Formale oder materiale Topik? - KOPS - Universität Konstanz
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Aktualisierung der <strong>Topik</strong><br />
als Instrument der Interpretation<br />
In Anbetracht einschlägiger Topoikataloge wie etwa des Hexameterverses des Matthieu<br />
de Vendòme 132 meint Uwe Hebekus in einer Einführung in die Literaturwissenschaft,<br />
daß solche „bündiges Handbuchwissen aufnehmende Reduktion der <strong>Topik</strong> [...] nicht<br />
darüber zu belehren [vermöge], worin der literaturwissenschaftliche Nutzen fundierter<br />
<strong>Topik</strong>-Kenntnis liegen könnte. Eher fühle man sich, namentlich durch den Blick auf die<br />
genannten Toposkataloge, an die triviale Richtigkeit des Erkennungsliedes erinnert, das<br />
die zahlreichen Folgen einer einstmals sozialisationsprägenden TV-Kinderserie eröffne-<br />
te: ›Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum!/Wer nicht fragt, bleibt dumm‹“ 133 .<br />
Und in der Tat sei - wie Wiedemann schreibt - das „methodische Phänomen der To-<br />
pik, so wie es hier entfaltet worden ist, [...] ja tatsächlich trivial“ 134 , aber trivial - wie er<br />
betont - „im historisch besten Sinne des Wortes, nämlich dem der Vorschule“ 135 . Die<br />
‘nicht-exakten Wissenschaften’ seien auf diese ‘Vorschule’ angewiesen, und deshalb<br />
hätte eine angemessene Aktualisierung der <strong>Topik</strong> an den ursprünglich inventorischen,<br />
heuristischen Charakter anzuknüpfen.<br />
Denn <strong>Topik</strong> sei als „Methode des Erkennens“ 136 im Bereich der konsensorientierten<br />
‘nicht-exakten Wissenschaften’ definiert, wie Peter Hess die formale, sogenannte „›rich-<br />
tige‹“ 137 Auffassung von <strong>Topik</strong> zusammenfaßt. Als ‘Methode des Erkennens’ sei <strong>Topik</strong> -<br />
wie Wiedemann betont - angewiesen auf den „Umgang mit vorgegebenen Fragereihen<br />
(topoi, loci)“ 138 , denn in der Organsisationsfigur der kategorialen ›Reihe‹ - „<strong>oder</strong> genauer<br />
noch: des kategorialen Inventars [... - müsse] das Grundkonstituens einer wesentlich<br />
verstandenen <strong>Topik</strong> liegen - <strong>oder</strong> es [...gebe] keines“ 139 .<br />
„Topoi sind also Kategorien zur Befragung, Bewältigung und Einordnung von Wirk-<br />
lichkeit“ 140 , schreibt Hess. Der reflektierte und routinierte Umgang mit ihnen verspreche<br />
132<br />
„›Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando‹ (wer, was, wo, wodurch, warum, auf welche<br />
Weise, wann)“, zit. nach: Plett, Rhetorische Textanalyse, S. 12.<br />
133<br />
Hebekus, Uwe: <strong>Topik</strong>/Inventio, in: Einführung in die Literaturwissenschaft, hrsg. von Miltos Pechlivanos/Stefan<br />
Rieger/Wolfgang Struck/Michael Weitz, Stuttgart/Weimar 1995, 82-96, hier: S. 82.<br />
134<br />
Wiedemann, <strong>Topik</strong> als Vorschule, S. 251.<br />
135<br />
ebd.<br />
136<br />
Hess, Peter: Zum Toposbegriff der Barockzeit, in: Rhetorik. Ein internationales Jahrbuch Bd. 10<br />
(Rhetorik der frühen Neuzeit), hrsg. von Joachim Dyck, Tübingen 1991, 71–88, hier: S. 75. (nachfolgend<br />
zit. als: Hess, Zum Toposbegriff der Barockzeit)<br />
137<br />
ebd.<br />
138<br />
Wiedemann, <strong>Topik</strong> als Vorschule, S. 239.<br />
139<br />
ebd.<br />
140<br />
Hess, Zum Toposbegriff der Barockzeit, S. 73.<br />
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