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Formale oder materiale Topik? - KOPS - Universität Konstanz

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len aufzeigt: „Cicero etwa teilt zunächst nach Loci auf, die sich aus der Sache selbst er-<br />

geben (Definition, Aufteilung, Name) und nach solchen, die an die Sache herangetragen<br />

werden (Verwandtes, Gattung, Art, Ähnlichkeit, Gegensatz usw.); Quintilian unterschei-<br />

det Loci im Bezug auf die Person [loci a persona] von anderen im Bezug auf die Sache<br />

[...loci a re]“ 79 . So könne man, um von einer Person zu reden - wie Breuer ausführt -,<br />

Argumente für diese Rede etwa herausholen aus den Stellen: „genus (Abkunft), natio<br />

(Stammeszugehörigkeit), patria (Staatsangehörigkeit), sexus (Geschlecht), aetas (Le-<br />

bensalter), educatio et disciplina (Erziehung, Ausbildung) [...usw]“ 80 . Argumente für<br />

eine Rede zur Sache finde man etwa an den Stellen: „a causa (Tatmotiv, Ursache-<br />

Wirkungs-Verhältnis), a loco (Ort des in Frage stehenden Geschehens), a modo<br />

(Durchführung der Tat), a facultate (hilfreiche Umstände, Hilfsmittel), a finitione (partei-<br />

ische Umschreibung des Tatbestandes) [...usw.]“ 81 .<br />

Die hier zuletzt angesprochene „sog. Sachtopik (›a re‹) [...sei - wie Wiedemann<br />

schreibt -] zu einer Art Identifikationsformel für <strong>Topik</strong> überhaupt geworden. Und tat-<br />

sächlich [...müsse sie seiner Ansicht nach] als die bis heute praxiswirksamste und zeit-<br />

unabhängigste <strong>Topik</strong> gelten“ 82 . Ein beliebte Fassung dieser Art von <strong>Topik</strong> wäre - so Plett<br />

- z.B. der hexametrische „Merkspruch des Matthieu de Vendòme (12. Jh.): ›Quis, quid,<br />

ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando‹ (wer, was, wo, wodurch, warum, auf welche<br />

Weise, wann)“ 83 gewesen.<br />

Die handliche Dimension einer solchen Reihe sei laut Wiedemann natürlich nicht<br />

naturbedingt, sondern das Ergebnis einer methodisch-zweckhaften Reduktion. Katego-<br />

riallogisch ließe sich eine Reihe „sehr viel umfänglicher, ja sogar unabschließbar vorstel-<br />

len, einzelne Topoi könn[t]en ausgetauscht, spezifiziert und unterteilt werden, vor allem<br />

aber [...könne] jeder Topos wiederum eine eigene Reihe von Unterkategorien ausbil-<br />

den“ 84 . Aber topische Kategorienbildung dürfe - wie Wiedemann betont - „nicht mit<br />

einer beliebigen ›Topographie‹ des Interessanten und Einprägsamen verwechselt werden,<br />

sondern [...stelle] ein auf argumentative Vielfalt und Kompetenz ausgerichtetes Denken<br />

in Reihen dar. Rhetorische Toposkataloge [...würden] dementsprechend alle diejenigen<br />

Bereiche [erschließen], in denen argumentative Qualitäten verborgen [...lägen]“ 85 . Hi-<br />

79<br />

Fischer, <strong>Topik</strong>, S. 159.<br />

80<br />

Breuer, Pragmatische Texttheorie, S. 160.<br />

81<br />

ebd.<br />

82<br />

Wiedemann, <strong>Topik</strong> als Vorschule, S. 240.<br />

83<br />

Plett, Rhetorische Textanalyse, S. 12.<br />

84<br />

Wiedemann, <strong>Topik</strong> als Vorschule, S. 240.<br />

85 ebd., S. 242.<br />

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