Das Karlshospital in Kassel - Christian Presche
Das Karlshospital in Kassel - Christian Presche
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Blick durch e<strong>in</strong>e Stubentür und vergittertes Fenster an der Nordseite, 2005. Da die Obergeschoßfenster<br />
an der Schmalseite schon nach 1889 vermauert worden waren, blieben hier die ursprünglichen<br />
Eisengitter unter e<strong>in</strong>er äußeren Verblendung erhalten.<br />
Zum<strong>in</strong>dest die Erdgeschoßhalle war außerdem durch hölzerne Abgrenzungen unterteilt: Der<br />
Bereich südlich des E<strong>in</strong>gangs diente als Arbeitsbereich der männlichen Züchtl<strong>in</strong>ge, während<br />
im Bereich nördlich des E<strong>in</strong>gangs die Betstunden und Gottesdienste gehalten wurden 30 .<br />
Wenn e<strong>in</strong> Verurteilter neu <strong>in</strong> das Zuchthaus kam, wurde er – abhängig von Art und Schwere<br />
des Verbrechens – zunächst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Käfig gesperrt, der neben dem E<strong>in</strong>gang stand und gerade<br />
nur groß genug war, um dar<strong>in</strong> zu stehen: Man konnte sich weder umdrehen noch setzen. Dar<strong>in</strong><br />
blieb er solange, bis er Besserung gelobte und zur Arbeit geführt wurde 31 ; auch <strong>in</strong> der Frauenabteilung<br />
gab es e<strong>in</strong>en Kasten, der hier zudem mit hölzernen Zapfen im Inneren versehen<br />
war 32 . – Ende des 18. Jh. hatte man den Käfig ansche<strong>in</strong>end durch e<strong>in</strong>en Klotz ersetzt, durch<br />
dessen drei Öffnungen Kopf und Hände gesteckt wurden 33 .<br />
30 UFFENBACH, Spazierfahrth, S. 46: Untenher ist e<strong>in</strong> sehr großer Vorplatz mit verschiedenen holzernen<br />
Unterschlägen, <strong>in</strong> welchem zur l<strong>in</strong>ken die Bettstunden und der Gottesdienst gehalten wird, zur rechten aber<br />
allerley große Arbeiten, als Marmor sägen und Wolle gratzen, geschiehet.<br />
31 Zuchthausordnung, § 18 (HLO, III, S. 835). UFFENBACH beschreibt diesen Käfig 1728 (Spazierfahrth, S. 46):<br />
In e<strong>in</strong>er Ecke aber e<strong>in</strong>en schmahlen und manslangen hölzernen Schrank, <strong>in</strong> den man Züchtl<strong>in</strong>ge stellet und<br />
vermittelst der beweglichen <strong>in</strong>neren Nebenbretter so enge e<strong>in</strong>schraubet, daß sie sich nicht regen und also zur<br />
Straffe aufrecht vor e<strong>in</strong>e gewiße Zeit stehen müßen, so e<strong>in</strong>e gar harte Pe<strong>in</strong> seyn soll.<br />
32 UFFENBACH, Spazierfahrth, S. 47: [...] wie auch e<strong>in</strong> solcher enger Schrank, jedoch mit dem Unterscheid, daß<br />
dießer an allen Seiten mit spitzen holzernen Zapfen <strong>in</strong>wendig über und über verschlagen war, auf denen und<br />
gegen welchen die Züchtl<strong>in</strong>ge ruhen und stehen müßen, so also die Pe<strong>in</strong> noch vergrößert, dieweil bey dießen die<br />
Boßheit vermuthlich größer, als bey denen erstern seyn muß. (Ebd., S. 47.)<br />
33 WAGNITZ, Zuchthäuser, S. 5. Nach NEUBER wurde diese Strafe 1803 z.B. bei Bankrott verhängt (Gefängniß-<br />
wesen, S. 50).<br />
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