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Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

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und die Malerei <strong>auf</strong> Blech und Karton <strong>auf</strong>, die seit <strong>dem</strong> 19. Jahrhun<strong>der</strong>t im Zunehmen<br />

begriffen waren. Bald setzte jedoch die Serienproduktion e<strong>in</strong>. Dadurch g<strong>in</strong>g die eigentliche<br />

Aufgabe des Votivbildes, e<strong>in</strong> Ereignis zu überliefern, verloren. Die Massenprodukte<br />

konnten diese Aufgabe nicht mehr erfüllen, vielmehr kann man überhaupt nicht<br />

mehr sicher se<strong>in</strong>, ob es sich um e<strong>in</strong> echtes Votivbild handelt. Es soll hier nicht über<br />

künstlerischen Wert geurteilt werden, doch wenn sogar noch heute selbstgefertigte Bil<strong>der</strong><br />

an Wallfahrtsstätten gebracht werden, so steht zum<strong>in</strong>dest das Bedürfnis dah<strong>in</strong>ter,<br />

e<strong>in</strong>e persönliche Aussage an dieser Gnadenstätte zu machen. Ich konnte bei me<strong>in</strong>en Besuchen<br />

an verschiedenen Wallfahrtsorten feststellen, daß, sofern Votivbil<strong>der</strong> neueren<br />

Datums vorhanden waren, diese fast allesamt von den Votanten selbst geschaffen worden<br />

waren. Dies erzeugte e<strong>in</strong> überaus vielfältiges und farbig-reizvolles Gesamtbild, wobei<br />

die Materialien, die Verwendung fanden, aus allen Gebieten des malerischen Schöpfens<br />

stammen. Bei <strong>der</strong> großen Zahl <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong>, die an den Wallfahrtsorten geopfert wurden,<br />

waren die Verwaltungen häufig gezwungen, die Tafeln aus den <strong>Kirche</strong>n zu entfernen,<br />

um neuen Platz für Votivgaben zu schaffen. Vielfach wurden die e<strong>in</strong>mal gestifteten<br />

Bil<strong>der</strong> an Votivmaler weitergegeben, die sie nur umarbeiteten, um e<strong>in</strong>en neuen Auftrag<br />

zu erfüllen 47 . Das Bild wurde nicht als unantastbare Schöpfung gesehen, son<strong>der</strong>n als<br />

Mittel, e<strong>in</strong> Versprechen e<strong>in</strong>zulösen. Auf diesen übermalten Bil<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>teressante<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gestaltungsweise feststellbar, so etwa die Verän<strong>der</strong>ungen des Textanfanges.<br />

Auf manchen dieser Bil<strong>der</strong> läßt sich auch die Wandlung des Gnadenbildes an<br />

e<strong>in</strong>em Wallfahrtsort feststellen, so wandelte sich <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>er Tafel aus <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>felskapelle<br />

<strong>in</strong> Landau die Gnadenmadonna von 1786 <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ubermalung 1818 zur Passauer Mariahilf-Madonna.<br />

Hier wurde e<strong>in</strong> Gnadenbild durch e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Gnadenbild abgelöst.<br />

Betrachtet man die Votivbil<strong>der</strong>, so fallen die typischen Eigenarten <strong>der</strong> Votivmalerei, <strong>der</strong><br />

Gnadenstrahl, die h<strong>in</strong>weisende Gebärde, das Bett und die Wiege, das Kreuz und <strong>der</strong><br />

Vorhang <strong>auf</strong>. Auf den Votivbil<strong>der</strong>n ist vielfach e<strong>in</strong> heller Lichtstrahl zu sehen, <strong>der</strong> aus<br />

<strong>dem</strong> Himmel tritt und <strong>auf</strong> den Oranten trifft. Er kommt aus <strong>dem</strong> Sphärenloch, das<br />

Himmel und Erde verb<strong>in</strong>det, o<strong>der</strong> hat se<strong>in</strong>en Anfang bei den Heiligen, <strong>dem</strong> die Erhörung<br />

zu verdanken ist. Der Lichtstrahl wird zum Gnadenstrahl, denn er soll den Gnadenbeweis<br />

des Heiligen offenkundig machen, die Erhörung <strong>der</strong> Welt mitteilen. Verschiedentlich<br />

ist <strong>in</strong> diesem Gnadenstrahl e<strong>in</strong> Schriftzug e<strong>in</strong>gearbeitet, <strong>der</strong> die erwiesene<br />

Erhörung noch e<strong>in</strong>mal öffentlich bekannt machen und bekräftigen soll. E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e<br />

Form <strong>der</strong> Darstellung, die die gleiche Aussage vermitteln soll, verkörpert manchmal e<strong>in</strong>en<br />

Engel, <strong>der</strong> den Gnadenbeweis <strong>auf</strong> die Erde br<strong>in</strong>gt. Die Gnade hat dabei nicht immer<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Heilung von e<strong>in</strong>er Krankheit zu bestehen, auch <strong>der</strong> gnädige Tod ist Anlaß<br />

genug, e<strong>in</strong>em Heiligen Dank zu sagen 48 . Beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den Zeiten <strong>der</strong> Aufklärung des<br />

18. Jahrhun<strong>der</strong>ts wurden die frommen Bräuche des Landvolkes selbst von den Herren<br />

im geistlichen Stande belächelt. Um nun nicht <strong>der</strong> öffentlichen Lächerlichkeit preisgegeben<br />

zu werden, versuchten die Gläubigen, den Text völlig aus den <strong>Votivtafeln</strong> wegzulassen.<br />

Um dennoch den Grund des Verlöbnisses zu offenbaren, wie es die alten Traditionen<br />

verlangten, bezeichnete man den Ort und Grund des Schmerzes und Leides<br />

e<strong>in</strong>fach mit <strong>dem</strong> F<strong>in</strong>ger, <strong>in</strong><strong>dem</strong> man <strong>auf</strong> den Ort des Unwohlse<strong>in</strong>s zeigte, etwa <strong>auf</strong> e<strong>in</strong><br />

Auge o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Stelle an e<strong>in</strong>em Be<strong>in</strong>. Da über den H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Schmerzen sowieso<br />

nichts bekannt war, war die Bezeichnung <strong>der</strong> Symptomatik durch die h<strong>in</strong>weisende Gebärde<br />

e<strong>in</strong>e ausreichende Form <strong>der</strong> Präsentatio 49 . Auf <strong>Votivtafeln</strong> ist <strong>der</strong> Kranke häufig<br />

im Bett o<strong>der</strong> das Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Wiege abgebildet. Manchmal stehen das Bett o<strong>der</strong> die<br />

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