holst veröffentlichten recht unterschiedlich. Während<br />

bei Holst nur 7,9% der Schüler die Texte lasen (vgl. ebd., S 170), waren es in Reichenberg<br />

50,0%. Möglicherweise liegt dies an der attraktiven Gestaltung der Texte (siehe 3.2.3<br />

Texte an den Stationen), auf die hier viel Wert gelegt wurde.<br />

Den von Holst gezogenen Schluss, dass auf die Texte an den Stationen verzichtet werden<br />

kann (vgl. ebd.), stützen die in Reichenberg gemachten Aussagen nicht. Vielmehr geben sie<br />

einen Hinweis darauf, dass die für die Evaluation gestellte Frage, ob die Texte für die Schüler<br />

interessant gestaltet wurden, positiv beantwortet werden kann.<br />

Schüler versteht<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

83,9<br />

ja<br />

16,1<br />

nein<br />

Abb. 20: Schüler versteht<br />

63


4. Kurzevaluation<br />

Die Ergebnisse zum schwer beobachtbaren Handlungsschritt „Schüler versteht“ (siehe Abb.<br />

20) sind hier und bei Holst ähnlich. Bei ihm verstehen etwa 71% der Schüler (vgl. ebd., S.<br />

171), was zu tun ist, in Reichenberg sind es ca. 84%.<br />

Diese hohe Zahl lässt darauf schließen, dass sowohl Texte <strong>als</strong> auch Stationen für die Schüler<br />

verständlich sind und sich ihnen die Handhabung der Experimente erschließt. Das wiederum<br />

ist gut für den Motivationsfaktor „Erleben von Kompetenz“, denn wenn die Schüler sofort<br />

wissen, was sie machen müssen, oder den Text verstehen, fühlen sie sich kompetent.<br />

Schüler fragt<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

49,5 50,5<br />

ja<br />

nein<br />

Abb. 21: Schüler fragt<br />

Etwa die Hälfte der Schüler in Reichenberg stellte Mitschülern in der Umgebung eine oder<br />

mehrere Fragen zur jeweiligen Experimentierstation (siehe Abb. 21). Dieser Wert liegt bei<br />

Holst nur bei 33,5% (vgl. Holst 2005, S. 171), was daran liegen könnte, dass dort nicht so<br />

viele Schüler in Gruppen an die Stationen kamen. Fragen konnten sie schließlich nur, wenn<br />

auch Mitschüler in der Nähe waren, und wenn sie diese kannten, trauten sie sich vielleicht<br />

eher.<br />

Durch die Fragen wird bereits die Kommunikation über physikalische Sachverhalte angeregt.<br />

Auch die soziale Eingebundenheit, einer der drei wichtigen Motivationsfaktoren, wird gefördert,<br />

wenn sich aus den Fragen Gespräche entwickeln.<br />

64


4. Kurzevaluation<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

Schüler nimmt in Betrieb<br />

98,1<br />

ja<br />

1,9<br />

nein<br />

Abb. 22: Schüler nimmt in Betrieb<br />

Bis auf ca. 2% nahmen in Reichenberg alle Schüler die Stationen in Betrieb (siehe Abb. 22),<br />

bei Holst bis auf etwa 1% (vgl. ebd., S. 172). Daran sieht man, dass Experimentierstationen<br />

das aktuelle Interesse der Kinder wecken können und eine momentane Handlungsbereitschaft<br />

auslösen. Sie sind <strong>als</strong>o attraktiv gestaltet und nutzen das unter 2.1.1 erwähnte Interesse junger<br />

Kinder an naturwissenschaftlichen Experimenten.<br />

Schüler begreift<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

92,9<br />

ja<br />

7,1<br />

nein<br />

Abb. 23: Schüler begreift<br />

Äußerst schwer zu beurteilen war das Begreifen des Phänomens. Wann immer ein Schüler<br />

anderen das Phänomen beschrieb oder auf seine Beobachtungen hinwies, wurde dies <strong>als</strong><br />

„Schüler begreift“ gewertet. So kommt auch der hohe Anteil von etwa 93% begreifender<br />

Schüler zustande (siehe Abb. 23). Dieser war mit ca. 74% der Schüler auch bei Holst recht<br />

hoch (vgl. Holst 2005, S. 173).<br />

65


4. Kurzevaluation<br />

Bezüglich des Motivationsfaktors des Kompetenzerlebens sind diese Zahlen äußerst ermutigend.<br />

Wenn die Schüler merken, dass sie ein Phänomen begriffen haben, führt dies zu eben<br />

jenem Erleben von Kompetenz.<br />

Schüler experimentiert<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

39,7<br />

ja<br />

60,3<br />

nein<br />

Abb. 24: Schüler experimentiert<br />

Aus dem Verstehen heraus die Randbedingungen des Versuchs verändert, <strong>als</strong>o experimentiert,<br />

haben in Reichenberg etwa 40% der Schüler (siehe Abb. 24). Dies zeigt, dass der Motivationsfaktor<br />

der Selbstbestimmung durchaus gegeben ist, aber nicht alle Kinder dazu bringt,<br />

weiter zu experimentieren. Dass sich dennoch mehr <strong>als</strong> ⅓ der Schüler über die Anleitung hinaus<br />

noch mit den Experimentierstationen beschäftigen, weist noch einmal darauf hin, dass die<br />

