Das Karlshospital in Kassel - Christian Presche
Das Karlshospital in Kassel - Christian Presche
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eitshauses wurde auch die Polizeileichenhalle e<strong>in</strong>gerichtet. Neben den öffentlichen F<strong>in</strong>anzmitteln<br />
sicherten vor allem private Spenden und ehrenamtlicher E<strong>in</strong>satz den Betreib der E<strong>in</strong>richtung.<br />
Besonders <strong>in</strong> der Notzeit der Wirtschaftskrise war auch die Essensausgabe e<strong>in</strong>e<br />
wichtige Aufgabe des <strong>Karlshospital</strong>s, für die im Jahre 1932 e<strong>in</strong>e Baracke auf dem Packhofgelände<br />
errichtet wurde. 1933 wurde gegen den Widerstand Krön<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> Teil der Baracke für<br />
e<strong>in</strong>e Schutzhaftabteilung beschlagnahmt. 1936 übernahm schließlich der städtische Vere<strong>in</strong> für<br />
Volkswohl e.V. das <strong>Karlshospital</strong>; Krön<strong>in</strong>g hatte se<strong>in</strong>e Tätigkeit zuvor schon wegen der<br />
politischen Situation aufgegeben. Die Essensausgabe g<strong>in</strong>g an die Nationalsozialistische<br />
Volkswohlfahrt (NSV) über. <strong>Das</strong> Personal wurde ansche<strong>in</strong>end ausgetauscht.<br />
1943 brannte das Gebäude aus, mehrere Wiederaufbaukonzepte wurden wieder aufgegeben.<br />
Zuletzt war ab 1979 e<strong>in</strong>e Nutzung als Stadtmuseum geplant, die dann aber an fehlenden F<strong>in</strong>anzmitteln<br />
scheiterte.<br />
Die Untersuchung der Bau- und Nutzungsphasen ergab e<strong>in</strong>e große architekturgeschichtliche<br />
und städtebauliche Bedeutung des ursprünglichen Bauzustands. Zusätzlich zur Qualität des<br />
Entwurfs besteht diese Bedeutung auch dar<strong>in</strong>, daß die Ru<strong>in</strong>e zu den wenigen orig<strong>in</strong>alen Zeugnissen<br />
der Barockarchitektur <strong>in</strong> <strong>Kassel</strong> gehört. Die Umbauten nach 1889 und um 1927/28 s<strong>in</strong>d<br />
dagegen als starke Bee<strong>in</strong>trächtigung des Entwurfskonzepts zu sehen, ohne daß hier e<strong>in</strong>e neue,<br />
gleichwertige Qualität entstand. In der Nutzung gibt es zwei Phasen, die sozialgeschichtlich<br />
bedeutend s<strong>in</strong>d: Zum e<strong>in</strong>en wiederum die ursprüngliche Nutzung als Erziehungs- und<br />
Besserungshaus, zum anderen als <strong>Karlshospital</strong> ab 1928 bis zur endgültigen Gleichschaltung<br />
1936. An diese Nutzungsphase ab 1928 er<strong>in</strong>nern allerd<strong>in</strong>gs nur die nachträglichen Fenstere<strong>in</strong>brüche<br />
<strong>in</strong> der Hauptfassade, die abgängige Nordtreppe, die Herausnahme e<strong>in</strong>iger Zellenzwischenmauern,<br />
Türdurchbrüche, sowie E<strong>in</strong>bauten im Keller; dagegen ist durch die Kriegszerstörungen<br />
gerade das Innere wieder weitgehend auf die klare Raumaufteilung der<br />
ursprünglichen Nutzung reduziert.<br />
Der Denkmalwert beruht aus diesen Gründen <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf der barocken Grundstruktur<br />
des Gebäudes; der architekturgeschichtliche und künstlerische Wert wird dabei durch die späteren<br />
(aber reversiblen) E<strong>in</strong>griffe eher geschmälert als gesteigert. Die Kriegszerstörungen s<strong>in</strong>d<br />
zwar Bestandteil der Gebäudegeschichte, doch ist ihr historischer Zeugniswert dem architekturgeschichtlichen,<br />
städtebaulichen, künstlerischen und sozialgeschichtlichem Zeugniswert<br />
unterzuordnen.<br />
Die Konsequenz für e<strong>in</strong>en Wiederaufbau wäre deshalb e<strong>in</strong>e grundsätzliche Wiederherstellung<br />
der barocken Struktur; dies ist mit den vorhandenen Quellen auch maßgenau möglich. Daß<br />
bei den Dachfenstern auch e<strong>in</strong>e zurückhaltende moderne Anpassung an die Nutzung erfolgen<br />
kann, wenn die Axialität und Regelmäßigkeit gewährleistet ist, zeigt der Umbau der Dachfenster<br />
am Ende der 1860er Jahre. Dabei sollte auch das Umfeld auf der Stadtseite <strong>in</strong> die<br />
Konzeption e<strong>in</strong>bezogen werden.<br />
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