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Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

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von den Wun<strong>der</strong>n und Heilungen berichten, die an <strong>der</strong> Wallfahrt stattgefunden haben.<br />

Auch von privater Seite wurde für die Verbreitung des Ruhmes e<strong>in</strong>er Wallfahrt gesorgt.<br />

Neben den Berichten <strong>der</strong> Pilger zogen noch Bänkel- und Moritatensänger durch die<br />

Lande, die <strong>in</strong> ihren Lie<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Wallfahrten berichteten 23 .<br />

Während gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reformation das Wallfahrtswesen vom katholischen Klerus als<br />

Kampfmittel gegen die Reformation e<strong>in</strong>gesetzt wurde und sich beson<strong>der</strong>s die Orden um<br />

die Wallfahrten annahmen, wurde das Wallfahrtswesen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Aufklärung als<br />

heidnisch, mystisch und abergläubisch von <strong>der</strong> <strong>Kirche</strong> abgetan. Diese große Wende läßt<br />

sich unschwer anhand <strong>der</strong> <strong>Votivtafeln</strong>, die <strong>in</strong> dieser Zeit entstanden s<strong>in</strong>d, nachweisen.<br />

Waren die <strong>Votivtafeln</strong> vor <strong>der</strong> Aufklärung voller Leben und zeigten sich die Votanten<br />

als große Bekenner ihrer Leiden, was sich <strong>in</strong> den Bildunterschriften unter die Tafeln äußerte,<br />

die bis zu zwei Drittel des Raumes e<strong>in</strong>nahmen, so än<strong>der</strong>te sich diese E<strong>in</strong>stellung<br />

zum Votiv- und Wallfahrtswesen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Aufklärung drastisch. Nicht mehr die<br />

Detailgenauigkeit war für den Bildmaler wichtig, vielmehr sollte er jetzt durch se<strong>in</strong> Malen<br />

den Grund <strong>der</strong> Votation verbergen. E<strong>in</strong>e Tafel aus Maria Ste<strong>in</strong>bach 24 sei hier als Beleg<br />

angeführt. Auf ihr ist e<strong>in</strong> adeliger Herr dargestellt, <strong>der</strong> es nur zu e<strong>in</strong>er kurzen Danksagung<br />

br<strong>in</strong>gt, <strong>der</strong> Grund des Dankes wird völlig verschwiegen, sowohl im Bild als<br />

auch im Text. Die Aufklärung, die sich anfänglich nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Oberschicht auszubreiten<br />

vermochte und hier beson<strong>der</strong>s wie<strong>der</strong> im protestantischen Raum, erreichte zuerst nur<br />

die Bürger, den Adel und die hohe Geistlichkeit. Die bäuerliche Bevölkerung wurde<br />

aber <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Verwaltungsweg mehr o<strong>der</strong> weniger gezwungen, den alten Bräuchen abzusagen.<br />

Auch die geistliche Obrigkeit versuchte, durch verschiedene Anweisungen die<br />

ländliche Bevölkerung vor allem von den verschiedenen Wallfahrtsbräuchen abzubr<strong>in</strong>gen,<br />

um mehr Arbeit und größere Produktivität zu erzielen. Um die ca. 70 Tage, an denen<br />

die ländliche Bevölkerung wegen Feiertagen o<strong>der</strong> häufig unternommenen Wallfahrten<br />

nicht arbeitete, zu verr<strong>in</strong>gern, wurden viele Feiertage und Wallfahrten abgeschafft<br />

o<strong>der</strong> zusammengelegt 25 . Um sich nicht mehr als weltfrem<strong>der</strong>, völlig veralteter und<br />

abergläubiger Mensch h<strong>in</strong>stellen lassen zu müssen, verzichteten die Votanten nun lei<strong>der</strong><br />

<strong>auf</strong> e<strong>in</strong>e genaue Schil<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorgänge und begnügten sich mit kurzen Formeln wie<br />

„EX VOTO" o<strong>der</strong> ,,N. N. hat geholfen" und e<strong>in</strong>er Jahreszahl. Durch diese tiefgreifenden<br />

E<strong>in</strong>schnitte wurde die Zahl <strong>der</strong> für diese Arbeit verwertbaren Tafeln erheblich<br />

reduziert. Dennoch konnte durch die oben genannten Maßnahmen <strong>der</strong> Glaube an die<br />

Wun<strong>der</strong>kraft e<strong>in</strong>es Wallfahrtsortes nicht unterbunden werden. Über all die Jahre h<strong>in</strong><br />

läßt sich e<strong>in</strong>e bedeutende Spur von Zeugnissen des Glaubens verfolgen, wobei Pilger<br />

ihre Heilung o<strong>der</strong> die Hilfe, die sie erlangen, promulgieren wollen; lediglich die Formen<br />

haben sich gewandelt.<br />

Die Tafeln <strong>der</strong> neueren Zeit s<strong>in</strong>d seltsamerweise nicht mehr so zurückhaltend mit den<br />

Gründen <strong>der</strong> Votation, so daß aus jüngerer Zeit sehr wohl Beispiele von wun<strong>der</strong>baren,<br />

unerklärlichen o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest statistisch unwahrsche<strong>in</strong>lichen Heilungen angeführt<br />

werden können. Nicht umsonst werden auch heute noch Jahr für Jahr an e<strong>in</strong>em Wallfahrtsort<br />

.wie Altött<strong>in</strong>g Pilgerscharen von 750 000 Menschen gezählt, und wer die eigentümliche<br />

Atmosphäre zu spüren bekommen hat, die unter diesen Menschen herrscht,<br />

<strong>der</strong> wird zugeben müssen, daß es sich nicht nur um Schaulustige handelt, die Zeichen<br />

aus <strong>der</strong> Vergangenheit und <strong>der</strong>en Abstrusitäten <strong>auf</strong>stöbern möchten.<br />

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