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Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

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<strong>der</strong> Repräsentationsgedanke wesentlicher Bestandteil <strong>der</strong> Darbietung zu se<strong>in</strong>." 54 Bei<br />

diesen an<strong>der</strong>en Votiven handelt es sich um die Darstellung e<strong>in</strong>es brennenden Herzens,<br />

e<strong>in</strong>er Kröte, e<strong>in</strong>es Hammers o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er ähnlicher D<strong>in</strong>ge. Wenden wir uns zunächst<br />

den Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Kröte und <strong>der</strong> Stachelkugel zu. „Der Uterus gleicht vollständig e<strong>in</strong>em<br />

Tiere. Denn er bewegt sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Flanke h<strong>in</strong> und her und nach <strong>auf</strong>wärts bis zu den<br />

Knorpeln des Brustkorbes, seitlich bis zur Leber und Milz. Er tritt nach abwärts bis vor<br />

die Geschlechtsteile, er wandelt also im Körper h<strong>in</strong> und her und gleicht daher e<strong>in</strong>em<br />

Tier. Er ist auch e<strong>in</strong> Tier" 55 , so beschreibt <strong>der</strong> Arzt Aretaies von Kappadolien um 100<br />

n. Chr. den Uterus. Diese Vorstellung konkretisierte sich im Mittelalter im katholischen<br />

Oberland im Bild <strong>der</strong> Kröte. Die Kröten, die <strong>auf</strong> den <strong>Votivtafeln</strong> zu sehen s<strong>in</strong>d,<br />

ob gemalt o<strong>der</strong> aus Materialien wie Holz, Wachs, Eisen, Silber o<strong>der</strong> Gold, liegen <strong>auf</strong><br />

<strong>dem</strong> Bauch, die Rückenhaut entlang <strong>der</strong> Wirbelsäule <strong>auf</strong>gesprungen, wobei sie die Füße<br />

und den Schwanz weit von sich strecken. Die Form <strong>der</strong> Schuppung <strong>der</strong> Haut er<strong>in</strong>nert<br />

stark an das weibliche Genitale. Ist e<strong>in</strong>e ganze Familie neben e<strong>in</strong>er Kröte dargestellt, so<br />

läßt dies <strong>auf</strong> Unfruchtbarkeit o<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>wunsch schließen. Die Kröte als Symbol<br />

bleibt nicht <strong>auf</strong> das weibliche Geschlecht beschränkt, wie auch <strong>der</strong> Adelholzer Badbeschreibung<br />

(1429—1455) zu entnehmen ist. „Wann die Mannsperson das Grimmen hat,<br />

das geme<strong>in</strong>e Volk es per errorem die Beermutter [Gebärmutter], an<strong>der</strong>e aber, so was<br />

verständigeres reden wollen, und wissen, daß <strong>der</strong> Mann ke<strong>in</strong> Beermutter haben, den<br />

Vatter nennen." 56 In den Ichenhofer Mirakelbüchern lassen sich weitere H<strong>in</strong>weise <strong>auf</strong><br />

Votationen von Kröten durch Männer f<strong>in</strong>den 57 . E<strong>in</strong> weiteres Symbol im Votivwesen<br />

ist das Herz. Das Herz wird <strong>auf</strong> vielen <strong>Votivtafeln</strong> mit Flammen, die aus se<strong>in</strong>er Basis<br />

herausschlagen, dargestellt. Häufig ist es noch durch e<strong>in</strong>en Strahlenkranz umgeben, das<br />

Monogramm Christi ist manchmal dar<strong>auf</strong> zu sehen, o<strong>der</strong> das Herz ist mit <strong>der</strong> Dornenkrone<br />

Christi umwunden. Das Herz ist e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Symbol des ,,me dedico" und<br />

des „sub tuum praesidium confugimus" 58 . Das Symbol des „Brennenden Herzens"<br />

soll <strong>auf</strong> die beson<strong>der</strong>e Liebe und Treue des Votanten verweisen, welche mit dieser Gabe<br />

zum Ausdruck gebracht werden sollen. Es kann als Zeichen <strong>der</strong> Promulgation (Erhörung)<br />

und Dedication (H<strong>in</strong>gabe) gewertet werden, das <strong>in</strong> konkreten irdischen wie geistlichen<br />

Belangen dargebracht worden ist. Diese H<strong>in</strong>gabe kann bis zur Leibeigenschaft an<br />

diesem Wallfahrtsort führen, <strong>in</strong> die sich <strong>der</strong> Votant freiwillig begibt. S<strong>in</strong>d Haare o<strong>der</strong><br />

Zöpfe <strong>in</strong> das Herz e<strong>in</strong>geschlossen, so haben diese e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Zeichenbewandtnis.<br />

Meist verweisen sie <strong>auf</strong> Taubheit, Kopfschmerzen o<strong>der</strong> Wahns<strong>in</strong>n, aber sie können<br />

auch e<strong>in</strong> Zeichen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Bitte um Bewahrung vor Besessenheit und vor <strong>dem</strong> Teufel<br />

se<strong>in</strong>. Immer wie<strong>der</strong> hat sich das Haaropfer im Herzen die Geltung verschafft, die es unter<br />

Liebenden immer schon hatte, S<strong>in</strong>nbild für Treue, Liebe und Unterpfand <strong>der</strong> Verbundenheit<br />

zu se<strong>in</strong>. Diese ursprüngliche Bedeutung wurde später <strong>auf</strong> die Liebe zu den<br />

Heiligen übertragen. Wird das Herz <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ursprünglichen anatomischen Form dargestellt,<br />

so handelt es sich beim Spen<strong>der</strong> um e<strong>in</strong>en Kranken, <strong>der</strong> unter Herzbeschwerden<br />

gelitten haben mag.<br />

E<strong>in</strong> weiteres wichtiges Symbol ist das Votivmesser. Votivmesser, zum Großteil aus<br />

Wachs, s<strong>in</strong>d vor allem <strong>in</strong> Wallfahrtsorten <strong>in</strong> Ober- und Nie<strong>der</strong>bayern anzutreffen. Sie<br />

waren meist mit Drudenfüßen o<strong>der</strong> neun Halbmonden versehen, durch die Verb<strong>in</strong>dung<br />

mit <strong>dem</strong> Magischen und Dämonischen beson<strong>der</strong>s sichtbar wird. Die Ursache des Seitenstechens<br />

wurde gleichfalls im Bereich des Magischen gesucht, man glaubte, es würde<br />

<strong>der</strong> betroffenen Person angewünscht o<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>em Ubelme<strong>in</strong>enden „verschrieen"<br />

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