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Gegen den Trend 2001 - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen ...

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GEGEN DEN TREND ’<strong>2001</strong><br />

Faszinosum Gewalt<br />

(vielleicht) durch <strong>den</strong> Zufall bestimmt, son<strong>der</strong>n<br />

unser Sein führt die Begegnung selbst herbei, um<br />

sich zu begreifen. In je<strong>der</strong> Begegnung geschieht<br />

im Grunde die Wie<strong>der</strong>holung des fötalen Erlebnisses,<br />

um <strong>den</strong> Menschen als Person zu konstituieren.<br />

Mit <strong>der</strong> leiblichen Geburt inszeniert das Sein<br />

selbst die Begegnungen, um einstige Gemeinsamkeit<br />

wie<strong>der</strong>zugewinnen. Die Lücke, die nun klafft,<br />

könnte man auch als <strong>den</strong> Weg zum Heilsein bezeichnen.<br />

Von wann an erinnert sich <strong>der</strong> Mensch? Nikolaus<br />

von Kues antwortet: Von dem Tage an, wo Gott<br />

sich mit <strong>der</strong> Seele 6 verschränkte (contractio). Die<br />

Seele wird damit zum Statthalter, zum Beamten<br />

Gottes in jedem Menschen, ohne selbst Gott zu<br />

sein. „Und was ist, Herr, mein Leben, wenn nicht<br />

jene Umarmung (amplexus), in <strong>der</strong> die süße Freude<br />

deiner Liebe mich so liebevoll umschließt? 7 “<br />

Wie kann <strong>der</strong> Mensch in dieser unio mystica, die<br />

<strong>den</strong> Grund des Lebens und seiner Person legt,<br />

unverwechselbare Person sein? Wie kann er eine<br />

gewisse Eigenmacht entfalten? Und kann <strong>der</strong><br />

Mensch durch die Selbstwerdung überhaupt die<br />

Revolte gegen Gott verhin<strong>der</strong>n? Nach Nikolaus von<br />

Kues herrscht die von Gott erschaffene Seele über<br />

<strong>den</strong> Körper wie <strong>der</strong> König über sein Reich, weil<br />

durch die Seele das Maximum (Gott) im Minimum<br />

(Mensch) ist. So gesehen ist er frei und die Begegnung<br />

mit an<strong>der</strong>en Menschen wird zu einer Begegnung<br />

von Freien. Cusanus <strong>den</strong>kt hier die Urform<br />

<strong>der</strong> Demokratie. Eigenmacht erhält <strong>der</strong> einzelne<br />

nur indem er an<strong>der</strong>en dient, bzw. <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

dient. Ja, er muss aktiv wer<strong>den</strong>, seiner Seele<br />

wegen. Herrschen wird zu einem Synonym für<br />

Dienen 8 . Entfällt das Dienen, dann entfällt auch die<br />

Persönlichkeit des Menschen. Hier sind die Anfänge<br />

<strong>der</strong> Menschenrechte mit Hän<strong>den</strong> zu greifen.<br />

Heute wird <strong>der</strong> Bezug zu Gott als Bezug zur Natur<br />

o<strong>der</strong> zur Gesellschaft hin gewandelt. Aber die<br />

Frage, wie die Natur o<strong>der</strong> die Gesellschaft außerhalb<br />

unser selbst, zugleich in uns sein kann, wird<br />

22_ZWISCHEN BEGEISTERUNG UND GEWALT …<br />

nicht mehr wie in <strong>der</strong> Theologie gelöst, so dass<br />

aus <strong>der</strong> Verschränkung von Außen und Innen das<br />

Auseinan<strong>der</strong>treten von Subjekt und Objekt wurde.<br />

Eine Vereinzelung machte sich breit.<br />

3 x 1 = 1: Der dreieinige Gott<br />

Wie soll man die unio mystica<br />

überhaupt <strong>den</strong>ken? Im<br />

Modell <strong>der</strong> Trinität verdeutlicht<br />

sich <strong>der</strong> Sachverhalt.<br />

Das Johannes-Evangelium<br />

beginnt mit <strong>den</strong> Worten:<br />

„Im Anfang war das Wort,<br />

und das Wort war bei Gott,<br />

und Gott war das Wort.“(1,1)<br />

Dieser Vers kennzeichnet<br />

<strong>den</strong> Vater. Vom Sohn sagt<br />

das Johannes-Evangelium:<br />

„Und das Wort ward Fleisch<br />

und wohnte unter uns, und<br />

wir sahen seine Herrlichkeit,<br />

eine Herrlichkeit als<br />

des eingeborenen Sohnes<br />

vom Vater, voller Gnade und<br />

Wahrheit.“(1,14) 9 Damit<br />

wird die Frage aufgeworfen,<br />

wie mehrere Personen in<br />

eins sein können, so dass<br />

sie ungeschie<strong>den</strong>, ungewandelt,<br />

ungetrennt gedacht<br />

wer<strong>den</strong> können. Das<br />

An<strong>der</strong>ssein soll im Vereintsein<br />

gedacht wer<strong>den</strong>. Die Kirchenväter nahmen<br />

ein Ausdrucksgeschehen innerhalb <strong>der</strong> einzelnen<br />

Personen an (Perichorese/Intercessio). Damit<br />

wurde ein physischer Raum aufgegeben und eine<br />

Liebessphäre angenommen, die das Verschie<strong>den</strong>sein<br />

eint. Innerhalb dieser Verbun<strong>den</strong>heit kann<br />

es keine Zeit geben, weil sie ein Nacheinan<strong>der</strong><br />

konstituieren würde. Es ist im Grunde die gleiche<br />

Redeweise, wie sie Cusanus mit seinem „maximum<br />

in minimum est unum“ meinte. Es entsteht

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