Stationen durchaus in der Lage sind, das aktuelle Interesse der Kinder zu wecken.<br />

Bei Holst war der Anteil der experimentierenden Kinder mit ca. 70% um einiges höher (vgl.<br />

ebd.). Dies könnte daran liegen, dass in Reichenberg jeden Tag andere Kinder in der Pause an<br />

die Stationen durften. Da mussten sie natürlich erst einmal alle Stationen ausprobieren und<br />

ließen sich wenig Zeit für jede. Diese Beobachtung erwähnt Holst auch: „Im Verlauf der Versuchsphasen<br />

hat sich auch gezeigt, dass die Schüler und Schülerinnen immer mehr Zeit an den<br />

Experimentierstationen verbrachten. Zunächst wurden die Experimente alle einmal ausprobiert“<br />

(Holst 2005, S. 175).<br />

Zudem sind in Reichenberg auf den Texten an den Stationen teilweise bereits Hinweise zur<br />

Variation der Versuchsbedingungen gegeben. Diese Veränderungen wurden nicht <strong>als</strong> eigenständiges<br />

Experimentieren im Beobachtungsbogen vermerkt, da nicht klar erkennbar war, ob<br />

die Variation aus dem eigenen Verständnis heraus stattfand oder nachdem der Hinweis im<br />

Text gelesen wurde.<br />

66


4. Kurzevaluation<br />

Schüler funktioniert zum Spielobjekt um<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

38,4<br />

ja<br />

61,6<br />

nein<br />

Abb. 25: Schüler funktioniert zum Spielobjekt um<br />

Zum Spielobjekt wurden die Stationen von etwa 38% der Schüler umfunktioniert (siehe Abb.<br />

25), bei Holst von etwa 47% (vgl. ebd., S. 174). Auch hier könnte der geringere Wert in Reichenberg<br />

daran liegen, dass die Schüler erst einmal alle Stationen ausprobieren wollten.<br />

Die Grenze zwischen Experimentieren und Spielen war bei der Beobachtung nur schwer zu<br />

ziehen, ob das Vorgehen ziellos oder überlegt war, war kaum erkennbar. Dies ist aber nicht<br />

wirklich dramatisch, da sowohl das Experimentieren <strong>als</strong> auch das Spielen von einer hohen<br />

Motivation, sich mit der Station auseinanderzusetzen, zeugen.<br />

Verweildauer<br />

Prozent %<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

74,6<br />

17,5<br />

7,9<br />

0,0<br />

1 2 3 4<br />

Verweildauer / min.<br />

Abb. 26: Verweildauer<br />

Auch bei der Verweildauer zeigt sich, dass diese bei Holst wesentlich größer war <strong>als</strong> in Reichenberg:<br />

Nur 25,4% der Schüler blieben hier länger <strong>als</strong> 1 Minute an den Stationen, bei Holst<br />

waren es 57,3%. Wieder dürfte die Ursache darin zu finden sein, dass den Schülern in<br />

67


4. Kurzevaluation<br />

Reichenberg nur die eine Pause zur Verfügung stand. Interessant wäre es, noch einmal zu<br />

beobachten, nachdem die Schüler einige Wochen lang Gelegenheit hatten, sich vor und nach<br />

dem Unterricht mit den Stationen zu beschäftigen.<br />

Die Fragen, die die Evaluation klären sollte, nämlich<br />

• ob eine Kommunikation über physikalische Sachverhalte stattfindet,<br />

• ob die motivationsfördernden Faktoren Selbstbestimmtheit, Erleben von Kompetenz<br />

und soziale Eingebundenheit gegeben sind,<br />

• ob die Kinder aktuelles Interesse zeigen<br />

• und ob die Stationen und die Texte an den Stationen attraktiv und für die Kinder verständlich<br />

sind,<br />

können anhand der gesammelten Ergebnisse durchweg positiv beantwortet werden. Die Kinder<br />

kommen fast alle in Gruppen an die Stationen und stellen sich häufig gegenseitig Fragen.<br />

Daraus kann man auf eine hohe soziale Eingebundenheit und viel Kommunikation über physikalische<br />

Sachverhalte schließen.<br />

Die meisten Kinder verstehen, was sie tun müssen und begreifen das beobachtete Phänomen,<br />

wodurch sie ihre eigene Kompetenz erleben. Auch der dritte wichtige Motivationsfaktor ist<br />

gegeben, da über ⅓ der Schüler selbstständig experimentiert und/oder die Station zum Spielobjekt<br />

umfunktioniert.<br />

Das aktuelle Interesse der Schüler und die Attraktivität der Experimentierstationen wird daran<br />

deutlich, dass so gut wie alle Schüler die Stationen in Betrieb genommen haben. Auch die<br />

Texte scheinen attraktiv und verständlich gewesen zu sein, da die Hälfte der Schüler sie gelesen<br />

hat und über 80% der Schüler verstanden haben, was an der Station getan werden kann.<br />

