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Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

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en sollten. Beim Krebs, so beschreibt Gersdorff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „Wundarznei" gab es auch<br />

<strong>in</strong> dieser Zeit e<strong>in</strong> Mittel, die Operation 85 . Weiter erwähnt er, dies sei nur s<strong>in</strong>nvoll,<br />

wenn ke<strong>in</strong>e Drüsen <strong>in</strong> den Achselhöhlen zu tasten seien.<br />

Nicht nur für die großen Fächer <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> lassen sich Beispiele von Behandlungsverfahren<br />

erbr<strong>in</strong>gen, die <strong>auf</strong> Votivbil<strong>der</strong>n dargestellt s<strong>in</strong>d, auch <strong>in</strong> Randbereichen <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong><br />

f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong>teressante Beispiele. In alten Mirakelbüchern stößt man häufig <strong>auf</strong><br />

Berichte, die sich mit <strong>dem</strong> Nasenbluten beschäftigen. E<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es häufig anzutreffendes<br />

Votiv s<strong>in</strong>d Bil<strong>der</strong>, die Augenleiden zum Inhalt haben. Meist ist dar<strong>auf</strong> e<strong>in</strong>e Schüssel abgebildet,<br />

<strong>auf</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Paar Augen liegt, die <strong>auf</strong> den Ort <strong>der</strong> Krankheit verweisen sollen<br />

86 . E<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Gruppe von Heilkundigen, die sich <strong>auf</strong> Jahrmärkten umhertrieb,<br />

war die Zunft <strong>der</strong> Zahnbrecher 87 . Daneben nahmen sich die lokal ansässigen Ba<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Zahnkranken an. Aber nicht immer wurden die Zähne auch gezogen, nicht selten wurden<br />

bei solchen Behandlungen sogar die Kiefer verletzt. E<strong>in</strong> weites Gebiet ist auch die<br />

Urologie. Beson<strong>der</strong>s im Schneiden von Blasenste<strong>in</strong>en haben die Ba<strong>der</strong> und Chirurgen<br />

schon <strong>in</strong> früheren Jahrhun<strong>der</strong>ten e<strong>in</strong>e beachtenswerte Fertigkeit entwickelt.<br />

E<strong>in</strong> völlig an<strong>der</strong>es Gebiet stellen die neurologischen Erkrankungen dar. Beson<strong>der</strong>s epileptiforme<br />

Anfälle waren für die Patienten, Angehörigen und Ärzte von beson<strong>der</strong>er<br />

Dramatik und tragischer Hoffnungslosigkeit, da sich hier die ärztliche Kunst als beson<strong>der</strong>s<br />

hilflos erwies. E<strong>in</strong>e Erklärung für die Erkrankungen wurde vor allem <strong>auf</strong> transzendentem<br />

Gebiet im S<strong>in</strong>ne von Dämonen und Geistern gesucht. Die Ärzteschaft stellte<br />

sich dabei bewußt gegen die Erkenntnis des Hippokrates, die Ursache f<strong>in</strong>de sich im Bereich<br />

des Gehirns. Eher nahm man e<strong>in</strong>e Disharmonie des Verdauungstraktes als Ursache<br />

an. Die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Therapie verwendeten Mittel waren oft kuriosesten Ursprunges, am<br />

s<strong>in</strong>nvollsten waren noch Baldrian und Opium 88 . Bei <strong>der</strong> therapeutischen Hilflosigkeit<br />

war es nicht verwun<strong>der</strong>lich, daß sich die Menschen den himmlischen Helfern <strong>in</strong> ihrer<br />

Not anvertrauten, bei <strong>der</strong> Fallsucht beson<strong>der</strong>s <strong>dem</strong> Heiligen Valent<strong>in</strong>. Noch schlimmer<br />

erg<strong>in</strong>g es den Menschen, die an Geisteskrankheiten litten. Sie wurden von <strong>der</strong> Welt geächtet,<br />

und ke<strong>in</strong> Arzt o<strong>der</strong> Ba<strong>der</strong> kümmerte sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>er Weise um sie, vielmehr<br />

machten diese e<strong>in</strong>en großen Bogen um <strong>der</strong>art erkrankte Menschen. Ruhige Kranke<br />

überließ man ihrem Schicksal, Patienten, die tobsüchtig waren, sperrte man <strong>in</strong> e<strong>in</strong> abgelegenes<br />

Zimmer, das wie e<strong>in</strong> Verließ ausgestattet war und <strong>in</strong> <strong>dem</strong> die Kranken angekettet<br />

werden konnten. Familien, die es sich f<strong>in</strong>anziell leisten konnten, brachten <strong>der</strong>art Erkrankte<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gefängnis, wo sie neben Verbrechern dah<strong>in</strong>vegetieren mußten. Die Ursache<br />

<strong>der</strong> Geisteskrankheit sah man <strong>in</strong> Dämonen, welche den Menschen heimsuchten.<br />

Die Darstellung <strong>der</strong> Ärzte <strong>in</strong> ihrer Tracht ist <strong>auf</strong> Votivbil<strong>der</strong>n öfter anzutreffen. Sogar<br />

das Konterfei von Joachim Strupius ist <strong>auf</strong> e<strong>in</strong>em Votivbild zu sehen 89 . Die an<strong>der</strong>en<br />

Bil<strong>der</strong> dürften dagegen selten e<strong>in</strong>e realistische Darstellung <strong>der</strong> Portraits von Ärzten<br />

se<strong>in</strong>, die Kleidung und die verwendeten Gerätschaften entsprechen <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

schon wesentlich besser. Es s<strong>in</strong>d hier die verschiedensten Typen aus den unterschiedlichsten<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ten zu sehen. Dabei ersche<strong>in</strong>en die gelehrten Doctores häufig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

typischen Stellung dargestellt, etwa beim Betrachten e<strong>in</strong>es Harnglases o<strong>der</strong> beim<br />

Pulsfühlen. Meist s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> eleganter Kleidung o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Reitausrüstung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sie im<br />

Zimmer <strong>der</strong> Kranken ersche<strong>in</strong>en, daneben gibt es <strong>in</strong> gleicher Anzahl den bie<strong>der</strong>en Bauerndoctor.<br />

Neben den aka<strong>dem</strong>isch gebildeten Ärzten hatte sich im L<strong>auf</strong>e <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong><br />

Berufsstand <strong>der</strong> Wundärzte entwickelt, <strong>der</strong> im wesentlichen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Gebiete <strong>der</strong> Chirurgie<br />

tätig war. Beide Stände traten sich lange Zeit fe<strong>in</strong>dlich gegenüber, wobei die<br />

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