Aus den AGs - Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie
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mukosale Grippeimpfung hat<br />
hingegen in Studien an Tieren<br />
und Menschen via mukosales<br />
IgA und zytotoxische T-Lymphozyten<br />
auch Hinweise auf Schutz<br />
vor nicht im Impfstoff enthaltenen<br />
Influenza-Stämmen ergeben<br />
(„heterologe Immunität“).<br />
Seit 2003 ist in <strong>den</strong> USA die<br />
trivalente LAIV (FluMist®) <strong>für</strong><br />
die jährliche saisonale Grippeschutzimpfung<br />
zugelassen. Die<br />
Impfung ist temperatur-sensitiv,<br />
d. h. die Viren können sich nur<br />
in der Nasenschleimhaut vermehren.<br />
Wird die Impfung, die<br />
regulär als Aerosol aus großen<br />
Tröpfchen in <strong>den</strong> Nasopharynx<br />
eingebracht wird, akzi<strong>den</strong>ziell<br />
in die tiefen Atemwege eingeatmet,<br />
sterben die Impfviren dort<br />
ab. Die schmerzlose nasale Darreichungsform<br />
ist v. a. bei Kindern<br />
attraktiv.<br />
Wirksamkeit der neuen<br />
Kinderimpfungen<br />
Vergleichende Studien habe<br />
eine höhere Wirksamkeit der<br />
intramuskulären adjuvantierten<br />
TIV im Vergleich zu herkömmlichen<br />
Grippetotimpfstoffen gezeigt.<br />
Obwohl inaktivierte intra-muskuläre<br />
Impfstoffe höhere<br />
Impftiter induzieren als<br />
LAIVs, ist die klinische Schutzwirkung<br />
gegenüber im Impfstoff<br />
enthaltenen Stämmen in<br />
<strong>den</strong> unteren wie auch oberen<br />
Atemwegen vergleichbar. Eine<br />
Meta-Analyse ungeimpfter junger<br />
Kinder zeigte <strong>für</strong> das erste<br />
folgende Jahr eine Vakzine-<br />
Wirksamkeit nach zwei Dosen<br />
LAIV von 77 % hinsichtlich antigen-ähnlichenGrippestämmen<br />
und von 72 % gegen jegliche<br />
Grippeviren. Schon nach einer<br />
Dosis Grippeimpfstoff, wobei<br />
es in der klinischen Realität<br />
bei Kindern häufig bleibt, lag die<br />
Vakzine-Wirksamkeit im ersten<br />
folgen<strong>den</strong> Jahr gegen antigenähn<br />
lichen Stämmen bei 60 % bei<br />
zuvor ungeimpften Kindern und<br />
im zweiten Jahr bei schon einmal<br />
Grippe-geimpften Kindern<br />
sogar noch bei 87 %. Eine wei-<br />
Tab. 1<br />
tere große Studie, in der LAIV<br />
(AH1/N1/AH3N2/B) annähernd<br />
5.000 Schulkindern verab reicht<br />
wurde, zeigte zusätzlich signifikante<br />
Kreuz-Protektion bei<br />
<strong>den</strong> Impflingen und indirekten<br />
Schutz (Her<strong>den</strong>immunität) in<br />
der Umgebung. Eine vergleichende<br />
Cochrane-Metaanalyse<br />
von 51 Studien an insgesamt<br />
300.000 geimpften Kindern<br />
zeigte eine Vakzine-Wirksamkeit<br />
von 82 % <strong>für</strong> LAIV verglichen mit<br />
59 % <strong>für</strong> nicht-adjuvantierte TIV.<br />
Anwendungssicherheit<br />
der neuen Kindergrippe-<br />
impfstoffe<br />
Bei der adjuvantierten TIV sind<br />
in Studien im Rahmen der verstärkten<br />
Reaktogenität leicht<br />
vermehrt lokale und systemische<br />
Nebenwirkungen beobachtet<br />
wor<strong>den</strong>, ohne dass<br />
neue Sicherheitssignale generiert<br />
wor<strong>den</strong> wären. Auch <strong>für</strong><br />
die seit 2003 in <strong>den</strong> USA zugelas<br />
sene LAIV ergaben Daten des<br />
Forschung und Klinik<br />
Merkmale verschie<strong>den</strong>er Grippe-Impf-Prinzipien<br />
LAIV TIV<br />
Verabreichung Nasenspray intramuskuläre<br />
Injektion<br />
Systemische<br />
Immunogenität<br />
IgG, IgA im Serum IgG, IgA im Serum<br />
Mukosale<br />
Immunogenität<br />
sekretorisches IgA<br />
und IgM an Schleimhäuten,IgG-Transudation<br />
in Lunge<br />
9<br />
IgG-Transudation<br />
in Lunge<br />