68


4. Kurzevaluation<br />

4.2.2. Lehrerfragebogen<br />

Die Rücklaufquote der Lehrerbefragung war ausgesprochen hoch: Von sieben fest an der<br />

Schule angestellten Lehrkräften kamen sechs Fragebögen zurück. Damit haben sich über 85%<br />

der Lehrkräfte an der Befragung beteiligt.<br />

Bereits bei der Veranstaltung zur Eröffnung hatten sich einige Lehrer positiv über die Stationen<br />

geäußert. Dies spiegelt sich, wie unten genauer dargestellt, auch in den Ergebnissen der<br />

Befragung wieder.<br />

Besonders erstaunlich waren die Antworten auf die erste Frage, ob die Lehrkraft die Experimentierstationen<br />

bereits im Unterricht genutzt habe (Abb. 26). Die Hälfte der an der Befragung<br />

Teilnehmenden gab an, die Stationen bereits benutzt zu haben. Da die Stationen erst<br />

sehr spät im Schuljahr eröffnet wurden, und daher die beiden Themen optische und akustische<br />

Phänomene im Sachunterricht vermutlich bereits behandelt worden waren, war eine so rege<br />

Nutzung nicht zu erwarten.<br />

Haben Sie die Experimentierstationen bereits genutzt?<br />

4<br />

3<br />

Anzahl<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Ja<br />

Antwort<br />

Nein<br />

Abb. 26: Ergebnis zu Frage 1<br />

Da die Einbindung in den Unterricht ein erklärtes Ziel der Experimentierstationen ist, ist dies<br />

natürlich sehr erfreulich. Allerdings kann die bisherige Nutzung im Unterricht nur <strong>als</strong> erster<br />

Schritt gesehen werden, denn zu optimalen Veränderungen bei den Schülern führt vermutlich<br />

nur eine wirklich themenbezogene Einbindung, <strong>als</strong>o eine Einbindung in den Sachunterricht<br />

genau dann, wenn die beiden Themen dort gerade behandelt werden.<br />

Darauf, dass diese direkte Einbindung stattfinden wird, lassen die Antworten auf die zweite<br />

Frage hoffen (Abb. 27): Zwei <strong>Dr</strong>ittel der Lehrkräfte gab an, die Stationen in ihrem Unterricht<br />

nutzen zu wollen. Besonders aber die Antwort, die Stationen vielleicht mit einer anderen<br />

69


4. Kurzevaluation<br />

Klasse zu nutzen, weist darauf hin, dass die Stationen passend in den Sachunterricht eingebunden<br />

werden sollen. Etwa die Hälfte gab diese Antwort. Vermutlich haben die betreffenden<br />

Lehrkräfte gerade keine dritte Klasse, möchten die Stationen aber nutzen, wenn sie wieder<br />

eine haben.<br />

Werden Sie die Experimentierstationen für Ihren Unterricht<br />

nutzen?<br />

5<br />

4<br />

Anzahl<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Ja. Nein. Weiß ich noch<br />

nicht.<br />

Vielleicht mit einer<br />

anderen Klasse.<br />

Antwort<br />

Abb. 27: Ergebnis zu Frage 2<br />

Auf die vierte Frage (Abb. 28), wie die Experimentierstationen im Unterricht genutzt werden<br />

sollen, antworteten 83% der Lehrkräfte, dass sie sie in der Freiarbeit oder in der Wochenplanarbeit<br />

nutzen möchten. 33% möchten die Stationen <strong>als</strong> Stationentraining nutzen, eine Lehrkraft<br />

plant, einzelne Stationen mit in den Klassenraum zu nehmen. Auch bei dieser Frage waren<br />

Mehrfachnennungen möglich und wurden auch genutzt, einige Lehrkräfte wählten mehrere<br />

Einsatzmöglichkeiten aus.<br />

Wie möchten Sie ggf. die Experimentierstationen in Ihrem<br />

Unterricht nutzen?<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Freiarbeit /<br />

Wochenplan<br />

Stationentrain.<br />

Einzelne<br />

Stationen im<br />

Klassenraum<br />

"Hausaufgabe"<br />

Sonstiges:<br />

Weiß ich noch<br />

nicht<br />

Ich werde sie<br />

nicht nutzen<br />

Anzahl<br />

Antwort<br />

Abb. 28: Ergebnis zu Frage 4<br />

Die Antworten auf diese Frage stimmen gut mit denen zur zweiten Frage überein. Auch hier<br />

gab keine Lehrkraft an, die Experimentierstationen nicht für den Unterricht nutzen zu wollen.<br />

70


4. Kurzevaluation<br />

Andererseits ist erkennbar, dass die Stationen voraussichtlich vielfältig eingesetzt werden<br />

dürften. Dass so viele Befragte angaben, die Stationen in Frei- oder Wochenplanarbeit nutzen<br />

zu wollen, lässt auch darauf schließen, dass an der Grundschule Reichenberg offene Unterrichtsformen<br />

sehr verbreitet sind – was wiederum für die Nutzung der Stationen positiv ist.<br />

