M. Riat, Graphische Techniken (v. 3.0) 229 a b c d e f Muster III
M. Riat, Graphische Techniken (v. 3.0) 229 a b c d e f Muster III
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M. <strong>Riat</strong>, <strong>Graphische</strong> <strong>Techniken</strong> (v. <strong>3.0</strong>) 247<br />
Die Seiten des Kopierbuches bestanden aus einem speziellen Papier.<br />
Nehmen wir an, es sollten 10 Briefseiten kopiert werden. Vor der ersten<br />
und nach der letzten Seite wurde ein Blatt aus einem speziellen wasserdichten<br />
Papier eingelegt, meist Wachspapier. Nun mussten die Seiten, auf<br />
die kopiert werden sollte befeuchtet werden. Dies wurde mit einer Bürste<br />
oder einem speziellen Feuchter gemacht. Die überschüssige Feuchtigkeit<br />
konnte mit Löschpapier reduziert werden. Es war sehr wichtig, die<br />
Feuchtigkeit in gewissen Grenzen zu halten. Die beiden Wachspapiere,<br />
welche vorher eingelegt worden waren, bewahrten den Rest des Buches<br />
vor der Feuchtigkeitsaufnahme.<br />
Die Briefe mussten mit einer speziellen Tinte geschrieben werden und<br />
es durfte kein Löschpapier verwendet werden. Die Qualität der verwendeten<br />
Tinte erfuhr durch die Erfindung der Anilinfarnstoffe im Jahre 1856<br />
eine grosse Steigerung. Ab 1870 erschienen auf dem Markt spezielle<br />
Kopierstifte, deren Minen aus Graphit, Tonerde und Anilinfarbstoffen<br />
zusammengestzt waren.<br />
Die Briefe wurden zwischen die Seiten des Kopierbuches gelegt und<br />
mit Wachspapier voneinander getrennt. Schliesslich wurde das Buch zwei<br />
oder drei Minuten lang dem Druck der Kopierpresse ausgesetzt. Die Zeit,<br />
während der das Buch gepresst werden musste hing von der Zeit ab, die<br />
seit der Anfertigung des Originalbriefs vergangen war: ein frisch geschriebener<br />
Brief konnte in wenigen Sekunden kopiert werden, während<br />
ein älterer Brief mehrere Minuten benötigte. Unter dem Druck der Presse<br />
drang die Tinte des Originalbriefes in das Kopierpapier. Anschliessend<br />
wurden die Briefe durch Fliessblätter ersetzt und die Seiten des Buches<br />
trocknen lassen.<br />
Wenn die Tinte tief genug in die Fasern des Kopierpapiers eindrang,<br />
konnte der Text sogar von der Rückseite gelesen werden, so dass die<br />
Schrift seitenrichtig erschien.<br />
Mit der Kopierpresse konnten Abzüge erhalten werden, deren Qualität<br />
man damals für den Bürobedarf als befriedigend einstufte. Heutzutage<br />
wäre selbstverständlich eine solche Kopie völlig inakzeptabel.<br />
Aber in vielen Fällen wurden mehrere Kopien eines selben Originals<br />
benötigt. Es war leider nicht möglich mit der Briefkopierpresse eine<br />
zweite annehmbare Kopie zu erhalten, da dafür nicht mehr genug Tinte<br />
übrig war, weder auf dem Originalbrief noch auf der Kopie. So musste<br />
nach alternativen Verfahren Ausschau gehalten werden, die es erlauben<br />
würden, eine grössere Anzahl von Kopien anzufertigen. Alle diese <strong>Techniken</strong><br />
sind von den herkömmlichen Drucktechniken abgeleitet, aber speziell<br />
auf den Bedarf des Bürobetriebes ausgerichtet.