05.01.2013 Aufrufe

Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

Zur Medizingeschichte der Votivtafeln in der Kirche auf dem ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Textteil, <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> bildlichen Darstellung nach unten h<strong>in</strong> anschließt, weist die Ursache<br />

<strong>der</strong> Votation deutlich aus. Außer<strong>dem</strong> wird hier auch <strong>der</strong> Name und die Funktion<br />

des Votanten, Jacob Dobler Bürger und Schmid, bekanntgegeben. Mit dieser Tafel erfüllt<br />

<strong>der</strong> Votant alle traditionell vorgeschriebenen Formen, die mit <strong>der</strong> Stiftung <strong>der</strong> Votivtafel<br />

verbunden s<strong>in</strong>d.<br />

Die Ursache <strong>der</strong> Votation wird im Tafeltext deutlich gemacht. „Ist ime e<strong>in</strong> solcher<br />

schmerzen und Stöchen verkommen, daß er khe<strong>in</strong> dritt <strong>auf</strong> she<strong>in</strong>en Fuess hat gehn k<strong>in</strong>nen<br />

und er me<strong>in</strong>d er mißt gar gehn khrumben." Die Angabe von Schmerzen und Stechen<br />

reicht als H<strong>in</strong>weis für e<strong>in</strong>e genaue Diagnose nicht aus, die Krankheit sche<strong>in</strong>t aber<br />

akut <strong>auf</strong>getreten zu se<strong>in</strong>. Die Besserung, die sich nach <strong>dem</strong> Gelübde zeigte, trat nicht<br />

plötzlich und vollständig e<strong>in</strong>, so daß <strong>der</strong> Votant nur von „etwas besser worden"<br />

spricht, sie muß ihm aber ausreichend erschienen se<strong>in</strong>, denn die Gefahr, er „müsse<br />

gehn khrumben", wie er dies vor <strong>dem</strong> Gelübde befürchtet hatte, schien gebannt zu<br />

se<strong>in</strong>. Für e<strong>in</strong>e genaue Diagnose fehlt vor allem die genaue Angabe <strong>der</strong> Stelle, an <strong>der</strong> die<br />

Schmerzen <strong>auf</strong>getreten s<strong>in</strong>d. Der Nie<strong>der</strong>bayer unterscheidet <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Mundart nicht<br />

zwischen Fuß und Be<strong>in</strong>, für ihn reicht <strong>der</strong> Fuß bis zur Hüfte. Da es sich beim Votanten<br />

um e<strong>in</strong>en Schmied handelt, ist e<strong>in</strong> Trauma am Fuß leicht möglich, auch wenn dies nicht<br />

deutlich im Text vermerkt wird. Ebenso kann es sich um e<strong>in</strong>e Krankheit handeln, die<br />

<strong>auf</strong> Grund dauern<strong>der</strong> Fehlbelastung entstanden ist. Gegen e<strong>in</strong> Trauma spricht jedoch,<br />

daß sich <strong>der</strong> Schmied so große Sorgen machte. Kle<strong>in</strong>e Verletzungen und Zerrungen<br />

wird er im L<strong>auf</strong>e se<strong>in</strong>es Arbeitslebens sicher mehrfach erlebt und ihnen ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e<br />

Aufmerksamkeit geschenkt haben. Beson<strong>der</strong>s typische Arbeitskrankheiten s<strong>in</strong>d Sehnenscheidenentzündungen<br />

und Meniskusschäden, wie sie bei Metallberufen häufiger<br />

<strong>auf</strong>treten und sicher früher durch noch stärkere Beanspruchung des Körpers noch häufiger<br />

<strong>auf</strong>getreten s<strong>in</strong>d.<br />

Die mo<strong>der</strong>ne Therapie wird vor allem durch vielfältige diagnostische Möglichkeiten wesentlich<br />

bee<strong>in</strong>flußt. Röntgenologische Verfahren ermöglichen es, <strong>der</strong> Ursache <strong>der</strong> Beschwerden<br />

nachzugehen und dann eventuell durch gezielte orthopädische und operative<br />

Methoden die Ursache zu bekämpfen. Die vielfältigen Rehabilitationsmaßnahmen, die<br />

heute angeboten werden und den Patienten wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> das Berufsleben zurückkehren<br />

lassen, nehmen diesen Krankheiten ihren großen Schrecken. Sollte <strong>der</strong> schlimmste Fall<br />

jedoch e<strong>in</strong>treten, so wird wenigstens die materielle Sicherheit gewährleistet. Für den<br />

Votanten <strong>der</strong> Tafel, Jacob Dobler, war dies ke<strong>in</strong>eswegs <strong>der</strong> Fall. Für ihn bedeutete das<br />

Ausscheiden aus <strong>dem</strong> Berufsleben e<strong>in</strong>e schwere Bedrohung se<strong>in</strong>er Existenz. Wenn er<br />

nicht mehr gehen konnte, also „khrumben gehen" mußte, war er auch zu ke<strong>in</strong>er weiteren<br />

Ausübung des Schmiedehandwerkes mehr geeignet. War er nur e<strong>in</strong> Geselle, so<br />

stand er <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Straße und war <strong>auf</strong> die Almosen <strong>der</strong> Zunftgenossen und <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

angewiesen. Hatte er e<strong>in</strong>en eigenen Betrieb, so war es etwas besser um ihn bestellt,<br />

dennoch fehlte e<strong>in</strong>e wertvolle Arbeitskraft, was erhebliche E<strong>in</strong>bußen f<strong>in</strong>anzieller<br />

Art für ihn bedeutete. Der Fortschritt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Genesung, soweit, daß er wenigstens<br />

wie<strong>der</strong> arbeiten konnte, wenn auch die Schmerzen geblieben waren, war für ihn e<strong>in</strong><br />

h<strong>in</strong>länglicher Grund, diese Besserung als e<strong>in</strong>e wun<strong>der</strong>bare Handlung <strong>der</strong> angeflehten<br />

Gnadenmadonna anzusehen.<br />

Vor allem <strong>der</strong> Schmerz ist es, den die Menschen fürchten. Dabei ist die genaue Lokalisation<br />

bei den entsprechenden volksmediz<strong>in</strong>ischen Therapeutika nicht wichtig. In Bayern<br />

brachte man bei Beschwerden <strong>in</strong> den Be<strong>in</strong>en, dabei wurde beson<strong>der</strong>s an Neuralgien wie<br />

88

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!