Denn vor allem sollen die Schüler laut den Antworten selbstständig an den Stationen arbeiten<br />

dürfen, was wie oben aufgezeigt für die Motivation sehr förderlich ist.<br />

Auf die dritte Frage (Abb. 29), bei der eine Bewertung der freien Zugänglichkeit der Experimentierstationen<br />

gefragt war, antworteten fünf von sechs Lehrern, dass die Zugänglichkeit für<br />

die Schüler sehr interessant sei, zwei gaben an, dass sie praktisch sei. Lästig fand die freie<br />

Zugänglichkeit zum Glück niemand.<br />

Dass die Experimentierstationen frei zugänglich im<br />

Schulgebäude stehen, ist...<br />

Anzahl<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

eher lästig.<br />

für die Schüler<br />

sehr<br />

interessant.<br />

praktisch. mir egal. ___________<br />

Antwort<br />

Abb. 29: Ergebnis zu Frage 3<br />

Befürchtungen, dass die Stationen im Schulhaus jemanden stören könnten, wurden damit ausgeräumt.<br />

Dies ist wichtig, da es unwahrscheinlich ist, dass jemand die Experimentierstationen<br />

nutzt, wenn er sich jedem Tag über ihren Standort im Schulgebäude ärgert.<br />

Die fünfte Frage (Abb. 30), wie die Experimentierstationen bisher von den Schülern genutzt<br />

werden, beantwortete die Hälfte der Lehrer mit „Oft.“. Während der Durchführung der Schülerbeobachtungen<br />

hatte bereits eine Lehrkraft angemerkt, dass die Schüler vor und nach dem<br />

Unterricht sehr häufig an den Stationen zu finden seien. Einmal wurde die Antwort „Intensiv.“<br />

ausgewählt, zweimal „Weiß ich nicht.“.<br />

71


4. Kurzevaluation<br />

Wie werden die Experimentierstationen bisher von den<br />

Schülern genutzt?<br />

4<br />

3<br />

Anzahl<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Intensiv. Oft. Selten. Gar nicht. Weiß ich nicht.<br />

Antwort<br />

Abb. 30: Ergebnis zu Frage 5<br />

Diese Information ist eine interessante Ergänzung zu den Schülerbeobachtungen. Dass die<br />

Schüler häufig an den Stationen experimentieren, ist sehr erfreulich, die Stationen werden<br />

anscheinend gut angenommen. Interessant wäre es, nach einigen Wochen oder Monaten a-<br />

berm<strong>als</strong> zu überprüfen, wie oft die Stationen benutzt werden. Dann wäre klar, ob sie nur <strong>als</strong><br />

Neuheit interessant waren, oder ob sie auch weiterhin interessant bleiben.<br />

Insgesamt ergab die Fragebogenuntersuchung sehr positive Ergebnisse. Die Stationen werden<br />

bereits jetzt und vermutlich auch in Zukunft im Unterricht vielfältig eingesetzt. Ihre Platzierung<br />

stört nicht und die Schüler nutzen sie häufig.<br />

Allerdings sind diese sehr positiven Antworten auch kritisch zu sehen: Es ist nicht auszuschließen,<br />

dass die Lehrkräfte – bewusst oder nicht – die erwünschten Antworten gegeben<br />

haben, nicht die realistischen.<br />

72


5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

Am Samstag, den 05.07.2008, fand der „Tag der Physik“ der Fakultät für Physik und Astronomie<br />

statt, eine Art „Tag der offenen Tür“ für die Öffentlichkeit. Teil des Programms war<br />

eine Experimentierstraße, bei der auch die für die Universität gefertigten Duplikate der Experimentierstationen<br />

ausgestellt wurden.<br />

Einige der Besucher, die die Stationen ausprobierten, wurden mit Hilfe eines leicht abgewandelten<br />

Beobachtungsbogens beobachtet: Zusätzlich zu den auf den Schülerbeobachtungsbögen<br />

notierten Punkten wurde protokolliert, ob es sich bei dem Besucher um einen Erwachsenen<br />

oder ein Kind handelt.<br />

Die Durchführung der Beobachtung gestaltete sich recht schwierig, da viele der Besucher<br />

Fragen zu den Stationen und Gesprächsbedarf hatten. Ein Gespräch zu führen und gleichzeitig<br />

genau zu beobachten ist jedoch nicht möglich. Da die Gespräche über die Stationen jedoch<br />

auch sehr wichtig sind, gerade wenn es darum geht, den Nachbau an anderen Schulen zu bewerben,<br />

wurde die Beobachtung häufig unterbrochen. Es liegen damit wesentlich weniger<br />

Beobachtungsbögen vor, <strong>als</strong> Besucher an den einzelnen Stationen waren. Auch musste eine<br />

Beschränkung auf wenige Stationen stattfinden, da diese zum Einen zu weit von einander<br />

entfernt standen, um alle gleichzeitig genau sehen zu können, zum Anderen aber auch zu viele<br />

waren, um für alle eine sinnvolle Anzahl an Beobachtungen durchzuführen.<br />

Ergebnisse der Beobachtung und Vergleich mit der in der Schule durchgeführten Evaluation<br />

