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Grethe Bjerring/| pixelio.de<br />
titelthema<br />
Henriette Matovina<br />
MUT ZUR FREIEN ZEIT<br />
Freizeit - jeder möchte sie, das Mehr an freier Zeit. Aber wofür?<br />
Um „stressfrei“ Wäsche zu waschen, einzukaufen, einen<br />
V<strong>or</strong>s<strong>or</strong>ge-Termin beim Hausarzt wahrzunehmen oder ein Beratungsgespräch<br />
bei der Versicherung?<br />
Knapp zwei Monate nach den Faschingsfeiertagen ist es soweit. <strong>Das</strong> Jammern<br />
wird lauter, hörbar und bald schreit es zum Himmel. Wann kommt endlich der<br />
nächste Urlaub? Ich frage die sich schwer Beschwerende: „Was denn los? War<br />
doch grad? Du hast doch freie Wochenenden?“ Ich meine Samstage und Sonntage,<br />
Zeit für Freizeit, Zeit für Ruhe. Fehlanzeige. Die Antw<strong>or</strong>t fällt knapp aus:<br />
„<strong>Das</strong> Wochenende ist verplant, das kommende auch und an den letzten wurde<br />
gestrichen, Geburtstag gefeiert.“ Ich verstehe das, es ist anstrengend. Außerdem<br />
bin ich selbständig - also konkret: selbst und ständig. Ich nehme meine Arbeit<br />
mit nach Hause, telefoniere mit Kunden beim Meerschweinchenstall-Ausmisten,<br />
gestalte am Samstag und schreibe Sonntag Texte, nachdem ich meine Kinder ins<br />
Bett gebracht habe. Auch bei all den Menschen, die jeden Tag pünktlich die Arbeit<br />
niederlegen können, bedeutet Freizeit nicht, dass man wirklich die Füße hochlegt.<br />
Im Gegenteil. Es wird terminiert, es wird geplant und verplant, bis man in<br />
der Nacht endlich ins Bett fällt. Mit Entspannung hat freie Zeit nichts mehr zu tun.<br />
Doch jeder ist in der Lage, daran etwas zu ändern und wieder die unbeschwerte<br />
Spontaneität zu erleben, die wir noch aus der Kindheit kennen. Wann sind Sie<br />
das letzte Mal aufgestanden, ohne der alltäglichen To Do Liste im Hinterkopf?<br />
Wann haben Sie mit Ihren Kindern im Bett gefrühstückt,<br />
Freunde zwischendurch besucht oder ins Auto gestiegen<br />
und d<strong>or</strong>t angehalten, wo es Ihnen gerade gefällt?<br />
„Freizeit“ ist nicht einfach. <strong>Das</strong> zeigt auch die wissenschaftliche<br />
F<strong>or</strong>mulierung, die ich kurz anreißen möchte:<br />
„Freizeit ist ein subjektiv erlebter Begriff, für den jedoch<br />
eine einheitliche Definition fehlt. In verschiedenen sozialwissenschaftlichen<br />
Fachrichtungen lassen sich aber dennoch<br />
mehrere Beschreibungen finden. So wird zwischen<br />
„negativen und positiven Definitionsansätzen“ unterschieden. Die<br />
„negative Definition“ beschreibt Freizeit als übrig gebliebene, abgegrenzte<br />
Zeit und stellt sie als übrig gebliebene Zeitkateg<strong>or</strong>ie dar.<br />
Die „positive Definition“ unterstreicht inhaltliche Kateg<strong>or</strong>ien von<br />
Freizeit. Zielfunktion der Freizeit ist also: Rekreation (Erholung und<br />
Entspannung), Kompensation (Abwechslung und Zerstreuung),<br />
Edukation (Kennen lernen und Weiterlernen), Kontemplation (Ruhe<br />
und Selbstbestimmung), Integration (Zusammensein und Gruppenbildung),<br />
Partizipation (Beteiligung und Engagement) und Enkulturation<br />
(Kreativität).“ (Quelle: Markus Lamprecht & Hanspeter<br />
Stamm: Die soziale Ordnung der Freizeit).<br />
Braucht Freizeit wirklich eine soziale Ordnung, oder verstehe ich<br />
den Titel des Buches falsch? Um all diese Dinge in die Freizeit einzubeziehen,<br />
müsste man eigentlich wieder einen Plan aufstellen.<br />
Habe ich alles davon gemacht, erlebt, angestrebt oder bin ich ein<br />
Freizeitversager? Ich bin ganz ehrlich, für mich ist der erste Satz am<br />
wichtigsten. Freizeit ist subjektiv, jeder erlebt sie anders, jeder füllt<br />
sie anders aus. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, sich<br />
in der freien Zeit nicht an den Freizeitführern, gespickt mit gesellschaftlichen<br />
Anf<strong>or</strong>derungen und N<strong>or</strong>men, zu <strong>or</strong>ientieren, sondern<br />
seinen eigenen Rhythmus zu finden. Wieder die Lust auf Neues entdecken,<br />
dem Alltag neue Farbe und Facetten schenken. Die Neugier<br />
wecken. Dinge los und liegen lassen oder einfach nur den Mut<br />
zu haben, das zu tun, w<strong>or</strong>auf man Lust hat.