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Mein Leben nach der ILB - Lernwerkstatt Brigittenau

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Der Newsletter <strong>der</strong> Integrativen <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>Brigittenau</strong> Nr. 6 - April 2008<br />

Simon in <strong>der</strong> Nachmittagsbetreuung<br />

imon kommt jeden Tag zu uns Mittagessen.<br />

Pünktlich um 13:15 Uhr steht er da, breit<br />

grinsend, eine Hand lässig in die<br />

Hosentasche gesteckt, die an<strong>der</strong>e wird kurz<br />

zum Gruß erhoben. Meist kommt dann<br />

ein begeistertes Erzählen <strong>der</strong> letzten<br />

Begebenheiten, ob aus dem Urlaub<br />

(„ich war in Paris“) o<strong>der</strong> vom<br />

Wochenende („Schi fahren in Kärnten“)<br />

o<strong>der</strong> vom gestrigen Nachmittag („drei<br />

Tore geschossen“). Dann ist es soweit.<br />

Er ist in <strong>der</strong> Warteschlange vorgerückt<br />

und steht direkt vor den zwei Tellern mit<br />

den Wahlmenüs. Nach kurzem<br />

Überlegen weiß er genau, was er will;<br />

meist beide Portionen auf einem Teller!<br />

Gleich setzt er sich an den Tisch für die<br />

Großen, neben <strong>der</strong> Essensausgabe,<br />

und beginnt mit voller Konzentration das<br />

Angerichtete zu zerlegen. Meist bleibt es<br />

jedoch nicht bei einer Doppelportion,<br />

son<strong>der</strong>n es wird mindestens noch einmal für<br />

Nachschub gesorgt. Manche Kin<strong>der</strong> kennen<br />

Simon noch von früher, als er in <strong>der</strong> <strong>ILB</strong> zur<br />

Schule ging. Simon wird im Sinne des<br />

Kooperationsprojekts mit <strong>der</strong> KMS<br />

Stromstraße bei uns über Mittag versorgt<br />

- ab dem Schuljahr 2008/09 wird es ein<br />

noch deutlich erweitertes Betreuungsangebot<br />

für SchülerInnen <strong>der</strong> ersten<br />

Kooperationsklasse an <strong>der</strong> KMS<br />

Stromstraße geben.<br />

Ist er mit dem<br />

Essen fertig,<br />

sucht er das<br />

Gespräch und<br />

beginnt dort, wo<br />

er aufgehört hat,<br />

mit dem<br />

Erzählen <strong>der</strong><br />

aufregendsten<br />

News. Simon ist<br />

bilingual<br />

aufgewachsen,<br />

war ein Jahr in<br />

Frankreich und<br />

spricht fließend Deutsch und<br />

Französisch. Er hat auch einen<br />

klitzekleinen französischen Akzent –<br />

man merkt es aber nur beim deutschen<br />

K. Simon ist bei Klaus im Fußballtraining<br />

am Dienstag<strong>nach</strong>mittag, während des<br />

sogenannten Kursfensters.<br />

Simon ist Alleingeher. Jedes Mal<br />

<strong>nach</strong> dem Essen zeigt er unaufgefor<strong>der</strong>t<br />

sein Mitteilungsheft mit einer<br />

Notiz, wann er <strong>nach</strong> Hause geht.<br />

Heute ist aber nicht Dienstag und er<br />

muss sich gleich fertig machen. Simon<br />

serviert ab, macht noch seinen Platz<br />

mit einem Wettex sauber. Während er<br />

geht, ruft er schnell noch Klaus’<br />

Namen und schaltet das Licht ab. Ein<br />

untrügliches Zeichen, dass er vor dem<br />

Weggehen noch Kontakt zu Klaus<br />

aufnehmen will. Das Sekkieren ist halt<br />

eine Möglichkeit auf sich aufmerksam<br />

zu machen. Klaus gibt ihm einen<br />

kameradschaftlichen Druck, rubbelt<br />

ihm den Kopf und meint, dass es jetzt<br />

eigentlich an <strong>der</strong> Zeit sei, sich fertig zu<br />

machen.<br />

Ich begleite Simon in die Gar<strong>der</strong>obe,<br />

und er erzählt mir, dass er ganze vier<br />

Portionen verspeist hat. Er erzählt mir,<br />

dass er jetzt mit dem 11 A fünf<br />

Stationen bis <strong>nach</strong> Hause fährt und<br />

auch einen eigenen Haustorschlüssel<br />

besitzt.<br />

Seite 33

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