Insgesamt wurden 21 Beobachtungsbögen ausgewertet, die zu fünf verschiedenen Experimentierstationen<br />

ausgefüllt wurden. Anders <strong>als</strong> bei der Evaluation in der Schule waren beim Tag<br />

der Physik auch Erwachsene anwesend. In Abb. 31 wird erkenntlich, dass etwas mehr <strong>als</strong> die<br />

Hälfte der beobachteten Personen Erwachsene waren.<br />

73


5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

Alter der Besucher<br />

60,0<br />

54,6<br />

50,0<br />

45,4<br />

Prozent %<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

Kind<br />

Erwachsener<br />

Abb. 31: Alter der Besucher<br />

Im Folgenden werden nur die Beobachtungspunkte genannt, bei denen sich die Ergebnisse der<br />

Besucherbeobachtung und der Schülerbeobachtung stark voneinander unterscheiden. Die Einzelergebnisse<br />

der Besucherbeobachtung finden sich im Anhang unter 9.7 Einzelergebnisse der<br />

Besucherbeobachtung beim Tag der Physik.<br />

Besucher kommt allein<br />

Prozent %<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

16,9<br />

ja<br />

83,1<br />

nein<br />

Abb. 32: Besucher kommt allein<br />

Von den Besuchern kamen etwa 17% alleine an die Experimentierstationen, das sind fast 10%<br />

mehr <strong>als</strong> bei den Schülern (siehe Abb. 32). Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass einige<br />

der erwachsenen Besucher alleine zum Tag der Physik gekommen waren und daher auch alleine<br />

die Stationen ausprobierten. Aber auch einige Kinder kamen alleine an die Stationen –<br />

vermutlich, weil sie die anderen Kinder nicht kannten und die Eltern nur von weitem zuschau-<br />

74


5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

ten. In der Schule stammten die Kinder jeweils aus einer Klasse und fanden sich dadurch<br />

wahrscheinlich leichter in Gruppen zusammen.<br />

Besucher liest<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

61,4<br />

ja<br />

38,6<br />

nein<br />

Abb. 33: Besucher liest<br />

Die Texte wurden von den Besuchern häufiger gelesen <strong>als</strong> von den Schülern, im Vergleich zu<br />

50% Lesenden in der Schule waren es beim Tag der Physik etwa 61%. Die Beobachtung, dass<br />

vor allem die Erwachsenen häufig zuerst die Texte lasen, kann durch die ausgewerteten Beobachtungsbögen<br />

nicht wiedergegeben werden, da diese Information bei der Auswertung verloren<br />

geht.<br />

Besucher experimentiert<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

50,6 49,4<br />

ja<br />

nein<br />

Abb. 34: Besucher experimentiert<br />

75


5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

Besucher funktioniert zum Spielobjekt um<br />

Prozent %<br />

100,0<br />

90,0<br />

80,0<br />

70,0<br />

60,0<br />

50,0<br />

40,0<br />

30,0<br />

20,0<br />

10,0<br />

0,0<br />

10,0<br />

ja<br />

90,0<br />

nein<br />

Abb. 35: Besucher funktioniert zum Spielobjekt um<br />

Experimentiert haben die Besucher häufiger <strong>als</strong> die Schüler (siehe Abb. 34). Experimentierten<br />

in der Schule etwa 40%, waren es in der Uni über 50% der Besucher. Dafür wurden die Stationen<br />

seltener zum Spielobjekt umfunktioniert, nur 10% der Beobachteten spielten (siehe Abb.<br />

35), während es in Reichenberg etwa 38% waren.<br />

Die Unterscheidung zwischen den beiden Beobachtungspunkten ist jedoch schwierig. Bei<br />

beiden werden nicht in der Anleitung erwähnte Handlungen an den Stationen durchgeführt –<br />

ob dies aus dem Verstehen heraus geschieht oder spielerisch erfolgt, ist oft nicht ersichtlich.<br />

Vielleicht wurde den Erwachsenen einfach öfter <strong>als</strong> den Kindern ein zielgerichtetes Experimentieren<br />

unterstellt.<br />

Ein weiterer Grund für das häufige Experimentieren könnte auch die Anordnung der Stationen<br />

gewesen sein. Sie standen hier alle in einer Reihe nebeneinander, was dazu führte, dass<br />

die Besucher die Experimente miteinander verknüpften. Besonders die beiden Stationen<br />

„Licht mischen“ und „Farbschlucker“, die gemeinsam auf einem Tisch standen, wurden oft<br />

voreinander geschoben, sodass das Licht der einen durch die Farbfilter der anderen Station<br />

fiel (siehe Abb. 36).<br />

76


5. Einsatz der Stationen beim Tag der Physik<br />

Abb. 36: Kombination von Stationen<br />

Insgesamt wurden die Stationen auch von den Besuchern des Tages der Physik gut angenommen.<br />

Viele äußerten im Gespräch, dass ihnen die Stationen gut gefielen. Dies lässt sich<br />

auch in den Einzelergebnissen nachvollziehen, da die meisten die Stationen begeistert oder<br />

staunend verließen.<br />

77


6. Zusammenfassung<br />

6. Zusammenfassung<br />

In der vorliegenden Arbeit wurden dreizehn physikalische Experimentierstationen für den<br />