Zeit bis Schutzwirkung wenige Tage 10–14 Tage<br />
Wirksamkeit bei<br />
Kindern*<br />
Schutz junger Kinder<br />
nach einer Dosis<br />
Kreuz-Schutz hinsichtlich<br />
nicht im Impfstoff enthaltener<br />
Influenza-Typen<br />
82%<br />
(95% KI 71–89%)<br />
Indirekte Effekte Her<strong>den</strong>immunität,<br />
Transmissionsprophylaxe<br />
59%<br />
(95% KI 41–71%)<br />
+ (+)<br />
+ –<br />
(Transmissionsprophylaxe)<br />
LAIV = attenuierte intranasale Lebend-Influenza Vakzine; TIV = trivalente (intramuskuläre)<br />
Influenza Vakzine, nicht adjuvantiert; * gemäß Cochrane Meta-Analyse [30];<br />
95% KI = 95% Konfi<strong>den</strong>zintervall.<br />
amerikanischen bundesweiten<br />
Dokumentationssystems zur<br />
Impfsicherheit (Vaccine Adverse<br />
Events Reporting System, VA-<br />
ERS) aus dem klinischen Routineeinsatz<br />
keine unerwarteten<br />
Risikosignale. <strong>Aus</strong>genommen<br />
waren Kinder mit Asthma, rezidivieren<strong>den</strong><br />
obstruktiven Atemwegsbeschwer<strong>den</strong><br />
sowie (regelhaft<br />
bei Lebendimpfungen) Kinder<br />
mit Immundefekten. In <strong>den</strong><br />
ersten zwei Lebensjahren wurde<br />
LAIV trotz der auch hier guten<br />
Wirksamkeit nicht zuge lassen,<br />
da bei 6–24 Monate alten Kindern<br />
nach LAIV geringfügig vermehrt<br />
obstruktive Atemwegsbeschwer<strong>den</strong><br />
(Giemen) aufgetreten<br />
waren (5,9 % nach LAIV vs.<br />
3,8 % nach TIV) und 6–11 Monate<br />
alte Kinder nach LAIV etwas vermehrt<br />
stationär betreut wur<strong>den</strong><br />
(6,1 % nach LAIV vs. 2,6 % nach<br />
TIV). Auch nach dieser <strong>Aus</strong>weitung<br />
der Zulassung zeigten die<br />
VAERS-Daten bei 24–59 Monate<br />
alten Kindern nach LAIV 2007–<br />
2009 keine nennenswerten Ri-<br />
sikosignale. Schließlich untersuchte<br />
eine aktuelle Studie auf<br />
der Grundlage von Versichertendaten<br />
die Anwendungssicherheit<br />
von LAIV bei Kindern<br />
außerhalb der Zulassung (< 2<br />
Jahre alt oder 24–59 Monate alt<br />
mit Asthma, rezidivierendem<br />
Giemen oder Immundefekten).<br />
Im Zeitraum von 2007 bis 2009<br />
zeigten sich keine Unterschiede<br />
bei ambulanten oder stationären<br />
Behandlungen binnen 42<br />
Tagen nach LAIV oder TIV.<br />
Zusammenfassung<br />
Schutzimpfungsstrategien zur<br />
saisonalen Influenza sollten<br />
darauf abzielen, zum individuellen<br />
Schutz wie auch zur Transmissionsprophylaxefrühstmöglich<br />
eine Protektion aufzubauen.<br />
Hier<strong>für</strong> sind bei Kindern adjuvantierte<br />
Totimpfstoffe und<br />
LAIV besonders gut wirksam.<br />
Bei Letzteren kommt es an der<br />
Eintrittspforte der Atemwegsinfektionen<br />
zu einer lokalen Immunantwort<br />
(v. a. sekretorisches<br />
IgA), was das Eindringen der Erreger<br />
sowie eine weitere <strong>Aus</strong>breitung<br />
eindämmt. Gleichzeitig<br />
wer<strong>den</strong> auch systemische<br />
Antikörper induziert. Indirekte<br />
Effekte wie Kreuzprotektion<br />
und Her<strong>den</strong>immunität sind weitere<br />
besondere Merkmale der<br />
mukosalen Immunisierung mit<br />
LAIV. Beide neuen Kinderimpfstoffe<br />
wer<strong>den</strong> voraussichtlich<br />
zur Grippesaison 2012/13 in<br />
Deutschland zur Verfügung stehen<br />
– mit Zulassung von Fluad<br />
paediatrics ab dem vollendeten<br />
sechsten Lebensmonat und Fluenz<br />
ab dem vollendeten zweiten<br />
Lebensjahr.<br />
Prof. Dr. med. Markus A.<br />
Rose, M.P.H.<br />
Johann-Wolfgang-Goethe-<br />
Universität, Zentrum <strong>für</strong><br />
Kinder- und Jugendmedizin<br />
Theodor-Stern-Kai 7<br />
60590 Frankfurt am Main<br />
E-Mail: Markus.Rose@kgu.de<br />
Literatur beim Verfasser