Mein Leben nach der ILB - Lernwerkstatt Brigittenau
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Der Newsletter <strong>der</strong> Integrativen <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 6 - April 2008<br />
somit gezieltere Verän<strong>der</strong>ungsmöglichkeiten<br />
erwägen zu können.<br />
(3) „Integrationssubjekte“<br />
Damit kommen wir zu einem weiteren<br />
Aspekt von Integration, <strong>der</strong> auch<br />
hinsichtlich des Schulwesens wesentlich<br />
ist: zur Tatsache, dass <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />
Integration nicht auf bestimmte Menschen<br />
o<strong>der</strong> soziale Gruppen wie etwa<br />
„Auslän<strong>der</strong>Innen“ o<strong>der</strong> „Behin<strong>der</strong>te“<br />
reduziert werden kann und soll. Denn die<br />
Bedeutung von Integration im o.g. theoretischen<br />
Sinne kann sich auf die<br />
Einbeziehung grundsätzlich aller sozialer<br />
Gruppen und Individuen beziehen. In <strong>der</strong><br />
Praxis stellen sich soziale Gefüge jedoch<br />
so dar, dass bestimmte Menschen-<br />
/gruppen aufgrund gegebener Startvorteile<br />
(weil sie ÖsterreicherInnen sind,<br />
weil sie „gesund“ sind, weil sie in ein<br />
för<strong>der</strong>liches Umfeld geboren wurden<br />
etc.) quasi automatisch <strong>der</strong> selbstverständlich<br />
integrierten Mehrheit zugehören,<br />
während für an<strong>der</strong>e (wie eben<br />
z.B. ausländische MitbürgerInnen o<strong>der</strong><br />
behin<strong>der</strong>te Menschen) diese Zugehörigkeit<br />
keineswegs selbstverständlich<br />
ist. Aus dieser ausschließenden sozialen<br />
Praxis leitet sich daher auch ab, dass<br />
immer nur in Bezug auf marginalisierte<br />
Menschen und sog. „Randgruppen“ <strong>der</strong><br />
Begriff <strong>der</strong> Integration zur Anwendung<br />
kommt.<br />
Im schulischen Kontext wie<strong>der</strong>um wird<br />
<strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Integration traditionellerweise<br />
auf die Teilhabemöglichkeit und<br />
Einbeziehung von körperlich und/o<strong>der</strong><br />
geistig behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n sowie von<br />
Kin<strong>der</strong>n mit an<strong>der</strong>wärtig definierten<br />
„beson<strong>der</strong>en Bedürfnissen“ (wie etwa<br />
entwicklungs- bzw. milieubedingte Lernschwierigkeiten<br />
o<strong>der</strong> gravierende soziale<br />
Kontaktschwierigkeiten) in den sog.<br />
Regelunterricht bezogen. Der SPF =<br />
kommissionell beschiedener Son<strong>der</strong>pädagogischer<br />
För<strong>der</strong>bedarf definiert und<br />
legitimiert einen beson<strong>der</strong>en, zusätzlichen<br />
Ressourceneinsatz (LehrerInnen,<br />
Ausstattung, SchülerInnenzahl, Raum,<br />
Material, etc.).<br />
In dem klassischen Verständnis manifestiert<br />
sich Integration dann vor allem in<br />
<strong>der</strong> gleichzeitigen Präsenz von behin<strong>der</strong>ten<br />
und nicht-behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n in<br />
einem Gruppengefüge, etwa in einer<br />
gemeinsamen Klasse. Dieses Verständnis<br />
sagt jedoch noch nichts darüber aus,<br />
wie dieser Einbezug in <strong>der</strong> Praxis<br />
gestaltet wird. Wie wir im nächsten<br />
Abschnitt sehen werden, bezieht sich<br />
eine wesentliche Kritik an diesem Integrationsverständnis<br />
auf die Art und Weise<br />
<strong>der</strong> Einbeziehung <strong>der</strong> „Integrationskin<strong>der</strong>“,<br />
nämlich als eine Min<strong>der</strong>heit, die von<br />
<strong>der</strong> Norm <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> nicht-behin<strong>der</strong>ten<br />
Kin<strong>der</strong> abweicht.<br />
Zudem wird Integration in dieser – mittlerweile<br />
schon als klassisch zu<br />
bezeichnenden - Integrationspraxis wie<br />
selbstverständlich auf eine bestimmte<br />
Personengruppe (Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen<br />
o<strong>der</strong> „beson<strong>der</strong>en Bedürfnissen“)<br />
eingeengt. PädagogInnen<br />
kritisieren schon seit geraumer Zeit diese<br />
Reduktion des Integrationsbegriffs in <strong>der</strong><br />
Pädagogik und plädieren für dessen<br />
Ausweitung. Im deutschsprachigen<br />
Raum wies <strong>der</strong> deutsche Pädagoge<br />
Alfred San<strong>der</strong> bereits vor über zehn<br />
Jahren darauf hin, dass Integration<br />
„…grundsätzlich nicht nur Menschen mit<br />
Behin<strong>der</strong>ungen, son<strong>der</strong>n ebenso an<strong>der</strong>e<br />
gesellschaftliche ‚Randgruppen‘, z. B.<br />
ausländische Arbeiterfamilien, Bewohner<br />
von sozialen Brennpunkten, Flüchtlinge,<br />
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