Einsatz in Grundschulen entwickelt, gebaut und erprobt. Der Einsatz solcher Stationen ist sehr<br />

sinnvoll, wie anhand verschiedener Studien gezeigt werden konnte: Grundschüler sind<br />

entwicklungspsychologisch betrachtet bereits in der Lage, physikalische Zusammenhänge in<br />

Grundzügen zu verstehen. Allerdings nur, wenn die Zusammenhänge an realen Objekten untersucht<br />

werden können und so anschaulich gemacht werden.<br />

Auch aus diesem Grund gehören Schülerexperimente in den Sachunterricht der Grundschule,<br />

darin sind sich Lehrplan und Sachunterrichtsdidaktiker einig. Doch die Realität im Unterricht<br />

sieht anders aus, was nicht zuletzt daran liegt, dass zum Experimentieren mit Schülern viel<br />

Aufwand bei der Vorbereitung betrieben werden muss, was Zeit kostet – Zeit, die im Schulalltag<br />

oft nicht vorhanden ist.<br />

Leider wurde in drei Untersuchungen gezeigt, dass eine der naheliegendsten Lösungen, nämlich<br />

der Besuch eines außerschulischen Lernortes, in dem die Schüler experimentieren können,<br />

nicht sehr effektiv ist. Da aus organisatorischen Gründen meist nicht die zum aktuellen<br />

Unterricht passenden Experimente im außerschulischen Lernort durchgeführt werden können,<br />

bleiben die Experimente unverbunden und können von den Schülern nicht mit dem Unterricht<br />

in Verbindung gebracht werden. Effektive Lernvorgänge und längerfristige Interessenänderungen<br />

bleiben aus, das Interesse wird nur sehr kurzfristig geweckt. Dies könnte nur durch<br />

eine sinngebende Einbindung in den Unterricht verbessert werden. Hier zeigt sich der große<br />

Vorteil der in der Schule installierten Experimentierstationen: Da sie ständig in der Schule<br />

stehen, ist es jederzeit möglich, sie für den Unterricht zu nutzen – so können sie passend in<br />

den Unterricht eingebaut werden.<br />

Die Möglichkeit, sie in den Sachunterricht integrieren zu können, wurde <strong>als</strong> wichtigstes Kriterium<br />

bei der Auswahl der Stationen herausgearbeitet. Eine noch engere Anbindung an die<br />

Lehrplaninhalte wäre wünschenswert, ist jedoch nicht leicht realisierbar, denn auch weitere<br />

Kriterien wie die einleuchtende Handhabung, verständliche Phänomene und die Sicherheit der<br />

Schüler müssen berücksichtigt werden. Besonders problematisch bei der Auswahl war zudem,<br />

dass die Stationen möglichst wartungsfrei sein müssen.<br />

Zusätzlich zu den Stationen wurden Begleitmaterialien gefertigt, nämlich ein Lehrerhandbuch<br />

und Schülerarbeitsblätter. Diese sollen helfen, die Einbindung in den Unterricht weiter zu<br />

erleichtern.<br />

78


6. Zusammenfassung<br />

Die abschließende Kurzevaluation zeigte, dass fast alle Lehrkräften die Stationen nutzen wollen.<br />

Auch die Schülerbeobachtung lieferte durchweg positive Ergebnisse: Die Schüler verstehen,<br />

was sie an den Stationen machen können, kommunizieren über physikalische Sachverhalte<br />

und experimentieren selbstständig.<br />

Alle gewünschten Ziele konnten demnach erreicht werden. Interessant wäre allerdings eine<br />

weitergehende Evaluation, die mit wissenschaftlich anerkannten Diagnoseinstrumenten über<br />

einen längeren Zeitraum hinweg untersucht, ob und wenn ja in welcher Form der Unterrichtseinsatz<br />

tatsächlich stattfindet, wie die Schüler die Stationen nach längerer Zeit nutzen<br />

und ob sich die erwünschten langfristigen Interesseneffekte tatsächlich nachweisen lassen.<br />

Die in Reichenberg durchgeführte Evaluation entspricht kaum den wissenschaftlichen Gütekriterien,<br />

daher wäre eine Überprüfung der gewonnenen Erkenntnisse sinnvoll.<br />

Nützlich wären auch weitere Stationen zu anderen Themen aus dem Sachunterricht der<br />

Grundschule, sodass nicht nur zwei Themengebiete abgedeckt werden können. Allerdings<br />

müsste dann über alternative Platzierungsmöglichkeiten nachgedacht werden – allzu viele<br />

Stationen können nicht im Schulflur untergebracht werden.<br />

Insgesamt lässt sich sagen, dass die Experimentierstationen eine für Schüler und Lehrer<br />

attraktive Ergänzung für den Sachunterricht sein können. Der Nachbau an anderen Schulen ist<br />

empfehlenswert, es haben sich bereits jetzt Interessenten gemeldet.<br />

79


7. Literaturverzeichnis<br />

7. Literaturverzeichnis<br />

Bücher und Artikel:<br />

- AKADEMIE FÜR LEHRERFORTBILDUNG UND PERSONALFÜHRUNG<br />

DILLINGEN: Naturwissenschaften in der Grundschule. Schwerpunkte Physik und<br />

Chemie. Dillingen: Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung 2005.<br />

- BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KUL-<br />

TUS: Lehrplan für die Grundschule in Bayern. München: Verlag J. Maiß 2000.<br />

- BEGHI, L.; XAUSA, E.; ZANFORLIN, M.: Analytic determination of the depth effect<br />

in stereokinetic phaenomena without a rigidity assumption. In: Biological Cybernetics<br />

65 (1991), S. 425-432.<br />

- BRÖLL, Leena; FRIEDRICH, Jens; OETKEN, Marco: Das Schülerlabor NAWIlino<br />

<strong>als</strong> Fortbildungsstätte für Grundschullehrer. In: Höttecke, Dietmar: GDCP 2007.<br />

Kompetenzen, Kompetenzmodelle, Kompetenzentwicklung. Berlin: LIT 2008, S.<br />

260ff.<br />

- CHRISTMANN, U./GROEBEN, N.: Anforderungen und Einflussfaktoren bei Sachund<br />

Informationstexten. In: Groeben, N./Hurrelmann, B. (Hrsg.): Lesekompetenz. Bedingungen,<br />

Dimensionen, Funktionen. Weinheim, München: Juventa-Verlag, 2. Aufl.<br />

2006, S. 150ff.<br />

- DEGER; GLEIXNER; PIPPIG; WORG: Galileo 9. Das anschauliche Physikbuch.<br />

München: Oldenbourg 2000, S. 144ff.<br />

- FEUERLEIN, Rainer; NÄPFEL, Helmut; SCHÄFLEIN, Horst: bsv Physik 2. München:<br />

Bayerischer Schulbuch Verlag 1993, S. 72ff.<br />

- FIESSER, Lutz: Anstiften zum Denken – die Phänomenta. Bericht über ein Forschungsprojekt.<br />

Flensburg: Pädagogische Hochschule, Institut für Physik und ihre Didaktik,<br />

1990.<br />

80


7. Literaturverzeichnis<br />

- FIESSER, Lutz: „Wie war das noch...?“. Flensburg: Laborakademie c/o Phänomenta<br />

1998.<br />

- FIESSER, Lutz: Raum für Zeit. Quellentexte zur Pädagogik der interaktiven Science-<br />

Zentren. Flensburg: Laborakademie c/o Phänomenta 2000.<br />

- GESELLSCHAFT FÜR DIDAKTIK DES SACHUNTERRICHTS (GDSU): Perspektivrahmen<br />

Sachunterricht. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2002.<br />

- GUDERIAN, Pascal: Wirksamkeitsanalyse außerschulischer Lernorte. Der Einfluss<br />

mehrmaliger Besuche eines Schülerlabors auf die Entwicklung des Interesses an Physik.<br />

Berlin: Humboldt-Universität, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät I,<br />

Diss., 2006.<br />

- GUDERIAN, Pascal; PRIEMER, Burkhard: Schülerlabore, was soll das alles?. In:<br />

Höttecke, Dietmar: GDCP 2007. Kompetenzen, Kompetenzmodelle, Kompetenzentwicklung.<br />

Berlin: LIT 2008, S. 251ff.<br />

- GUDERIAN, Pascal; PRIEMER, Burkhard; SCHÖN, Lutz-Helmut: Der Einfluss<br />

mehrfacher Besuche eines außerschulischen Lernorts auf die Entwicklung des aktuellen<br />

Interesses an Physik bei Schülern der 5. und 8. Jahrgangsstufe. In: Höttecke,<br />

Dietmar: GDCP 2006. Naturwissenschaftlicher Unterricht im internationalen Vergleich.<br />

Berlin: LIT 2007, S. 215ff.<br />

- HALLER, Kerstin: Lernen im Museum und im Science Center. Pädagogische und<br />

psychologische Grundlagen. In: Noschka-Roos, Annette: Besucherforschung in Museen.<br />

Instrumentarien zur Verbesserung der Ausstellungskommunikation. München:<br />

Deutsches Museum 2003, S. 144ff.<br />

- HOLST, Sönke: Interaktive Experimentierstationen. Die Möglichkeit Naturwissenschaften<br />

und Technik in der Primarstufe neu zu beleben. In: MNU 2008 (Jahrgang 61),<br />

Heft 1, S. 48ff.<br />

81


7. Literaturverzeichnis<br />

- HOLST, Sönke: Entwicklung und Evaluation interaktiver Experimentierstationen.<br />

Eine Studie zur Überprüfung der Bildungswirksamkeit erfahrungsfördernder Experimentierstationen<br />

in der Primär- und Orientierungsstufe. Tönning: Der Andere Verlag<br />

2005.<br />

- JENNINGS, Terry: Licht und Energie. Mülheim an der Ruhr: Verlag an der Ruhr<br />

1992.<br />

- KAHLERT, Joachim; DEMUTH, Reinhard: Wir experimentieren in der Grundschule<br />

