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Das Karlshospital in Kassel - Christian Presche

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halle e<strong>in</strong> Betsaal und e<strong>in</strong> weiterer Saal e<strong>in</strong>gebaut; den Arbeitsbereich verlegte man nun <strong>in</strong> das<br />

Mansardgeschoß, welches zur besseren Belichtung größere Fenster erhielt. Dieser Umbau<br />

zeigt nun, daß auch e<strong>in</strong>zelne Veränderungen verträglich s<strong>in</strong>d, solange sie die Axialität und<br />

Regelmäßigkeit des Aufrisses respektieren. – Zu den genannten Umbauten wären allerd<strong>in</strong>gs<br />

die Bauakten unbed<strong>in</strong>gt noch auszuwerten, um die Datierung und die tatsächlich vorgenommenen<br />

Veränderungen im Inneren zu klären, da es hier noch offene Fragen gibt.<br />

Um 1881/82 erfolgten weitere Umbauten im Inneren, vor allem <strong>in</strong> der Aufteilung der beiden<br />

früheren Hallen. 1883 wurde schließlich das benachbarte Packhofgelände zum Zuchthaus<br />

dazugezogen.<br />

1889 wurde das Mansarddach durch Brandstiftung e<strong>in</strong>es Sträfl<strong>in</strong>gs zerstört und beim Wiederaufbau<br />

durch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Krüppelwalmdach ersetzt; im Haupttreppenhaus wurde dafür die<br />

Treppe vom Obergeschoß <strong>in</strong> das Dachgeschoß vollständig <strong>in</strong> die Gebäudemitte gelegt. E<strong>in</strong><br />

eigenes Arbeitshaus auf dem Packhofgelände ersetzte die Räume im Mansardgeschoß. Der<br />

Wiederaufbau war ansche<strong>in</strong>end mit größeren Umbauten verbunden, deren Ergebnisse 1909<br />

feststellbar s<strong>in</strong>d; allerd<strong>in</strong>gs wären auch hier die Bauakten erforderlich, um diese Zuordnung<br />

e<strong>in</strong>deutig abzusichern: Durch die Schließung des Hauptportals konnte <strong>in</strong> der Haupthalle e<strong>in</strong>e<br />

durchgehende Zellenreihe untergebracht werden; damals wurden offenbar auch die beiden<br />

schmalen Fenster neben dem Hauptportal e<strong>in</strong>gebrochen. Die nördliche Nebentreppe wurde<br />

ausgebaut, mit e<strong>in</strong>er Nebentür und e<strong>in</strong>em großen Fenster versehen. Die fuldaseitigen Zellen<br />

im Erdgeschoß teilte man <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelzellen auf; jede Zelle erhielt e<strong>in</strong> eigenes, hochliegendes<br />

Fenster und e<strong>in</strong>en eigenen Ofen. Im Obergeschoß wurden damals vermutlich die Oberlichter<br />

über den Zellentüren e<strong>in</strong>gebrochen, um den <strong>in</strong>nenliegenden Gang zu belichten. In der Mitte<br />

der Südseite kam e<strong>in</strong> Abortanbau h<strong>in</strong>zu. – Der Charakter des Barockbaus wurde damit vollkommen<br />

verändert und e<strong>in</strong>em Renaissance-Bau angelehnt; auch das Abschlagen des Putzes<br />

entsprach dem damaligen Verständnis von Renaissance-Architektur. Die Formen und die<br />

Anordnung der Fenster standen dazu allerd<strong>in</strong>gs im völligen Gegensatz. Tatsächlich hatten die<br />

Umbauten ke<strong>in</strong>en künstlerischen Anspruch, sondern folgten nur der Zweckmäßigkeit; auch<br />

am Packhof brach man ohne städtebauliche und architektonische Rücksicht e<strong>in</strong>en Teil des<br />

Hauptgebäudes ab, und <strong>in</strong> dieser Zeit wurden mehrere echte Renaissancebauten entweder<br />

durch Umbauten entstellt oder ganz beseitigt.<br />

Nach Aufgabe des Zuchthauses wurden 1919 <strong>in</strong> den früheren Packhofgebäuden Wohnungen<br />

vermietet, das alte Hauptgebäude stand nun vermutlich leer.<br />

1927/28 wurde der gesamte Komplex zum <strong>Karlshospital</strong> umgebaut: Die E<strong>in</strong>richtung war von<br />

der Bündischen Jugend 1924 am Ste<strong>in</strong>weg gegründet worden, um obdachlose und gefährdete<br />

Jugendliche zu betreuen. Unter der Leitung Wilhelm Krön<strong>in</strong>gs weiteten sich die Aufgaben<br />

bald aus, und das Zufluchtsheim stand schließlich allen offen, die <strong>in</strong> Not geraten waren. Der<br />

evangelische Vere<strong>in</strong> für Innere Mission übernahm die Trägerschaft und erreichte e<strong>in</strong>en<br />

Umzug <strong>in</strong> die alten Zuchthausgebäude. Diese wurde nun erneut umgebaut: das alte Portal des<br />

Hauptgebäudes wieder geöffnet, die beiden Hallen aber nicht wiederhergestellt. Zusätzliche<br />

Fenster hoben die klare Axialität des Aufrisses auf. Die meisten Trennwände des späten 19.<br />

Jh. wurden aus den alten Zellen entfernt, die hochliegenden gekoppelten Fenster im Erdgeschoß<br />

der Fuldaseite nach unten vergrößert. Für die E<strong>in</strong>richtung der Küche und anderer<br />

Räume wurden e<strong>in</strong>ige Trennmauern der ursprünglichen Substanz herausgenommen. Überhaupt<br />

unterzog man das gesamte Gebäude e<strong>in</strong>er gründlichen Renovierung und versah es mit<br />

den erforderlichen Sanitäranlagen. Der Abortanbau aus dem 19. Jh. an der Südseite wurde<br />

wieder abgebrochen. Im nördlichen Nebentreppenhaus entstand e<strong>in</strong>e große neue Treppenanlage<br />

aus Stahlbeton. Während das alte Hauptgebäude als Zentrale und Männerhaus diente,<br />

nutzte man das alte Arbeitsgebäude als Frauentrakt. – Hervorzuheben ist dabei die ärztliche<br />

Betreuung auch der Alkoholkranken, die damals <strong>in</strong> dieser Form neben dem Hafenkrankenhaus<br />

<strong>in</strong> Hamburg als e<strong>in</strong>zigartig <strong>in</strong> Deutschland galt. <strong>Das</strong> <strong>Karlshospital</strong> stellte zugleich<br />

e<strong>in</strong> Bergungskommando und e<strong>in</strong>e Wasserrettung, und im Keller des ehemaligen Ar-<br />

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