– Band 1. Einfache Versuche zum Verständnis physikalischer und chemischer Zusammenhänge.<br />

Köln: Aulis-Verlag 2007.<br />

- KAHLERT, Joachim; DEMUTH, Reinhard: Wir experimentieren in der Grundschule<br />

– Band 2. Einfache Versuche zum Verständnis physikalischer und chemischer Zusammenhänge.<br />

Köln: Aulis-Verlag 2007.<br />

- KLAES, Esther: Stand der Forschung zum Lehren und Lernen an außerschulischen<br />

Lernorten. In: Höttecke, Dietmar: GDCP 2007. Kompetenzen, Kompetenzmodelle,<br />

Kompetenzentwicklung. Berlin: LIT 2008, S. 263ff.<br />

- LUKESCH, Helmut: Einführung in die pädagogisch-psychologische Diagnostik. Regensburg:<br />

Roderer, 2. Aufl. 1998.<br />

- LÜCK, Gisela: Naturwissenschaften im frühen Kindesalter. Untersuchungen zur Primärbegegnung<br />

von Kindern im Vorschulalter mit Phänomenen der unbelebten Natur.<br />

Münster: LIT 2000.<br />

- MEIER, Richard (Hrsg.): Mobile 3. Heimat und Sachunterricht. Braunschweig: Westermann<br />

2002.<br />

- MIERICKE, Jürgen: Physik ist überall. Die kleine Physik-Show „Versuch der Woche<br />

findet großes Interesse. In: Physik und Didaktik in Schule und Hochschule, Phy-<br />

Did 1/3 (2004), S. 28-29.<br />

82


7. Literaturverzeichnis<br />

- MÖLLER, Kornelia: Handeln, Denken und Verstehen. Untersuchungen zum naturwissenschaftlich-technischen<br />

Sachunterricht in der Grundschule. Essen: Westarp Wissenschaften<br />

1990.<br />

- NOSCHKA-ROOS, Annette: Texte im technischen Museum. Textformulierung und<br />

Gestaltung, Verständlichkeit, Testmöglichkeiten. Berlin: Institut für Museumsforschung<br />

1988.<br />

- PORST, Rolf: Fragebogen. Ein Arbeitsbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

2008.<br />

- SCHULLER, Günther: Kurzdarstellung für das Rudolf-Alexander-Haus Würzburg.<br />

Würzburg: o.V. 2008.<br />

- SWELLER, John; VAN MERRIENBOER, Jeroen; PAAS, Fred: Cognitive Architecture<br />

an Instructional Design. In: Educational Psychology Review, Vol. 3, Nr. 3<br />

(1998), S. 258ff.<br />

- TIPLER, Paul Allen: Physik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage<br />

1994.<br />

- TIPLER, Paul Allen: Physik. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag, 1. Auflage<br />

2004.<br />

- WASMANN-FRAHM, Astrid: Plädoyer für schulinterne Schülerlabore. In: MNU<br />

2008 (Jahrgang 61), Heft 1, S. 44ff.<br />

Internet:<br />

- Informationen zu Grundlagen der Optik und Akustik:<br />

http://leifi.physik.uni-muenchen.de (Aktualisierungsdatum: 30.07.2008)<br />

- Übersicht über Schülervorstellungen:<br />

http://www.physik.unikassel.de/did1/Schuelervorstellungen/Schuelervorstellungen_SU.<strong>pdf</strong><br />

83


7. Literaturverzeichnis<br />

(Aktualisierungsdatum: 30.07.2008)<br />

- Geschwindigkeit von Schall in Holz:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Holz (Aktualisierungsdatum: 01.08.2008)<br />

Abbildungen:<br />

- Abb. 1: Guderian 2006, S. 136<br />

- Abb. 4: Fotografie von <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong><br />

- Abb. 5: Fotografie von <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong><br />

- Abb. 6: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 7: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 8: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 9: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 10: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 11: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 12: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 13: Fotografie von <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong><br />

- Abb. 14: Fotografie von <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong><br />

- Abb. 15: Fotografie von <strong>Dr</strong>. <strong>Thomas</strong> <strong>Wilhelm</strong><br />

- Abb. 16: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 17: Fotografie von Saskia Wüst<br />

- Abb. 36: Fotografie von Kathrin Löffler<br />

Tabellen:<br />

- Tabelle 1: http://de.wikipedia.org/wiki/Tonleiter (Aktualisierungsdatum: 01.08.2008)<br />

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8. Erklärung nach §30 Abs. 6 LPO I<br />

8. Erklärung nach §30 Abs. 6 LPO I<br />

Hiermit erkläre ich, dass ich die schriftliche Hausarbeit selbstständig verfasst und keine anderen<br />

Hilfsmittel <strong>als</strong> die angegebenen benutzt habe.<br />

Die Stellen der Arbeit, die anderen Werken dem Wortlaut oder Sinn nach entnommen sind,<br />

wurden von mit unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht.<br />

Dies gilt ebenso für Zeichnungen, Kartenskizzen und bildliche Darstellungen.<br />

Würzburg, den<br />

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